Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1B 376/2020

Urteil vom 11. September 2020

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Haag, Müller,
Gerichtsschreiber Kessler Coendet.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter,

gegen

Markus Gross,
Regionalgericht Berner Jura-Seeland,
Beschwerdegegner,

Amt für Justizvollzug des Kantons Bern, Bewährungs- und Vollzugsdienste,
Gerechtigkeitsgasse 36, Postfach, 3001 Bern.

Gegenstand
Strafverfahren; Ausstand,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen,
vom 16. Juni 2020 (BK 20 230).

Sachverhalt:

A.
Vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland wurde ein Verfahren betreffend Verlängerung der mit Urteil vom 28. Mai 2014 angeordneten stationären therapeutischen Behandlung von A.________ durchgeführt. Das Bundesgericht wies mit Urteil 1B 64/2020 vom 28. Februar 2020 eine von ihm erhobene Beschwerde gegen die Verlängerung der Sicherheitshaft ab, soweit es darauf eintrat. Am 4. Juni 2020 fand die Hauptverhandlung vor dem Regionalgericht statt. An dieser Verhandlung stellte der Rechtsanwalt von A.________ den Antrag, der verfahrensleitende Gerichtspräsident Markus Gross habe in den Ausstand zu treten. Nach Beratung über diesen Antrag beschloss das Gericht, bis zum Entscheid des für das Ausstandsgesuch zuständigen Obergerichts des Kantons Bern trete der abgelehnte Richter nicht in den Ausstand. Das Regionalgericht tagte weiter und beschloss am gleichen Tag die Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme. Mit Schreiben vom 8. Juni 2020 überwies Gerichtspräsident Gross das Ausstandsgesuch dem Obergericht und stellte Antrag auf Abweisung.

B.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2020 eröffnete die Verfahrensleitung am Obergericht das Ausstandsverfahren und sandte dem Rechtsvertreter von A.________ eine Kopie der Stellungnahme des Gerichtspräsidenten zur Kenntnisnahme zu. Am 16. Juni 2020 beschloss das Obergericht, auf das Ausstandsgesuch wegen verspäteter Erhebung nicht einzutreten.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 20. Juli 2020 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt, den angefochtenen Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf das Ausstandsgesuch einzutreten. Eventuell sei die Sache zur neuen Begründung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht namentlich eine Verletzung seines Replikrechtes durch die Vorinstanz geltend. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Gerichtspräsident Gross, das Obergericht und das Amt für Justizvollzug des Kantons Bern, Bewährungs- und Vollzugsdienste, verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein selbstständig eröffneter Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren in einer Strafsache, den die Vorinstanz als letzte und einzige kantonale Instanz gefällt hat. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
und Art. 92 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
BGG, Art. 80
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG i.V.m. Art. 59 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 59 Entscheid - 1 Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b-e abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren:22
1    Wird ein Ausstandsgrund nach Artikel 56 Buchstabe a oder f geltend gemacht oder widersetzt sich eine in einer Strafbehörde tätige Person einem Ausstandsgesuch einer Partei, das sich auf Artikel 56 Buchstaben b-e abstützt, so entscheidet ohne weiteres Beweisverfahren:22
a  die Staatsanwaltschaft, wenn die Polizei betroffen ist;
b  die Beschwerdeinstanz, wenn die Staatsanwaltschaft, die Übertretungsstrafbehörden oder die erstinstanzlichen Gerichte betroffen sind;
c  das Berufungsgericht, wenn die Beschwerdeinstanz oder einzelne Mitglieder des Berufungsgerichts betroffen sind;
d  das Bundesstrafgericht, wenn das gesamte Berufungsgericht eines Kantons betroffen ist.
2    Der Entscheid ergeht schriftlich und ist zu begründen.
3    Bis zum Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus.
4    Wird das Gesuch gutgeheissen, so gehen die Verfahrenskosten zu Lasten des Bundes beziehungsweise des Kantons. Wird es abgewiesen oder war es offensichtlich verspätet oder mutwillig, so gehen die Kosten zu Lasten der gesuchstellenden Person.
StPO). Der Beschwerdeführer ist gemäss Art. 81 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG zur Beschwerde befugt. Er hat nach wie vor ein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde, auch wenn das Regionalgericht bereits unter Mitwirkung des Beschwerdegegners entschieden hat, die stationäre therapeutische Behandlung des Beschwerdeführers zu verlängern. Nach Art. 60 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 60 Folgen der Verletzung von Ausstandsvorschriften - 1 Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 5 Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat.
1    Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert 5 Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat.
2    Beweise, die nicht wieder erhoben werden können, darf die Strafbehörde berücksichtigen.
3    Wird der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt, so gelten die Bestimmungen über die Revision.
StPO sind Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, aufzuheben und zu wiederholen, sofern dies eine Partei innert fünf Tagen verlangt, nachdem sie vom Entscheid über den Ausstand Kenntnis erhalten hat. Der Beschwerdeführer kann somit bei Gutheissung der Beschwerde die Aufhebung und Wiederholung von Amtshandlungen verlangen, an denen der Beschwerdegegner mitgewirkt hat (vgl. Urteil 1B 272/2016 vom 26. September 2016 E. 1 mit Hinweis). Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1. Gemäss Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK haben die Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör. Diese Garantie umfasst auch das Recht, von den beim Gericht eingereichten Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können (sog. Replikrecht: BGE 133 I 98 E. 2.1 S. 99). Das Replikrecht hängt nicht von der Entscheidrelevanz der Eingaben ab (BGE 138 I 154 E. 2.3.3 S. 157). Die Wahrnehmung des Replikrechts setzt voraus, dass die von den übrigen Verfahrensbeteiligten eingereichten Eingaben der Partei zugestellt werden (BGE 137 I 195 E. 2.3.1 S. 197). In Ausstandsverfahren steht das Replikrecht dem Gesuchsteller zu sämtlichen Stellungnahmen der Personen zu, deren Ausstand er beantragt hat (vgl. BGE 138 IV 222 E. 2.1 S. 224; Urteil 1B 272/2016 vom 26. September 2016 E. 2.2.1). Den Erwägungen des angefochtenen Entscheids lässt sich entnehmen, dass die Verfahrensleitung der Vorinstanz auf das Einholen einer Vernehmlassung zur Stellungnahme des Beschwerdegegners verzichtet hat. Dieses Vorgehen wahrte den Gehörsanspruch des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers nur dann, wenn ihm eine genügende Zeitspanne zur allfälligen Wahrnehmung des Replikrechts belassen wurde, bevor der angefochtene
Entscheid gefällt worden ist (vgl. BGE 138 I 484 E. 2.4 und 2.5 S. 487; Urteile 1B 233/2016 vom 27. Juli 2016 E. 2.1; 1B 272/2016 vom 26. September 2016 E. 2.2.2).

2.2. Welche Wartezeit ausreichend ist, hängt vom Einzelfall ab. Die Rechtsprechung bejaht in aller Regel eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn das Gericht "nur wenige Tage" nach der Mitteilung entscheidet (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.6 S. 199). In einer allgemeinen Formulierung hielt das Bundesgericht fest, dass jedenfalls vor Ablauf von zehn Tagen nicht, hingegen nach zwanzig Tagen von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgegangen werden dürfe (vgl. Urteil 1B 272/2016 vom 26. September 2016 E. 2.2.2 mit Hinweisen). Mit anderen Worten darf das Gericht vor Ablauf von zehn Tagen im Allgemeinen nicht von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgehen (vgl. Urteile 1B 214/2019 vom 25. Juni 2019 E. 2.1; 1B 340/2018 vom 18. Oktober 2018 E. 2.3; je mit Hinweisen). Bei Ausstandsverfahren in Haftfällen besteht grundsätzlich eine besondere Dringlichkeit. In solchen Fällen wäre es dem kantonalen Gericht zur Beschleunigung des Verfahrens unbenommen, den Parteien die Stellungnahme einer abgelehnten Gerichtsperson unter Ansetzung einer kurzen, nicht verlängerbaren Frist zur Vernehmlassung zuzustellen (vgl. Urteil 1B 272/2016 vom 26. September 2016 E. 2.2.3 mit Hinweis zum Replikrecht im Haftverfahren). Da die Vorinstanz die fragliche
Stellungnahme aber lediglich zur Kenntnisnahme zustellte, durfte sie nicht vor Ablauf von zehn Tagen von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgehen. Es kommt daher vorliegend nicht darauf an, ob beim betroffenen Ausstandsverfahren eine besondere Dringlichkeit gegeben ist.

2.3. Nach den Verfahrensakten ging die vom Obergericht übermittelte Stellungnahme des Beschwerdegegners am 11. Juni 2020 beim Rechtsanwalt des Beschwerdeführers ein. In der Beschwerde ans Bundesgericht wird vorgebracht, die Vorinstanz habe die Stellungnahme dem Beschwerdeführer am 9. und am 11. Juni 2020 zugestellt. Der angefochtene Entscheid des Obergerichts erging am 16. Juni 2020. Es spielt keine Rolle, ob von einer Kenntnisnahme bereits am 9. Juni 2020 ausgegangen werden kann. Selbst wenn das zuletzt genannte Datum als massgeblich betrachtet würde, hätte das Obergericht seinen Beschluss sieben Tage nach dem Eintreffen der Stellungnahme bzw. ihrer Kenntnisnahme durch den Betroffenen gefällt. Diese Zeitspanne ist im Sinne der dargelegten Rechtsprechung (vgl. oben E. 2.2) zu kurz, um einen Verzicht auf das Replikrecht annehmen zu dürfen.

2.4. Der angefochtene Entscheid verletzt somit den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör. Eine Heilung dieses Verfahrensmangels im bundesgerichtlichen Verfahren fällt nur schon deshalb ausser Betracht, weil das Bundesgericht jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht über volle Kognition verfügt (vgl. Art. 97
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
i.V.m. Art. 105
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Für eine Überprüfung des angefochtenen Nichteintretensentscheids bzw. der dabei umstrittenen Rechtzeitigkeit des Ausstandsbegehrens sind auch Sachverhaltsfragen von Bedeutung. Unter diesen Umständen erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers. Dieser dringt demzufolge mit seinem Eventualbegehren auf Rückweisung der Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs durch.

3.
Nach dem Gesagten ist d ie Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache ist zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Hingegen hat der Kanton Bern den obsiegenden Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 16. Juni 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Bern hat Rechtsanwalt Julian Burkhalter für das bundesgerichtliche Verfahren mit F r. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Amt für Justizvollzug des Kantons Bern, Bewährungs- und Vollzugsdienste, und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. September 2020

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Kneubühler

Der Gerichtsschreiber: Kessler Coendet
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Document : 1B_376/2020
Date : 11. September 2020
Published : 29. September 2020
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Zuständigkeitsfragen, Garantie des Wohnsitzrichters und des verfassungsmässigen Richters
Subject : Strafverfahren; Ausstand


Legislation register
BGG: 66  68  78  80  81  92  97  105
BV: 29
EMRK: 6
StPO: 59  60
BGE-register
133-I-98 • 137-I-195 • 138-I-154 • 138-I-484 • 138-IV-222
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