Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1C 540/2011

Urteil vom 13. Februar 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
Gerichtsschreiber Mattle.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz,

gegen

Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau,
Postfach, 5001 Aarau,
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Generalsekretariat, Rechtsdienst,
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau.

Gegenstand
Annullierung des Führerausweises (Rechtsverzögerung),

Beschwerde gegen den Beschluss vom 20. Oktober 2011 des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau,
1. Kammer.

Erwägungen:

1.
X.________ wurde wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 24 km/h am 22. März 2011 in Gampelen verzeigt. Mit Verfügung vom 19. Mai 2011 annulierte hierauf das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau - unter Berücksichtigung eines wenige Monate zuvor verfügten ersten Führerausweisentzugs wegen Geschwindigkeitsüberschreitung - gestützt auf Art. 16
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
1    Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
2    Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 18. März 201659 ausgeschlossen ist, wird der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen.60
3    Bei der Festsetzung der Dauer des Lernfahr- oder Führerausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden, ausser wenn die Strafe nach Artikel 100 Ziffer 4 dritter Satz gemildert wurde.61 62
4    Der Fahrzeugausweis kann auf angemessene Dauer entzogen werden:
a  wenn Ausweis oder Kontrollschilder missbräuchlich verwendet wurden;
b  solange die Verkehrssteuern oder -gebühren für Fahrzeuge desselben Halters nicht entrichtet sind.63
5    Der Fahrzeugausweis wird entzogen, wenn:
a  die gegebenenfalls nach dem Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 199764 für das Fahrzeug geschuldete Abgabe oder die geschuldeten Sicherheitsleistungen nicht bezahlt und der Halter erfolglos gemahnt worden ist; oder
b  das Fahrzeug nicht mit dem vorgeschriebenen Erfassungsgerät zur Abgabeerhebung ausgerüstet ist.65
i.V.m. Art. 15a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG und Art. 35a der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung; VZV) ab sofort den auf Probe erteilten Führerausweis. Einer allfälligen Beschwerde entzog es die aufschiebende Wirkung.

Gegen diese Verfügung erhob X.________ Beschwerde beim Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) des Kantons Aargau, wobei er unter anderem die einstweilige Aussetzung des Administrativmassnahmeverfahrens (mit Wiedererteilung des Führerausweises) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens beantragte. Nachdem das DVI das Untersuchungsrichteramt Berner Jura-Seeland um Überlassung der Strafakten nach rechtskräftiger Erledigung der Strafsache ersucht hatte, ohne das Administrativmassnahmeverfahren auszusetzen, stellte X.________ mit Eingabe vom 6. Juli 2011 den Antrag, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen unter sofortiger Rückgabe des Führerausweises. Zumindest sei darüber in einem anfechtbaren Entscheid zu befinden. Daraufhin erkundigte sich das DVI bei der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland nach dem Stand des Strafverfahrens, erhielt aber offenbar zunächst keine Antwort. Am 5. August 2011 ersuchte X.________ um beförderliche Behandlung seines Gesuchs und behielt sich eine Rechtsverweigerungsbeschwerde vor, wenn bis zum 15. August 2011 kein Entscheid ergehe. Am 11. August 2011 antwortete das DVI, es werde sich um eine beförderliche Behandlung bemühen. In der Folge erhielt es von der
Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland die Auskunft, das Strafverfahren gegen X.________ werde eventuell mangels Beweisen eingestellt, was es zu weiterem Zuwarten bewog. Am 26. August 2011 gelangte X.________ mit einer Rechtsverzögerungsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Dieses forderte das DVI auf, bis zum 12. September 2011 eine Beschwerdeantwort und die Akten einzureichen, wenn es bis dahin nicht über das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung entschieden habe. Nachdem das DVI am 1. September 2011 von der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland erfahren hatte, die Angelegenheit sei nun doch an das Regionalgericht zur Beurteilung überwiesen worden, wies das DVI das Gesuch um aufschiebende Wirkung gleichentags ab.

Mit Beschluss vom 20. Oktober 2011 schrieb das Verwaltungsgericht die Rechtsverzögerungsbeschwerde als gegenstandslos von der Geschäftskontrolle ab (Ziff. 1) und auferlegte X.________ die Gerichtskosten im Betrag von insgesamt Fr. 790.-- (Ziff. 2); eine Parteientschädigung sei nicht geschuldet (Ziff. 3). Es erwog, für die Kostenverlegung seien praxisgemäss die abgeschätzten Prozessaussichten massgebend bzw. ob die Rechtsverzögerungsbeschwerde im Zeitpunkt ihrer Einreichung begründet gewesen sei. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände habe das DVI das Beschleunigungsgebot nicht verletzt, weshalb die Kosten zulasten von X.________ gingen.

2.
Mit Eingabe vom 30. November 2011 führt X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt, den angefochtenen Beschluss im Kostenpunkt aufzuheben und das Verwaltungsgericht anzuweisen, ihm eine Parteientschädigung auszurichten.

Das Verwaltungsgericht, das DVI und das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

3.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG offen. Der angefochtene Beschluss schliesst das Verfahren zwar nicht ab, doch verzichtet das Bundesgericht bei Zwischenentscheiden über Rechtsverzögerungsbeschwerden auf die Voraussetzung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils (Art. 93 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG; BGE 134 IV 43 E. 2.2 S. 45 mit Hinweis). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer bestreitet den Grundsatz der Kostenverlegung nach den abgeschätzten Prozessaussichten nicht. Er beanstandet aber die Gewichtung dieser Aussichten durch das Verwaltungsgericht. Dieses sei in Willkür verfallen, weil es das Zuwarten des DVI für den Entscheid über die Wiedererteilung der aufschiebenden Wirkung als zulässig erachtet habe. Das Prozessthema sei beschränkt und ein Beweisverfahren nicht nötig gewesen, weshalb ein Entscheid sofort (innert Wochenfrist) hätte ergehen können und müssen und das Untätigbleiben während acht Wochen das Beschleunigungsgebot verletze.

4.2 Das Verwaltungsgericht hat erwogen, der provisorische Charakter des Entscheids über die Frage der aufschiebenden Wirkung habe keine zeitraubenden zusätzlichen Abklärungen erlaubt. Zu entscheiden sei aufgrund einer Interessenabwägung zwischen den behördlichen Interessen an der sofortigen Vollstreckbarkeit und dem Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung des bisherigen Zustands gewesen. Eine erhebliche Bedeutung sei dabei dem Gesichtspunkt der Kontinuität im Verfahren zugekommen; eine einmal entzogene aufschiebende Wirkung dürfe nicht leichthin wiederhergestellt werden. Wegen des sichernden Charakters des Entzugs eines Führerausweises auf Probe sei das sofortige Wirksamwerden der Massnahme im Vordergrund gestanden. Da dem DVI aber am 18. August 2011 die Information zugegangen sei, das Strafverfahren werde eventuell eingestellt, sei das Zuwarten des DVI durchaus gerechtfertigt und sicher auch sinnvoll gewesen; im Falle der Einstellung hätte sich die Situation für das Administrativverfahren anders dargestellt. Sobald das DVI - am 1. September 2011 - erfahren habe, dass die Strafsache doch an das Regionalgericht überwiesen worden sei, habe es (noch gleichentags) über die aufschiebende Wirkung entschieden. Der
Rechtsverzögerungsvorwurf sei daher nicht berechtigt gewesen, was den Beschwerdeführer kostenpflichtig werden lasse.

4.3 Gemäss Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (sog. Beschleunigungsgebot). Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sich die Dauer unter den konkreten Umständen als angemessen erweist. Der Streitgegenstand und die damit verbundene Interessenlage können raschere Entscheide erfordern oder längere Behandlungsperioden erlauben. Zu berücksichtigen sind die Art des Verfahrens, der Umfang und die Komplexität der aufgeworfenen Sachverhalts- und Rechtsfragen, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und der Behörden und die Zumutbarkeit für den Betroffenen (vgl. BGE 135 I 265 E. 4.4 S. 277; 130 I 269 E. 2.3 und 3.1 S. 272 f.; je mit Hinweisen).

4.4 Vorliegend geht es nur um die Dauer des Verfahrens zur Beurteilung des Gesuchs um Erlass einer provisorischen Massnahme (Erteilung der aufschiebenden Wirkung). Derartige Anordnungen gelten während der Dauer des Hauptverfahrens - hier des Beschwerdeverfahrens vor dem DVI - und sind wegen ihres vorläufigen Charakters rasch und wenn möglich ohne weitläufige und zeitraubende Abklärungen zu treffen, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat. Der Beschwerdeführer legt ebenfalls Gewicht auf den Umstand, dass keine Beweismassnahmen nötig waren und über sein Ersuchen sofort hätte befunden werden können. Soweit ersichtlich hat das DVI zum Gesuch vom 6. Juli 2011 nicht einmal einen Schriftenwechsel durchgeführt. Weshalb es nicht nach kurzer Zeit darüber entschieden hat, ist deshalb nicht recht einsichtig. Der Beschwerdeführer hat ausdrücklich um Erlass einer anfechtbaren Verfügung ersucht und darauf hingewiesen, dass er an der sofortigen Beurteilung ein besonderes Interesse habe, weil für ihn das Erreichen seines Arbeitsorts ohne Fahrzeug beschwerlich sei. Gewiss leuchtet ein, dass das DVI davon ausging, aufgrund der für den Sicherungsentzug massgebenden Grundsätze und in Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Kontinuität
im Verfahren komme eine vorläufige Wiedererteilung des Führerausweises kaum in Frage (vgl. Urteil 6A.53/2001 vom 19. Juni 2011 E. 2a; BGE 122 II 359 E. 3a S. 364 mit Hinweis). Nachvollziehbar ist auch, dass sich das DVI über den Stand des Strafverfahrens erkundigte, um die Informationslage zu vervollständigen. Nachdem seitens der Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland innert nützlicher Frist aber keine Antwort zu erhalten war (die Auskunft einer eventuellen Verfahrenseinstellung wurde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts erst am 18. August 2011 erteilt) und der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. August 2011 eine unverzügliche Behandlung angemahnt und bei weiterem Zuwarten eine Rechtsverweigerungsbeschwerde in Aussicht gestellt hatte, hätte das DVI rasch über das Gesuch entscheiden können und müssen. Dass der Entscheid zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht positiv für den Beschwerdeführer ausgefallen wäre, wie die kantonalen Justizbehörden haben durchblicken lassen, entband nicht vom Erfordernis, überhaupt über die anbegehrte verfahrensleitende Anordnung zu entscheiden. Auf diese hätte im Falle veränderter Verhältnisse gegebenenfalls zurückgekommen werden können. Die Reaktion des DVI auf die verfahrensleitende
Anordnung des Verwaltungsgerichts nach Eingang der Rechtsverzögerungsbeschwerde (vgl. E. 1 hiervor) macht deutlich, dass die Gesuchssache liquid war und einem sofortigen Entscheid nichts entgegenstand. Unter den gegebenen Umständen drängt sich auch der Schluss auf, dass eine provisorische Anordnung schon seit einiger Zeit hätte ergehen können und dass erst die Rechtsverzögerungsbeschwerde das DVI zum Erlass der Verfügung vom 1. September 2011 bewog. Gewiss fiel dem DVI die Beurteilung zu diesem Zeitpunkt leichter, weil es gleichentags Kenntnis von der Überweisung der Strafsache an das Regionalgericht erhalten hatte. Diese Auskunft war aber, wie ausgeführt, keine Voraussetzung zur Beurteilung des Begehrens, sondern bloss eine nützliche Information. Aus den Verfahrensumständen ist zu schliessen, dass über das Gesuch im gleichen Sinne schon im Sommer hätte entschieden werden können. Personelle Engpässe, Geschäftsüberlastung oder andere Hindernisse, die eine Verzögerung der Bearbeitung bewirkt hätten, hat das DVI nicht geltend gemacht. Wohl mag zutreffen, dass der Beschwerdeführer mit der unverzüglichen Beurteilung seines Gesuchs letztendlich nicht viel gewonnen hätte, doch ist es nicht an den Behörden, zu entscheiden, ob die
Beurteilung eines als dringlich bezeichneten Ersuchens um einstweilige Anordnung für den Betroffenen "sinnvoll" ist; das liegt in dessen eigener Verantwortung. Das Zuwarten des DVI mit der Gesuchsbehandlung hat zu einer überlangen Bearbeitungsdauer von fast acht Wochen geführt und lässt sich nicht rechtfertigen. Das DVI hat damit das Beschleunigungsgebot verletzt.

5.
Es ergibt sich, dass die Rechtsverzögerungsbeschwerde im Zeitpunkt ihrer Einreichung begründet war und gutzuheissen gewesen wäre. Die Kostenverlegung nach den abgeschätzten Prozessaussichten hätte deshalb zugunsten des Beschwerdeführers erfolgen müssen. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet. Sie ist gutzuheissen, die Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Beschlusses sind aufzuheben und die Angelegenheit ist zu neuem Entscheid über die Kostenfolgen des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht an dieses zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis sind für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer jedoch eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Ziffern 2 und 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 20. Oktober 2011 werden aufgehoben und die Angelegenheit wird zu neuem Entscheid über die Kosten an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Februar 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Mattle
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1C_540/2011
Date : 13. Februar 2012
Published : 02. März 2012
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strassenbau und Strassenverkehr
Subject : Annulierung des Führerausweises (Rechtsverzögerung)


Legislation register
BGG: 66  68  82  93
BV: 29
SVG: 15a  16
BGE-register
122-II-359 • 130-I-269 • 134-IV-43 • 135-I-265
Weitere Urteile ab 2000
1C_540/2011 • 6A.53/2001
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