Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

5A 601/2013

Urteil vom 12. September 2013

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rouven Brigger,
Beschwerdeführer,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern,

Gegenstand
Fürsorgerische Unterbringung (Nichteintreten auf eine Fax-Eingabe),

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 22. Juli 2013.

Sachverhalt:

A.
Mit Entscheid vom 10. Juli 2013 trat die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern auf ein Gesuch von X.________ um Entlassung aus der fürsorgerischen Unterbringung nicht ein, da der Betroffene nicht an der Verhandlung erschien und ihm der nunmehr getroffene Entscheid für den Fall des Fernbleibens von der Verhandlung angedroht worden war.

B.
Mit Fax-Eingabe vom 16. Juli 2013, welche die "kopierte" Unterschrift von Rechtsanwalt Schönenberger trug, erhob der Verein Psychex im Namen von X.________ Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Entscheid und verlangte die sofortige Entlassung sowie die Bestellung eines Rechtsbeistands. Mit Verfügung vom 22. Juli 2013 trat das Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht (nachfolgend: Kindes- und Erwachsenenschutzgericht) auf die Beschwerde nicht ein zur Hauptsache mit der Begründung, Fax-Eingaben seien ungültig; der Verein Psychex sei bereits mehrere Male darauf hingewiesen worden. Im Übrigen verwies es auf die Begründung der KESB und bezeichnete diese als zutreffend.

C.
Mit Eingabe vom 22. August 2013 (Postaufgabe) gelangt X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Rouven Brigger, an das Bundesgericht. Er ersucht um Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung, eventuell um Rückweisung der Sache an die Vorinstanz sowie um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

D.
Rechtsanwalt Brigger hat auf Anordnung des Instruktionsrichters am 6. September 2013 eine von X.________ unterzeichnete aktuelle Vollmacht eingereicht.

E.
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
Der Verein Psychex, handelnd als Vertreter des Beschwerdeführers, hat am 16. Juli 2013 beim Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, per Fax eine gegen den Nichteintretensentscheid der KESB Bern vom 10. Juli 2013 gerichtete Beschwerde eingereicht. Dass die per Fax übermittelte Rechtsschrift gemäss Art. 32 des (bernischen) Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 (VRPG; BSG 155.21) formungültig ist, steht fest ( MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997 N 17 zu Art. 32
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 32 - 1 Wer zur Ausübung eines Rechtes sich darauf beruft, dass eine Person lebe oder gestorben sei oder zu einer bestimmten Zeit gelebt oder eine andere Person überlebt habe, hat hiefür den Beweis zu erbringen.
1    Wer zur Ausübung eines Rechtes sich darauf beruft, dass eine Person lebe oder gestorben sei oder zu einer bestimmten Zeit gelebt oder eine andere Person überlebt habe, hat hiefür den Beweis zu erbringen.
2    Kann nicht bewiesen werden, dass von mehreren gestorbenen Personen die eine die andere überlebt habe, so gelten sie als gleichzeitig gestorben.
) und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Da die 10-tägige Beschwerdefrist (Art. 450b Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 450b - 1 Die Beschwerdefrist beträgt dreissig Tage seit Mitteilung des Entscheids. Diese Frist gilt auch für beschwerdeberechtigte Personen, denen der Entscheid nicht mitgeteilt werden muss.
1    Die Beschwerdefrist beträgt dreissig Tage seit Mitteilung des Entscheids. Diese Frist gilt auch für beschwerdeberechtigte Personen, denen der Entscheid nicht mitgeteilt werden muss.
2    Bei einem Entscheid auf dem Gebiet der fürsorgerischen Unterbringung beträgt die Beschwerdefrist zehn Tage seit Mitteilung des Entscheids.
3    Wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
ZGB) am 16. Juli 2013 offensichtlich noch nicht abgelaufen war und es daher möglich gewesen wäre, den Formfehler noch innert der gesetzlichen Rechtsmittelfrist zu beheben, stellt sich indes die Frage, ob das Obergericht den Formmangel gestützt auf Art. 33 VRPG hätte abmahnen müssen (vgl. BGE 121 II 252 E. 4b). Es hat dies aber nicht getan und ist auf die Beschwerde nicht eingetreten mit der Begründung, der Verein Psychex sei bereits mehrere Male auf die Ungültigkeit von Fax-Eingaben hingewiesen worden. Letzteres bestreitet der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht.
Mithin hat sein Vertreter im vorinstanzlichen Verfahren, der Verein Psychex, wider besseren Wissens eine formungültige Beschwerde eingereicht. Gemäss dem für die gesamte Rechtsordnung geltenden Art. 2 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB findet der offenbare Rechtsmissbrauch eines Rechts keinen Rechtsschutz. Wer sich nach mehrmaliger Belehrung uneinsichtig zeigt, ohne Not für seine Rechtsschrift eine unzulässige Form wählt und sich anschliessend darüber beklagt, dass ihm keine Gelegenheit zur Verbesserung eingeräumt worden sei, handelt offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Damit ist die Beschwerde abzuweisen.

2.
Hält die angefochtene Verfügung aufgrund ihrer Hauptbegründung vor Bundesrecht stand, erübrigen sich Ausführungen zur zweiten Begründung. Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Den Umständen des konkreten Falles entsprechend werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, zumal sich die Beschwerde als von vornherein aussichtslos erwiesen hat (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Zivilabteilung, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. September 2013

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 5A_601/2013
Date : 12. September 2013
Published : 30. September 2013
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Familienrecht
Subject : Fürsorgerische Unterbringung; Nichteintreten auf Fax-Eingabe)


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BGG: 64  66
ZGB: 2  32  450b
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121-II-252
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