Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C 66/2017 {T 0/2}
Urteil vom 11. April 2017
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.
Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,
gegen
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Leo Sigg,
c/o Procap für Menschen mit Handicap,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 9. Januar 2017.
In Erwägung,
dass die Beschwerdeführerin den Anspruch auf eine Invalidenrente des als selbständiger Bäcker erwerbstätig gewesenen, nach Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch 50 % arbeitsfähigen Beschwerdegegners deshalb verneinte, weil die Gegenüberstellung eines Valideneinkommens von Fr. 39'306.- (ermittelt aufgrund der Einträge im Individuellen Konto/IK) und eines Invalideneinkommens von Fr. 27'799.- anhand lohnstatistischer Angaben bei einem gewährten Abzug von 10 % einen Invaliditätsgrad von 29 % ergab (Verfügung vom 20. November 2014),
dass das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die hiegegen erhobene Beschwerde guthiess, die Verfügung vom 20. November 2014 aufhob und dem Versicherten mit Wirkung ab 1. Juli 2013 eine halbe Invalidenrente zusprach, weil im Rahmen eines Prozentvergleichs bei hälftiger Arbeitsunfähigkeit und auf 15 % erhöhtem Abzug ein Invaliditätsgrad von 58 % resultierte (Entscheid vom 9. Januar 2017),
dass die IV-Stelle diesen Entscheid mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegen an das Bundesgericht weiterzieht, wobei der Antrag auf dessen Aufhebung und Bestätigung der Verfügung vom 20. November 2014 lautet,
dass der Beschwerdegegner und die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde schliessen, währenddem sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht hat vernehmen lassen,
dass sich im angefochtenen Entscheid die für die Beurteilung des streitigen Rentenanspruches einschlägigen Gesetzesbestimmungen und Grundsätze gemäss der Rechtsprechung zutreffend dargelegt finden und sich Weiterungen erübrigen, weil einzig die Rechtsfrage (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
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a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
dass das kantonale Gericht die Massgeblichkeit der vom seit 1985 als selbständiger Bäcker/Konditor erwerbstätig gewesenen Versicherten erzielten und im Individuellen Konto (IK) verbuchten Einkünfte allein deswegen verwarf, weil diese ab 1991 mit Ausnahme von 2001, 2006 und 2008 "kontinuierlich gegenüber dem jeweiligen Vorjahresverdienst" abgenommen hatten; die "erheblich schwankenden Einkommenseinträge" seien "massgebend von konjunkturellen und anderen zufälligen Einflüssen geprägt" gewesen, weshalb die im IK "eingetragenen Einkommen kein Indiz für die Erwerbsfähigkeit (...) auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu bilden" vermöchten,
dass diese Begründung allein schon deswegen Bundesrecht verletzt, weil sie die hypothetische Frage ausblendet - wie sie ständiger Rechtsprechung zu Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
dass der Fall des Beschwerdegegners sich vom Urteil I 559/04 vom 16. Februar 2005 betreffend Berücksichtigung der ausgeglichenen Arbeitsmarktlage auch seitens des Valideneinkommens (zitiert bei MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 3. Aufl. 2014, N. 138 zu Art. 28a
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 28a - 1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG211. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.212 |
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1 | Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG211. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.212 |
2 | Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung des Invaliditätsgrades in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen.213 |
3 | Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird der Invaliditätsgrad für diesen Teil nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird der Invaliditätsgrad für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt.214 In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen. |
dass der Umstand, dass die AHV-rechtlich abgerechneten Betriebsergebnisse im Sinne des wirtschaftlichen Erfolges der Einzelunternehmung auch durch konjunkturelle Faktoren wie die unterschiedliche Nachfrage nach den angebotenen Produkten usw. beeinflusst worden sind, nicht gegen deren Heranziehung im Rahmen der Invaliditätsbemessung spricht, weil letztlich jede (selbständige Erwerbstätigkeit) konjunkturell geprägt ist,
dass, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, der Beschwerdegegner nach Lage der Akten und seinen Vorbringen weiterhin als Bäcker/Konditor tätig geblieben wäre und nichts dafür spricht, dass er hiebei erheblich höhere Einkünfte erzielt hätte,
dass die vom kantonalen Gericht zitierten Stellen aus der Botschaft zum IVG nichts an der geltenden Rechtsprechung zu Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
dass sich bei einem lege artis durchgeführten Einkommensvergleich ein Invaliditätsgrad von weniger als 40 % ergibt, wie aus der angefochtenen Verwaltungsverfügung und der Beschwerde ohne weiteres hervorgeht, weshalb sich Weiterungen erübrigen,
dass mit dem Urteil in der Hauptsache das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos wird,
dass der unterliegende Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. Januar 2017 wird aufgehoben und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 20. November 2014 bestätigt.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
3.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 11. April 2017
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl