Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 645/2011

Urteil vom 16. Dezember 2011
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
B._________,
Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV, Amtshaus Helvetiaplatz, 8004 Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV
(Rückerstattung),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 5. August 2011.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 4. November 2009 forderte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich von B._________ als Neffen der am 10. April 2009 verstorbenen Rita Tüler und Erbenvertreter die Bezahlung von Fr. 11'450.- aus dem Nachlass seiner Tante für rechtmässig ausgerichtete Pflegekostenzuschüsse. Mit Einspracheentscheid vom 30. März 2010 bestätigte das Amt die Rückerstattungspflicht in der verfügten Höhe.

B.
Die Beschwerde, mit welcher B._________ den Verzicht auf die Rückerstattung von Fr. 11'450.- beantragte und eine Forderung in der Höhe von Fr. 5'184.- gegen das städtische Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV geltend machte, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. August 2011 ab.

C.
B._________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 5. August 2011 sei aufzuheben und den Anträgen in der vorinstanzlichen Beschwerde stattzugeben.
Amt, kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen lassen sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer erneuert die vor Vorinstanz gestellten Rechtsbegehren, Verzicht auf die Rückerstattung von Fr. 11'450.- und Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Bezahlung von Fr. 5'184.-. Das zweite Begehren liegt ausserhalb des Anfechtungsgegenstandes und es ist darauf somit nicht einzutreten (BGE 125 V 413 E. 1a S. 414).

2.
Der im Grundsatz unbestrittene Anspruch des Beschwerdegegners auf Rückerstattung von an die verstorbene Tante des Beschwerdeführers (rechtmässig) ausgerichteten Pflegekostenzuschüssen gestützt auf kantonales Recht richtet sich gegen deren Nachlass. Es ist indessen zulässig, einen von allenfalls mehreren Erben ins Recht zu fassen (Art. 603 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 603 - 1 Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haftbar.
1    Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haftbar.
2    Die angemessene Entschädigung, die den Kindern oder Grosskindern für Zuwendungen an den mit dem Erblasser gemeinsam geführten Haushalt geschuldet wird, ist zu den Erbschaftsschulden zu rechnen, soweit dadurch nicht eine Überschuldung der Erbschaft entsteht.532
ZGB; BGE 129 V 70). Der Beschwerdeführer und Neffe der Verstorbenen ist nach unbestrittener vorinstanzlicher Feststellung Erbe des Nachlasses. Die aufgrund der Akten nicht auszuschliessende Existenz weiterer Erbberechtigter ändert somit nichts daran, dass die nur ihm eröffneten Verfügung und - Anfechtungsgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildender - Einspracheentscheid rechtswirksam sind.

3.
Die Vorinstanz hat die Akten dahingehend gewürdigt, es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Leistungen für seine verstorbene Tante unentgeltlich erbracht habe. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass seine Forderungen zu Recht bestünden, weshalb diese bei der Ermittlung des - vom Beschwerdegegner auf Fr. 11'450.- festgesetzten - Nettonachlasses nach § 19 des zürcherischen Gesetzes vom 7. Februar 1971 über die Zusatzleistungen zur eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ZLG; OS 44, 5 und LS 831.3) nicht zu berücksichtigen seien.

4.
Die vorinstanzliche Verneinung jeglicher Forderung an den Nachlass ist bei den gegebenen Verhältnissen willkürlich. Aus den umfangreichen Akten ergibt sich mit aller Klarheit, dass der Beschwerdeführer entsprechend der Generalvollmacht vom 18. Mai 1999, "alle Arten von Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen vorzunehmen", ausser jenen, die wegen ihrer höchstpersönlichen Natur die Mitwirkung der Vollmachtgeberin erheischen, während mehr als zehn Jahren die Interessen seiner finanziell nicht gut gestellten Tante in allen Belangen in umfassender Weise wahrgenommen hatte. Beispielhaft erwähnt seien die Organisation des Heimeintritts, die Einreichung des Gesuchs um Zusatzleistungen und der notwendigen Unterlagen, das Ausfüllen der Steuererklärungen, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit den Behörden, Post, Krankenkasse und Bank. Damit entstand zwingend ein in der Summe hoher, jedenfalls nicht unbedeutender Arbeitsaufwand, woran nichts ändert, dass der Beschwerdeführer die investierten Arbeitsstunden nicht im Einzelnen auflistete. Ebenfalls enthielt die Generalvollmacht eine Klausel, worin die Vollmachtgeberin sich "zum Ersatz der entstehenden Kosten sowie zu angemessener Entschädigung für Mühewaltung" verpflichtete. Der Umstand
allein, dass der Beschwerdeführer zu Lebzeiten seiner Tante keinen Geldbetrag von deren Konto an sich überwies, was er nachvollziehbar mit dem Hinweis auf deren prekäre finanzielle Verhältnisse sowie seine Erbberechtigung begründet, lässt nicht den Schluss zu, er habe auf ein Entgelt für seine Arbeit verzichtet. Wenn die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auf die verwandtschaftliche Beziehung Neffe-Tante hinweist, berücksichtigt sie auf der anderen Seite nicht, dass der Beschwerdeführer Erbe war, gemäss einer Vereinbarung vom 25. Juni 1997 bei Vorversterben seiner Mutter sogar Alleinerbe sein sollte, weshalb er erst aufgrund der Rückforderung des Beschwerdegegners Anlass hatte, seine zu Lebzeiten seiner Tante entstandenen Forderungen gegenüber deren Nachlass geltend zu machen, wie er sinngemäss vorbringt.

5.
Die Vorinstanz wird die Höhe der Forderung des Beschwerdeführers an den Nachlass, unter vorfrageweiser Prüfung der Verjährung, masslich festzulegen haben.

6.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. August 2011 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen über die streitige Rückerstattung neu entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Dezember 2011

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 9C_645/2011
Datum : 16. Dezember 2011
Publiziert : 03. Januar 2012
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Ergänzungsleistungen
Gegenstand : Ergänzungsleistung zur AHV/IV (Rückerstattung)


Gesetzesregister
BGG: 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
ZGB: 603
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 603 - 1 Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haftbar.
1    Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haftbar.
2    Die angemessene Entschädigung, die den Kindern oder Grosskindern für Zuwendungen an den mit dem Erblasser gemeinsam geführten Haushalt geschuldet wird, ist zu den Erbschaftsschulden zu rechnen, soweit dadurch nicht eine Überschuldung der Erbschaft entsteht.532
BGE Register
125-V-413 • 129-V-70
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