Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess
{T 7}
H 44/05

Urteil vom 11. April 2005
IV. Kammer

Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin Hofer

Parteien
H.________, Gesuchstellerin,

gegen

Ausgleichskasse Basel-Stadt, Wettsteinplatz 1, 4058 Basel, Gesuchsgegnerin

(Urteil vom 24. Januar 2005)

Sachverhalt:
A.
Mit Verfügungen vom 17. November 2003 setzte die Ausgleichskasse Basel-Stadt die Sozialversicherungsbeiträge von H.________ für die Jahre 1998 und 1999 fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 9. August 2004 ab. Gegen diesen Entscheid erhob H.________ am 25. Oktober 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Verfügung vom 3. November 2004 forderte das Eidgenössische Versicherungsgericht sie auf, ihre Eingabe, welche Ausführungen ungebührlichen Inhalts enthielt, zu verbessern, welcher Aufforderung sie am 20. November 2004 nachkam. Am 30. November 2004 ersuchte sie der Präsident des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, innert 14 Tagen nach Erhalt des Schreibens einen Kostenvorschuss von Fr. 900.- zu leisten. Für den Fall der Fristversäumnis wurde Nichteintreten auf die Rechtsvorkehr angedroht. Da der Kostenvorschuss nicht bezahlt wurde, trat das Gericht mit Urteil vom 24. Januar 2005 auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein.
B.
Mit Eingabe vom 11. Februar 2005 stellte H.________ das Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses von Fr. 900.-. Zur Begründung führt sie aus, sie habe am 28. November 2004 nach Venezuela reisen müssen, da ihre Mutter schwer erkrankt sei. Bei ihrer Rückkehr in die Schweiz am 9. Februar 2005 habe sie im Briefkasten zwei Abholungseinladungen vorgefunden, wobei die erste Sendung bereits am 8. Dezember 2004 retourniert worden sei und für die zweite die Frist noch bis 11. Februar 2005 gelaufen sei. Da sie im erstinstanzlichen Verfahren keinen Kostenvorschuss habe leisten müssen und in der Verfügung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 3. November 2004 von einem Kostenvorschuss nicht die Rede gewesen sei, habe sie nicht mit einem solchen rechnen müssen.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung einer Frist kann nur dann erteilt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln, und binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses unter Angabe desselben die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 35 Abs. 1 OG).
1.2 Art. 35 OG lässt die Wiederherstellung ganz allgemein "gegen die Folgen der Versäumung einer Frist" zu. Zu diesen Folgen gehört gegebenenfalls auch die wegen der Versäumung der Frist erfolgte Erledigung des Prozesses. Wiederherstellung kann also auch dann verlangt werden, wenn der Prozess bereits abgeschlossen ist; sie führt in diesem Fall zur Aufhebung des Erledigungsentscheides. Daran ändert nichts, dass gemäss Art. 38 in Verbindung mit Art. 135 OG die Entscheidungen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts mit der Ausfällung rechtskräftig werden. Rechtskräftige Bundesgerichtsentscheide können nicht nur im Revisionsverfahren nach Art. 136 ff . OG, sondern auch im Verfahren der Fristwiederherstellung gemäss Art. 35 OG aufgehoben werden (BGE 85 II 147). Auch ein Nichteintretensentscheid wegen Nichtbezahlung des Kostenvorschusses ist Folge der Versäumung einer Frist, gegen welche unter den Voraussetzungen von Art. 35 OG Wiederherstellung gewährt werden kann (Urteil H. vom 10. Februar 1995, 6P.2/1995).
2.
Die Gesuchstellerin hat die versäumte Rechtshandlung (Zahlung des Kostenvorschusses für das Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren H 203/04) nicht binnen zehn Tagen seit Wegfall des von ihr behaupteten Hindernisses nachgeholt, sondern die Ansetzung einer neuen Zahlungsfrist verlangt. Eine solche kann indessen nicht gewährt werden, weil es an einem unverschuldeten Hindernis im Sinne von Art. 35 Abs. 1 OG fehlt.
2.1 Das Gesetz lässt die Wiederherstellung nur zu, wenn der Partei kein Vorwurf gemacht werden kann (BGE 112 V 255 Erw. 2a). Entschuldbare Gründe liegen nur vor, wenn die säumige Person aus hinreichenden, objektiven oder subjektiven Gründen davon abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln oder eine Vertretung zu bestellen und wenn ihr auch keine Nachlässigkeit vorzuwerfen ist. Es muss sich um Gründe von einigem Gewicht handeln (Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum bernischen VRPG, Bern 1997, N 9 zu Art. 43 VRPG). Schwere Erkrankung oder Unfall können ein unverschuldetes, zur Wiederherstellung führendes Hindernis sein, wenn der Rechtsuchende durch sie davon abgehalten wird, selber innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen (BGE 112 V 255 Erw. 2a). Schwierigkeiten bei der Postzustellung wegen eines Auslandaufenthaltes genügen hingegen praxisgemäss für sich allein in der Regel nicht, um ein unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 35 Abs. 1 OG darzutun (Pra 2002 Nr. 187 S. 1001). Anders kann es sich verhalten, wenn jemand durch einen im Ausland erlittenen Unfall davon abgehalten wird, die notwendigen Vorkehren zu treffen (vgl. BGE 108 V 109).
2.2 Die Gesuchstellerin musste entgegen ihren Vorbringen aufgrund der eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde und der daraufhin ergangenen Verfügung vom 3. November 2004, welche die Ungebührlichkeit betraf, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit weiteren Zustellungen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts rechnen. Sie hätte daher für die Zeit ihrer länger dauernden Abwesenheit vom bekanntgegebenen Adressort geeignete Vorkehren treffen müssen und namentlich eine Person beauftragen müssen, nötigenfalls während ihrer Abwesenheit für sie zu handeln (vgl. BGE 119 V 94 Erw. 4b/aa mit Hinweisen). Die schwere Erkrankung der Mutter in Venezuela konnte die Gesuchstellerin nicht daran hindern, vor ihrer Abreise eine Drittperson zu beauftragen und zu bevollmächtigen, eingeschriebene Postsendungen für sie entgegenzunehmen und weitere notwendige Vorkehren - wie beispielsweise ein Fristerstreckungsbegehren - in die Wege zu leiten. Dass die angefragten Rechtsanwälte offenbar das Mandat abgelehnt hatten, durfte die Gesuchstellerin nicht davon abhalten, eine andere geeignete Person zu bestimmen.
2.3 Die von der Gesuchstellerin genannten Umstände stellen somit kein unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 35 Abs. 1 OG dar. Das Gesuch, ihr in analoger Anwendung von Art. 35 OG eine neue Zahlungsfrist anzusetzen, ist daher abzuweisen.
3.
Das Verfahren ist kostenpflichtig, weil nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, sondern ausschliesslich eine prozessrechtliche Frage zu beurteilen war (Art. 134 OG e contrario). Die Kosten sind von der unterliegenden Gesuchstellerin zu tragen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 135 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Gesuchstellerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 11. April 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : H_44/05
Date : 11. April 2005
Published : 29. April 2005
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Alters- und Hinterlassenenversicherung
Subject : Alters- und Hinterlassenenversicherung


Legislation register
OG: 35  38  134  135  136  156
BGE-register
108-V-109 • 112-V-255 • 119-V-89 • 85-II-145
Weitere Urteile ab 2000
6P.2/1995 • H_203/04 • H_44/05
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Pra
91 Nr. 187