Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B 128/2023
Urteil vom 14. Dezember 2023
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichter Hurni, Kölz,
Gerichtsschreiber Stadler.
Verfahrensbeteiligte
A.________ Bank,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Flavio Romerio und Stephan Groth,
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Rohanstrasse 5, 7001 Chur.
Gegenstand
Strafverfahren; Antrag auf Entsiegelung und Durchsuchung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Graubünden vom 23. Februar 2023 (645-2022-99).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden wirft B.________ mit Anklageschrift vom 13. September 2022 gewerbsmässigen Betrug, schwere Geldwäscherei und weitere Delikte vor. Im Laufe der Strafuntersuchung gegen B.________ erstatte der (seither verstorbene) Geschädigte C.________ am 10. September 2019 Strafanzeige gegen unbekannt und zeigte an, dass Mitarbeiter der A.________ Bank sich allenfalls ebenfalls strafbar verhalten haben könnten. Am 23. August 2021 erfolgte eine weitere Strafanzeige durch einen anderen Geschädigten, D.________. Daraufhin eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug und Geldwäscherei. Es bestehe der Verdacht, dass Mitarbeiter der A.________ Bank B.________ in irgendeiner Form unterstützt hätten.
B.
Im Strafverfahren gegen unbekannt verlangte die Staatsanwaltschaft mit Editionsverfügung vom 6. Oktober 2022 von der A.________ Bank vollständige elektronisch und physisch geführte Kundendossiers respektive Kundenarchive betreffend die E.________ AG, Unterlagen der Abteilung SEZR, Unterlagen der Abteilung EVV-Desk und Unterlagen zur Kreditsicherung. Mit Schreiben der A.________ Bank vom 30. November 2022 stellte diese die verlangten Unterlagen mittels USB-Stick der Staatsanwaltschaft zu und verlangte gleichzeitig deren Siegelung.
In der Folge beantragte die Staatsanwaltschaft dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Graubünden, die bei der A.________ Bank versiegelten Unterlagen seien zu entsiegeln und herauszugeben. Das Zwangsmassnahmengericht gab diesem Antrag mit Verfügung vom 23. Februar 2023 statt.
C.
Die A.________ Bank gelangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei vollständig aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft sei vollumfänglich abzuweisen. Eventualiter sei der Entscheid zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das präsidierende Mitglied der - damals zuständigen - I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 28. April 2023 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Zwangsmassnahmengericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Staatsanwaltschaft hat sich vernehmen lassen, wobei sie die Abweisung der Beschwerde beantragt, soweit überhaupt darauf einzutreten sei. Die A.________ Bank hat eine Replik eingereicht.
Erwägungen:
1.
1.1. Da die Beschwerdeführerin nicht Partei des hängigen Strafverfahrens gegen unbekannt ist, wirkt sich der angefochtene Entsiegelungsentscheid für sie als Endentscheid im Sinne von Art. 90 f
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 90 Décisions finales - Le recours est recevable contre les décisions qui mettent fin à la procédure. |
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nur berechtigt, wer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 81 Qualité pour recourir - 1 A qualité pour former un recours en matière pénale quiconque: |
|
1 | A qualité pour former un recours en matière pénale quiconque: |
a | a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire, et |
b | a un intérêt juridique à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée, soit en particulier: |
b1 | l'accusé, |
b2 | le représentant légal de l'accusé, |
b3 | le ministère public, sauf pour les décisions relatives à la mise en détention provisoire ou pour des motifs de sûreté, à la prolongation de la détention ou à sa levée, |
b4 | ... |
b5 | la partie plaignante, si la décision attaquée peut avoir des effets sur le jugement de ses prétentions civiles, |
b6 | le plaignant, pour autant que la contestation porte sur le droit de porter plainte, |
b7 | le Ministère public de la Confédération et les autorités administratives participant à la poursuite et au jugement des affaires pénales administratives selon la loi fédérale du 22 mars 1974 sur le droit pénal administratif56. |
2 | Une autorité fédérale a qualité pour recourir si le droit fédéral prévoit que la décision doit lui être communiquée.57 |
3 | La qualité pour recourir contre les décisions visées à l'art. 78, al. 2, let. b, appartient également à la Chancellerie fédérale, aux départements fédéraux ou, pour autant que le droit fédéral le prévoie, aux unités qui leur sont subordonnées, si l'acte attaqué est susceptible de violer la législation fédérale dans leur domaine d'attributions. |
2.
Die Beschwerdeführerin beanstandet die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts.
2.1. Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 197 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Code de procédure pénale suisse du 5 octobre 2007 (Code de procédure pénale, CPP) - Code de procédure pénale CPP Art. 197 Principes - 1 Les mesures de contrainte ne peuvent être prises qu'aux conditions suivantes: |
|
1 | Les mesures de contrainte ne peuvent être prises qu'aux conditions suivantes: |
a | elles sont prévues par la loi; |
b | des soupçons suffisants laissent présumer une infraction; |
c | les buts poursuivis ne peuvent pas être atteints par des mesures moins sévères; |
d | elles apparaissent justifiées au regard de la gravité de l'infraction. |
2 | Les mesures de contrainte qui portent atteinte aux droits fondamentaux des personnes qui n'ont pas le statut de prévenu sont appliquées avec une retenue particulière. |
2.2. Die Vorinstanz erwog, Hintergrund der vorliegenden Abklärungen bzw. Ermittlungen sei, dass die Staatsanwaltschaft gegen B.________ eine Strafuntersuchung führe, die mittlerweile in eine Anklage gemündet habe, und ihm gewerbsmässigen Betrug, schwere Geldwäscherei etc. vorwerfe. C.________ sel. als Geschädigter und Privatkläger habe bereits frühzeitig, und zwar im Laufe der Abklärungen gegen B.________, eine Strafanzeige gegen unbekannt erstattet und angezeigt, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin sich allenfalls ebenfalls strafbar verhalten haben könnten und dies abzuklären sei. Diese Strafanzeige datiere bereits vom 10. September 2019. Sodann sei am 23. August 2021 eine erneute Strafanzeige, dieses Mal durch einen anderen Geschädigten (D.________) erfolgt. Die Staatsanwaltschaft habe in der Folge ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Gehilfenschaft bzw. Beihilfe zu gewerbsmässigem Betrug und Geldwäscherei eröffnet. Es bestehe der Verdacht, dass sich Mitarbeiter der Beschwerdeführerin strafbar verhalten und B.________ in irgendeiner Form geholfen hätten. Die Staatsanwaltschaft führe in ihrem Entsiegelungsgesuch aus, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin durch Kontoüberträge wissentlich und willentlich auch Handlungen
vorgenommen hätten, die geeignet gewesen seien, die Einziehung der von B.________ deliktisch erlangten Vermögenswerte zu vereiteln. Die bereits getätigten Ermittlungen und Befragungen seien ohne Ergebnis geblieben, der Tatverdacht aber evident; deshalb sei die Editionsverfügung an die Bank erlassen worden, um eben die Beteiligung der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin an den Handlungen von B.________ zu prüfen.
Dass gegen B.________ Vorwürfe betreffend schwere Verbrechen (gewerbsmässiger Betrug, Geldwäscherei) im Raum stehen würden und diese nun in einer Anklage am Regionalgericht gemündet hätten, sei erstellt. Es erstaune zwar, dass im Rahmen der Abklärungen und der nun doch schon Jahre dauernden Ermittlungen nicht schon früher gegen die Mitarbeitenden der Beschwerdeführerin ermittelt worden sei. Dies ändere aber nichts daran, dass eine derartige Beteiligung in Form einer Begünstigung im Sinne von Gehilfenschaft oder ähnlichem zu prüfen sei und schon deshalb ein hinreichender Tatverdacht, ein konkreter Tatverdacht als erstellt zu gelten habe. Der Tatverdacht sei eben dann hinreichend, mit anderen Worten genügend, wenn Anzeichen vorliegen würden, dass eine strafbare Handlung vorliegen könnte. Genau dies könne mit den sichergestellten, versiegelten Dokumenten genauer geprüft werden, und es erscheine "als möglich", dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin das allenfalls strafbare Verhalten in irgendeiner Form begünstigt hätten. Es obliege dem Zwangsmassnahmengericht einzig, die Zwangsmassnahme bzw. deren gültige Voraussetzungen zu prüfen. Es dürfe aber nicht sein, dass ein solcher Entscheid bereits in eine faktische Verfahrenseinstellung
des Ermittlungsverfahrens führe, was vorliegend wohl der Fall wäre.
Mithin seien an den hinreichenden Tatverdacht keine überhöhten Anforderungen zu stellen, auch wenn die Strafanzeigen bereits seit Jahren vorliegen würden. Es sei denn auch nicht geltend gemacht worden, dass bislang nichts unternommen worden sei. Vielmehr habe die Staatsanwaltschaft ausgeführt, dass die bisherigen Ermittlungen die Untersuchung nicht entscheidend vorwärtsgebracht hätten. Es werde Aufgabe der Staatsanwaltschaft sein, aufgrund der dannzumal gewonnenen Ergebnisse Anklage zu erheben oder das Ermittlungsverfahren einzustellen. Das Gegenargument der langen Verfahrensdauer sei nicht stichhaltig. Einzig Zeitablauf anzurufen, um damit aufzuzeigen, dass bislang niemand - auch nicht die Staatsanwaltschaft - mit einer strafbaren Handlung von Dritten (seitens Mitarbeitenden der Beschwerdeführerin) gerechnet bzw. diese ins Auge gefasst habe, sei nicht überzeugend. Immerhin habe ein Geschädigter bereits im Jahre 2019 diese Frage der Tatbeteiligung durch die Mitarbeitenden der Beschwerdeführerin angezeigt und aufgeworfen. Es könnten mithin ganz andere Umstände dazu geführt haben, dass sich die Ermittlungen in die Länge gezogen hätten, vor allem weil das konnexe Hauptverfahren gegen den mutmasslichen Haupttäter nicht einfach zu
führen gewesen sein könnte. Insbesondere habe B.________ soweit ersichtlich oft seine Aussage - zulässiger Weise - verweigert und damit kein Licht ins Dunkle gebracht.
2.3. Die Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich als begründet:
Das Strafverfahren gegen B.________ wurde bereits 2015 eröffnet. Ob der Verdacht, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin B.________ bei seinen mutmasslichen Machenschaften unterstützt haben könnten, erst mit den beiden Strafanzeigen vom 10. September 2019 und 23. August 2021 aufgekommen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Wie die Staatsanwaltschaft im vorinstanzlichen Verfahren jedenfalls selber einräumte, blieben die in diesem Zusammenhang getätigten polizeilichen Ermittlungen und Befragungen ohne Ergebnis. Inwiefern unter diesen Umständen konkrete Anhaltspunkte vorliegen sollten, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin durch Kontoüberträge wissentlich und willentlich (Hilfs-) Handlungen vorgenommen hätten, die geeignet gewesen seien, die Einziehung der von B.________ deliktisch erlangten Vermögenswerte zu vereiteln, geht aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor. Die Vorinstanz legt insbesondere nicht näher dar, welche Teilnahmehandlungen zur Geldwäscherei, geschweige denn zum (gewerbsmässigen) Betrug diesen (unbekannten) Mitarbeitern vorgeworfen würden. Die blosse Möglichkeit, dass Mitarbeiter der Beschwerdeführerin das allenfalls strafbare Verhalten von B.________ "in irgendeiner Form begünstigt" hätten, genügt für die
Begründung eines hinreichenden Tatverdachts auf eine allfällige Förderung der Haupttat nicht. Eine reine Vermutung vermag den staatsanwaltschaftlichen Herausgabebefehl nicht zu legitimieren, weshalb er sich als unzulässig erweist.
Auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin braucht mithin nicht eingegangen zu werden.
3.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und der Entsiegelungsantrag der Staatsanwaltschaft ist abzuweisen.
Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 66 Recouvrement des frais judiciaires - 1 En règle générale, les frais judiciaires sont mis à la charge de la partie qui succombe. Si les circonstances le justifient, le Tribunal fédéral peut les répartir autrement ou renoncer à les mettre à la charge des parties. |
|
1 | En règle générale, les frais judiciaires sont mis à la charge de la partie qui succombe. Si les circonstances le justifient, le Tribunal fédéral peut les répartir autrement ou renoncer à les mettre à la charge des parties. |
2 | Si une affaire est liquidée par un désistement ou une transaction, les frais judiciaires peuvent être réduits ou remis. |
3 | Les frais causés inutilement sont supportés par celui qui les a engendrés. |
4 | En règle générale, la Confédération, les cantons, les communes et les organisations chargées de tâches de droit public ne peuvent se voir imposer de frais judiciaires s'ils s'adressent au Tribunal fédéral dans l'exercice de leurs attributions officielles sans que leur intérêt patrimonial soit en cause ou si leurs décisions font l'objet d'un recours. |
5 | Sauf disposition contraire, les frais judiciaires mis conjointement à la charge de plusieurs personnes sont supportés par elles à parts égales et solidairement. |
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 68 Dépens - 1 Le Tribunal fédéral décide, dans son arrêt, si et dans quelle mesure les frais de la partie qui obtient gain de cause sont supportés par celle qui succombe. |
|
1 | Le Tribunal fédéral décide, dans son arrêt, si et dans quelle mesure les frais de la partie qui obtient gain de cause sont supportés par celle qui succombe. |
2 | En règle générale, la partie qui succombe est tenue de rembourser à la partie qui a obtenu gain de cause, selon le tarif du Tribunal fédéral, tous les frais nécessaires causés par le litige. |
3 | En règle générale, aucuns dépens ne sont alloués à la Confédération, aux cantons, aux communes ou aux organisations chargées de tâches de droit public lorsqu'ils obtiennent gain de cause dans l'exercice de leurs attributions officielles. |
4 | L'art. 66, al. 3 et 5, est applicable par analogie. |
5 | Le Tribunal fédéral confirme, annule ou modifie, selon le sort de la cause, la décision de l'autorité précédente sur les dépens. Il peut fixer lui-même les dépens d'après le tarif fédéral ou cantonal applicable ou laisser à l'autorité précédente le soin de les fixer. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Graubünden vom 23. Februar 2023 wird aufgehoben. Der Antrag der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 1. Dezember 2022 um Entsiegelung und Herausgabe wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Der Kanton Graubünden hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor Bundesgericht mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Graubünden schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Dezember 2023
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Der Gerichtsschreiber: Stadler