Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III
C-1573/2007

{T 0/2}

Urteil vom 11. September 2007
Mitwirkung:
Richterin Beutler (Vorsitz), Richter Trommer, Richter Imoberdorf (Kammerpräsident); Gerichtsschreiberin Kradolfer

A._______
Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz

betreffend
Reisedokumente für ausländische Personen

Sachverhalt:
A. Die aus Marokko stammende 42-jährige Beschwerdeführerin stellte am 16. September 2004 ein Asylgesuch in der Schweiz. Mit Verfügung vom 6. Oktober 2004 wurde dieses abgeschrieben, weil die Beschwerdeführerin am 21. September 2004 das Aufnahmezentrum verlassen hatte und am gleichen Tag via Zürich Flughafen nach Marokko zurückgekehrt war.
B. Am 11. August 2005 reiste die Beschwerdeführerin erneut in die Schweiz ein und stellte am 17. August 2005 ein zweites Asylgesuch. Anlässlich der Befragungen in der Empfangsstelle und beim Kanton gab sie an, dass ihr Mann im Jahre 2003 in Syrien Probleme mit dem Staat bekommen habe, was bei ihr einen Nervenzusammenbruch und Depressionen ausgelöst habe. Deshalb habe sie sich in Marokko in ärztliche Behandlung begeben. Da ihr Mann kurze Zeit später in der Schweiz ein Asylgesuch gestellt (Verfahren zur Zeit in zweiter Instanz hängig) und sie mit ihm habe zusammen sein wollen, sei sie im September 2004 auch in die Schweiz gekommen. Sie habe es jedoch in der Empfangsstelle nicht ausgehalten und sei wegen ihrer Depression freiwillig nach Marokko zurückgekehrt. Ein Zusammenleben mit ihrem Mann sei weder in Syrien noch in Marokko möglich. Deshalb sei sie erneut in die Schweiz eingereist.
Das Asylgesuch der Beschwerdeführerin ist nach wie vor beim Bundesamt für Migration hängig.
C. Am 9. Februar 2007 stellten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann den Antrag auf Erteilung je eines Identitätsausweises mit Rückreisevisum, um den erkrankten Schwiegervater der Beschwerdeführerin in Saudi-Arabien zu besuchen. Das Gesuch des Ehemannes wurde am 19. Februar 2007 gutgeheissen. Das Gesuch der Beschwerdeführerin hingegen wurde mit Verfügung vom 19. Februar 2007 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin gelte aufgrund des hängigen Asylgesuches zwar als schriftenlos, ein Identitätsausweis mit Rückreisevisum könne jedoch nur bei Vorliegen einer schweren Krankheit oder beim Tod von Familienangehörigen abgegeben werden. Der Schwiegervater gehöre nicht zum Kreis der in der Verordnung genannten Familienangehörigen, weshalb dem Gesuch um Ausstellung eines Identitätsausweises nicht stattzugeben sei.
D. Mit Beschwerde vom 27. Februar 2007 beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung der Verfügung vom 19. Februar 2007. Die Vorinstanz sei anzuweisen, ihr einen Identitätsausweises mit Rückreisevisum auszustellen. Im Weiteren seien ihr Kostenvorschuss und Verfahrenskosten zu erlassen. Zur Begründung bringt sie im Wesentlichen vor, dass zwar die Voraussetzung von Art. 5 Abs. 2 Bst. a der Verordnung über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen vom 27. Oktober 2004 (RDV, SR 143.5) nicht erfüllt sei (schwere Krankheit oder Tod eines Familienangehörigen), dass sie jedoch aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes nicht alleine in der Schweiz zurückbleiben könne. Sie sei aus medizinischen Gründen darauf angewiesen, ihren Mann begleiten zu können. In diesem Kontext könne die Reise mit ihrem Ehemann nach Saudi-Arabien durchaus als Erledigung einer wichtigen und unaufschiebbaren höchstpersönlichen Angelegenheit im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV interpretiert werden. Der Beschwerde beigelegt waren zwei Arztzeugnisse, ausgestellt von Dr. med. B._______ am 26. Februar 2007 bzw. von Dr. med. C._______ (undatiert).
E. Am 13. März 2007 reichte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung der Asyl-Organisation Zürich ein, wonach sie "gemäss den Richtlinien für nach Asylfürsorgeverordnung unterstützte Personen" unterstützt wird.
F. Mit Vernehmlassung vom 21. März 2007 beantragt die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Aus Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV könne die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten. Unter wichtigen und unaufschiebbaren höchstpersönlichen und damit vertretungsfeindlichen Angelegenheiten seien beispielsweise die Anmeldung eines Rentenanspruchs, der Abschluss eines Erbvertrages, das Ablegen beziehungsweise Abnehmen einer Prüfung oder die Einvernahme als Zeuge zu verstehen. Im Übrigen diene die genannte Bestimmung nicht als Auffangtatbestand für diejenigen Fälle, welche die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 Bst. a oder c RDV nicht erfüllten.
G. Mit Replik vom 17. April 2007 macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Aufzählung von Gründen in Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV nicht abschliessend sei; es könnten grundsätzlich weitere Sachverhalte darunter fallen. Weiter bringt sie vor, die Vorinstanz habe keine Güterabwägung vorgenommen zwischen dem öffentlichen Interesse der Asylbehörden, die Reise nicht zu bewilligen, und ihrem privaten Interesse, der Sorge um ihre Gesundheit. Sie macht geltend, dass nicht das Recht auf Bewegungsfreiheit, sondern das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit im Sinne von Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) betroffen sei. Bei der vorgesehenen Reise handle es sich somit um eine wichtige und unaufschiebbare höchstpersönliche Angelegenheit. Mit der Replik reichte die Beschwerdeführerin ein aktualisiertes Arztzeugnis von Dr. med. B._______, ausgestellt am 10. April 2007, zu den Akten.
H. Mit Verfügung vom 8. Juni 2007 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, sich dazu zu äussern, ob sie nach wie vor ein aktuelles Interesse am Verfahren habe, da ihrem Mann das Reisepapier mit Rückreisevisum inzwischen ausgestellt worden sei und er möglicherweise die Reise bereits angetreten habe. Mit Eingabe vom 18. Juni 2007 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie an der Beschwerde festhalte. Ihr Mann habe die Reise noch nicht angetreten und werde diese im Falle einer Abweisung der Beschwerde aus Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand auch nicht antreten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) Beschwerden gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 und Art. 34 VGG aufgeführten Behörden. Dazu gehören Verfügungen des Bundesamtes für Migration (BFM) betreffend Verweigerung der Ausstellung eines Identitätsausweises mit Rückreisevisum für schriftenlose Ausländer (Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG, SR 142.20] in Verbindung mit Art. 1 RDV).
1.2 Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
1.3 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin durch die angefochtene Verfügung berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Sie ist daher zur Beschwerde legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten (Art. 49 ff . VwVG).
2.
2.1 Gemäss Art. 5 Abs. 2 RDV wird einer schutzbedürftigen, vorläufig aufgenommenen oder asylsuchenden Person unter bestimmten, abschliessend aufgezählten Voraussetzungen ein Identitätsausweis mit Rückreisevisum ausgestellt. Dazu gehören schwere Krankheit oder Tod von Familienangehörigen (Bst. a), die Erledigung von wichtigen und unaufschiebbaren höchstpersönlichen Angelegenheiten (Bst. b) und grenzüberschreitende Schulausflüge (Bst. c). Als Familienangehörige im Sinne von Abs. 2 Bst. a gelten Eltern, Geschwister, Ehegatten und Kinder. Den Ehegatten gleichgestellt sind die eingetragenen Partnerinnen und Partner sowie die in dauernder eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebenden Personen (Art. 5 Abs. 3 RDV).
2.2 Die restriktive Regelung bezüglich der Ausstellung von Reisedokumenten an asylsuchende Personen leitet sich aus dem Grundgedanken des Instituts Asyl ab, bei dem davon ausgegangen wird, dass Personen in der Schweiz ein Asylgesuch stellen, um hier Schutz zu finden. Sie dürfen sich in aller Regel bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten (Art. 42 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]), die Möglichkeit von Auslandreisen besteht jedoch grundsätzlich nicht (vgl. Walter Stöckli, Asyl, in: Peter Uebersax/Peter Münch/Thomas Geiser/ Martin Arnold [Hrsg.], Ausländerrecht, Handbücher für die Anwaltspraxis Bd. 8, Basel 2002, Rz. 8.42). Zum anderen haben sich die Asylsuchenden den Schweizer Behörden zur Verfügung zu halten, so lange sie sich im Verfahren befinden (Art. 8 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 8 Mitwirkungspflicht - 1 Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
1    Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
a  ihre Identität offen legen;
b  Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben;
c  bei der Anhörung angeben, weshalb sie um Asyl nachsuchen;
d  allfällige Beweismittel vollständig bezeichnen und sie unverzüglich einreichen oder, soweit dies zumutbar erscheint, sich darum bemühen, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen;
e  bei der Erhebung der biometrischen Daten mitwirken;
f  sich einer vom SEM angeordneten medizinischen Untersuchung unterziehen (Art. 26a).
2    Von Asylsuchenden kann verlangt werden, für die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente in eine Amtssprache besorgt zu sein.
3    Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, sind verpflichtet, sich während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung zu halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde des Kantons oder der Gemeinde (kantonale Behörde) sofort mitteilen.
3bis    Personen, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen oder den Asylbehörden während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung stehen, verzichten damit auf eine Weiterführung des Verfahrens. Dasselbe gilt für Personen, die den Asylbehörden in einem Zentrum des Bundes ohne triftigen Grund während mehr als 5 Tagen nicht zur Verfügung stehen. Die Gesuche werden formlos abgeschrieben. Ein neues Gesuch kann frühestens nach drei Jahren deponiert werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195120.21
4    Nach Vorliegen eines vollziehbaren Wegweisungsentscheides sind die betroffenen Personen verpflichtet, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken.
AsylG).
3. Die Beschwerdeführerin ersuchte um die Ausstellung eines Identitätsausweises mit Rückreisevisum, um ihren Mann ins Ausland begleiten zu können, der seinen schwer kranken Vater besuchen möchte. Die Vorinstanz wies dieses Gesuch ab. In der angefochtenen Verfügung stellte die Vorinstanz zunächst fest, dass die Beschwerdeführerin als schriftenlos gelte, da sie sich im Asylverfahren befinde (Art. 7 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 8 Mitwirkungspflicht - 1 Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
1    Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
a  ihre Identität offen legen;
b  Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben;
c  bei der Anhörung angeben, weshalb sie um Asyl nachsuchen;
d  allfällige Beweismittel vollständig bezeichnen und sie unverzüglich einreichen oder, soweit dies zumutbar erscheint, sich darum bemühen, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen;
e  bei der Erhebung der biometrischen Daten mitwirken;
f  sich einer vom SEM angeordneten medizinischen Untersuchung unterziehen (Art. 26a).
2    Von Asylsuchenden kann verlangt werden, für die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente in eine Amtssprache besorgt zu sein.
3    Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, sind verpflichtet, sich während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung zu halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde des Kantons oder der Gemeinde (kantonale Behörde) sofort mitteilen.
3bis    Personen, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen oder den Asylbehörden während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung stehen, verzichten damit auf eine Weiterführung des Verfahrens. Dasselbe gilt für Personen, die den Asylbehörden in einem Zentrum des Bundes ohne triftigen Grund während mehr als 5 Tagen nicht zur Verfügung stehen. Die Gesuche werden formlos abgeschrieben. Ein neues Gesuch kann frühestens nach drei Jahren deponiert werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195120.21
4    Nach Vorliegen eines vollziehbaren Wegweisungsentscheides sind die betroffenen Personen verpflichtet, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken.
RDV). Der erkrankte Schwiegervater gehöre jedoch nicht zum abschliessend aufgeführten Kreis der Familienangehörigen (Art. 5 Abs. 2 Bst. a und Abs. 3 RDV). Deshalb sei das Gesuch abzuweisen.
3.1 Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 Bst. a RDV nicht erfüllt (zum Kreis der Familienangehörigen vgl. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1091/2006 vom 22. März 2007 S. 5 in fine). Hingegen macht sie geltend, Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV sei anwendbar: Die Reise sei für sie aufgrund der drohenden Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes sehr wichtig und angesichts der bewilligten Reise ihres Mannes, welche für April 2007 geplant sei, auch unaufschiebbar. Durch die Reise gemeinsam mit ihrem Mann könnte die Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes verhindert werden, weshalb es sich schliesslich auch um eine höchstpersönliche Angelegenheit handle.
3.2 Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV setzt entsprechend seinem Wortlaut voraus, dass die gesuchstellende Person im Ausland eine wichtige und unaufschiebbare höchstpersönliche Angelegenheit zu erledigen hat, wobei die genannten Kriterien kumulativ zu verstehen sind. Unter höchstpersönlichen und damit vertretungsfeindlichen, wichtigen und unaufschiebbaren Angelegenheiten sind beispielsweise die Anmeldung eines Rentenanspruchs, der Abschluss eines Erbvertrages, das Ablegen beziehungsweise Abnehmen einer Prüfung oder die Einvernahme als Zeuge zu verstehen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie zwangsläufig nur im Ausland und ausserdem nur von der gesuchstellenden Person selbst erledigt oder wahrgenommen werden können (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes C-1093/2006 vom 17. Juli 2007 E. 7). In den Weisungen des BFM zu Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt wird in Bezug auf Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV als weiterer Grund für die Ausstellung von Reisedokumenten die Teilnahme an Wahlen genannt. Dagegen würden Berufsreisen grundsätzlich nicht unter die gesetzlich vorgesehenen Abgabegründe fallen, unter Ausnahme allerdings von "Einzelfällen mit Härtefallcharakter", wo die Ausstellung eines Reisedokumentes im Zusammenhang mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit "denkbar" sei (vgl. www.bfm.admin.ch > Themen > rechtliche Grundlagen > Weisungen und Kreisschreiben > Weisungen und Erläuterungen: Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt, S. 251 ff., Ziff. 33, Stand Mai 2006). Auch wenn die Aufzählung der Abgabegründe im Rahmen der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, wie sie Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV enthält, nur eine beispielhafte ist, wird doch deutlich, dass die Voraussetzungen immer an eine Tätigkeit bzw. an die Erledigung einer Angelegenheit im Ausland anknüpfen, welche die gesuchstellende Person direkt betrifft und zwingenden Anlass gibt, dorthin zu reisen. Einen derartigen Grund vermag die Beschwerdeführerin nicht zu nennen. Sie räumt in ihrer Rechtsmitteleingabe denn auch ein, ihr Reisegrund werde vom Regelungsgehalt vom Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV nicht erfasst. Zweck des von ihr beantragten Reisepapiers ist nicht, einen bestimmten Ort im Ausland erreichen zu können, sondern das Zusammensein mit ihrem Mann. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, eine - auch nur vorübergehende - Trennung, verursacht durch die Verweigerung des Reisedokuments, habe eine gesundheitliche Beeinträchtigung zur Folge. Im Sinne einer Interessenabwägung gehe das sich aus Art. 10 Abs. 2 BV ergebende Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit dem öffentlichen Interesse an einer Verweigerung des Reisedokumentes vor.
3.3 Wie die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zurecht ausführte, dient die Bestimmung von Art. 5 Abs. 2 Bst. b RDV nicht als Auffangtatbestand für alle Fälle, welche die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 Bst. a oder c RDV nicht erfüllen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1098/ 2006 vom 14. Juni 2007 E. 3.2). Ob Buchstabe b von Art. 5 Abs. 2 RDV allenfalls dann herangezogen werden könnte, wenn ein eigentliches Abhängigkeitsverhältnis zu einer Person besteht, welche die Voraussetzungen für die Abgabe eines Reisedokumentes erfüllt (zu denken ist an die Situation eines Kleinkindes, das auch nicht vorübergehend von einer Drittperson betreut werden kann), und insofern Raum bestünde, auf die Rüge der Verletzung des Rechts auf körperliche und geistige Unversehrtheit im Sinne von Art. 10 Abs. 2 BV näher einzugehen, kann offen bleiben. Wie nachfolgend zu zeigen ist, erleidet die Beschwerdeführerin nämlich durch den Umstand, dass sie ihren Ehemann nicht nach Saudi-Arabien begleiten kann, keine relevante Beeinträchtigung ihrer körperlichen und geistigen Unversehrtheit.
4. Gemäss den eingereichten Arztzeugnissen ist die Beschwerdeführerin seit 2005 wegen Panikattacken, Angst und Depressionen regelmässig in ärztlicher Behandlung. Laut dem undatierten ärztlichen Zeugnis von Dr. C._______ ist sie "nicht im Stande, längere Zeit ohne Betreuungspersonen auszukommen." Auch das Zeugnis von Dr. B._______ vom 26. Februar 2007 hält fest, die Beschwerdeführerin könne "nicht für Wochen alleine bleiben." Eine Begleitung ihres Ehemannes wäre daher sinnvoll. Das aktualisierte Zeugnis vom 10. April 2007 spricht präzisierend von einer ängstlichen, abhängigen Persönlichkeitsstruktur (ICD-10 [International Classification of Deceases]: F60.6 und F60.7). Zur Behandlung der auftretenden Angstzustände und Depressionen erhält die Beschwerdeführerin Antidepressiva (Citalopram ecosol und Temesta). Weiter wird ausgeführt, dass sie bei spontan auftretenden Anfällen, die meistens nur wenige Minuten dauerten, ihren behandelnden Arzt oder ihren Ehemann, der in der Privatwirtschaft arbeite, aufsuche.
Aus den vorliegenden medizinischen Zeugnissen kann zwar geschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin mit psychischen Problemen zu kämpfen hat und medikamentös behandelt wird. Sie bedarf aber offensichtlich keiner dauernden Betreuung und kann sich ihren Alltag selbst gestalten. Es mag durchaus zutreffen, dass ihr der Ehemann - neben dem behandelnden Arzt - eine wichtige Stütze ist. Es ist aber nicht einzusehen, weshalb die erforderliche Betreuung nicht anderweitig sicher gestellt werden könnte. Selbst wenn der Ehemann, wie behauptet, ihre einzige Bezugsperson sein sollte, kann ihr zugemutet werden, dass sie sich an andere (Fach-)Personen oder Institutionen wendet, soweit sie - um die Zeit der Abwesenheit ihres Ehemannes zu überbrücken - auf Unterstützung angewiesen ist. In Zürich wohnhaft, hat sie zweifelsohne die Möglichkeit, Kontakte zu Landsleuten zu pflegen; zudem spricht sie fliessend französisch. Dazu kommt, dass von ihrem Ehemann erwartet werden kann, dass er bei der Planung seiner Reise - hinsichtlich Zeitpunkt und Dauer - auf den Gesundheitszustand seiner Partnerin Rücksicht nimmt. Der Zweck der Reise (Besuch des kranken Vaters in Saudi-Arabien) erfordert jedenfalls keine Abwesenheit während Wochen bzw. längerer Zeit, wie die ärztlichen Zeugnisse offenbar annehmen.
Damit ist davon auszugehen, dass - bei sorgfältiger Planung - die vorübergehende Trennung der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann keine gravierenden Auswirkungen bzw. keine übermässige Beeinträchtigung zur Folge hat. Auch wenn "verschiedene Hoheitsakte, die sich durchaus auf die persönliche Lebensgestaltung auswirken, [...] den Einzelnen zwar subjektiv stören oder sein subjektives Wohlbefinden beeinträchtigen [mögen], genügen [diese] von ihrer Wirkungsintensität her aber nicht, um unter den Schutzbereich der persönlichen Freiheit gefasst zu werden. Die Garantie schützt folglich nicht vor jeglichem physischen oder psychischen Missbehagen." (Regula Kiener/Walter Kälin, Grundrechte, Bern 2007, S. 128, mit Hinweisen). Gleiches gilt für das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit als Teilbereich des Rechts auf persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV.
5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Vorinstanz die Ausstellung eines Identitätsausweises mit Rückeisevisum zurecht verweigert hat. Die angefochtene Verfügung erweist sich damit als rechtmässig (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
6. In Anwendung von Art. 63 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 8 Mitwirkungspflicht - 1 Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
1    Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
a  ihre Identität offen legen;
b  Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben;
c  bei der Anhörung angeben, weshalb sie um Asyl nachsuchen;
d  allfällige Beweismittel vollständig bezeichnen und sie unverzüglich einreichen oder, soweit dies zumutbar erscheint, sich darum bemühen, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen;
e  bei der Erhebung der biometrischen Daten mitwirken;
f  sich einer vom SEM angeordneten medizinischen Untersuchung unterziehen (Art. 26a).
2    Von Asylsuchenden kann verlangt werden, für die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente in eine Amtssprache besorgt zu sein.
3    Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, sind verpflichtet, sich während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung zu halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde des Kantons oder der Gemeinde (kantonale Behörde) sofort mitteilen.
3bis    Personen, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen oder den Asylbehörden während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung stehen, verzichten damit auf eine Weiterführung des Verfahrens. Dasselbe gilt für Personen, die den Asylbehörden in einem Zentrum des Bundes ohne triftigen Grund während mehr als 5 Tagen nicht zur Verfügung stehen. Die Gesuche werden formlos abgeschrieben. Ein neues Gesuch kann frühestens nach drei Jahren deponiert werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195120.21
4    Nach Vorliegen eines vollziehbaren Wegweisungsentscheides sind die betroffenen Personen verpflichtet, bei der Beschaffung gültiger Reisepapiere mitzuwirken.
in fine VwVG in Verbindung mit Art. 6 Bst. b
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
des Regelements über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11. Dezember 2006 (VGKE, SR 173.320.2) ist auf die Auferlegung von Verfahrenskosten zu verzichten. Damit ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (Art. 65 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VwVG) gegenstandslos.

(Dispositiv S. 8)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
3. Dieses Urteil wird eröffnet:
- der Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. _____)

Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann innert dreissig Tagen seit Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
., 93 und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die Beweismittel sind, soweit sie die Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
BGG).

Der Kammerpräsident: Die Gerichtsschreiberin:

Antonio Imoberdorf Barbara Kradolfer

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Decision information   •   DEFRITEN
Document : C-1573/2007
Date : 11. September 2007
Published : 02. Oktober 2007
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Subject : Reisedokumente für ausländische Personen


Legislation register
ANAG: 20
AsylG: 8  42
BGG: 42  82
BV: 10
RDV: 1  5  7
VGG: 31  32  33  34  37
VGKE: 6
VwVG: 5  48  49  63  65
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rice • man • lower instance • federal administrational court • morocco • physical condition • saudi arabia • depression • [noenglish] • directive • costs of the proceedings • spouse • death • circle • petitioner • individual freedom • counterplea • asylum law • witness • duration
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BVGer
C-1091/2006 • C-1093/2006 • C-1573/2007