I 316/00 Go
I. Kammer
Präsident Schön, Bundesrichter Borella, Rüedi, Meyer und
Frésard; Gerichtsschreiber Arnold
Urteil vom 16. April 2002
in Sachen
M.________, 1992, Beschwerdeführerin, handelnd durch R.________, und diese vertreten durch Herrn lic. iur. Max S.
Merkli, Praxis für Sozialversicherungsrecht, Schaffhauserstrasse 345, 8050 Zürich,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin,
und
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
A.- M.________, geb. am 18. Dezember 1992, leidet an einem Thrombopenie-Radiusaplasie-Syndrom (TAR) mit massiven Missbildungen der Extremitäten. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Zürich bereits ab 21. Dezember 1992 und 1. Septem- ber 1993 medizinische Massnahmen auf Grund der Geburtsgebrechen-Ziffern 177, 183, 190 und 322 des GgV Anhangs gewährt hatte, sprach sie mit Verfügung vom 25. Mai 1994 Beiträge für die Hauspflege bei hohem Betreuungsaufwand ab
1. Januar 1994 (maximal Fr. 1410.- monatlich) zu. Eine revisionsweise Ueberprüfung auf Gesuch vom 10. Oktober 1994 hin ergab, abgesehen von einer Anpassung des Höchstbetrages an die ab 1. Januar 1995 geltenden Ansätze (maximal Fr. 1455.- monatlich), keine anspruchsbeeinflussenden Aenderungen (Verfügung vom 9. Februar 1995). Im Rahmen eines weiteren Revisionsverfahrens kam die IV-Stelle nach Beizug eines Abklärungsberichtes vom 3. Dezember 1997 zum Schluss, bei einem Betreuungsaufwand von zirka 2 Stunden 50 Minuten täglich seien rückwirkend ab 1. September 1997 nurmehr Beiträge für die Hauspflege bei geringem Betreuungsaufwand (maximal Fr. 498.- monatlich) zu entrichten (Verfügung vom 6. Januar 1998).
B.- In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde setzte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den Zeitpunkt für die Herabsetzung der Beiträge an die Hauspflege bei geringem Betreuungsaufwand auf den
1. März 1998 fest. Im Uebrigen wies es die Rechtsvorkehr ab (Entscheid vom 29. März 2000).
C.- M.________, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter R.________, lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es seien ab 1. März 1998 Beiträge bei mittlerem Betreuungsaufwand zuzusprechen. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- Letztinstanzlich strittig ist einzig, ob die Beschwerdeführerin ab 1. März 1998 Anspruch auf Beiträge an die Hauspflege bei mittlerem oder geringem statt wie bisher bei hohem Betreuungsaufwand gemäss Art. 13 f
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114). |
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1 | Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114). |
2 | Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die: |
a | fachärztlich diagnostiziert sind; |
b | die Gesundheit beeinträchtigen; |
c | einen bestimmten Schweregrad aufweisen; |
d | eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und |
e | mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind. |
3 | Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht. |
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 4 |
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 88bis Wirkung - 1 Die Erhöhung der Renten, der Hilflosenentschädigungen und der Assistenzbeiträge erfolgt frühestens:392 |
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1 | Die Erhöhung der Renten, der Hilflosenentschädigungen und der Assistenzbeiträge erfolgt frühestens:392 |
a | sofern der Versicherte die Revision verlangt, von dem Monat an, in dem das Revisionsbegehren gestellt wurde; |
b | bei einer Revision von Amtes wegen von dem für diese vorgesehenen Monat an; |
c | falls festgestellt wird, dass der Beschluss der IV-Stelle zum Nachteil des Versicherten zweifellos unrichtig war, von dem Monat an, in dem der Mangel entdeckt wurde.393 |
2 | Die Herabsetzung oder Aufhebung der Renten, der Hilflosenentschädigungen und der Assistenzbeiträge erfolgt:394 |
a | frühestens vom ersten Tag des zweiten der Zustellung der Verfügung folgenden Monats an; |
b | rückwirkend ab Eintritt der für den Anspruch erheblichen Änderung, wenn der Bezüger die Leistung zu Unrecht erwirkt hat oder der ihm nach Artikel 77 zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen ist, unabhängig davon, ob die Verletzung der Meldepflicht oder die unrechtmässige Erwirkung ein Grund für die Weiterausrichtung der Leistung war. |
2.- Das kantonale Gericht hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen. Hinsichtlich der Austauschbefugnis bei Hauspflegebeiträgen für den Fall, dass die erforderliche Pflege nicht Dritte, sondern die Eltern der versicherten Person leisten, wird ergänzend auf BGE 120 V 285 f. Erw. 4a hingewiesen.
3.- Vorinstanz und Verwaltung haben für die Ermittlung des invaliditätsbedingt zu leistenden Betreuungsaufwandes in Hauspflege gemäss Art. 4
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 4 |
Dort wurde der Aufwand für Behandlungs- und Grundpflege auf aktuell zirka 2 Stunden 52 Minuten, mithin gering im Sinne von Art. 4 Abs. 4 lit. d
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 4 |
4.- Die in Art. 69 Abs. 2
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 69 Allgemeines - 1 Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
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1 | Die IV-Stelle prüft, nötigenfalls unter Mitwirkung der gemäss Artikel 44 zuständigen Ausgleichskasse, die versicherungsmässigen Voraussetzungen. |
2 | Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so beschafft die IV-Stelle die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeits- und Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zwecke können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen oder privaten Invalidenhilfe beigezogen werden. ...296 |
3 | Die IV-Stellen können die Versicherten zu einer Besprechung aufbieten. Der Besprechungstermin ist innert angemessener Frist mitzuteilen.297 |
4 | ...298 |
Weiter sind die Angaben der die Pflege Leistenden zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext schliesslich muss plausibel, begründet und detailliert bezüglich der einzelnen, konkret in Frage stehenden Massnahmen der Behandlungs- und Grundpflege sein und in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben stehen. Trifft all dies zu, ist der Abklärungsbericht voll beweiskräftig.
Das Gericht greift, sofern der Bericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage im eben umschriebenen Sinne darstellt, in das Ermessen der die Abklärung tätigenden Person nur ein, wenn klar feststellbare Fehleinschätzungen vorliegen. Das gebietet insbesondere der Umstand, dass die fachlich kompetente Abklärungsperson näher am konkreten Sachverhalt ist als das im Beschwerdefall zuständige Gericht.
Obwohl von zentraler Bedeutung für die Beurteilung des Anspruchs auf Beiträge an die Hauspflege und im Hinblick auf die Beweiswürdigung regelmässig zumindest wün- schenswert, besteht an sich keine strikte Verpflichtung, die an Ort und Stelle erfassten Angaben der versicherten Person (oder ihrem gesetzlichen Vertreter) zur Durchsicht und Bestätigung vorzulegen. Nach Art. 73bis Abs. 1
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 73bis Gegenstand und Zustellung des Vorbescheids - 1 Gegenstand des Vorbescheids nach Artikel 57a IVG sind Fragen, die in den Aufgabenbereich der IV-Stellen nach Artikel 57 Absatz 1 Buchstaben d und f-i IVG fallen.309 |
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1 | Gegenstand des Vorbescheids nach Artikel 57a IVG sind Fragen, die in den Aufgabenbereich der IV-Stellen nach Artikel 57 Absatz 1 Buchstaben d und f-i IVG fallen.309 |
2 | Der Vorbescheid ist insbesondere zuzustellen: |
a | dem Versicherten persönlich oder seinem gesetzlichen Vertreter; |
b | der Person oder der Behörde, die den Anspruch geltend gemacht hat oder der eine Geldleistung ausgezahlt wird; |
c | der zuständigen Ausgleichskasse, sofern es sich um einen Entscheid betreffend eine Rente, ein Taggeld oder eine Hilflosenentschädigung für Volljährige handelt; |
d | dem zuständigen Unfallversicherer oder der Militärversicherung, sofern deren Leistungspflichten berührt werden; |
e | dem zuständigen Krankenversicherer nach den Artikeln 2 und 3 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 2014311 (Krankenversicherer nach dem KVAG), sofern dessen Leistungspflicht berührt wird; |
f | der zuständigen Einrichtung der beruflichen Vorsorge, sofern die Verfügung deren Leistungspflicht nach den Artikeln 66 Absatz 2 und 70 ATSG berührt. Steht die Zuständigkeit nicht fest, so erfolgt die Zustellung an die Einrichtung, bei welcher die versicherte Person zuletzt versichert war oder bei welcher Leistungsansprüche angemeldet wurden. |
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 27 - 1 Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen. |
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1 | Als Aufgabenbereich nach Artikel 7 Absatz 2 IVG der im Haushalt tätigen Versicherten gilt die übliche Tätigkeit im Haushalt sowie die Pflege und Betreuung von Angehörigen. |
2 | ...171 |
Urteil S. vom 4. September 2001, I 175/01).
5.- a) Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, die geeignet sind, den Beweiswert des Abklärungsberichts vom 3. Dezember 1997 durch Frau L.________ von der IV-Stelle zu erschüttern. Nach den Akten besteht namentlich kein Grund an der Erfahrung der Abklärungsperson zu zweifeln, zumal die Beschwerdeführerin in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (S. 4 zweitletzter Absatz) einräumt, dass jene "teilweise für Befragungen an Ort und Stelle eingesetzt" wird.
b) aa) Physio- und Ergotherapie sind - mit Vorinstanz und Verwaltung - anrechenbare Behandlungspflege (ZAK 1976 S. 512; Weisungen zur Hauspflege [Anhang 3 des Kreisschreibens über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung des Bundesamtes für Sozialversicherung, gültig ab 1. November 2000] Rz 8). Ausser Acht zu lassen bei der Ermittlung des Betreuungsaufwandes im Rahmen der Behandlungspflege sind demgegenüber Übungen und Spiele ("Spieltherapie") aus dem Kindergarten. Der Umstand, dass einzelne Tätigkeiten oder Übungen aus der Sicht der Kindergärtnerin und/oder der Ergotherapeutin sinnvoll sind, macht diese noch nicht zu anrechenbarem invaliditätsbedingtem Betreuungsaufwand. Hiefür erforderlich ist vielmehr, dass der Arzt oder eine ergotherapeutisch geschulte Fachperson im Rahmen eines individuellen Behandlungsplans bestimmte Therapiemassnahmen anordnet. Schliesslich ist davon auszugehen, dass fünfjährige Kinder im Allgemeinen mit ihren Eltern in der im Bericht umschriebenen Weise spielen (z.B. Guetzli ausstechen, Scherenschnitte ausführen. ..), weshalb auch insoweit kein Grund besteht, von den im Abklärungsbericht veranschlagten Mehraufwendungen von zirka 55 Minuten für die Behandlungspflege abzuweichen.
bb) Mit Blick darauf, dass auch bei gesunden fünfjährigen Kindern in den Bereichen An-/Auskleiden, Körperpflege und Reinigung nach Verrichten der Notdurft eine gewisse Hilfsbedürftigkeit altersentsprechend ist, sind die für die genannten Massnahmen der Grundpflege von Verwaltung und Vorinstanz anerkannten Mehraufwendungen auch im Lichte der letztinstanzlichen Einwendungen nicht zu beanstanden.
Die Grenze zu invaliditätsbedingtem Betreuungsaufwand von mindestens vier Stunden täglich (Art. 4 Abs. 4 lit. c
SR 831.201 Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV) IVV Art. 4 |
cc) Unabhängig davon, ob für die Begleitung zu Arzt- und Therapiebesuchen mit der Beschwerdeführerin ein um 10 Minuten höherer täglicher Aufwand angerechnet wird (24 statt 14 Minuten), worüber nicht abschliessend befunden werden muss, ist von einem nurmehr geringen Betreuungsaufwand auszugehen, weshalb sich der vorinstanzliche Entscheid nicht beanstanden lässt.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.
Luzern, 16. April 2002
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer:
Der Gerichtsschreiber: