Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C_301/2012

Urteil vom 14. Juni 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Chaix,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Martina Horni,

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.

Gegenstand
Auslieferungshaft,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 29. Mai 2012 des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A.
Am 4. Juni 2010 ersuchte die serbische Botschaft in Bern die Schweiz um Auslieferung des serbischen Staatsangehörigen X.________ wegen des Verdachts der Entführung.

Am 19. April 2012 erliess das Bundesamt für Justiz gegen X.________, der sich in der Schweiz wegen des Verdachts des Raubes in Untersuchungshaft befand, einen Auslieferungshaftbefehl.

Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (Beschwerdekammer) am 29. Mai 2012 ab.

B.
X.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des Bundesstrafgerichts und der Auslieferungshaftbefehl seien aufzuheben. Er sei aus der Auslieferungshaft zu entlassen. Zudem stellt er weitere Anträge.

C.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1.
1.1 Ein Entscheid über die Auslieferungshaft stellt einen nach Art. 93 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 lit. a BGG anfechtbaren Zwischenentscheid dar. Auch insoweit ist die Beschwerde jedoch nur zulässig, wenn ein besonders bedeutender Fall im Sinne von Art. 84 BGG vorliegt (BGE 136 IV 20 E. 1.1 f. S. 22 mit Hinweisen).

Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung anzunehmen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 144 mit Hinweis).
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

1.2 Das Eintretenserfordernis des besonders bedeutenden Falles ist hier nicht erfüllt.

Die Vorinstanz hat zu den wesentlichen Vorbringen des Beschwerdeführers Stellung genommen. Ihre Erwägungen sind jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Dies gilt insbesondere, soweit die Vorinstanz den Alibibeweis als nicht sofort erbracht beurteilt hat (angefochtener Entscheid E. 4.1 ff. S. 5 f.). Gemäss Art. 47 Abs. 1 lit. b
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
IRSG kann vom Erlass eines Auslieferungshaftbefehls abgesehen werden, wenn der Verfolgte ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war. Nach der Rechtsprechung ist es nicht Sache der schweizerischen Behörden, Nachforschungen über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen des angeblichen Alibis zu machen oder machen zu lassen. Wenn - wie hier - diesbezügliche Zweifel nicht ausgeschlossen werden können, ist das Alibi nicht ohne Verzug im Sinne von Art. 47 Abs. 1 lit. b
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
IRSG nachgewiesen. Art. 53
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 53 Alibibeweis - 1 Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
1    Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
2    In klaren Fällen wird die Auslieferung verweigert. Andernfalls wird der ersuchende Staat unter Vorlage der entlastenden Beweise aufgefordert, innert kurzer Frist zu erklären, ob er das Ersuchen aufrechterhalten will.
IRSG kommt erst zur Anwendung, wenn es um den Auslieferungsentscheid selber geht (BGE 112 Ib 347 E. 4 S. 349 f.; 109 IV 174 E. 2 S. 175 f.).

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich im vorliegenden Fall nicht. Auch sonst wie ist dieser nicht von aussergewöhnlicher Tragweite. Für das Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.

2.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unzulässig.

Da sie aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gemäss Art. 64
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 53 Alibibeweis - 1 Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
1    Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
2    In klaren Fällen wird die Auslieferung verweigert. Andernfalls wird der ersuchende Staat unter Vorlage der entlastenden Beweise aufgefordert, innert kurzer Frist zu erklären, ob er das Ersuchen aufrechterhalten will.
BGG nicht bewilligt werden. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 53 Alibibeweis - 1 Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
1    Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
2    In klaren Fällen wird die Auslieferung verweigert. Andernfalls wird der ersuchende Staat unter Vorlage der entlastenden Beweise aufgefordert, innert kurzer Frist zu erklären, ob er das Ersuchen aufrechterhalten will.
Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Juni 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1C_301/2012
Datum : 14. Juni 2012
Publiziert : 28. Juni 2012
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Rechtshilfe und Auslieferung
Gegenstand : Auslieferung an Serbien; Auslieferungshaft


Gesetzesregister
BGG: 64  66  84  93  109
IRSG: 47 
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
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SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 53 Alibibeweis - 1 Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
1    Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war, so nimmt das BJ die gebotenen Abklärungen vor.
2    In klaren Fällen wird die Auslieferung verweigert. Andernfalls wird der ersuchende Staat unter Vorlage der entlastenden Beweise aufgefordert, innert kurzer Frist zu erklären, ob er das Ersuchen aufrechterhalten will.
BGE Register
109-IV-174 • 112-IB-347 • 134-IV-156 • 136-IV-139 • 136-IV-20
Weitere Urteile ab 2000
1C_301/2012
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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