Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: RR.2018.192-193

Entscheid vom 13. September 2018 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini, Vorsitz, Cornelia Cova und Stephan Blättler, Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

1. A. Corporation, 2. B. Limited, beide vertreten durch Rechtsanwalt Carlo Lombardini, Beschwerdeführerinnen

gegen

Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA, Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die USA

Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG)

Sachverhalt:

A. Am 10. Dezember 2014 ersuchte das Department of Justice der Vereinigten Staaten die Schweiz um Übermittlung von Bankunterlagen. Die US-Justiz ermittelt wegen Geldwäscherei, Bestechung fremder Amtsträger sowie anderen Delikten im Zusammenhang mit dem in Venezuela durch die Stromnotlage von Ende 2009 ausgelösten Kaufverfahren von Turbinenausrüstungen im Wert von ungefähr USD 767 Mio. (act. 8.2). Das Rechtshilfeersuchen wurde am 7. November 2016 ergänzt (act. 8.6).

B. Die Zentralstelle USA des Bundesamtes für Justiz (nachfolgend "BJ") trat am 26. April 2017 auf das jüngste Rechtshilfeersuchen ein (act. 8.7). Sie übertrug damit die Ausführung der Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA"). Die BA ordnete am 11. Mai 2017 die Edition von Bankunterlagen an, unter Anbringung eines Mitteilungsverbots. Die Edition betraf die Kontoverbindungen der A. Corporation bei der Bank C. und der Bank D. SA. Weiter war betroffen die Kontoverbindung der B. Limited bei der Bank E. SA. Die Banken nahmen die Edition am 1. Juni 2017 (Bank C.), 29. Mai 2017 (Bank D. SA) sowie am 26. Mai 2017 vor (Bank E. SA; act. 8.8–8.13). Das BJ hob das Mitteilungsverbot mit Verfügung vom 31. Oktober 2017 wieder auf (act. 8.25).

C. Am 22. Mai 2018 erliess das BJ die Schlussverfügung (act. 8.26). Diese entsprach dem Rechtshilfeersuchen vom 7. November 2016 und ordnete an, die Unterlagen zu den folgenden Bankbeziehungen herauszugeben:

· Nr. 1 bei der Bank C., lautend auf A. Corporation;

· Nr. 2 bei der Bank D. SA, lautend auf A. Corporation sowie

· Nr. 3 bei der Bank E. AG, lautend auf B. Limited.

Zur Herausgabe vorgesehen sind sämtliche Dokumente ab 1. Januar 2009.

D. Dagegen erhoben A. Corporation und B. Limited am 25. Juni 2018 Beschwerde (act. 1). Sie beantragen, es sei keine Rechtshilfe zu gewähren und die Schlussverfügung sei aufzuheben, eventualiter das Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen (act. 1 S. 3).

In der Beschwerdeantwort hielt das BJ am 31. Juli 2018 dafür, die Beschwerde sei abzuweisen und verzichtete ansonsten auf ein Stellungnahme (act. 8). Dies wurde den Beschwerdeführerinnen am 3. August 2018 zur Kenntnis gebracht (act. 9).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Für die Rechtshilfe zwischen den USA und der Schweiz ist primär der Staatsvertrag vom 25. Mai 1973 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen massgebend (mit Briefwechseln; RVUS; SR 0.351.933.6; BGE 141 IV 108 E. 4.2; BGE 137 IV 25 E. 4.2.2; Verhältnis zum IRSG: BGE 132 II 178 E. 2.1; BGE 124 II 127 E. 2a; Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 4. Aufl., 2014, N. 60 ff., 82 ff.). In Ausführung dieses Staatsvertrages wurde am 3. Oktober 1975 das Bundesgesetz zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen erlassen (BG-RVUS; SR 351.93). Dieses enthält vor allem Zuständigkeits- und Vollzugsvorschriften. Sodann ist das von den USA und der Schweiz ratifizierte Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 (SR 0.311.56) einschlägig, insbesondere dessen Art. 46 (vgl. BGE 140 IV 123 E. 2).

1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen weder ausdrücklich noch stillschweigend regeln, bzw. das schweizerische Landesrecht geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt (sog. Günstigkeitsprinzip; BGE 142 IV 250 E. 3; 140 IV 123 E. 2; 136 IV 82 E. 3.1; 135 IV 212 E. 2.3; Zimmermann, a.a.O., N. 229), ist das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) und die dazugehörige Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV; SR 351.11) anwendbar (Art. 1 Abs. 1 IRSG; BGE 143 IV 91 E. 1.3; 136 IV 82 E. 3.2; 130 II 337 E. 1; vgl. auch Art. 54 StPO). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte (BGE 139 II 65 E. 5.4 letzter Absatz; 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c; Zimmermann, a.a.O., N. 211 ff., 223 ff., 681 ff.).

2.

2.1 Die Verfügung der Zentralstelle, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, unterliegt zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der ausführenden Behörde der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 BG-RVUS und Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 4 des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71]).

Auf das vorliegende Beschwerdeverfahren sind zudem anwendbar die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021; Art. 7 Abs. 1 BG-RVUS; Art. 39 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a StBOG; BGE 139 II 404 E. 6/8.2; Urteil des Bundesgerichts 1C_763/2013 vom 27. September 2013 E. 2.2; Zimmermann, a.a.O., N. 273).

2.2 Zur Beschwerdeführung ist berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 80h lit. b IRSG). Als persönlich und direkt betroffen wird im Falle der Herausgabe von Kontoinformationen an den ersuchenden Staat die jeweilige Kontoinhaberin angesehen (Art. 9a lit. a IRSV; Übersicht über die Rechtsprechung in BGE 137 IV 134 E. 5; TPF 2010 47 E. 2.1).

2.3 Die Eintretensvoraussetzungen liegen vor und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

3. Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 25 Abs. 6 IRSG) und prüft die bei ihr erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier Kognition. Sie ist aber nicht verpflichtet, nach weiteren der Gewährung der Rechtshilfe allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde nicht hervorgehen (BGE 132 Il 81 E. 1.4; 130 Il 337 E. 1.4; Urteil des Bundesgerichts 1A.1/2009 vom 20. März 2009 E. 1.6; TPF 2011 97 E. 5). Ebenso wenig muss sich die urteilende Instanz mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen. Sie kann sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken, und es genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 139 IV 179 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 1C_143/2016 vom 2. Mai 2016 E. 2 mit Hinweisen).

4.

4.1 Die Beschwerdeführerinnen beanstanden, dass der Sachverhalt des Rechtshilfeersuchens nicht den Anforderungen von Staatsvertrag und Rechtsprechung genüge. Im Rechtshilfeersuchen vom 10. Dezember 2014 finde sich keine Erwähnung der Beschwerdeführerinnen. Die Herausgaben widersprächen den Anforderungen von Gesetz und Rechtsprechung (act. 1 S. 7).

4.2 Das Rechtshilfeersuchen muss insbesondere Angaben über Gegenstand und Art von Untersuchung oder Verfahren und eine Beschreibung der wesentlichen behaupteten oder festzustellenden Handlungen enthalten (Art. 29 Ziff. 1 lit. a RVUS). Ausserdem muss das Ersuchen in Fällen, in denen wie hier Zwangsmassnahmen angewendet werden, die strafbare Handlung bezeichnen (Art. 4 Ziff. 2 RVUS). Soweit notwendig und möglich sind zudem Angaben zu machen zu Zeugen und anderen durch das Ersuchen betroffenen Personen bzw. zum Hauptgrund für die Erforderlichkeit der gewünschten Beweise oder Auskünfte (Art. 29 Ziff. 1 lit. b und Ziff. 2 lit. a RVUS; siehe auch Art. 28 Abs. 2 und 3 IRSG i.V.m. Art. 10 IRSV). Diese Angaben müssen der ersuchten Behörde die Prüfung erlauben, ob die beidseitige Strafbarkeit gegeben ist, ob es sich um einen der gemäss Art. 4 Ziff. 2 RVUS rechtshilfeberechtigten Tatbestände handelt, ob die Handlungen, wegen denen um Rechtshilfe ersucht wird, nicht politische, militärische oder fiskalische Delikte darstellen (Art. 2 Ziff. 1 RVUS) und ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt wird (BGE 118 Ib 111 E. 5b S. 122; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2016.70 vom 7. Juli 2016, E. 3.2).

Die Rechtsprechung stellt an die Schilderung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen keine hohen Anforderungen. Danach kann von den Behörden des ersuchenden Staates nicht verlangt werden, dass sie den Sachverhalt, der Gegenstand der Strafuntersuchung bildet, lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen. Das wäre mit dem Sinn und Zweck des Rechtshilfeverfahrens unvereinbar, ersucht doch ein Staat einen anderen gerade deswegen um Mithilfe, damit er die bisher im Dunkeln gebliebenen Punkte aufgrund von Unterlagen, die im Besitze des ersuchten Staates sind, klären kann. Die ersuchte Behörde hat sich beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhaltes im Ersuchen und dessen allfälligen Ergänzungen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (BGE 139 II 451 E. 2.2.1; 136 IV 4 E. 4.1; 133 IV 76 E. 2.2; TPF 2011 194 E. 2.1 S. 196; TPF 2007 150 E. 3.2.4; Zimmermann, a.a.O., N. 293, 302).

4.3 Die Rechtshilfeersuchen vom 10. Dezember 2014 und 7. November 2016 schildern im Wesentlichen folgenden Sachverhalt (act. 8.2, act. 8.6):

Wegen einer Stromnotlage in Venezuela gegen Ende 2009 sei durch den damaligen Präsidenten Venezuelas, Hugo Chavez, am 2. Februar 2010 eine Notverordnung unterzeichnet worden, welche dazu gedient habe, die Standardverfahren für die Ausschreibung, die Abgabe von Geboten und die Vertragsvergabe durch venezolanische staatlich geleitete Unternehmen zu beseitigen. Als Reaktion auf die Stromnotlage und entsprechend dem modifizierten Vergabevorgang habe die staatliche Gesellschaft F. S.A. mit dem Kauf von Turbinenausrüstung im Wert von ca. USD 767 Millionen von drei Unternehmen mit Hauptsitz oder Betrieben in den USA begonnen, nämlich G. LLC, H. und I.

Die US-Behörden würden seit 2012 gegen J. und K. ermitteln, u.a. wegen des Verdachts der Zahlung von Bestechungsgeldern an verschiedene Regierungsbeamte in Venezuela. Zahlungsempfänger seien des Weiteren Funktionäre der venezolanischen staatseigenen und staatlich geleiteten Ölfirma F. S.A. gewesen. Die Zahlungen hätten bezweckt, Verträge für Stromerzeugungsprojekte mit der Firma F. S.A. und deren Tochtergesellschaften für den Kauf von Turbinen und sonstiger Ausrüstung zur Stromerzeugung zu sichern.

Gemäss bisherigen Erkenntnissen der ersuchenden Behörde soll die Firma F. S.A. die Turbinenausrüstung im Wert von ca. USD 767 Millionen nicht direkt von den Originalherstellern der Stromausrüstung gekauft haben. Vielmehr seien mit mehreren Zwischenhandelsunternehmen, einschliesslich der Firmen G. LLC und H., Verträge abgeschlossen worden, damit diese Firmen wiederum die Ausrüstung von etablierten Herstellern beschafften. Die Firma G. LLC stehe im Besitz von J. und dessen Sohn. Zum Zeitpunkt der Firmengründung sei jedoch L., die damals 21 Jahre alt gewesen sei und keinerlei einschlägige Berufserfahrung in der Energieindustrie gehabt habe, Präsidentin der Firma gewesen. Um eine Beteiligung an diversen Geschäften mit der F. S.A. zu verbergen, habe J. mehrere Firmen (unter anderem G. LLC und M. Ltd.) genutzt oder andere Personen vorgeschoben. So habe er der F. S.A. mehrere Angebote vorlegen können und auf diese Weise den Anschein einer in Tat und Wahrheit nicht existierenden Konkurrenz erwecken wollen. Zeugen hätten ausgesagt, dass J. im Rahmen des Transaktionsvorganges Bestechungsgelder an F. S.A.-Funktionäre gezahlt hätte, angefangen damit, dass er G. LLC auf das genehmigte Lieferantenverzeichnis der F. S.A. gebracht habe, bis hin zur Erlangung des Turbinenvertrages und zur Freigabe von Inspektionen, damit Zahlungen beschleunigt würden. Nach Angaben mehrerer Zeugen sei K. der Geschäftspartner von J. gewesen. K. habe sein eigenes Netz von Firmen geführt, welche in vorgetäuschter Weise miteinander und mit Firmen von J. um Aufträge für die F. S.A. konkurriert hätten.

Die Analyse der in den USA vorhandenen Bankkonten – die von J., seinen Unternehmen und seinen Familienmitgliedern geführt worden seien und mit den venezolanischen Energieverträgen im Zusammenhang stünden – begründe ebenfalls den Verdacht, dass J. und K. versucht hätten, Zahlungen an F. S.A.-Funktionäre zu verschleiern. Die Zahlungen seien dazu zunächst über Unternehmen geleitet worden, die von ihnen selbst oder Familienmitgliedern geführt worden seien. Ermittlungen der US-Behörden hätten dabei eine Anzahl von direkten Zahlungen an F. S.A.-Funktionäre identifiziert. Zahlungen der F. S.A. oder einer F. S.A.-Schwestergesellschaft seien dazu zwischen verschiedenen von J. geführten Konten hin- und hergeschoben worden. Auch Einzahlungen auf Schweizer Bankkonten durch J. und K. könnten auf Geldmittel zurückverfolgt werden, die von F. S.A. oder deren Schwester- oder Tochtergesellschaft eingegangen seien.

Die ersuchende Behörde vermutet demnach, dass mutmasslich deliktische Gelder über eine Vielzahl von eigenen Bankkonten der Beschuldigten sowie von Gesellschaften, wirtschaftlich zurechenbar den Beschuldigten, Familienangehörigen sowie Bekannten, in die Schweiz geflossen seien. Über J./K. zuzurechnende Konten seien mindestens 137 Überweisungen über rund USD 160 Mio. auf Schweizer Bankkonten geflossen. Vor dem Bundesgericht für den südlichen Distrikt von Texas habe sich am 22. März 2016 K. und am 16. Juni 2016 J. für schuldig bekannt, namentlich Korruptionsdelikte begangen zu haben.

Die Gesellschaft N. sei die für Beschaffungen verantwortliche Tochtergesellschaft von F. S.A. O. sei der Assistent des Präsidenten von N. und als solcher in die Abwicklung der Zahlungen direkt involviert gewesen (act. 8.6 S. 4).

4.4 Art. 4 Ziff. 2 RVUS setzt für Zwangsmassnahmen voraus, dass die objektiven Merkmale eines Schweizer Tatbestandes erfüllt sind und der Tatbestand auf der Liste im Anhang zum RVUS aufgeführt ist.

Für die Frage der beidseitigen Strafbarkeit nach schweizerischem Recht ist der im Rechtshilfeersuchen dargelegte Sachverhalt so zu subsumieren, wie wenn die Schweiz wegen des analogen Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet hätte (BGE 132 II 81 E. 2.7.2; 129 II 462 E. 4.4). Es gilt der Grundsatz der abstrakten beidseitigen Strafbarkeit (BGE 136 IV 179 E. 2.3.4). Die Strafnormen brauchen nach den Rechtssystemen der Schweiz und des ersuchenden Staates nicht identisch zu sein. Zu prüfen ist mithin, ob der im Ausland verübte inkriminierte Sachverhalt, sofern er – analog – in der Schweiz begangen worden wäre, die Tatbestandsmerkmale einer schweizerischen Strafnorm erfüllen würde. Dabei genügt es, wenn der im Rechtshilfeersuchen geschilderte Sachverhalt unter einen einzigen Straftatbestand des schweizerischen Rechts subsumiert werden kann. Es braucht dann nicht weiter geprüft zu werden, ob darüber hinaus auch noch weitere Tatbestände erfüllt sein könnten (BGE 142 IV 175 E. 5.5; 139 IV 137 E. 5.1.1; 132 II 81 E. 2.1; 129 II 462 E. 4.6; 124 II 184 E. 4b/cc; TPF 2012 114 E. 7.3/7.4; TPF 2011 194 E. 2.1 S. 196; Zimmermann, a.a.O., N. 576 ff.)

4.5 Wer einem Mitglied einer richterlichen oder anderen Behörde, einem Beamten, einem amtlich bestellten Sachverständigen, Übersetzer oder Dolmetscher, einem Schiedsrichter oder einem Angehörigen der Armee, die für einen fremden Staat im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine pflichtwidrige oder eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten oder zu Gunsten eines Dritten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 322septies StGB, Bestechung fremder Amtsträger, vgl. Pieth, Basler Kommentar StGB II, 3. Aufl., 2013, Rz. 8-36).

Angestellte einer ausländischen Gesellschaft in Staatsbesitz sind nach der einschlägigen Rechtsprechung Beamte im Sinne von Art. 110 Ziff. 3 StGB (Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2009.285 vom 27. Juli 2010, E. 6.3; Zimmermann, a.a.O., N. 597). Das Erlangen von freihändigen Verträgen mit substantiellen und potenziell überhöhten Margen mittels verschleierter Zahlungen an Offizielle einer staatlichen Organisation (F. S.A.), die den Regeln des öffentlichen Beschaffungsrechts grundsätzlich unterliegt, erfüllt prima facie den Tatbestand des Art. 322septies StGB in der Tatvariante der aktiven Bestechung von Beamten eines fremden Staates. Bestechung steht unter Ziffer 22 im Anhang des RVUS im Katalog der Delikte, für welche Zwangsmassnahmen angewendet werden können. Die Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit ist damit gegeben.

4.6 Zusammenfassend genügt die Schilderung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen den gesetzlichen Ansprüchen. Sie erlaubt die Prüfung, ob die beidseitige Strafbarkeit vorliegt oder nicht. In der Schweiz vorgefallen, wäre der geschilderte Sachverhalt strafbar nach Art. 322septies StGB als Bestechung fremder Amtsträger. Für die Leistung von Rechtshilfe ist nicht erforderlich, dass gemäss Sachverhaltsbeschreibung die Beschwerdeführerinnen sich selbst auch strafbar gemacht hätten. Die Rüge ist unbegründet.

5.

5.1 Die Beschwerdeführerinnen rügen weiter, dass sie keinerlei Bezug zum amerikanischen Verfahren hätten. Das Ersuchen vom 7. November 2016 erlaube nicht zu verstehen, inwiefern die erwähnten Überweisungen mit dem Strafverfahren zusammenhängen würden. Aus dem Rechtshilfeersuchen gehe nicht hervor, was der Stand der US-amerikanischen Strafuntersuchung sei, so dass nicht klar werde, wozu die Unterlagen zu dienen hätten. Die Ersuchen widersprächen damit Bundesrecht, da sie eine unbestimmte Beweisausforschung bezweckten. Dies umso mehr, als dass das Rechtshilfeersuchen vor mehr als anderthalb Jahren gestellt worden sei. Die Herausgabe sei offensichtlich ungerechtfertigt und unverhältnismässig. (act. 1 S. 7).

5.2 Rechtshilfemassnahmen müssen verhältnismässig, mit anderen Worten für ihren Zweck tauglich, erforderlich und massvoll sein, also nicht über das hinausgehen, was zu dessen Erreichung notwendig ist (Art. 5 Abs. 2 BV, Art. 36 Abs. 3 BV; Art. 63 Abs. 1 IRSG).

Die Frage, welche Beweise zur Erhärtung des Verdachts erforderlich sind, ist dabei grundsätzlich dem Ermessen des ersuchenden Staates überlassen. Der ersuchte Staat ist im Allgemeinen gar nicht in der Lage, dies beurteilen zu können. Den ausländischen Strafverfolgungsbehörden sind diejenigen Aktenstücke zu übermitteln, die sich möglicherweise auf den im Rechtshilfeersuchen dargestellten Sachverhalt beziehen können; nicht zu übermitteln sind nur diejenigen Akten, die für das ausländische Strafverfahren mit Sicherheit nicht erheblich sind. Nicht zulässig wäre es, den ausländischen Behörden nur diejenigen Unterlagen zu überlassen, die den im Rechtshilfeersuchen dargestellten Sachverhalt mit Sicherheit beweisen. Massgeblich ist somit die potentielle Erheblichkeit der beschlagnahmten Aktenstücke (BGE 142 II 161 E. 2.1.2; 139 II 404 E. 7.2.2 Abs. 2; 136 IV 82 E. 4.1/4.4; TPF 2009 130 E. 4.2).

Zielt das Rechtshilfeersuchen auf die Ermittlung ab, auf welchem Weg Geldmittel mit möglicherweise strafbarer Herkunft verschoben wurden, so sind die Behörden des ersuchenden Staates grundsätzlich über alle Transaktionen zu informieren, die von Gesellschaften und über Konten getätigt wurden, welche in die Angelegenheit verwickelt sind. Es sind grundsätzlich alle sachlich und zeitlich konnexen sichergestellten Aktenstücke zu übermitteln (BGE 136 IV 82 E. 4.4; 129 II 462 E. 5.3/5.5; 121 II 241 E. 3c; Urteile des Bundesgerichts 1A.7/2007 vom 3. Juli 2007 E. 7.2, bestätigt in 1C_327/2018 vom 6. Juli 2018 E. 1.2; 1C_625/2012 vom 17. Dezember 2012 E. 2.2; 1A.79/2005 vom 27. April 2005 E. 4; TPF 2011 97 E. 5.1; TPF 2009 161 E. 5; Zimmermann, a.a.O., N. 723).

5.3 Das Rechtshilfeersuchen vom 7. November 2016 schildert, wie K., sein Buchhalter sowie O. (der Assistent des Präsidenten von N., die für Beschaffungen zuständige Tochter von F. S.A.) sich am 12. Dezember 2012 über die Abwicklung von Zahlungen auf die Konten der A. Corporation sowie am 11. Januar 2013 an die B. Limited informiert hätten (act. 8.6 S. 4). A. Corporation habe am 12. Dezember 2012 von P. Ltd., einem Unternehmen unter der Kontrolle von K., USD 608'412.80 auf ihr Konto Nr. 2 bei der Bank D. SA erhalten (act. 8.6 S. 5). B. Limited seien am 2. Januar 2013 USD 973'570.15 von M. Ltd. zugeflossen, einer weiteren in den geschilderten Sachverhalt verwickelten Gesellschaft (act. 8.6 S. 6). Die Rechtshilfeersuchen schildern somit, wie die Beschwerdeführerinnen Teil des J./K. zuzurechnenden Netzes von Gesellschaften und Überweisungen seien, ein Netz eingesetzt zur Verschleierung der Herkunft der für F. S.A.-Funktionäre bestimmten Gelder. Die erhobenen Kontounterlagen zeigen am 17. Dezember 2012 eine weitere Zahlung von P. Ltd. über USD 123'910.-- auf das Konto Nr. 1 der A. Corporation bei der Bank C. auf (act. 8.26 S. 8). Es besteht somit offensichtlich ein Interesse, im amerikanischen Strafverfahren den weiteren Geldfluss ab den Konten der A. Corporation (Nr. 2 bei der Bank D. SA; Nr. 1 bei der Bank C.) und der B. Limited (Nr. 3 bei der Bank E. SA) rekonstruieren zu können. Unterlagen ab 1. Januar 2009 sind für die US-amerikanische Strafuntersuchung von Interesse (act. 8.2 S. 20). Deren Herausgabe ist somit auch in zeitlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Konten stehen mithin in einem klaren Bezug zur ausländischen Strafuntersuchung. Die Herausgabe der betreffenden Bankunterlagen ist damit verhältnismässig.

Aus den sehr allgemeinen Vorbringen der Beschwerdeführerin (vgl. obige Erwägung 5.1) ergibt sich sodann nichts, was die Übermittlung der Bankunterlagen als unverhältnismässig erscheinen lässt (zur Mitwirkungspflicht, vgl. BGE 134 II 318 E. 6.4; 130 II 14 E. 4.3; 126 II 258 E. 9b/aa; Urteil des Bundesgerichts 1C_307/2016 vom 2. August 2016 E. 1.2). Die Beschwerdeinstanz forscht nicht von sich aus nach einzelnen Aktenstücken, die im ausländischen Verfahren (mit Sicherheit) nicht erheblich sein könnten (vgl. z.B. Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2016.62 vom 9. Juni 2016 E. 8.4). Rechtshilfeersuchen sind sodann zu erledigen, solange sie nicht ausdrücklich zurückgezogen wurden (vgl. BGE 115 Ib 186 E. 3; Urteile des Bundesgerichts 1A.241/2005 vom 24. Februar 2006 E. 3; 1A.145/2005 vom 20. Oktober 2005 E. 4.3; 1A.218/2003 vom 17. Dezember 2003 E. 3.5; Zimmermann, a.a.O., N. 305). Die erhobenen Rügen gehen fehl.

6. Andere Rechtshilfehindernisse sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten in allen Punkten als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführerinnen aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 5'000.-- festzusetzen, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses (vgl. act. 5) in gleicher Höhe (vgl. Art. 63 Abs. 5 VwVG i.V.m. Art. 73 StBOG sowie Art. 5 und 8 Abs. 3 lit. a des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 5‘000.-- wird den Beschwerdeführerinnen auferlegt, unter Anrechnung des entsprechenden Betrages aus dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe.

Bellinzona, 13. September 2018

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Rechtsanwalt Carlo Lombardini

- Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG).
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : RR.2018.192
Data : 13. settembre 2018
Pubblicato : 10. ottobre 2018
Sorgente : Tribunale penale federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Corte dei reclami penali: assistenza giudiziaria
Oggetto : Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die USA. Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74 IRSG).


Registro di legislazione
AIMP: 1  25  28  63  74  80h
CP: 110  322septies
CPP: 54
Cost: 5  36
LOAP: 37  39  73
LTAGSU: 7  17
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Registro DTF
115-IB-186 • 118-IB-111 • 121-II-241 • 123-II-595 • 124-II-124 • 124-II-184 • 126-II-258 • 129-II-462 • 130-II-14 • 130-II-337 • 132-II-178 • 132-II-81 • 133-IV-76 • 134-II-318 • 135-IV-212 • 136-IV-179 • 136-IV-4 • 136-IV-82 • 137-IV-134 • 137-IV-25 • 139-II-404 • 139-II-451 • 139-II-65 • 139-IV-137 • 139-IV-179 • 140-IV-123 • 141-IV-108 • 141-IV-249 • 142-II-161 • 142-IV-175 • 142-IV-250 • 143-IV-91
Weitere Urteile ab 2000
1A.1/2009 • 1A.145/2005 • 1A.218/2003 • 1A.241/2005 • 1A.7/2007 • 1A.79/2005 • 1C_143/2016 • 1C_307/2016 • 1C_327/2018 • 1C_625/2012 • 1C_763/2013
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
fattispecie • usa • tribunale federale • tribunale penale federale • assistenza giudiziaria in materia penale • stato richiedente • corte dei reclami penali • inchiesta penale • ltagsu • ufficio federale di giustizia • valore • affiliata • corruzione di pubblici ufficiali stranieri • testimone • quesito • sospetto • venezuela • convenzione internazionale • stato richiesto • azienda • misura di assistenza giudiziaria • domanda di assistenza giudiziaria • legge federale sull'organizzazione delle autorità penali della confederazione • cancelliere • accusato • caso particolarmente importante • avvocato • moneta • potere d'apprezzamento • assistente • diritto svizzero • anticipo delle spese • decisione • pena privativa della libertà • infrazione • necessità • proporzionalità • legge federale sull'assistenza internazionale in materia penale • figlio • legge federale sulla procedura amministrativa • società estera • obbligo di collaborare • confederazione • motivazione della decisione • scritto • incarto • potere cognitivo • spese giudiziarie • calcolo • restituzione • trasmissione allo stato richiedente • etichettatura • esame • stato estero • obbligo di edizione di documenti • indicazione dei rimedi giuridici • risposta al ricorso • presentazione • conoscenza • analisi • persona interessata • vantaggio • sede principale • giorno • consorella • esercizio della funzione • sfera segreta • pena pecuniaria • autorità straniera • transazione finanziaria • punto essenziale • ricerca generale e indeterminata di mezzi di prova • diritto interno • direttore • verità • bellinzona • autorità inferiore
... Non tutti
BstGer Leitentscheide
TPF 2007 150 • TPF 2009 130 • TPF 2009 161 • TPF 2010 47 • TPF 2011 194 • TPF 2011 97 • TPF 2012 114
Sentenze TPF
RR.2016.62 • RR.2016.70 • RR.2009.285 • RR.2018.192