Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 1/2}
1C_444/2009,
1C_445/2009, 1C_482/2009
Urteil vom 14. Januar 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, Fonjallaz, Eusebio,
Gerichtsschreiber Haag.
Parteien
1. Axel Springer Schweiz AG,
2. Weltwoche Verlags AG,
3. Dominique Strebel,
4. Alex Baur,
Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Jascha Schneider-Marfels,
gegen
Roland Beat Nef, Beschwerdegegner,
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8090 Zürich.
Gegenstand
Informationszugang, Einsicht in Einstellungsverfügung,
Beschwerden gegen Beschlüsse der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 28. April 2009 (1C_444/2009), des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 4. Kammer, vom 29. Juli 2009 (1C_445/2009) und des Obergerichts des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, vom 24. September 2009 (1C_482/2009).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft 1 des Kantons Zürich stellte mit rechtskräftig gewordener Verfügung vom 23. Oktober 2007 eine Strafuntersuchung gegen Roland Nef betreffend Nötigung etc. ein. Im Juli und August 2008 ersuchten unter anderem die Axel Springer Schweiz AG und die Weltwoche Verlags AG sowie die Journalisten Alex Baur und Dominique Strebel um Einsicht in die Einstellungsverfügung vom 23. Oktober 2007. Dem Gesuch entsprach die Staatsanwaltschaft 1 unter Wahrung der Anonymität der Geschädigten mit Verfügung vom 15. Dezember 2008 teilweise. Sie entschied, die Einstellungsverfügung vom 23. Oktober 2007 sei ohne E. 7 der Begründung und Ziff. 3 des Dispositivs (Herausgabe sichergestellter Gegenstände) den Gesuchstellern auszuhändigen. Im Übrigen wies sie Gesuche um Einsicht in die Verfahrensakten ab. Einen Rekurs von Roland Nef gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft 1 hiess die Oberstaatsanwaltschaft mit Entscheid vom 28. April 2009 gut.
B.
Gegen den Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft gelangten die Axel Springer Schweiz AG und die Weltwoche Verlags AG sowie Alex Baur und Dominique Strebel am 29. Mai 2009 mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht (Verfahren 1C_444/2009). Dieses Verfahren wurde auf Antrag der Beschwerdeführer sistiert, weil die Beschwerdeführer gleichzeitig Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eingereicht hatten. Sie verlangten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter anderem die Aufhebung des Entscheids der Oberstaatsanwaltschaft vom 28. April 2009 sowie Einsicht in die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft 1.
Das Verwaltungsgericht verneinte mit Beschluss vom 29. Juli 2009 seine sachliche Zuständigkeit und leitete die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Gegen diesen Beschluss gelangten die unterlegenen Beschwerdeführer mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. September 2009 an das Bundesgericht (Verfahren 1C_445/2009). Auf Antrag der Beschwerdeführer wurde auch dieses Verfahren während der Hängigkeit der Angelegenheit beim Obergericht sistiert.
Die Verwaltungskommission des Obergerichts trat auf die vom Verwaltungsgericht weitergeleitete Beschwerde mit Beschluss vom 24. September 2009 nicht ein, da nicht eine Strafsache, sondern eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Streit liege.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. Oktober 2009 (Verfahren 1C_482/2009) beantragen die Axel Springer Schweiz AG und die Weltwoche Verlags AG sowie Alex Baur und Dominique Strebel, der Beschluss des Obergerichts vom 24. September 2009 sei aufzuheben und die Sache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Anweisung, auf die im Rahmen der kantonalen Überweisungspflicht weitergeleitete Beschwerde vom 29. Mai 2009 sei einzutreten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragen die Beschwerdeführer, das Verfahren 1C_482/2009 sei mit dem Beschwerdeverfahren 1C_445/2009 gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts zu vereinen. Im Falle der Gutheissung der Beschwerde 1C_445/2009 sei die Beschwerde 1C_482/2009 als gegenstandslos abzuschreiben.
D.
Mit Präsidialverfügung vom 29. Oktober 2009 wurden die Verfahren 1C_444/2009, 1C_445/2009 wieder aufgenommen und mit dem Verfahren 1C_482/2009 vereinigt.
E.
In den Verfahren 1C_445/2009 und 1C_482/2009 verzichten die Vorinstanzen und Roland Nef auf eine Stellungnahme. Im Verfahren 1C_444/2009 hält die Oberstaatsanwaltschaft an ihrem Entscheid fest. Roland Nef verzichtet auch in diesem Verfahren auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1 Dem angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts liegt ein Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft zu Grunde, mit welchem ein Gesuch der am Strafverfahren nicht beteiligten Beschwerdeführer um Einsicht in die Einstellungsverfügung vom 23. Oktober 2007 abgewiesen wurde. Dieser Entscheid der letzen kantonalen Instanz unterliegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Urteil des Bundesgerichts 1C_302/2007 vom 2. April 2008 E. 1, nicht publ. in: BGE 134 I 286; Urteile 1C_252/2008 vom 4. September 2008 E. 1; 1C_258/2008 vom 20. November 2008 E. 1).
1.2 Nach Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Mit seinem Beschluss vom 29. Juli 2009 hat das Verwaltungsgericht seine sachliche Zuständigkeit verneint und die Sache an das Obergericht weitergeleitet. Es stellt sich die Frage, ob dieser Entscheid einen Endentscheid darstellt, da er zwar das verwaltungsgerichtliche Verfahren, nicht aber das kantonale Verfahren insgesamt abschliesst. Die Frage kann offenbleiben, da der selbstständig eröffnete Entscheid die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts betrifft und somit auch gestützt auf Art. 92 BGG direkt beim Bundesgericht angefochten werden kann.
1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind in Bezug auf das Verfahren 1C_445/2009 erfüllt, weshalb auf diese Beschwerde einzutreten ist.
2.
Zu prüfen ist die Zuständigkeit zur kantonal letztinstanzlichen gerichtlichen Beurteilung der Beschwerde gegen den Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft. Die Beschwerdeführer berufen sich auf die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV), das Öffentlichkeitsprinzip und die Kontrollfunktion der Medien (Art. 30 Abs. 3 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK) sowie auf den im kantonalen Recht verankerten Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten (Art. 17
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
2.1 Die Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts betrifft nicht die Akteneinsicht im Rahmen eines hängigen Strafverfahrens. Die Beschwerdeführer verlangen vielmehr Einsicht in eine rechtskräftige Einstellungsverfügung eines abgeschlossenen Strafverfahrens. Die Beschwerdeführer hatten im Rahmen des Strafverfahrens gegen Roland Nef unbestrittenermassen keine Parteistellung. Das Einsichtsgesuch erfolgt offensichtlich auch nicht zur Wahrnehmung von Parteirechten in einem noch hängigen Strafverfahren. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, es handle sich vorliegend um eine Strafsache im weitesten Sinne, kann somit nicht gefolgt werden. Wie es sich verhielte, wenn das Einsichtsgesuch bereits im Rahmen des strafrechtlichen Verfahrens gestellt worden wäre, ist vorliegend nicht zu prüfen.
2.2 Nach dem in Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Ziff. 1
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
Auch Art. 17
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
2.3 § 27 Abs. 1 IDG/ZH bestimmt, dass das öffentliche Organ eine Verfügung erlässt, wenn es den Zugang zur gewünschten Information verweigern, einschränken oder aufschieben will. Der Rechtsschutz gegen diese Verfügung wird im IDG/ZH selbst nicht geregelt. Aus den Materialien zum IDG/ZH ergibt sich, dass Entscheide des öffentlichen Organs, mit denen es den Informationszugang verweigert oder diesen nur teilweise zulässt, als Anordnungen im Sinne des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH, LS 175.2) gelten, welche der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unterliegen (vgl. Vorlage an den Kantonsrat 4290/2005, S. 37 zu § 25 Entwurf IDG/ZH und Amtsblatt vom 13. Juni 2008, S. 949).
In Anwendung von § 41 Abs. 1 VRG/ZH beurteilt das Verwaltungsgericht Beschwerden gegen letztinstanzliche Anordnungen von Verwaltungsbehörden, soweit das Verwaltungsrechtspflegegesetz oder ein anderes Gesetz keine abweichende Zuständigkeit vorsieht oder eine Anordnung als endgültig bezeichnet. Zudem sind in § 42 f. VRG/ZH Ausnahmen von der Beschwerde an das Verwaltungsgericht vorgesehen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerde aus einem der in Art. 41 f. VRG/ZH genannten Gründe ausgeschlossen wäre. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Stellungnahme zu den Ausführungen im Beschluss des Obergerichts verzichtet und zeigt keine Gründe auf, die gegen die vom Obergericht bejahte Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts sprechen würden.
2.4 Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist somit gutzuheissen, der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Angelegenheit an diese Vorinstanz zur materiellen Behandlung der Beschwerde gegen den Entscheid der Oberstaatsanwaltschaft zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
2.5 Die Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts (Verfahren 1C_482/2009) wird mit dem vorliegenden Urteil gegenstandslos (vgl. E. 2.4 hiervor).
3.
Die Beschwerde im Verfahren 1C_444/2009 richtet sich direkt gegen den Rekursentscheid der Oberstaatsanwaltschaft. Der kantonal letztinstanzliche Entscheid über das Einsichtsgesuch unterliegt, wie in E. 1.1 dargelegt, der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten.
Nach Art. 86 Abs. 2
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
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SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
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Die Oberstaatsanwaltschaft ist keine richterliche Behörde und somit kein oberes kantonales Gericht (vgl. BGE 135 II 94; Urteile des Bundesgerichts 1C_346/2009 vom 6. November 2009; 2C_360/2009 vom 23. Juni 2009). Es liegt keine der nach Art. 86 Abs. 2
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
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4.
Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend kann angesichts der rein verfahrensrechtlichen Fragen, die vorliegend zu klären waren, auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
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SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
SR 131.211 Costituzione del Cantone di Zurigo, del 27 febbraio 2005 Cost./ZH Art. 17 - Ognuno ha il diritto di consultare i documenti ufficiali, per quanto interessi pubblici o privati preponderanti non vi si oppongano. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde im Verfahren 1C_445/2009 wird gutgeheissen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2009 wird aufgehoben und die Sache wird an diese Vorinstanz zur Beurteilung der Beschwerde gegen die Verfügung der Oberstaatsanwaltschaft vom 28. April 2009 zurückgewiesen.
2.
Die Beschwerde im Verfahren 1C_482/2009 wird als gegenstandslos abgeschrieben.
3.
Auf die Beschwerde im Verfahren 1C_444/2009 wird nicht eingetreten.
4.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
5.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für die bundesgerichtlichen Verfahren 1C_445/2009 und 1C_482/2009 mit insgesamt Fr. 6'500.-- zu entschädigen.
6.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft, dem Verwaltungsgericht, 4. Abteilung, 4. Kammer, sowie dem Obergericht des Kantons Zürich, Verwaltungskommission, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Januar 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Haag