Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 1001/2009

Urteil vom 15. April 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdeführerin,

gegen

C.________ GmbH,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beitragspflicht),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. Oktober 2009.

Sachverhalt:

A.
Mit zwei Veranlagungsverfügungen vom 7. April 2005 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Aargau die P.________ GmbH (seit 1. Januar 2003: C.________ GmbH) zur Bezahlung von 2001 und 2002 zu wenig entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen nach Bundes- und kantonalem Recht sowie Betreibungskosten zuzüglich 5 % Verzugszins seit 4. Dezember 2004. Am selben Tag verfügte sie Verzugszinsen für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 3. Dezember 2004 und weitere Betreibungskosten. Mit Entscheid vom 6. Juni 2005 wies die Ausgleichskasse die hiegegen erhobenen Einsprachen ab.

B.
Die C.________ GmbH erhob beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde und beantragte, die mit den Verfügungen vom 7. April 2005 geltend gemachten Forderungen seien abzuweisen.
Nach Vernehmlassung der Ausgleichskasse und Einholung weiterer Unterlagen sistierte das kantonale Gericht am 24. Mai 2006 das Verfahren bis zum Abschluss des laufenden steuerrechtlichen Revisionsverfahrens betreffend die am Recht stehende Firma für 2001 bis 2003 und ersuchte das Kantonale Steueramt um entsprechende Mitteilung mittels Aktenzustellung. Am 11. September 2009 teilte es den Parteien mit, dass die Steuerunterlagen eingetroffen seien und das Verfahren fortgesetzt werden könne.
Mit Entscheid vom 20. Oktober 2009 hob das kantonale Versicherungsgericht in teilweiser Gutheissung der Beschwerde den Einspracheentscheid vom 6. Juni 2005 auf und wies die Sache zum Erlass einer neuen Beitrags- sowie Verzugszinsverfügung betreffend das Beitragsjahr 2001 im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück.

C.
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 20. Oktober 2009 sei aufzuheben und die Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs sowie zur anschliessenden Neubeurteilung an das kantonale Versicherungsgericht zurückzuweisen.
Das kantonale Gericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die C.________ GmbH hat sich nicht innert Frist vernehmen lassen.

Erwägungen:

1.
Der vorinstanzliche Entscheid hebt den Einspracheentscheid auf und weist die Sache zum Erlass einer neuen Verfügung betreffend das Beitragsjahr 2001 im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdeführerin zurück. In den Erwägungen wird die massgebende Lohnsumme genau festgelegt. Es handelt sich somit um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG, woran die Rückweisung der Sache zur rein rechnerischen Neuberechnung der Beiträge und Verzugszinsen für 2001 nichts ändert (Urteil 9C 540/2009 vom 17. September 2009 E. 1 mit Hinweisen).

2.
Die Beschwerde führende Ausgleichskasse rügt einzig, die Vorinstanz habe in ihrem Entscheid massgeblich auf Steuerunterlagen abgestellt. Diese seien ihr nicht zur Einsichtnahme und allfälligen Stellungnahme zugestellt worden, was eine nicht heilbare Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat die massgebenden Bruttoeinkommen anders festgesetzt als die Verwaltung. Diese Festsetzung beruht nicht etwa auf unterschiedlichen Rechtsauffassungen, sondern auf einer Würdigung des Sachverhalts. Es handelt sich somit bei den vorinstanzlichen Feststellungen über die Höhe des massgebenden Bruttolohnes um Sachverhaltsfeststellungen. Die Beschwerde führende Ausgleichskasse behauptet nicht, geschweige denn in substantiierter Form, dass und inwiefern diese Sachverhaltsfeststellungen unzutreffend sein sollen. Sie rügt einzig eine Gehörsverletzung, macht aber nicht geltend, dass und inwiefern ohne die behauptete Gehörsverletzung in der Sache ein anderer Entscheid resultiert hätte.

3.2 Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG). Zu den Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG gehört auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Wer vor Bundesgericht im Zusammenhang mit einer Sachverhaltsrüge eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend macht, muss daher darlegen, dass und inwiefern die Gehörsverletzung für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann, wobei die Glaubhaftmachung eines anderen Entscheides in der Sache bei korrekter Vorgehensweise genügt (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
bzw. Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; Urteile 2C 724/2008 vom 16. Februar 2009 E. 2.3; 2C 387/2007 vom 4. März 2008 E. 2.1 und 2.5; 8C 224/2009 vom 27. Juli 2009 E. 3.3.2; 9C 562/2008 vom 3. November 2008 E. 6.1, 9C 272/2009 vom 16. September 2009 E. 4.2). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Ob allenfalls bei einer schweren Gehörsverletzung von den genannten Anforderungen abgewichen werden könnte, kann offenbleiben, da eine solche jedenfalls nicht vorliegt.

4.
4.1 Der in Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK verankerte, ebenfalls in Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG enthaltene Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst unter anderem das Recht des Betroffenen, vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids sich zur Sache zu äussern, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn darauf abgestellt werden soll (BGE 121 V 151 E. 4a S. 152 mit Hinweisen; Urteil 9C 617/2009 vom 15. Januar 2010 E. 2.2).

Das Akteneinsichtsrecht im Besonderen bezieht sich auf sämtliche verfahrensbezogenen Akten, die geeignet sind, Grundlage des Entscheids zu bilden. Die Akteneinsicht ist demnach auch zu gewähren, wenn dadurch der Entscheid in der Sache nicht beeinflusst werden kann. Die Einsicht in die Akten, die für ein bestimmtes Verfahren erstellt oder beigezogen wurden, kann demnach nicht mit der Begründung verweigert werden, die betreffenden Dokumente seien für den Verfahrensausgang belanglos. Es muss dem Betroffenen selber überlassen sein, die Relevanz der Akten zu beurteilen (BGE 132 V 387 E. 3.2 S. 389). Um Akteneinsicht zu erhalten, haben die Rechtsuchenden grundsätzlich ein Gesuch einzureichen. Dies bedingt, dass sie über den Beizug neuer entscheidwesentlicher Akten, welche sie nicht kennen und auch nicht kennen können, informiert werden (BGE 132 V 387 E. 6.2 S. 391; Urteil 9C 534/2009 vom 4. Februar 2010 E. 1.1.1).

4.2 Die Vorinstanz hat bei ihrem Entscheid hauptsächlich auf die von ihr einholten Steuerunterlagen abgestellt, was unbestritten ist. Den Parteien hatte sie die betreffenden Dokumente zwar nicht zugestellt. Diese hatten jedoch Kenntnis von deren Beizug und sie mussten davon ausgehen, dass sie entscheidrelevant sein könnten. In der Sistierungsverfügung vom 24. Mai 2006 wurde festgehalten, der Ausgang des steuerrechtlichen Revisionsverfahrens resp. die daraus resultierenden Steuerakten hätten entscheidenden Einfluss auf das Verfahren, sei doch umstritten, auf welchen von der Beschwerdeführerin an mehrere Personen entrichteten Lohnsummen Sozialversicherungsbeiträge zu erheben seien.

4.3 Entgegen der Auffassung der Ausgleichskasse ergibt sich aus dem Gehörsanspruch nicht, dass ihr die Vorinstanz die eingeholten Steuerunterlagen zur Einsichtnahme und allfälligen Stellungnahme zuzustellen gehabt hätte. Es genügte, dass sie über den Beizug der Akten informiert war. Um deren Zustellung hatte sie selber nachzusuchen, es sei denn, es bestand eine anders lautende Gerichtspraxis. Dies wird jedoch nicht geltend gemacht und von der Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung ausdrücklich verneint. Danach würden schon seit Jahren in Beitragsstreitigkeiten häufig die Steuerakten beigezogen und dies den Parteien angezeigt in der Meinung, dass sie ein allfälliges Bedürfnis nach Akteneinsicht und Stellungnahme mitteilten. Die Ausgleichskasse hat dieser Darstellung im Rahmen ihres Replikrechts (Urteil 9C 534/2009 vom 4. Februar 2010 E. 1.3.1 mit Hinweisen) nicht widersprochen.

Die Ausgleichskasse hatte nach ihren Angaben seit 21. September 2009 Kenntnis vom Eingang der Steuerakten bei der Vorinstanz. Bis zum Erlass des Entscheids am 20. Oktober 2009 resp. dessen Zustellung am 2. November 2009 ersuchte sie indessen nicht um Edition dieser Unterlagen. Es sind keine Gründe ersichtlich und es wird auch nicht geltend gemacht, dass ein solches Gesuch unverschuldeterweise nicht rechtzeitig habe gestellt werden können. Unter diesen Umständen kann nicht von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gesprochen werden. Die Beschwerde ist unbegründet.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Ausgleichskasse die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'100.- werden der Ausgleichskasse des Kantons Aargau auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.

Luzern, 15. April 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_1001/2009
Date : 15. April 2010
Published : 03. Mai 2010
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Alters- und Hinterlassenenversicherung
Subject : Alters- und Hinterlassenenversicherung


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ATSG: 61
BGG: 42  66  90  95  97  106
BV: 29
EMRK: 6
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