[AZA 7]
H 45/00 Vr

II. Kammer

Bundesrichter Meyer, Ferrari und nebenamtlicher Richter
Maeschi; Gerichtsschreiberin Bucher

Urteil vom 15. September 2000

in Sachen
V.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Beat H. Thoma, Zeughausgasse, Zug,

gegen
Ausgleichskasse Zug, Baarerstrasse 11, Zug, Beschwerdegegnerin,

und
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Zug

A.- V.________, Ingenieur HTL für Maschinen- und Anlagenbau, arbeitete vom 1. November 1992 bis zum 31. Mai 1995 als Leiter der Konstruktion und Technik für die Firma P.________. Seit 29. Juni 1994 war er zudem Mitglied des Verwaltungsrats dieser Aktiengesellschaft. Nachdem der über die Firma P.________ eröffnete Konkurs mangels Aktiven eingestellt worden war, verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zug V.________ mit Verfügung vom 20. September 1996 zur Bezahlung von Schadenersatz im Betrag von Fr. 65'264. 65 für entgangene Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1994 und 1995.
B.- Die auf Einsprache hin von der Ausgleichskasse gegen V.________ eingereichte Klage hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 9. Dezember 1999 gut.

C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt V.________ beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und die Klage der Ausgleichskasse des Kantons Zug über Fr. 65'264. 65 sei abzuweisen, soweit sie den Betrag von Fr. 34'955. 95 übersteige. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Auch das kantonale Gericht nimmt in ablehnendem Sinne zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde Stellung. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (vgl. BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw. 1b mit Hinweis).

2.- Da keine Versicherungsleistungen streitig sind, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 119 V 392 Erw. 2b).

3.- Nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG hat ein Arbeitgeber, der durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften einen Schaden verschuldet, diesen der Ausgleichskasse zu ersetzen. Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so können subsidiär gegebenenfalls die verantwortlichen Organe in Anspruch genommen werden (BGE 123 V 15 Erw. 5b, 122 V 66 Erw. 4a, 119 V 405 Erw. 2, je mit Hinweisen).

4.- a) Die Schadenersatzforderung verwirkt, wenn sie nicht innert Jahresfrist seit Kenntnis des Schadens durch Erlass einer Schadenersatzverfügung geltend gemacht wird (Art. 82 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVV; BGE 119 V 92 Erw. 3; AHI 1996 S. 161 Erw. 3b). Wird der Konkurs weder im ordentlichen noch im summarischen Verfahren durchgeführt, fällt die zumutbare Kenntnis des Schadens in der Regel mit der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven zusammen, wobei der Publikationszeitpunkt der Konkurseinstellung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) massgeblich ist (BGE 108 V 53 Erw. 5; ZAK 1990 S. 289 Erw. 4b und S. 290 Erw. 4c/bb; Thomas Nussbaumer, Die Ausgleichskasse als Partei im Schadenersatzprozess nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG, in: ZAK 1991 S. 383 ff., 433 ff., insbesondere S. 390). Voraussetzung für eine ausreichende Kenntnis des Schadens ist aber, dass die Ausgleichskasse zu diesem Zeitpunkt bereits alle tatsächlichen Umstände über die Existenz, die Beschaffenheit und die wesentlichen Merkmale des Schadens kennt (BGE 116 V 76 Erw. 3b; ZAK 1992 S. 251 unten; nicht veröffentlichtes Urteil S. vom 6. Juni 2000, H 31/00).

b) Das am 1. September 1995 über die Firma P.________ eröffnete Konkursverfahren wurde mit Verfügung vom 26. September 1995 mangels Aktiven eingestellt. Die entsprechende Publikation im SHAB erfolgte am ... November 1995. Frühestens zu diesem Zeitpunkt begann die einjährige Verwirkungsfrist zu laufen. Die Vorinstanz hat demzufolge zu Recht festgestellt, die Ausgleichskasse habe diese Frist mit ihrer Schadenersatzverfügung vom 20. September 1996 eingehalten.

5.- In materiellrechtlicher Hinsicht hat das kantonale Gericht die Grundsätze gemäss der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Arbeitgeberorganhaftung nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG zutreffend dargelegt. Es betrifft dies insbesondere den Begriff der Grobfahrlässigkeit (siehe auch BGE 112 V 159 Erw. 4; ZAK 1988 S. 599 Erw. 5a), die subsidiäre Haftbarkeit der Organe einer juristischen Person (siehe auch BGE 123 V 15 Erw. 5b), die strengen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Organe einer Aktiengesellschaft (BGE 108 V 203 Erw. 3a, 103 V 125; ZAK 1992 S. 254 Erw. 7b; siehe auch ZAK 1985 S. 51 Erw. 2a, S. 620 Erw. 3b) sowie die zeitliche Begrenzung der Haftung (zum Anfangszeitpunkt:
ZAK 1992 S. 254 Erw. 7b; siehe auch BGE 119 V 407 Erw. 4c und AHI 1996 S. 292 Erw. 4; zum Endzeitpunkt: BGE 112 V 4 Erw. 3c und 5 Erw. 3d; vgl. auch AHI 1994 S. 36 Erw. 6b).
Darauf wird verwiesen.

6.- a) Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen ehemals mitarbeitenden Verwaltungsrat einer Kleinfirma, der sich mit der technisch-betrieblichen Seite (Projektrealisierung), nicht aber mit der kaufmännischen Geschäftsführung und den finanziellen Belangen befasste. Rechtsprechungsgemäss ist in Verhältnissen wie den hier gegebenen die Haftung zu bejahen. Auch einem nicht mit der kaufmännischen Geschäftsführung und den finanziellen Belangen betrauten Verwaltungsrat kommt, solange er diese formelle Organstellung beibehält, als Mitglied des Verwaltungsrats die unübertragbare und unentziehbare Aufgabe zu, die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, auszuüben (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 716a - 1 Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1    Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1  die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen;
2  die Festlegung der Organisation;
3  die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist;
4  die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen;
5  die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen;
6  die Erstellung des Geschäftsberichtes585 sowie die Vorbereitung der Generalversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse;
7  die Einreichung eines Gesuchs um Nachlassstundung und die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung;
8  bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: die Erstellung des Vergütungsberichts.
2    Der Verwaltungsrat kann die Vorbereitung und die Ausführung seiner Beschlüsse oder die Überwachung von Geschäften Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern zuweisen. Er hat für eine angemessene Berichterstattung an seine Mitglieder zu sorgen.
OR), zu welchem Zweck er über ein Recht auf Auskunft und Einsicht verfügt (Art. 715a
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 715a - 1 Jedes Mitglied des Verwaltungsrates kann Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.
1    Jedes Mitglied des Verwaltungsrates kann Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.
2    In den Sitzungen sind alle Mitglieder des Verwaltungsrates sowie die mit der Geschäftsführung betrauten Personen zur Auskunft verpflichtet.
3    Ausserhalb der Sitzungen kann jedes Mitglied von den mit der Geschäftsführung betrauten Personen Auskunft über den Geschäftsgang und, mit Ermächtigung des Präsidenten, auch über einzelne Geschäfte verlangen.
4    Soweit es für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich ist, kann jedes Mitglied dem Präsidenten beantragen, dass ihm Bücher und Akten vorgelegt werden.
5    Weist der Präsident ein Gesuch auf Auskunft, Anhörung oder Einsicht ab, so entscheidet der Verwaltungsrat.
6    Regelungen oder Beschlüsse des Verwaltungsrates, die das Recht auf Auskunft und Einsichtnahme der Verwaltungsräte erweitern, bleiben vorbehalten.
OR). Obliegt die Geschäftsführung einem Mitglied des Verwaltungsrats, so handeln weitere Verwaltungsräte im Sinne von Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG qualifiziert schuldhaft, wenn sie die nach den Umständen gebotene, sich auch auf das Beitragswesen erstreckende Aufsicht nicht ausüben, wobei sich die Anforderungen an die gegenseitige Kontrolle bei einem wie vorliegend (vgl. Handelsregisterauszug vom 20.
September 1996) aus nur wenigen Personen zusammengesetzten Verwaltungsrat nach einem strengen Massstab beurteilen. Als grobfahrlässig gilt gerade auch die Passivität faktisch von der Geschäftsführung ausgeschlossener Verwaltungsräte, welche sich umso nachhaltiger um Einblick in die Geschäftsbücher zu bemühen haben. Ein Verwaltungsrat kann sich, wenn es wie beim Beitragswesen um die Verantwortung in Geschäften geht, mit denen er sich ihrer Bedeutung wegen befassen musste, nicht mit dem Einwand exkulpieren, er habe keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gehabt (BGE 109 V 88 Erw. 6; ZAK 1992 S. 255 Erw. 7b, 1989 S. 104 Erw. 4; nicht publ. Erw. 2c des Urteils BGE 119 V 86; nicht publ.
Erw. 5a/aa des Urteils AHI 1994 S. 102; nicht veröffentlichte Urteile F. und andere vom 25. Juli 2000, H 228/98 und H 253/98, S. vom 28. Mai 1999, H 25/98, A. vom 14. Mai 1999, H 284/98, sowie H. und andere vom 22. Dezember 1998, H 16/98 und H 50/98). Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht (BGE 125 V 195 Erw. 2) in keiner Weise zu belegen vermocht, dass er im massgeblichen Zeitraum von seinem Eintritt in den Verwaltungsrat am 29. Juni 1994, mithin seit Beginn seiner formellen Organstellung, an der sich durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses per 31. Mai 1995 nichts geändert hat, bis zur Konkurseröffnung (vgl. AHI 1994 S. 36 Erw. 6b) vom 1. September 1995 jemals seinen gesetzlichen Überwachungspflichten als Verwaltungsrat nachgekommen wäre. Die Faxkopien aus X.________, in denen der Beschwerdeführer die Zurverfügungstellung von Mitteln und insbesondere die Übernahme der Hotelspesen monierte, ändern daran nichts. Sie zeigen einzig, dass der Beschwerdeführer ob seinen Sorgen als Mitarbeiter und Projektverantwortlicher seine Aufgaben als Verwaltungsrat in den Hintergrund stellte, ja sich deren wahrscheinlich gar nicht bewusst war. Die Voraussetzung der Grobfahrlässigkeit ist demnach erfüllt.

b) Sämtliche Einwände des Beschwerdeführers sind nicht stichhaltig.

aa) Die Vorbringen betreffend den Verwaltungsratspräsidenten B.________, von dem die Ausgleichskasse den Fehlbetrag nicht einbringen konnte (anscheinend weil er sich ins Ausland abgesetzt hatte), und W.________, der am 4. April 1995 seinen sofortigen Rücktritt aus dem Verwaltungsrat erklärte mit der Folge, dass er nur für die bis zu diesem Zeitpunkt fällig gewordenen Beiträge (Art. 34
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 34 Zahlungsperioden - 1 Es haben der Ausgleichskasse die Beiträge zu zahlen:
1    Es haben der Ausgleichskasse die Beiträge zu zahlen:
a  Arbeitgeber monatlich oder, wenn die jährliche Lohnsumme 200 000 Franken nicht übersteigt, vierteljährlich;
b  Selbstständigerwerbende und Nichterwerbstätige sowie Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber, vierteljährlich;
c  Arbeitgeber im vereinfachten Verfahren nach den Artikeln 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005147 über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA), jährlich.
2    Die Ausgleichskasse kann in begründeten Fällen für Beitragspflichtige nach Absatz 1 Buchstaben a und b, deren Jahresbeitrag an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie an die Erwerbsersatzordnung 3000 Franken nicht übersteigt, längere, höchstens aber jährliche Zahlungsperioden festsetzen.148
3    Die für eine Zahlungsperiode geschuldeten Beiträge sind innert zehn Tagen nach deren Ablauf zu bezahlen. Im vereinfachten Verfahren nach den Artikeln 2 und 3 BGSA haben die Arbeitgeber die Beiträge innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen.149
AHVV) haftbar erklärt wurde, gehen ins Leere. Die Rechtsprechung räumt den Ausgleichskassen die Befugnis ein, unter den solidarisch haftenden Organen nur eines oder Einzelne ins Recht zu fassen (BGE 119 V 87 Erw. 5a, 109 V 90 Erw. 7a; AHI 1996 S. 293 Erw. 6). Aus dem Umstand, dass die Vorinstanz im gegenüber W.________ ergangenen Parallelurteil dessen Haftung in zeitlicher Hinsicht beschränkte, kann der Beschwerdeführer, der trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus dem Verwaltungsrat austrat, weshalb er im Gegensatz zu W.________ seine formelle Organeigenschaft beibehielt, für sich nichts ableiten.

bb) Der Einwand, wonach der Beschwerdeführer vor und insbesondere nach Mai 1995 gar nie in der Lage gewesen sei, für die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen, scheitert erstens daran, dass gemäss seinen Angaben jedenfalls bis April 1995 tatsächlich Löhne ausbezahlt wurden, was die Existenz erheblicher finanzieller Mittel beweist. Zweitens hat der Beschwerdeführer nie nachweislich versucht, den für das Finanzielle verantwortlichen Verwaltungsratspräsidenten und/oder den Mitverwaltungsrat bezüglich der Beitragsablieferung zu mahnen. Seine Behauptung, eine Intervention von seiner Seite wäre wegen der beherrschenden Stellung des Verwaltungsratspräsidenten von vornherein unnütz gewesen und hätte den Schaden nicht verhindern können, stellt eine blosse Hypothese dar. Den entsprechenden Nachweis vermöchte der Beschwerdeführer nur zu erbringen, wenn er seine Kontroll- und Aufsichtsrechte effektiv wahrgenommen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erfolglos gemahnt hätte (nicht veröffentlichtes Urteil E. vom 25. Juli 1991, H 224/90). Im Übrigen kann sich der Beschwerdeführer nicht damit entlasten, dass die Firma P.________ ab Ende Mai 1995 überschuldet gewesen sei und keine liquiden Mittel mehr gehabt habe, wäre es
doch seine Aufgabe gewesen, durch Wahrnehmung seiner Aufsichtsrechte und -pflichten dieser finanziellen Entwicklung entgegenzusteuern und sich rechtzeitig für die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge einzusetzen. Der adäquate Kausalzusammenhang wäre infolge Insolvenz der Firma P.________ nur dann und nur in Bezug auf den vor Eintritt in den Verwaltungsrat entstandenen Schaden unterbrochen worden, wenn die Firma bereits zur Zeit des Eintritts des Beschwerdeführers in den Verwaltungsrat zahlungsunfähig gewesen wäre und dieser daran nichts hätte ändern können (vgl. BGE 119 V 401; AHI 1996 S. 292 Erw. 4).

cc) Von einem Mitverschulden der Ausgleichskasse, das zu einer Herabsetzung der Schadenersatzpflicht führen würde, kann nicht gesprochen werden; denn es fehlt an einer nach der Rechtsprechung (BGE 122 V 189 Erw. 3c; SVR 2000 AHV Nr. 16 S. 50 Erw. 7a) für die Annahme eines Mitverschuldens vorausgesetzten groben Pflichtverletzung durch die Verwaltung, die namentlich bei Missachtung elementarer Vorschriften der Beitragsveranlagung und des Beitragsbezugs, etwa durch lange Untätigkeit beim Beitragsinkasso, zu bejahen wäre. Nachdem die Firma P.________ die "Bescheinigung für das Jahr 1994", welche unter anderem Angaben über die beschäftigten Personen und die beitragspflichtigen Lohnsummen enthält, der Ausgleichskasse (fristgerecht) im Februar 1995 zugestellt hatte, leitete diese nämlich bereits im Mai 1995 die Betreibung für die Beiträge für 1994 ein; auch das Inkasso der Beiträge für 1995 wurde von der Ausgleichskasse im Sommer 1995 zügig vorangetrieben.

dd) Das am 1. Juli 1992 in Kraft getretene neue Aktienrecht hat die Haftungsvoraussetzungen nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG, insbesondere jene des qualifizierten Verschuldens, nicht verändert. Art. 759 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 759 - 1 Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist.
1    Sind für einen Schaden mehrere Personen ersatzpflichtig, so ist jede von ihnen insoweit mit den anderen solidarisch haftbar, als ihr der Schaden aufgrund ihres eigenen Verschuldens und der Umstände persönlich zurechenbar ist.
2    Der Kläger kann mehrere Beteiligte gemeinsam für den Gesamtschaden einklagen und verlangen, dass das Gericht im gleichen Verfahren die Ersatzpflicht jedes einzelnen Beklagten festsetzt.
3    Der Rückgriff unter mehreren Beteiligten wird vom Gericht in Würdigung aller Umstände bestimmt.
OR kann im Rahmen der in Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG vorgesehenen Schadenersatzpflicht nicht angewendet werden, um eine Herabsetzung der Ersatzpflicht entsprechend der Verschuldensschwere des Verantwortlichen zu rechtfertigen (AHI 1996 S. 294 Erw. 6).

ee) Durch den vom Beschwerdeführer beantragten Beizug der Konkurs- und Firmenakten würde sich an der vorstehenden Beurteilung nichts ändern, weshalb zu Aktenergänzungen oder anderen Verfahrensweiterungen kein Anlass besteht.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit
darauf einzutreten ist.

II.Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 15. September 2000

Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Vorsitzende der II. Kammer:

Die Gerichtsschreiberin:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : H_45/00
Date : 15. September 2000
Published : 03. Oktober 2000
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Alters- und Hinterlassenenversicherung
Subject : -


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AHVG: 52
AHVV: 34  82
OG: 104  105  132
OR: 715a  716a  759
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