Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C 808/2007

Urteil vom 16. Mai 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Lanz.

Parteien
S.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid
der AHV/IV-Rekurskommision des Kantons Thurgau vom 6. November 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1955 im Gaza-Streifen geborene S.________ reiste im Jahr 1998 aus dem Irak, in welchem er sich zuletzt aufgehalten hatte, in die Schweiz ein, wo er als Flüchtling ohne Nationalität vorläufig aufgenommen wurde. Im Mai 2006 meldete er sich für Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau traf erwerbliche und medizinische Abklärungen (u.a. Einholung eines MEDAS-Gutachtens vom 15. März 2007) und verneinte mit Verfügung vom 21. Mai 2007 einen Anspruch auf eine ordentliche Invalidenrente. Zur Begründung wurde ausgeführt, S.________ sei bereits bei der Einreise in die Schweiz invalid gewesen und habe daher die für einen Rentenanspruch erforderliche Mindestbeitragsdauer nicht erfüllt.

B.
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau (seit 1. Januar 2008: Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau) mit Entscheid vom 6. November 2007 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erneuert S.________ sein Rentenbegehren mit der Begründung, er sei erst in der Schweiz invalid geworden. Weiter ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde, ohne sich weiter zur Sache zu äussern. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Mit Eingabe vom 12. Januar 2008 legt S.________ einen Arztbericht vom 20. Dezember 2007 auf.

Erwägungen:

1.
Auf die formal knapp den gesetzlichen Mindestanforderungen (Art. 42
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG) genügende Beschwerde ist einzutreten.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
und Art. 96
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 96 Ausländisches Recht - Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
a  ausländisches Recht sei nicht angewendet worden, wie es das schweizerische internationale Privatrecht vorschreibt;
b  das nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht massgebende ausländische Recht sei nicht richtig angewendet worden, sofern der Entscheid keine vermögensrechtliche Sache betrifft.
BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht kann es nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG).

3.
Vorinstanz und Verwaltung verneinen den Anspruch auf eine ordentliche Invalidenrente der schweizerischen Invalidenversicherung mit der Begründung, der Beschwerdeführer sei bei der Einreise in die Schweiz bereits invalid gewesen. Er habe daher die erforderliche Mindestbeitragsdauer bis zum Eintritt der Invalidität nicht erfüllt.

4.
Der Anspruch von Schweizern und ausländischen Staatsangehörigen auf eine ordentliche Invalidenrente der schweizerischen Invalidenversicherung setzt unter anderem voraus, dass bei Eintritt der Invalidität während einer bestimmten Zeit Beiträge geleistet wurden (Art. 6 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 6 Versicherungsmässige Voraussetzungen - 1 Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1    Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1bis    Sieht ein von der Schweiz abgeschlossenes Sozialversicherungsabkommen die Leistungspflicht nur des einen Vertragsstaates vor, so besteht kein Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn die von Schweizerinnen und Schweizern oder Angehörigen des Vertragsstaates in beiden Ländern zurückgelegten Versicherungszeiten nach der Zusammenrechnung einen Rentenanspruch nach dem Recht des andern Vertragsstaates begründen.54
2    Ausländische Staatsangehörige sind, vorbehältlich Artikel 9 Absatz 3, nur anspruchsberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG55) in der Schweiz haben und sofern sie bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet oder sich ununterbrochen während zehn Jahren in der Schweiz aufgehalten haben. Für im Ausland wohnhafte Angehörige dieser Personen werden keine Leistungen gewährt.56
3    Bei Personen, die mehrere sich ablösende Staatsangehörigkeiten besessen haben, ist für die Leistungsberechtigung die Staatsangehörigkeit während des Leistungsbezugs massgebend.57
[in der seit Anfang 2001 geltenden Fassung] und Abs. 2 [je in der bis und der seit Anfang 1997 geltenden Fassung], Art. 36 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 36 Bezügerkreis und Berechnung - 1 Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.229
1    Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.229
2    Für die Berechnung der ordentlichen Renten sind die Bestimmungen des AHVG230 sinngemäss anwendbar. Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften erlassen.231
3    ...232
4    Beiträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung geleistet wurden, werden angerechnet.
IVG). Nichts anderes gilt für Flüchtlinge und Staatenlose mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz (Art. 1 Abs. 1 und Art. 3bis des Bundesbeschlusses über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 4. Oktober 1962, FlüB, SR 831.131.11; zu den Staatenlosen auch: Art. 6 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 6 Versicherungsmässige Voraussetzungen - 1 Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1    Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1bis    Sieht ein von der Schweiz abgeschlossenes Sozialversicherungsabkommen die Leistungspflicht nur des einen Vertragsstaates vor, so besteht kein Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn die von Schweizerinnen und Schweizern oder Angehörigen des Vertragsstaates in beiden Ländern zurückgelegten Versicherungszeiten nach der Zusammenrechnung einen Rentenanspruch nach dem Recht des andern Vertragsstaates begründen.54
2    Ausländische Staatsangehörige sind, vorbehältlich Artikel 9 Absatz 3, nur anspruchsberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG55) in der Schweiz haben und sofern sie bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet oder sich ununterbrochen während zehn Jahren in der Schweiz aufgehalten haben. Für im Ausland wohnhafte Angehörige dieser Personen werden keine Leistungen gewährt.56
3    Bei Personen, die mehrere sich ablösende Staatsangehörigkeiten besessen haben, ist für die Leistungsberechtigung die Staatsangehörigkeit während des Leistungsbezugs massgebend.57
IVG).

Hievon abweichende Regelungen, mit welchen auf Sozialversicherungsabkommen mit anderen Staaten oder (wie in Art. 6 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 6 Versicherungsmässige Voraussetzungen - 1 Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1    Schweizerische und ausländische Staatsangehörige sowie Staatenlose haben Anspruch auf Leistungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen. Artikel 39 bleibt vorbehalten.53
1bis    Sieht ein von der Schweiz abgeschlossenes Sozialversicherungsabkommen die Leistungspflicht nur des einen Vertragsstaates vor, so besteht kein Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn die von Schweizerinnen und Schweizern oder Angehörigen des Vertragsstaates in beiden Ländern zurückgelegten Versicherungszeiten nach der Zusammenrechnung einen Rentenanspruch nach dem Recht des andern Vertragsstaates begründen.54
2    Ausländische Staatsangehörige sind, vorbehältlich Artikel 9 Absatz 3, nur anspruchsberechtigt, solange sie ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG55) in der Schweiz haben und sofern sie bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet oder sich ununterbrochen während zehn Jahren in der Schweiz aufgehalten haben. Für im Ausland wohnhafte Angehörige dieser Personen werden keine Leistungen gewährt.56
3    Bei Personen, die mehrere sich ablösende Staatsangehörigkeiten besessen haben, ist für die Leistungsberechtigung die Staatsangehörigkeit während des Leistungsbezugs massgebend.57
in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 9 - 1 Die Eingliederungsmassnahmen werden in der Schweiz, ausnahmsweise auch im Ausland, gewährt.
1    Die Eingliederungsmassnahmen werden in der Schweiz, ausnahmsweise auch im Ausland, gewährt.
1bis    Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen entsteht frühestens mit der Unterstellung unter die obligatorische oder die freiwillige Versicherung und endet spätestens mit dem Ende der Versicherung.98
a  freiwillig versichert ist; oder
b  während einer Erwerbstätigkeit im Ausland obligatorisch versichert ist:
b1  nach Artikel 1a Absatz 1 Buchstabe c AHVG99,
b2  nach Artikel 1a Absatz 3 Buchstabe a AHVG, oder
b3  auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung.100
3    Ausländische Staatsangehörige mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG101) in der Schweiz, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben, haben Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, wenn sie selbst die Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 2 erfüllen oder wenn:
a  ihr Vater oder ihre Mutter, falls sie ausländische Staatsangehörige sind, bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet oder sich ununterbrochen während zehn Jahren in der Schweiz aufgehalten haben; und
b  sie selbst in der Schweiz invalid geboren sind oder sich bei Eintritt der Invalidität seit mindestens einem Jahr oder seit der Geburt ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben. Den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt sind Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, die im Ausland invalid geboren sind und deren Mutter sich dort unmittelbar vor der Geburt während höchstens zwei Monaten aufgehalten hat. Der Bundesrat regelt, in welchem Umfang die Invalidenversicherung die Kosten zu übernehmen hat, die sich im Ausland wegen der Invalidität ergeben.102
IVG) auf unter 20jährige Personen Bezug genommen wird, kommen im vorliegenden Fall mangels entsprechender Abkommen resp. Sachverhalte nicht zur Anwendung.

5.
War der Beschwerdeführer bei der Einreise in die Schweiz bereits invalid, wie von der Vorinstanz entschieden, kann er die erforderliche Beitragszeit bis zum Eintritt der Invalidität nicht erfüllt haben und ist nach dem zuvor Gesagten der Anspruch auf eine ordentliche Invalidenrente, ohne dass deren weitere Voraussetzungen noch zu prüfen wären, zu verneinen.

5.1 Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze zu Begriff und Eintritt der Invalidität sowie zum für eine Invalidenrente erforderlichen Invaliditätsgrad und dessen Bestimmung zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

Hervorzuheben ist, dass die Invalidität als eingetreten gilt, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat (Art. 4 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG).

5.2 Die Rekurskommission ist zum Ergebnis gelangt, dass als anspruchsrelevanter Gesundheitsschaden eine schwere Persönlichkeitsstörung vorliege. Sie hat weiter erwogen, dieses Leiden habe die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bereits im Zeitpunkt der Einreise in der Schweiz in einer den Anspruch auf eine Invalidenrente begründenden Weise eingeschränkt. Zur Begründung wird im angefochtenen Entscheid namentlich auf das MEDAS-Gutachten vom 15. März 2007 verwiesen.

Der Beschwerdeführer erhebt Einwendungen gegen die MEDAS-Expertise. Er bestreitet zudem ausdrücklich, bereits bei der Einreise in die Schweiz invalid gewesen zu sein.

5.3 Im MEDAS-Gutachten vom 15. März 2007 wird ausgeführt, aus somatischer Sicht bestehe durch eine Diabetes-Krankheit insofern eine Beeinträchtigung, als auf eine geregelte Mahlzeiteneinnahme zu achten sei und Arbeiten mit häufigen Schichtwechsel und Nachtarbeit zu vermeiden seien. In psychischer Hinsicht liege eine schwere expansiv paranoische Persönlichkeitsstörung bei Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Wegen dieses Leidens sei der Versicherte keinem Arbeitgeber zumutbar. Eine Persönlichkeitsstörung entstehe in der Kindheit resp. im jungen Erwachsenenalter. Mit hoher Wahrscheinlichkeit habe der Gesundheitsschaden bereits vor der Einreise in der Schweiz bestanden. Auch für den Fall, dass eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, sei davon auszugehen, dass dieses Leiden bereits bei der Einreise in die Schweiz bestanden habe.
Soweit im Rahmen der bundesgerichtlichen Überprüfungsbefugnis beurteilbar, gibt die MEDAS-Expertise zu Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt der Begutachtung umfassend und überzeugend Antwort, weshalb es mit der Vorinstanz als beweiswertig anzusehen ist. Formelle oder inhaltliche Mängel, welche Zweifel an der Verlässlichkeit der gutachterlichen Aussagen zu begründen vermöchten, liegen entgegen der Beschwerde nicht vor. Insbesondere bestehen keine die Vorbringen des Beschwerdeführers stützenden Anhaltspunkte dafür, dass bei der MEDAS-Begutachtung unsachlich oder in einer anderen, gegebenenfalls den Ausstand von MEDAS-Experten rechtfertigenden Weise vorgegangen wurde. Es kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden.

Der nachträglich aufgelegte Arztbericht vermöchte an diesem Ergebnis nichts zu ändern, weshalb die Frage seiner prozessualen Zulässigkeit offen bleiben kann.

5.4 Eine andere Frage ist, ob die Gesundheitsstörung bereits bei der Einreise in die Schweiz in anspruchsrelevanter Weise bestanden hat. Die Vorinstanz bejaht dies.
5.4.1 Vorab ist festzustellen, dass es generell und namentlich bei psychischen Störungen schwierig ist, rückwirkend und überdies für einen weit zurückliegenden Zeitraum die Arbeitsfähigkeit zuverlässig zu beurteilen (vgl. Urteil I 31/06 vom 20. Januar 2007, E. 3.2 mit Hinweisen; sodann Urteil 8C 615/2007 vom 14. April 2008, E. 2.2.1; SVR 2008 IV Nr. 11 S. 11, I 687/07, E. 5.1). Hinzukommt, dass in der MEDAS-Expertise vom 15. März 2007 nicht gesagt wird, der Gesundheitsschaden habe bereits bei der Einreise in die Schweiz in rentenbegründendem Weise bestanden. Einzig der RAD-Arzt äusserte sich am 19. März 2007 dahingehend, der Versicherte sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit diesem Gesundheitsschaden in dieser Ausprägung in die Schweiz eingereist. Diese Interpretation der MEDAS-Expertise geht indessen über die gutachterlichen Feststellungen hinaus. Sie wird vom RAD-Arzt auch nicht weiter begründet. Den übrigen medizinischen Akten lässt sich Entsprechendes ebenfalls nicht zuverlässig entnehmen.
5.4.2 Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, er sei nach der Einreise in die Schweiz erwerbstätig gewesen. Aktenkundig ist, dass er in der Schweiz durch die Arbeitslosenversicherung vom 1. Oktober 2001 bis 30. September 2003 als voll vermittlungsfähig betrachtet wurde. Dies lässt eine rentenbegründende Invalidität im damaligen Zeitpunkt eher fraglich erscheinen. Ansonsten hätte die Arbeitslosenkasse mutmasslich eine Anmeldung bei der Invalidenversicherung veranlasst (Urteil 8C 615/2007 vom 14. April 2008, E. 2.2). Für die Zeit davor liegt zudem ein Arbeitszeugnis des HEKS vom 28. September 2001 auf. Darin wird bestätigt, dass der Versicherte vom 1. April bis 30. September 2001 in einem Programm zur Arbeitsintegration tätig gewesen sei. Dabei habe er Aufgaben in Forst und Naturschutz sowie einzelne Aufträge, wie Umzüge, zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber ausgeübt.
5.4.3 Aufgrund der dargelegten Gesichtspunkte hätte Anlass bestanden, weiter abzuklären, ob der Beschwerdeführer tatsächlich schon rentenbegründend invalid in die Schweiz eingereist ist. Der vorinstanzliche Entscheid beruht demnach auf einer unvollständigen Sachverhaltsfeststellung. Dies stellt eine vom Bundesgericht zu korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
(lit. a) BGG dar (Seiler/von Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007, N 24 zu Art. 97; Markus Schott, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Basel 2008, N 6 und 19 zu Art. 97). An weiteren Beweismassnahmen bietet sich nebst Ergänzungsfragen an die psychiatrischen Gutachter der Beizug der Verwaltungsakten über das Verfahren betreffend Asyl resp. vorläufige Aufnahme an. Gegebenenfalls sind auch Zeugenbefragungen durchzuführen. Die Sache wird hiefür an die Vorinstanz zurückgewiesen.

6.
Die Gerichtskosten sind von der unterliegenden IV-Stelle zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Damit ist das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von Gerichtskosten als hinfällig zu betrachten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommision des Kantons Thurgau vom 6. November 2007 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Beschwerde neu entscheide.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Mai 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

i.V. Leuzinger Lanz
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Document : 8C_808/2007
Date : 16. Mai 2008
Published : 03. Juni 2008
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


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IVG: 4  6  9  36
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