Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1B 131/2012
Urteil vom 11. Mai 2012
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Chaix,
Gerichtsschreiber Haag.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner,
gegen
1. Franz Bollinger, Oberrichter der I. Strafkammer, Obergericht des Kantons Zürich,
Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich,
2. Stefan Volken, Oberrichter der I. Strafkammer, Obergericht des Kantons Zürich,
Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich,
3. Claire Brenn, Ersatzoberrichterin der I. Strafkammer, Obergericht des Kantons Zürich,
Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich,
4. Tobias Brütsch, Gerichtsschreiber der
I. Strafkammer, Obergericht des Kantons Zürich,
Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Ausstand,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. Januar 2012 des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer.
Sachverhalt:
A.
X.________ wurde vom Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 13. Januar 2010 mehrerer Vermögensdelikte für schuldig befunden und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 17 Monaten und 15 Tagen verurteilt. Der Verurteilte gelangte gegen dieses Urteil mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses räumte dem amtlichen Verteidiger von X.________ eine Frist ein, um allfällige Beweisanträge zu stellen und zu begründen, worauf dieser mit Eingabe vom 14. Juni 2010 Beweisanträge stellte. In der Folge schrieb der Vorsitzende der I. Strafkammer des Obergerichts, Vizepräsident Peter Marti, am 29. Juni 2010 dem Verteidiger einen Brief, worin er eine Beurteilung der Sach- und Rechtslage abgab und den Verteidiger ersuchte, mit seinem Klienten ernsthaft einen Rückzug der Berufung wegen schlechter Erfolgsaussichten zu diskutieren. Der Verteidiger antwortete mit Schreiben vom 23. August 2010, dass an der Berufung festgehalten werde. Mit Schreiben vom 24. August 2010 teilte Oberrichter Marti dem Verteidiger mit, dass er die Aufrechterhaltung der Berufung zur Kenntnis nehme und am weiteren Verfahren nicht mitwirken werde.
Mit Eingabe vom 26. August 2010 stellte X.________ den Antrag, dass der Vorsitzende sowie sämtliche Mitglieder der I. Strafkammer des Obergerichts im Berufungsverfahren wegen des Anscheins der Befangenheit in den Ausstand zu treten haben. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder der I. Strafkammer gaben - mit Ausnahme von Oberrichter Marti - gewissenhafte Erklärungen ab, dass sie nicht befangen seien. Mit Beschluss vom 3. November 2010 bewilligte das Gesamtgericht des Obergerichts ohne Mitwirkung der Mitglieder der I. Strafkammer den Ausstand von Oberrichter Marti für das Berufungsverfahren. Das Ablehnungsbegehren gegen die übrigen Mitglieder und Ersatzmitglieder der I. Strafkammer wies es ab. Eine gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde in Strafsachen wies das Bundesgericht mit Urteil 1B 407/2010 vom 4. Mai 2011 (= BGE 137 I 227) ab, soweit darauf einzutreten war. Am 22. August 2011 gelangte X.________ gegen dieses Urteil des Bundesgerichts an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).
B.
Am 26. Juli 2011 setzte die I. Strafkammer des Obergerichts die Berufungsverhandlung neu auf den 3. Oktober 2011 fest. X.________ verlangte am 30. September 2011 den Ausstand wegen Befangenheit der konkret bekannten Gerichtsbesetzung (Oberrichter Bollinger, Volken und Brenn) sowie des namentlich nicht bekannten Gerichtsschreibers, worauf der Termin für die Berufungsverhandlung aufgehoben wurde. Die genannten Oberrichter und Gerichtsschreiber Brütsch gaben am 8. November 2011 die gewissenhafte Erklärung ab, sich nicht befangen zu fühlen und beantragten die Abweisung des Ausstandsbegehrens. Nach Durchführung eines Schriftenwechsels wies die II. Strafkammer des Obergerichts das Ausstandsbegehren mit Beschluss vom 26. Januar 2012 ab.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht vom 5. März 2012 beantragt X.________, der Beschluss der II. Strafkammer des Obergerichts vom 26. Januar 2012 sei aufzuheben. Weiter verlangt er den Ausstand der Mitglieder der I. Strafkammer des Obergerichts Oberrichter Bollinger, Volken und Brenn wegen des Anscheins der Befangenheit. Er rügt die Verletzung des Anspruchs auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht (Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
|
1 | Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
2 | Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen. |
3 | Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
|
a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
|
1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
Die II. Strafkammer des Obergerichts verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die vom Ausstandsbegehren betroffenen Mitglieder der I. Strafkammer haben sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen:
1.
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen selbstständig eröffneten, kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid über den Ausstand von Mitgliedern der I. Strafkammer des Obergerichts in einem strafrechtlichen Berufungsverfahren (Art. 92
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig. |
|
1 | Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig. |
2 | Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen. |
|
1 | Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen. |
2 | Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über: |
a | Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind; |
b | den Vollzug von Strafen und Massnahmen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer: |
|
1 | Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer: |
a | vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und |
b | ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere: |
b1 | die beschuldigte Person, |
b2 | ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin, |
b3 | die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft, |
b4 | ... |
b5 | die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann, |
b6 | die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht, |
b7 | die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht. |
2 | Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56 |
3 | Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. |
2.
2.1 Nach Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
|
1 | Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
2 | Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen. |
3 | Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
|
a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
|
1 | Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt. |
2 | Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen. |
3 | Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken. Für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 137 I 227 E. 2.1 S. 229 mit Hinweisen).
Der Anschein der Befangenheit kann durch unterschiedlichste Umstände und Gegebenheiten erweckt werden. Dazu können nach der Rechtsprechung insbesondere vor oder während eines Prozesses abgegebene Äusserungen eines Richters zählen, die den Schluss zulassen, dass sich dieser bereits eine feste Meinung über den Ausgang des Verfahrens gebildet hat (BGE 137 I 227 E. 2.1 S. 229 mit Hinweisen).
Der Ausstand von Richtern steht indessen nicht in der freien Disposition der Parteien. Es geht immer auch um das öffentliche Interesse an der verfassungskonformen Zusammensetzung des Gerichts. Der Ausstand im Einzelfall ist im Lichte des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter zu prüfen. Er muss die Ausnahme bleiben, damit die regelhafte Zuständigkeitsordnung der Gerichte nicht illusorisch und die Garantie des verfassungsmässigen Richters nicht von dieser Seite her ausgehöhlt wird (BGE 116 Ia 32 E. 3b/bb S. 40; 115 Ia 172 E. 4 S. 176; 112 Ia 290 E. 3a S. 293 und E. 5e S. 303 f.; Urteil des Bundesgerichts 4A 147/2008 vom 26. Mai 2008 E. 2.2; REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, S. 87).
2.2 Das Obergericht verneinte den Anschein der Befangenheit der betroffenen Mitglieder der I. Strafkammer aus folgenden Gründen:
2.2.1 § 167 Abs. 1 des kantonalen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 verpflichte die Gerichte, alle Eingaben und Akten in der Reihenfolge ihres Eingangs in ein Aktenverzeichnis einzutragen. Diese Aktenführungspflicht sei das Gegenstück zum Akteneinsichts- und Beweisführungsrecht der Parteien. Das Schreiben von Oberrichter Marti vom 29. Juni 2010, das zu dessen Ausstand im Berufungsverfahren führte (vgl. BGE 137 I 227 E. 22 S. 230), der entsprechende Beschluss des Gesamtobergerichts vom 3. November 2010 (vgl. BGE 137 I 227 lit. A S. 228) und das Urteil des Bundesgerichts 1B 407/2010 vom 4. Mai 2011 (= BGE 137 I 227) seien in die Berufungsakten aufgenommen worden, weil es sich nicht um Akten eines anderen Verfahrens handle, sondern um Bestandteile dieses Berufungsverfahrens. Die I. Strafkammer sei lediglich ihrer Pflicht nachgekommen, alle Dokumente, die zur Sache gehörten, zu den Akten zu legen, ohne dadurch die am Berufungsverfahren mitwirkenden Gerichtspersonen beeinflussen zu wollen.
2.2.2 Eine Beeinflussung des Spruchkörpers durch das Schreiben von Oberrichter Marti vom 29. Juni 2010 sei sodann nicht ersichtlich. Auch wenn es sich dabei um die Meinung des Kammerpräsidenten handle, fühlten sich die anderen Mitglieder der Kammer daran nicht gebunden. Das Bundesgericht habe die Kritik des Beschwerdeführers bereits in BGE 137 I 227 E. 2.3-2.5 entkräftet, und es lägen auch im vorliegenden Verfahren keine Hinweise vor, dass die im Berufungsverfahren mitwirkenden Gerichtspersonen sich nicht eine eigene, unabhängige Meinung bilden würden.
2.2.3 Auch der Umstand, dass Oberrichter Bollinger im Rahmen des bundesgerichtlichen Verfahrens, welches zum BGE 137 I 227 führte, den Standpunkt der I. Strafkammer des Obergerichts vertreten habe, liessen diesen nicht als befangen erscheinen. Es sei in diesem Verfahren lediglich um die Ausstandsfragen gegangen, nicht jedoch um die Ausführungen zur Sach- und Rechtslage im Schreiben von Oberrichter Marti vom 29. Juni 2010. Die anderen Mitglieder der I. Strafkammer hätten sich zu den im genannten Schreiben angesprochenen materiellen Fragen nicht geäussert und sich dazu auch noch nicht festgelegt. Sie seien nach den Ausstandsbegehren des Beschwerdeführers verpflichtet gewesen, am Ablehnungsverfahren teilzunehmen. Daraus ergebe sich kein Anschein der Befangenheit im Berufungsverfahren.
2.2.4 Schliesslich gehe der Beschwerdeführer auch von der falschen Annahme aus, dass die beiden beisitzenden Gerichtspersonen (Oberrichter Volken und Brenn) von den Oberrichtern Marti oder Bollinger eingesetzt worden seien. Das System für die Besetzung des Spruchkörpers sei bereits im bundesgerichtlichen Verfahren 1B 407/2010 detailliert beschrieben und vom Bundesgericht unter den Gesichtspunkt der Befangenheit akzeptiert worden (BGE 137 I 227 E. 2.5 S. 231). An diesem Auswahlsystem habe sich nichts geändert, weshalb auch kein Anschein der Befangenheit der ausgewählten Gerichtspersonen vorliege.
2.3 Der Beschwerdeführer stützt sich im vorliegenden bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Wesentlichen auf dieselben Argumente, die er dem Obergericht vorgetragen hat. Diese sind indessen nicht geeignet, den Anschein der Befangenheit der abgelehnten Gerichtspersonen oder einen Verstoss gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren zu begründen. Die Auseinandersetzung, welche zu BGE 137 I 227 führte, betrifft das hängige Berufungsverfahren, und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich die daran mitwirkenden Richter an die frühere Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den nunmehr in Ausstand getretenen Oberrichter Marti gebunden fühlen sollten. Die vom Beschwerdeführer verlangte separate Archivierung der Akten betreffend die Ausstandsfrage erscheint unter den vorliegenden Umständen jedenfalls nicht geboten. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass die Mitglieder der I. Strafkammer, die sich im ersten Ausstandsverfahren gegen sie im bundesgerichtlichen Verfahren ausführlich zur Ausstandsfrage äusserten, deswegen im Berufungsverfahren befangen sein sollten. Sie waren berechtigt, zur damaligen Beschwerde Stellung zu nehmen und haben sich dabei auf die Ausstandsfrage beschränkt. Daraus kann nicht abgeleitet werden, es bestehe
der Anschein der Befangenheit in Bezug auf die materielle Beurteilung der Berufung. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen seine bereits im bundesgerichtlichen Verfahren 1B 407/2010 erhobene Kritik erneuert, kann diesbezüglich mit der Vorinstanz auf die Ausführungen in BGE 137 I 227 verwiesen werden. Die Erörterungen des Beschwerdeführers führen in Bezug auf die vorliegende Streitsache zu keiner anderen Beurteilung.
3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
|
1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
|
1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 11. Mai 2012
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Haag