Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-1688/2020
Änd
Urteil vom11. Juni 2020
Richterin Contessina Theis (Vorsitz),
Besetzung Richterin Roswitha Petry, Richterin Nina Spälti Giannakitsas,
Gerichtsschreiberin Aglaja Schinzel.
A._______, geboren am (...),
Eritrea,
Gesuchsteller,
Parteien
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern.
Gegenstand Revision gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-6221/2019 vom 28. November 2019 / N (...).
Sachverhalt:
A.
Der Gesuchsteller suchte am 23. April 2015 in der Schweiz um Asyl nach.
B.
Mit Verfügung vom 16. September 2016 lehnte das SEM das Asylgesuch ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz und den Wegweisungsvollzug an.
C.
Mit Urteil D-6432/2016 vom 28. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen erhobene Beschwerde ab.
D.
Am 19. März 2019 stellte der Gesuchsteller beim SEM ein Wiedererwägungsgesuch, auf welches das SEM mit Verfügung vom 12. April 2019 nicht eintrat. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
E.
Mit Eingabe vom 8. November 2019 an das SEM machte der Gesuchsteller geltend, die Grundlagen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts
D-6432/2016 vom 28. November 2018 seien tatsachenwidrig und es sei ihm ein Anliegen, seine bisherigen Aussagen zu berichtigen, weshalb er um ein erneutes Gespräch ersuche.
F.
Mit Schreiben vom 13. November 2019 teilte das SEM dem Gesuchsteller mit, dass seine nicht näher substanziierte Eingabe vom 8. November 2019 nicht als neues Asylgesuch entgegengenommen werden könne. Dabei wies es das sinngemässe Ersuchen des Gesuchstellers um Ansetzung einer neuen Anhörung ab und setzte ihm Frist zur Einreichung einer näher begründeten schriftlichen Eingabe.
G.
Mit Eingabe vom 21. November 2019 an das SEM machte der Gesuchsteller unter Beilage von mehreren Dokumenten geltend, dass er im Asylverfahren nicht sein richtiges Alter angegeben habe und in Eritrea aus dem Militärdienst desertiert sei.
H.
Mit Schreiben vom 25. November 2019 überwies das SEM die Eingabe des Gesuchstellers vom 21. November 2019 zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht zur Behandlung als Revisionsgesuch.
I.
Mit Urteil D-6221/2019 vom 28. November 2019 trat das Bundesverwaltungsgericht auf das Revisionsgesuch nicht ein. Dabei stellte es fest, dass die vom Gesuchsteller eingereichten Dokumente vor dem Abschluss des Asylverfahrens entstanden seien und es dem Gesuchsteller zumutbar gewesen wäre beziehungsweise er im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dazu angehalten gewesen wäre, die Dokumente bereits im ordentlichen Asylverfahren einzureichen. Er habe diese jedoch bewusst nicht eingereicht, um sich einen Vorteil im Asylverfahren zu verschaffen, und somit aus nicht entschuldbaren Gründen gehandelt. Seine Vorbringen seien demnach als verspätet zu erachten.
J.
Mit Eingabe vom 10. März 2020 gelangte der Gesuchsteller erneut an das SEM und reichte zwei Fotografien ein. Dabei machte er geltend, dass er sich auf das Urteil vom 28. November 2019 beziehe und das SEM (recte: das BVGer) in diesem Urteil nicht auf seine Argumente eingegangen sei. Er habe nun endlich zwei Original-Fotografien beschaffen können, welche seine Teilnahme an der Militärschule in Eritrea beweisen würden. Er sei im Juni 2013 in Sawa in die Armee eingetreten, habe während drei Monaten Militärdienst geleistet und sei am 3. Oktober 2013 aus dem Dienst geflohen. Sobald er nach Eritrea zurückkehre, habe er eine Verfolgung und Bestrafung durch den eritreischen Staat zu befürchten. Er hoffe, dass auf sein Gesuch eingetreten und er zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werde.
K.
Mit Schreiben vom 24. März 2020 übermittelte das SEM dem Bundesverwaltungsgericht die Eingabe zuständigkeitshalber zur Behandlung als Revisionsgesuch.
L.
Am 25. März 2020 ordnete die Instruktionsrichterin einen superprovisorischen Vollzugsstopp an.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäss Art. 105


Der Gesuchsteller ersucht um Revision des Revisionsurteils des Bundesverwaltungsgerichts D-6221/2019 vom 28. November 2019 und macht geltend, mit den neu eingereichten Fotografien könne er seine Teilnahme an der Militärschule in Eritrea beweisen. Er macht damit das Vorliegen neuer erheblicher Beweismittel geltend. Gemäss vom Bundesverwaltungsgericht übernommener Praxis der Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) ist ein Gesuch um Revision eines Revisionsurteils nur zulässig, sofern diesem Revisionsurteil zugrundeliegende Verfahrensmängel gerügt werden. Werden dagegen in einem neuerlichen Revisionsgesuch neue Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, können sich diese allein auf den ursprünglichen Beschwerdeentscheid beziehen (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2002 Nr. 13 E. 4a). Soweit der Gesuchsteller geltend macht, es sei im Urteil vom 28. November 2019 nicht auf seine Argumente eingegangen worden, stellt dies lediglich appellatorische Kritik an diesem Urteil dar. Eine solche vermag jedoch nicht zur Revision eines Urteils zu führen. Ein weiterer Revisionsgrund (wie beispielsweise, dass einzelne Anträge unbeurteilt geblieben seien [Art. 121 Bst. c


1.2 Gemäss Art. 45





1.3 Das Revisionsgesuch ist ein ausserordentliches Rechtsmittel, das sich gegen einen rechtskräftigen Beschwerdeentscheid richtet. Wird das Gesuch gutgeheissen, beseitigt dies die Rechtkraft des angefochtenen Urteils, und die bereits entschiedene Streitsache ist neu zu beurteilen (vgl. Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, S. 303 Rz. 5.36).
1.4 Das Bundesverwaltungsgericht zieht auf Gesuch hin seine Urteile aus den in Art. 121




2.
2.1 Im Revisionsgesuch ist insbesondere der angerufene Revisionsgrund anzugeben und die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens im Sinne von Art. 124

2.2 Der Gesuchsteller reichte in seiner Eingabe zwei Fotografien ein mit der Begründung, er habe diese nun endlich aus Eritrea beschaffen können. Somit macht er den Revisionsgrund des nachträglichen Auffindens von Beweismitteln geltend (Art. 123 Abs. 2 Bst. a

2.3 Hinsichtlich des Revisionsgrunds des nachträglichen Auffindens von Beweismitteln zeigt der Gesuchsteller die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens nach Massgabe von Art. 124 Abs. 1 Bst. d




3.
3.1 Der Vollständigkeit halber ist zudem festzuhalten, dass die Revisionsvorbringen auch im Hinblick auf die früheren Asyl- und Revisionsverfahren als verspätet zu erachten und keine gültigen Revisionsgründe im Sinne von Art. 123 Abs. 2


3.2 Erhebliche Tatsachen beziehungsweise entscheidende Beweismittel bilden nur dann einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 123 Abs. 2 Bst. a


3.3 Vorliegend reichte der Gesuchsteller neue Beweismittel, namentlich Fotografien, ein, welche Ereignisse belegen sollen, die bereits lange Zeit vor Erlass dieses Urteils eingetreten sind (Tätigkeit des Gesuchstellers im eritreischen Militärdienst). Die neu eingereichten Beweismittel sind vor Abschluss des ordentlichen Asylverfahrens entstanden. Es ist nicht ersichtlich und wurde vom Gesuchsteller auch nicht dargelegt, weshalb es ihm nicht hätte möglich oder zumutbar sein sollen, die Fotografien bereits im ordentlichen Verfahren zu beschaffen und beizubringen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er die Dokumente bewusst nicht einreichte, um sich einen Vorteil im Asylverfahren zu verschaffen, womit er offensichtlich nicht aus entschuldbaren Gründen handelte. Angesichts dessen, dass die Revision nicht dazu dient, bisherige Unterlassungen in der Beweisführung wiedergutzumachen, sind die Revisionsvorbringen - nebst dem, dass bereits die formelle Rechtzeitigkeit gemäss Art. 45




3.4 Revisionsweise Vorbringen, die verspätet sind, können dennoch zum Eintreten auf das Revisionsgesuch und mittelbar zur Revision eines rechtskräftigen Urteils führen, wenn aufgrund dieser Vorbringen offensichtlich wird, dass dem Gesuchsteller Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung droht und damit ein völkerrechtliches Wegweisungshindernis besteht (vgl. BVGE 2013/22 E. 5.4 und 9.3.2, mit Hinweis auf EMARK 1995 Nr. 9). Der Gesuchsteller reichte zwei Fotografien ein, auf welchen zwei sehr junge Kinder abgebildet sind, von denen eines dem Gesuchsteller ähnlich sieht. Diese neuen Beweismittel vermögen eindeutig nicht zur Einschätzung führen, dass eine drohende Verfolgung oder menschenrechtswidrige Behandlung des Gesuchstellers offensichtlich wird. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem einen Jungen um den Gesuchsteller handelt, zeigen die Fotografien lediglich zwei Kinder im Freien. Die Bilder sind nicht geeignet, einen Aufenthalt in Sawa, geschweige denn die geltend gemachte Desertion aus dem Militärdienst zu belegen. Der Gesuchsteller konnte somit das Bestehen eines völkerrechtlichen Wegweisungshindernisses nicht glaubhaft machen.
4.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für das Eintreten auf das Revisionsgesuch vorliegend nicht erfüllt sind und das Gesuch als offensichtlich unzulässig zu qualifizieren ist, weshalb darauf nicht einzutreten ist.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten von Fr. 1'500.- dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 37




(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 1'500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Gesuchsteller, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Contessina Theis Aglaja Schinzel
Versand: