5C.61/2002
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
5C.61/2002 /bnm
Urteil vom 14. Juni 2002
II. Zivilabteilung
Bundesrichter Bianchi, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber von Roten.
B.________,
Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Hans-Peter Buchschacher, Susenbergstrasse 31,
8044 Zürich,
gegen
K.________,
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Wyss, c/o Walder Wyss & Partner, Münstergasse 2, Postfach 4081, 8022 Zürich.
Feststellung des Nachlasses, Erbteilung und Herabsetzung
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 11. Januar 2002
Sachverhalt:
A.
E.________ hatte zwei Kinder, nämlich aus erster geschiedener Ehe K.________ und aus zweiter Ehe B.________. Mit seiner zweiten Ehefrau schloss E.________ am 15. Oktober 1974 einen Ehevertrag ab. Sie bestimmten unter anderem Folgendes:
"Wir vereinbaren hiermit gemäss Art. 214

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung. |
Im Jahre 1986 reichten die Ehegatten beim Güterrechtsregisteramt die gemeinsame schriftliche Erklärung ein, ihre Rechtsverhältnisse dem neuen ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung zu unterstellen.
Am 12. Juni 1990 verstarb die zweite Ehefrau von E.________. Sie hinterliess ihn und ihren gemeinsamen Sohn als einzige gesetzliche Erben. Letztwillig hatte sie ihren Sohn als Alleinerben eingesetzt und ihrem Ehemann die lebenslängliche Nutzniessung am ganzen Nachlass eingeräumt (Testament vom 2. Dezember 1981). Vater und Sohn schlossen am 6. Februar 1991 einen "Vertrag über die güterrechtliche Auseinandersetzung und Erbteilung". Danach gehörten zum Nachlass der verstorbenen zweiten Ehefrau gemäss Ehevertrag der ganze Vorschlag der Ehegatten im Wert von mehreren Millionen Franken nebst drei Liegenschaften und kraft Gesetzes das eingebrachte Frauengut.
Am 12. November 1995 verstarb E.________. Seine gesetzlichen Erben sind die beiden Kinder. Gemäss letztwilligen Verfügungen sollten K.________ 3/8 und B.________ 5/8 des Nachlasses erhalten.
B.
Am 5. Juni 1996 klagte K.________ auf Auskunftserteilung sowie auf Feststellung und Teilung des Nachlasses nach Herabsetzung von Zuwendungen bzw. Vermögensentäusserungen des Erblassers. Im Verlaufe des Gerichtsverfahrens schlossen die Parteien einen Teilvergleich. Der Beklagte B.________ verpflichtete sich darin, den Erbteil der Klägerin mit 1.35 Mio. Franken abzugelten. Die Parteien bereinigten damit den Nachlass mit Ausnahme der eingeklagten Ausgleichungs- bzw. Herabsetzungsansprüche. Im Umfang des Teilvergleichs wurde der Prozess rechtskräftig als erledigt abgeschrieben.
Was die verbleibenden Streitpunkte - die Anfechtung der ehevertraglichen Vorschlagszuweisung - angeht, wies das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung) die Klage ab. Nachdem sein Urteil aufgehoben worden war, erkannte das Bezirksgericht nochmals auf Klageabweisung (Urteil vom 10. Oktober 2000).
Das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich hiess die zweite Berufung der Klägerin wiederum im Grundsatz gut. Es stellte fest, dass sich die Klägerin in der Auseinandersetzung um den Nachlass des Vaters der Parteien hinsichtlich des Ehevertrages vom 15. Oktober 1974 auf Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
C.
Mit eidgenössischer Berufung beantragt der Beklagte dem Bundesgericht zur Hauptsache die Abweisung der Klage. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet. Eine Berufungsantwort ist nicht eingeholt worden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Obergericht hat die ehevertragliche Vorschlagszuweisung für herabsetzbar erklärt, sich aber nicht darüber ausgesprochen, ob die Voraussetzungen des angenommenen Herabsetzungsgrundes gemäss Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
2.
Der Vater der Parteien hatte mit seiner zweiten Ehefrau 1974 eine von der gesetzlichen abweichende Vorschlagsbeteiligung vereinbart. Der Ehevertrag wurde gemäss Art. 10b

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
Das Obergericht ist davon ausgegangen, die ehevertragliche Zuweisung des Vorschlags werde von Art. 216 Abs. 2

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 216 - 1 Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 216 - 1 Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
auf Abklärung der Frage, ob der Vater der Parteien im Zeitpunkt der Errichtung des Ehevertrags gewollt oder mindestens in Kauf genommen habe, dass die Klägerin in ihrem erbrechtlichen Pflichtteil verletzt werde (E. IV S. 14 f. des obergerichtlichen Urteils).
Der Beklagte wendet ein, die Voraussetzungen des Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 216 - 1 Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. |
3.
Der Beklagte bestreitet die Anwendbarkeit von Art. 527

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
Die beiden Fragen, welches Rechtsgeschäft den Pflichtteilsanspruch der Klägerin verletzt haben könnte und wer passivlegitimiert ist im Herabsetzungsprozess, sind voneinander zu unterscheiden. Die Klägerin steht mit der zweiten Ehefrau ihres Vaters in keiner pflichtteilsrelevanten Beziehung (vgl. Art. 470 f

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 470 - 1 Wer Nachkommen, den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner hinterlässt, kann bis zu deren Pflichtteil über sein Vermögen von Todes wegen verfügen.513 |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung. |
ehevertragliche Vorschlagszuweisung und nicht das Testament der zweiten Ehefrau des Erblassers bilden. Dieses Testament hat indessen Bedeutung für die Passivlegitimation im Herabsetzungsprozess. Denn im Ehevertrag werden die begünstigten Erben der zweiten Ehefrau nicht näher bezeichnet und damit - implizit - deren letztwillige Verfügungen vorbehalten. Erst ihre testamentarische Erbeinsetzung verschafft dem Beklagten den ganzen ehelichen Vorschlag und macht ihn zum Empfänger einer Zuwendung, die im Herabsetzungsprozess seine Passivlegitimation begründet (vgl. etwa Forni/Piatti, Basler Kommentar, N. 7 der Vorbem. zu Art . 522-533 ZGB).
Die allfällige Pflichtteilsverletzung ist durch Herabsetzungsklage zu beseitigen. Der hier strittige Herabsetzungsgrund gemäss Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 204 - 1 Der Güterstand wird mit dem Tod eines Ehegatten oder mit der Vereinbarung eines andern Güterstandes aufgelöst. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 216 - 1 Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. |
durchsetzbaren Anspruch eine "Entäusserung von Vermögenswerten" im Gesetzessinne darstellt, kann nicht ernsthaft bestritten werden (statt vieler: Piotet, Erbrecht, SPR IV/1, Basel 1978, § 63/I/C S. 444, mit den Beispielen: auf eine Dienstbarkeit verzichten, eine Forderung verjähren lassen usw.).
4.
Eine Herabsetzung nach Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
Erblassers nicht ausreichend substantiiert. Soweit die Rüge überhaupt zulässig ist, ist sie unbegründet. Wie der Beklagte selber einräumt, hat die Klägerin im Behauptungsstadium mehrfach auf eine Umgehungsabsicht des Erblassers hingewiesen. Entgegen seiner Darstellung hat es sich dabei nicht um Rundumschläge oder Pauschalbehauptungen gehandelt. Die Klägerin ist vielmehr in ihrem Sachvortrag unter anderem - nach dem soeben Gesagten zutreffend - davon ausgegangen, die Vermögensverhältnisse des Erblassers könnten bestätigen, dass Benachteiligungsabsichten im Sinne von Art. 527 Ziffer 4

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
5.
Der unterliegende Beklagte wird kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 11. Januar 2002 wird bestätigt.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 9'000.-- wird dem Beklagten auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich,
II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Juni 2002
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Gesetzesregister
OG 50OG 156
ZGB 204
ZGB 214
ZGB 216
ZGB 470
ZGB 527
ZGB SchlT 10 b
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 204 - 1 Der Güterstand wird mit dem Tod eines Ehegatten oder mit der Vereinbarung eines andern Güterstandes aufgelöst. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 216 - 1 Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag vereinbart werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 470 - 1 Wer Nachkommen, den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner hinterlässt, kann bis zu deren Pflichtteil über sein Vermögen von Todes wegen verfügen.513 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
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