Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-2375/2020

Urteil vom 13. August 2020

Einzelrichter Michael Peterli,
Besetzung
Gerichtsschreiberin Barbara Camenzind.

A._______,
Parteien
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerischer Bundesrat,

Vorinstanz.

Epidemiengesetz, Verordnung 2 über Massnahmen zur
Gegenstand
Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) in der Fassung vom 16. April 2020.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass der Schweizerische Bundesrat gestützt auf Art. 7
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG, SR 818.101) am 13. März 2020 die Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (vorliegend anwendbar in ihrer Fassung gemäss Änderung vom 16. April 2020, AS 2020 1249 [in Änderung der COVID-19-Verordnung 2 vom 13. März 2020]; in Kraft seit 17. April 2020, 00:00 Uhr; nachfolgend: COVID-19-Verordnung 2) erlassen hat,

dass A._______ (im Folgenden: Beschwerdeführer) gegen die COVID-19-Verordnung 2 am 4. Mai 2020 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben hat (Beschwerdeakten [im Folgenden: act.] 1) und folgenden Antrag gestellt hat:

" Die strafbewehrten Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus des Bundes, der Kantone und Gemeinden sind sofort aufzuheben."

dass das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer mit Zwischenverfügung vom 8. Mai 2020 unter Hinweis auf die Säumnisfolgen aufgefordert hat, einen Kostenvorschuss von Fr. 800.- in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten zu leisten (act. 2),

dass der Beschwerdeführer hiergegen am 8. Juni 2020 beim Bundesgericht unter Beilage einer Pfändungsurkunde des Betreibungsamts (...) ein Gesuch um Kostenbefreiung im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht hat (act. 6, Beilage 1),

dass das Bundesgericht mit Urteil 2C_473/2020 vom 10. Juni 2020 (Eingang: 19. Juni 2020) die Eingabe des Beschwerdeführers vom 8. Juni 2020 zur Prüfung des Gesuchs um Kostenbefreiung an das Bundesverwaltungsgericht überwiesen hat,

dass das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 24. Juni 2020 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gutgeheissen und gleichzeitig den Bundesrat aufgefordert hat, bis zum 13. Juli 2020 eine Vernehmlassung, beschränkt vorerst auf die Eintretensfrage, einzureichen,

dass der Bundesrat sich nicht hat vernehmen lassen,

dass das Bundesverwaltungsgericht gemäss Art. 31
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
VGG Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
VwVG beurteilt,

dass als Anfechtungsobjekt einer Beschwerde eine individuell-konkrete Anordnung erforderlich ist und zur Beurteilung, ob eine individuell-konkrete Anordnung vorliegt, allein der materielle Verfügungscharakter entscheidend ist (vgl. BGE 133 II 450 E. 2.1 m.H.; BVGE 2008/17 E. 1),

dass der Beschwerdeführer nicht geltend macht, gegen ihn sei eine individuell-konkrete Anordnung bzw. Verfügung erlassen worden, sondern sich auf allgemeine Rügen betreffend die Covid-19-Verordnung 2 sowie Appelle betreffend das Epidemiengesetz beschränkt,

dass Verordnungen des Bundesrates, nicht selbstständig angefochten werden können, weil sie generell-abstrakte Regelungen enthalten, für welche die Verwaltungsrechtspflege im Verfahren nach VwVG bzw. VGG eine abstrakte Normenkontrolle nicht vorsieht (Urteil des BVGer C-1031/2012 vom 7. Mai 2014 E. 8.3 m.w.H.; Benjamin Schindler, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2019, N 24 zu Art. 49 VwvG sowie FN 146; André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. X, 2. Aufl. 2013, Rz. 2.14 sowie FN 47 m.w.H.),

dass es sich bei der COVID-19-Verordnung 2 um eine bundesrätliche Verordnung handelt, welche demzufolge beim Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nicht überprüft werden kann und sie, insoweit sie sich auf Art. 185 Abs. 3
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
BV als Notverordnung stützt, welche Massnahmen im Bereich der inneren und äusseren Sicherheit (z.B. Pandemien) vorsieht, auch einer akzessorischen Normenkontrolle grundsätzlich nicht zugänglich ist (vgl. zum Ganzen Urteil des BVGer C-1828/2020 vom 4. Mai 2020 E. 2.3 m.w.H.; daselbst Urteil BGer 2C_1280/2020 vom 15. April 2020 E. 2),

dass es nach dem Gesagten offensichtlich an einem zulässigen Anfechtungsobjekt und an der sachlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fehlt, weshalb im einzelrichterlichen Verfahren auf die Beschwerde vom 4. Mai 2020 nicht einzutreten ist (Art. 23 Abs. 1 Bst. b
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
VGG),

dass, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom 24. Juni 2020 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gutgeheissen hat, dem unterliegenden Beschwerdeführer keine Verfahrenskosten aufzuerlegen sind,

dass der obsiegende Bundesrat als Bundesbehörde keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung hat (Art. 64
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
VwVG und Art. 7 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
und 3
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VGKE) und somit keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

- den Bundesrat (Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:

Michael Peterli Barbara Camenzind

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist ist gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben worden ist (Art. 48 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
BGG).

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Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : C-2375/2020
Datum : 13. August 2020
Publiziert : 25. September 2020
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Krankheits- und Unfallbekämpfung
Gegenstand : Epidemiengesetz, Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) in der Fassung vom 16. April 2020; Entscheid angefochten beim BGer.


Gesetzesregister
BGG: 42  48  82
BV: 185
EpG: 7
SR 818.101 Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) - Epidemiengesetz
EpG Art. 7 Ausserordentliche Lage - Wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, kann der Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen Massnahmen anordnen.
VGG: 23  31
VGKE: 7
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
VwVG: 5  64
BGE Register
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