Tribunal federal
{T 0/2}
2P.67/2006 /bie
Urteil vom 16. Mai 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Uebersax.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer,
gegen
Gemeinde Ayent, route d'Anzère 1, 1966 Ayent,
Staatsrat des Kantons Wallis, Regierungsgebäude, Postfach 478, 1951 Sitten,
Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, Justizgebäude, 1950 Sitten.
Gegenstand
Art. 12
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, vom 27. Januar 2006.
Sachverhalt:
A.
Der deutsche Staatsangehörige X.________ lebt seit April 2005 in Anzère, Gemeinde Ayent. Am 21. April 2005 stellte er bei der Gemeinde ein Gesuch um Sozialhilfe. Mit Verfügungen vom 3. Juni und 20. Juli 2005 sprach ihm die Gemeinde eine monatliche Unterstützung von Fr. 1'876.--, worunter Fr. 800.-- für Wohnungsmiete, für die Zeit vom 21. April bis zum 31. August 2005 zu. Am 13. Oktober 2005 wies der Staatsrat des Kantons Wallis dagegen erhobene Beschwerden ab. Dabei legte er unter anderem fest, dass die Sozialhilfe weiterhin zu gewähren sei unter Berücksichtigung von sanktionsbedingten Abzügen während sechs Monaten; gleichzeitig wurde die Gemeinde zur Rückforderung missbräuchlich bezogener Leistungen ermächtigt. Mit Urteil vom 27. Januar 2006 hiess das Kantonsgericht des Kantons Wallis eine dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut und hob den Staatsratsbeschluss insoweit auf, als er sanktionsbedingte Abzüge zuliess sowie einen Rückforderungsanspruch anerkannte. Im Übrigen wurde die Beschwerde, soweit darauf einzutreten war, abgewiesen.
B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 1. März 2006 an das Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des Kantonsgerichts sei in dem Sinne aufzuheben, dass der Rechtsspruch des Staatsrates des Kantons Wallis in der Sache vollständig aufgehoben werde. Überdies ersucht X.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
Der Staatsrat und das Kantonsgericht des Kantons Wallis schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Ayent stellt keinen Antrag, verweist in ihrer Eingabe an das Bundesgericht vom 3. April 2006 jedoch darauf, sie erbringe zurzeit monatliche Unterstützungsleistungen von Fr. 1'675.50 gemäss einem Entscheid über vorsorgliche Massnahmen des kantonalen Departements für Gesundheit, Sozialwesen und Energie vom 1. September 2005.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, gegen den kein anderes eidgenössisches Rechtsmittel als die staatsrechtliche Beschwerde offen steht (vgl. Art. 84 ff
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 173 E. 1.5 S. 176, mit Hinweis) und hat einzig den letzten kantonalen Entscheid zum Gegenstand. Soweit der Beschwerdeführer unter Bezug auf den Staatsratsbeschluss mehr verlangt als die Aufhebung der für ihn negativ ausgefallenen Teile des angefochtenen Entscheids, kann auf die Beschwerde daher nicht eingetreten werden.
1.3 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
2.
2.1 Der Beschwerdeführer beruft sich in mehrfacher Hinsicht darauf, mit seinen Anliegen vor allem wegen Sprachschwierigkeiten nicht oder nicht vollständig gehört worden zu sein. Er sieht darin eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
|
1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
2.2 Auch wenn es möglicherweise vor den kommunalen Behörden gewisse Sprach- und Verständigungsprobleme gegeben hatte, konnte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt spätestens vor dem Staatsrat und dem Kantonsgericht uneingeschränkt und in deutscher Sprache vortragen. Da diese beiden Behörden mit voller Überprüfungsbefugnis entschieden haben, ist nicht ersichtlich, inwiefern die verfassungsrechtlichen Verfahrensrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sein sollten.
3.
3.1 In der Sache beruft sich der Beschwerdeführer hauptsächlich auf das Recht auf Hilfe in Notlagen gemäss Art. 12
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen. |
3.2 Der Beschwerdeführer befindet sich nicht in einer existenzbedrohenden Notlage. Die kantonalen Behörden haben ihm vielmehr eine Unterstützung zugesprochen, die ihm offensichtlich mehr als das Überleben sichert. Art. 10 Abs. 2 GES sieht sogar ausdrücklich vor, dass mit der Sozialhilfe im Kanton Wallis nicht nur der unbedingt notwendige Lebensbedarf, sondern ein soziales Existenzminimum sichergestellt werden soll. Die Gemeinde richtete dem Beschwerdeführer im Übrigen bereits während des hängigen Verfahrens im Sinne einer vorsorglichen Massnahme Sozialhilfeleistungen aus. Dass diese noch immer den mit dem Kantonsgerichtsurteil aufgehobenen unzulässigen Sanktionsabzug zu enthalten scheinen, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; dieser Punkt ist beim Vollzug des angefochtenen Entscheids zu prüfen. Weitergehende Ansprüche vermittelt Art. 12
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
3.3 Soweit sich der Beschwerdeführer auf Garantien im Zusammenhang mit der Rechtsgleichheit beruft, legt er nicht dar, inwieweit das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
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1 | Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
2 | Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. |
3 | Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. |
4 | Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor. |
3.4 Der Beschwerdeführer beruft sich vor Bundesgericht nicht ausdrücklich auf das Willkürverbot gemäss Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
4.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren abzuweisen (vgl. Art. 152
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 200.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Ayent und dem Staatsrat sowie dem Kantonsgericht, öffentlichrechtliche Abteilung, des Kantons Wallis schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Mai 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: