Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 339/2012
Urteil vom 11. Oktober 2012
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Faga.
Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Revision,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 8. März 2012.
Sachverhalt:
A.
Das Amtsstatthalteramt Luzern sprach X.________ mit Strafverfügung vom 14. Dezember 2009 der mehrfachen Tätlichkeiten, der mehrfachen Drohung, des geringfügigen Diebstahls, des Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, des Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen sowie der Freiheitsberaubung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 100.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie mit einer Busse in der Höhe von Fr. 600.--.
Am 5. März 2010 wurde X.________ durch das Amtsstatthalteramt Hochdorf wegen mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, mehrfacher Drohung und mehrfacher Missachtung amtlicher Verfügungen mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 100.-- bei einer Probezeit von fünf Jahren sowie mit einer Busse in der Höhe von Fr. 1'000.-- bestraft.
B.
X.________ gelangte betreffend die beiden rechtskräftigen Verurteilungen am 1. Februar 2011 mit zwei Revisionsbegehren an das Obergericht des Kantons Luzern. Dieses trat am 16. Februar 2011 auf die Gesuche mangels sachlicher Zuständigkeit nicht ein und überwies sie an die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Kriens respektive an die Abteilung 2 Emmen. Am 15. März 2011 reichte X.________ bei den genannten Staatsanwaltschaften wiederum zwei Revisionsgesuche in der nämlichen Sache ein.
Nach Vereinigung beider Verfahren wies die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen am 18. November 2011 die Revisionsgesuche ab.
Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte am 8. März 2012 in Abweisung des Rekurses von X.________ den Entscheid der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern sei aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei die Nichtigkeit der Strafverfügungen vom 14. Dezember 2009 und 5. März 2010 festzustellen. Schliesslich sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.
Erwägungen:
1.
1.1 Der Beschwerdeführer macht betreffend die Strafverfügungen vom 14. Dezember 2009 und 5. März 2010 im Wesentlichen geltend, diese litten an einem schwerwiegenden, leicht erkennbaren Mangel und seien nichtig. Seine Schuldfähigkeit sei nicht überprüft worden, obwohl dies nach der Aktenlage geboten gewesen wäre. Im Untersuchungsverfahren sei mehrmals erwähnt worden, dass er möglicherweise psychisch krank sei (Beschwerde S. 5 ff.).
1.2
1.2.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind fehlerhafte Entscheide im Sinne der Evidenztheorie nichtig, wenn sie mit einem tiefgreifenden und wesentlichen Mangel behaftet sind, wenn dieser schwerwiegende Mangel offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge. Erforderlich ist hierzu ein ausserordentlich schwerwiegender Mangel. Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht (wie beispielsweise der Umstand, dass der Betroffene keine Gelegenheit hatte, am Verfahren teilzunehmen). Fehlt einem Entscheid in diesem Sinne jegliche Rechtsverbindlichkeit, ist das durch jede Behörde, die mit der Sache befasst ist, jederzeit und von Amtes wegen zu beachten (BGE 137 I 273 E. 3.1 S. 275 f. mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung wurde im Strafrecht etwa bei der Prüfung der Rechtmässigkeit von Verfügungen beim Tatbestand des Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
Die Annahme absoluter Nichtigkeit eines Entscheids kommt nach Massgabe der Evidenztheorie nur bei besonders schweren Rechtsverletzungen und damit nur in krassen Ausnahmefällen in Betracht (Urteil 6S.4/2006 vom 26. Juni 2006 E. 3 mit Hinweisen).
1.2.2 Der Beschwerdeführer sieht insbesondere Art. 20
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
1.3 Der Beschwerdeführer hat in Anwesenheit seines früheren amtlichen Verteidigers die Einsprache gegen die Strafverfügung vom 14. Dezember 2009 zurückgezogen und die Verfügung vom 5. März 2010 angenommen. Diese Entscheide sind in Rechtskraft erwachsen (§ 133 und § 133bis des Gesetzes des Kantons Luzern vom 3. Juni 1957 über die Strafprozessordnung [StPO; SRL 305; aufgehoben per 1. Januar 2011]). Selbst wenn der Beschwerdeführer den sinngemässen Vorwurf zu Recht erhöbe, die Untersuchungsbehörde habe trotz Zweifel an seiner Schuldfähigkeit kein Gutachten in Auftrag gegeben (oder die Untersuchungsbehörde hätte ernsthaften Anlass zu Zweifeln haben müssen), läge keine besonders schwere Rechtsverletzung im obgenannten Sinne vor. Der behauptete Verfahrensfehler wiegt nicht derart schwer, dass er die Annahme der Nichtigkeit zu rechtfertigen und den fraglichen Strafverfügungen jegliche Rechtsverbindlichkeit abzusprechen vermöchte. Er wäre mithin im Rechtsmittelverfahren vorzubringen und zu beheben gewesen. Im Übrigen lässt sich nicht sagen, der behauptete Fehler sei offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar. Er geht aus den Strafverfügungen nicht hervor, und die Verfahrensakten sind dazu beizuziehen, was auch die Argumentation des
Beschwerdeführers offenbart (vgl. den Entscheid der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 18. November 2011 S. 9 f. mit Hinweis unter anderem auf ein forensisch-psychiatrisches Gutachten vom 29. September 2009). Von einer Nichtigkeit der genannten Strafverfügungen kann nicht gesprochen werden.
2.
2.1 Die Vorinstanz prüfte die im kantonalen Verfahren vorgebrachten Revisionsgründe. Sie gelangte zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer die Gesuche vom 1. Februar 2011 um Wiederaufnahme der Verfahren nicht innert gesetzlicher Frist eingereicht hat. Im Wesentlichen erwägt sie Folgendes:
Der Beschwerdeführer habe anlässlich einer untersuchungsrichterlichen Einvernahme vom 5. März 2010 seine Einsprache gegen die Strafverfügung vom 14. Dezember 2009 zurückgezogen und auf eine Einsprache gegen die Strafverfügung vom 5. März 2010 verzichtet. Er behaupte, die Strafverfügungen auf Grund einer Nötigung akzeptiert zu haben. Spätestens mit der Entlassung aus der Untersuchungshaft am 5. März 2010 habe die dreimonatige Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen. Ihm wäre es auch vom Ausland aus möglich gewesen, ein Revisionsgesuch einzureichen. Die erste Instanz, auf deren Erwägungen die Vorinstanz verweist, hält weiter fest, der Beschwerdeführer habe sich nach seiner Haftentlassung von Kanada aus mit seinem damaligen amtlichen Verteidiger in Verbindung gesetzt, um die gegen ihn verhängte Einreisesperre zu besprechen. Zusätzlich habe er beim Bundesamt für Migration vier Suspensionsverfügungen erwirkt. Habe der Beschwerdeführer gegen die Einreisesperre vorzugehen vermögen, so hätte er auch die behaupteten Revisionsgründe geltend machen können (Entscheid S. 8 f.; erstinstanzlicher Entscheid S. 5 f.).
Der Beschwerdeführer mache als neue Tatsache geltend, seit Jahren unter einer Depression zu leiden und deshalb in den Tatzeitpunkten schuldunfähig gewesen zu sein. Nach den zutreffenden Erwägungen der ersten Instanz sei die vorgebrachte Depression spätestens seit 12. Juli 2010 bekannt gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich laut eigenen Angaben ab 1. April 2010 bis zum 14. September 2010 in mehreren Kliniken aufgehalten, weshalb ihm seine Krankheit schon in dieser Zeitspanne habe bekannt sein müssen. Zudem habe Dr. med. D.________ am 12. Juli 2010 bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit mindestens drei Jahren an einer Depression leide. Die Vorinstanz legt dar, dass der Beschwerdeführer fähig gewesen sei, seine Rechte wahrzunehmen oder durch eine rechtliche Vertretung wahrnehmen zu lassen (Entscheid S. 9 f.; erstinstanzlicher Entscheid S. 6 f.).
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 385
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 397 Verfahren und Entscheid - 1 Die Beschwerde wird in einem schriftlichen Verfahren behandelt. |
|
1 | Die Beschwerde wird in einem schriftlichen Verfahren behandelt. |
2 | Heisst die Behörde die Beschwerde gut, so fällt sie einen neuen Entscheid oder hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist ihn zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück. |
3 | Heisst sie die Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung gut, so kann sie der Staatsanwaltschaft oder der Übertretungsstrafbehörde für den weiteren Gang des Verfahrens Weisungen erteilen. |
4 | Stellt sie eine Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung fest, so kann sie der betreffenden Behörde Weisungen erteilen und für deren Einhaltung Fristen setzen. |
5 | Die Beschwerdeinstanz entscheidet innerhalb von sechs Monaten.267 |
Gemäss Art. 453 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 453 Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällte Entscheide - 1 Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt. |
|
1 | Ist ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt. |
2 | Wird ein Verfahren von der Rechtsmittelinstanz oder vom Bundesgericht zur neuen Beurteilung zurückgewiesen, so ist neues Recht anwendbar. Die neue Beurteilung erfolgt durch die Behörde, die nach diesem Gesetz für den aufgehobenen Entscheid zuständig gewesen wäre. |
Nach § 255 Ziff. 1 aStPO/LU kann vom Verurteilten die Revision eines rechtskräftigen Urteils verlangt werden wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, sofern sie geeignet sind, einen Freispruch oder ein bedeutend milderes Urteil herbeizuführen. Inhaltlich stimmt diese Bestimmung mit Art. 385
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |
2.2.2 Unter Tatsachen sind Umstände zu verstehen, die im Rahmen des dem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Mit Beweismitteln wird der Nachweis von Tatsachen erbracht. Eine Meinung, eine persönliche Würdigung oder eine neue Rechtsauffassung vermag die Revision nicht zu rechtfertigen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.1 S. 66). Neue Tatsachen oder Beweismittel sind erheblich, wenn sie geeignet sind, die Beweisgrundlage des früheren Urteils so zu erschüttern, dass auf Grund des veränderten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (BGE 130 IV 72 E. 1 S. 73 mit Hinweisen).
2.2.3 Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (BGE 138 IV 13 E. 2 S. 15). Wird eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts gerügt, gelten qualifizierte Anforderungen an die Begründung. Eine solche Rüge prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Das bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
|
1 | Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
2 | Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. |
2.3 Die Vorinstanz subsumiert die vom Beschwerdeführer behauptete Nötigung unter § 255 Ziff. 1 aStPO/LU. Beim vorgebrachten Revisionsgrund ("revisio propter falsa") handelt es sich weitgehend um einen Sonderfall des Revisionsgrunds wegen neuer erheblicher Tatsachen und Beweismittel ("revisio propter nova"; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 102 Rz. 25 ff.). Die Anwendung von § 255 Ziff. 1 aStPO/LU wird vom Beschwerdeführer nicht beanstandet.
Die Vorinstanz erwägt unter Hinweis auf § 256 Abs. 2 aStPO/LU, das Revisionsgesuch sei innert einer dreimonatigen Frist seit der Entdeckung des Revisionsgrundes einzureichen. Diese Frist gelte entgegen der Marginalie "Revision im Kostenpunkt" für alle Revisionsgesuche (Entscheid S. 6). Davon geht auch der Beschwerdeführer aus (Beschwerde S. 8). Seiner Argumentation, wonach das Revisionsgesuch vom 1. Februar 2011 fristgerecht anhängig gemacht worden sei, kann nicht gefolgt werden.
2.3.1 Die Ausführungen unter dem Titel "Vorbemerkung" (Beschwerde S. 7) gehen an der Sache vorbei. Tatsachen im Sinne von § 255 Ziff. 1 aStPO/LU respektive Art. 385
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn: |
|
1 | Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn: |
a | neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen; |
b | der Entscheid mit einem späteren Strafentscheid, der den gleichen Sachverhalt betrifft, in unverträglichem Widerspruch steht; |
c | sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. |
2 | Die Revision wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 1950271 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) kann verlangt werden, wenn: |
a | der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat; |
b | eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und |
c | die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen. |
3 | Die Revision zugunsten der verurteilten Person kann auch nach Eintritt der Verjährung verlangt werden. |
4 | Beschränkt sich die Revision auf Zivilansprüche, so ist sie nur zulässig, wenn das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht eine Revision gestatten würde. |
2.3.2 Die Argumentation des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der behaupteten Nötigung (wonach er sich während der Untersuchungshaft unvertreten gefühlt habe, der heutigen Rechtsvertreterin keine Besuchserlaubnis erteilt worden sei etc.) tangiert die Frage, ob der Revisionsgrund innert Frist vorgebracht wurde, nicht in relevanter Weise. Es kann auf die vorinstanzlichen Entscheide verwiesen werden (Entscheid S. 8 f.; erstinstanzlicher Entscheid S. 5 f.). Der Beschwerdeführer behauptet sinngemäss, er habe die Frist gemäss § 256 Abs. 2 aStPO/LU nicht einhalten können. Ob eine unverschuldete Versäumnis vorliegt, ist zumindest zweifelhaft, braucht aber nicht geprüft zu werden. Der Beschwerdeführer rügt nicht, er habe im kantonalen Verfahren die Wiederherstellung der Frist zur Einreichung eines Revisionsgesuchs beantragt, was in willkürlicher Anwendung des kantonalen Prozessrechts abgelehnt worden sei (vgl. § 48 aStPO/LU; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O., § 43 Rz. 31). Er macht geltend, die Revisionsfrist beginne erst mit sicherer Kenntnis der neuen erheblichen Tatsache. Jedoch habe er "keine sichere Kenntnis über die Rechtslage in der Schweiz" gehabt, und ein Revisionsgrund sei "eine rechtliche Qualifikation, die nicht einfach so
festgestellt werden kann, sondern die Kontaktnahme mit einem Anwalt voraussetzt." Damit verkennt er wiederum den Begriff der erheblichen Tatsachen im Sinne von § 255 Ziff. 1 aStPO/LU respektive Art. 385
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |
2.3.3 Die weitschweifigen Ausführungen des Beschwerdeführers zur Depression als Revisionsgrund lassen über weite Strecken einen erkennbaren Zusammenhang mit der hier interessierenden (von der Vorinstanz verneinten) Frage der Fristwahrung vermissen. Was er unter Hinweis auf einen von ihm eingereichten Rekurs gegen eine Einstellungsverfügung vom 18. Oktober 2010 ableiten will, ist unerfindlich (vgl. den erstinstanzlichen Entscheid S. 5). Die Vorinstanz stellt fest, dass die Depression spätestens am 12. Juli 2010 dem Beschwerdeführer (gestützt auf das an seine Rechtsanwältin adressierte Schreiben von Dr. med. D.________) bekannt war. Das Bundesgericht ist grundsätzlich an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
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1 | Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |
2 | Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. |
3.
Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ihm im erst- und vorinstanzlichen Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Darauf ist nicht einzutreten. Die Vorinstanz verneint die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege und der amtlichen Verteidigung im Sinne von § 34 Abs. 4 aStPO/LU. Zum einen geht aus der Beschwerde nicht hervor, welche Norm als verletzt beanstandet wird. Zum andern rügt der Beschwerdeführer keine willkürliche Auslegung oder Anwendung kantonalen Rechts (Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
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1 | Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
2 | Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann. |
3 | Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. |
4 | Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
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1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Oktober 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Der Gerichtsschreiber: Faga