Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 354/2011

Urteil vom 10. Oktober 2011
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Koch.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Bosonnet,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Olga Gamma Ammann,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Vergewaltigung; Genugtuung; rechtliches Gehör, Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 15. März 2011.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Winterthur Unterland legt X.________ in der Anklageschrift vom 2. Juni 2010 zur Last, er habe Y.________ am 8. November 2009 um ca. 2.30 Uhr im Parkhaus des Bahnhofs Winterthur vergewaltigt. Zuvor habe er ihr zweimal Kokain zum Konsum angeboten. Mitte März 2010 habe er Y.________ zum Rückzug der Anzeige bewegen wollen, indem er ihr in der Bar A.________ in Winterthur einen bis zwei Finger Kokain offeriert habe. Über Dritte habe er ihr ausgerichtet, "es sei nicht mehr gut", falls sie nicht in diesen Vorschlag einwillige. Schliesslich habe er gegen das von den Strafverfolgungsbehörden verfügte Kontaktverbot zu Y.________ verstossen.

B.
Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte X.________ am 11. August 2010 wegen Vergewaltigung, versuchter Nötigung, mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten und zu einer Busse von Fr. 500.--. Es widerrief den mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2. April 2007 gewährten teilbedingten Strafvollzug für die Freiheitsstrafe von 28 Monaten und erklärte den vormals bedingten Strafteil von 16 Monaten als vollziehbar.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 15. März 2011 vom Vorwurf der versuchten Nötigung frei. Im Übrigen bestätigte es die erstinstanzlichen Schuldsprüche, soweit sie nicht schon in Rechtskraft erwachsen waren, die Strafzumessung und den Widerruf der Vorstrafe.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei betreffend den Vorwurf der Vergewaltigung aufzuheben, und die Sache sei zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der Vergewaltigung. Er rügt, die Vorinstanz verstosse gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 14 des internationalen Pakts über bürger-liche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (IPBPR; SR 0.103.2), den Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV. Die Vorinstanz habe seine Beweisanträge, ein Gutachten zu den Knieverletzungen von Y.________ (nachfolgend Beschwerdegegnerin genannt) einzuholen und die Originalfotos der Verletzungen sowie einen Bericht der Klinik Littenheid beizuziehen, zu Unrecht abgewiesen.

1.2 Nach Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Dazu gehört unter anderem das Recht auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen rechtserheblichen Beweismittel. Die Verfassungsgarantie steht einer vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht entgegen. Dem Sachgericht bleibt unbenommen, von beantragten Beweiserhebungen abzusehen, weil es seine Überzeugung bereits aus anderen Beweisen gewonnen hat und deshalb annimmt, dass weitere Beweisabnahmen nichts daran zu ändern vermöchten (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148 mit Hinweisen). Zudem hat jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte Anspruch darauf, bis zu dem im gesetzlichen Verfahren erbrachten Nachweis seiner Schuld als unschuldig zu gelten (Art. 14 Abs. 2 IPBPR).

2.
2.1 Im Einzelnen macht der Beschwerdeführer geltend, die Knieverletzungen der Beschwerdegegnerin liessen sich nicht mit ihren Aussagen vereinbaren. Daher müsse an ihrer Angabe, er habe sie vergewaltigt, gezweifelt werden. Ein Gutachten könne Aufschluss über den Tathergang sowie das Alter der Schürfwunden und Hämatome geben. Zudem seien die Fotokopien der Verletzungen von schlechter Qualität und stattdessen die Originalfotos beizuziehen. Mit diesen habe er ein Privatgutachten einholen wollen.

2.2 Die Schilderungen der Parteien stimmen insoweit überein, als es zu sexuellen Handlungen im Parkhaus gekommen ist. Der Beschwerdeführer behauptet, die Beschwerdegegnerin sei auf den Boden gekniet (angefochtenes Urteil S. 11) bzw. "auf den Boden gekommen" (angefochtenes Urteil S. 12), während sie angibt, er habe sie zu Boden geworfen (angefochtenes Urteil S. 15), und sie habe sich auf der Flucht weggedreht (angefochtenes Urteil S. 19). Die geringfügigen Schürfungen und Hämatome an den Knien der Beschwerdegegnerin lassen sich mit sämtlichen Schilderungen in Einklang bringen. Es braucht keine besonderen Fachkenntnisse, um zu wissen, dass sich jemand bei einem Sturz (Version der Beschwerdegegnerin), beim Knien oder Drehen auf einem Betonboden (Version des Beschwerdeführers) Schürfungen und Blutergüsse zuziehen kann. Insbesondere hat sich auch der Beschwerdeführer derartige Verletzungen zugezogen (angefochtenes Urteil S. 13). Entgegen seiner Auffassung ist ein Gutachten nicht geeignet, den Tathergang aufzuklären und den Vorwurf der Vergewaltigung zu beweisen oder zu widerlegen. Die Vorinstanz stellt für den Schuldspruch wegen Vergewaltigung nicht auf die Knieverletzungen der Beschwerdegegnerin, sondern auf eine umfassende Würdigung
der Aussagen beider Verfahrensbeteiligter und weiterer Zeugen ab (angefochtenes Urteil S. 8 bis S. 21). Sie durfte auf ein Gutachten und den Beizug der Originalfotos in antizipierter Beweiswürdigung verzichten, ohne die vom Beschwerdeführer angerufenen Rechte zu verletzen.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Bericht der Klinik Littenheid Informationen zum Vorfall vom 8. November 2009 enthalte. Damit hätte die Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen überprüft werden können. Ebenso wären Angaben zum Kokainkonsum und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit zu erwarten gewesen. Es sei willkürlich, den Beweisantrag mit Spekulationen über dessen Inhalt abzulehnen. Das Beweismittel sei nicht völlig ungeeignet, Widersprüche in den Aussagen der Beschwerdegegnerin zu klären.

3.2 Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage, welche durch methodische Analyse ihres Inhalts darauf überprüft wird, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben des Zeugen entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3 S. 45 mit Hinweisen). Gegenstand des vom Beschwerdeführer beantragten Berichts ist der Behandlungsverlauf und der Zustand der Beschwerdegegnerin bei Austritt aus der Klinik. Der Austrittsbericht eignet sich nicht, die generelle Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin als Person, welche für den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen ohnehin nicht entscheidend ist, infrage zu stellen.

3.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann aus dem beantragten Bericht nichts zur Glaubhaftigkeit der Aussagen abgeleitet werden, da er nicht auf eine umfassende Darstellung des Tatgeschehens abzielt. Eine Aussageanalyse lässt sich nur anhand der direkten wörtlichen Schilderung der Beschwerdegegnerin vornehmen (vgl. BENDER/NACK/TREUER, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 3. Aufl. 2007, N. 258, wonach eine wortwörtliche Protokollierung der Aussage für die Analyse entscheidend ist), welche unter Einhaltung der strafprozessualen Regeln (z.B. Verbot von Suggestivfragen, Belehrung als Zeugin) erfolgen muss. Angaben Dritter, welche oftmals eine Interpretation enthalten, reichen dazu nicht aus.

3.4 Es ist nicht ersichtlich, wieweit sich der Kokainkonsum der Beschwerdegegnerin auf ihre Fähigkeit ausgewirkt haben sollte, wahrheitsgemässe Angaben zu machen. Jedenfalls war sie am folgenden Tag in der Lage, gegenüber den Ermittlungsbehörden detaillierte Angaben zu den Geschehnissen zu machen, welche der Beschwerdeführer grösstenteils bestätigt (angefochtenes Urteil S. 15 mit Verweis auf das erstinstanzliche Urteil S. 7). Dieser macht auch nicht geltend, die Vorinstanz hätte ein Gutachten zur Wahrnehmungs- und Äusserungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin anordnen sollen. Insgesamt durfte die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung auf Einholung des Austrittsberichts der Klinik Littenheid verzichten, ohne die Verfahrensrechte des Beschwerdeführers zu verletzen.

4.
Nicht einzutreten ist auf die Rügen des Beschwerdeführers, soweit er die vorinstanzliche Beweiswürdigung kritisiert (Beschwerde S. 24 bis S. 26), ohne Willkür in der Sachverhaltsfeststellung näher zu begründen (vgl. zu den Begründungsanforderungen 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68 mit Hinweisen). Dies gilt für seine Vorbringen, die Beschwerdegegnerin hätte den einvernehmlichen Geschlechtsverkehr in der Bar B.________ nur zögerlich gestanden; es sei nicht möglich, dass er mit Finger und Penis in sie eingedrungen sei und ihr gleichzeitig den Mund zugehalten habe; sie schildere den Tatablauf unterschiedlich; eine Vergewaltigung könne nicht innert weniger Minuten stattfinden; die Begründung der Beschwerdegegnerin, weshalb sie mit ins Parkhaus gekommen sei, überzeuge nicht; sie habe bereits früher Vergewaltigungsvorwürfe gegen andere Personen erhoben. Er setzt sich in diesen Punkten nicht mit dem angefochtenen Urteil auseinander (vgl. angefochtenes Urteil S. 16 bis S. 20 mit Verweis auf das erstinstanzliche Urteil S. 7 ff.) und zeigt nicht auf, weshalb seine Argumente das Beweisergebnis als solches umstossen sollten.

5.
5.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die der Beschwerdegegnerin zugesprochene Genugtuung von Fr. 10'000.--. Es sei unbelegt, dass die Beschwerdegegnerin in psychiatrischer Behandlung gewesen sei und noch längere Zeit unter dem Geschehen zu leiden habe. Auf den Beizug eines Berichts der Klinik Littenheid habe zur Beurteilung des Genugtuungsanspruches nicht verzichtet werden dürfen. Es sei willkürlich, dass die Vorinstanz ihren Entscheid nicht auf hinreichende Belege abstütze. Sie habe die Schwere der Persönlichkeitsverletzung nicht genau geprüft und gewürdigt. Der Kausalzusammenhang zwischen der Persönlichkeitsverletzung und der Tathandlung sei nicht erwiesen.

5.2 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist (Art. 49 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR). Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene immaterielle Unbill bzw. erlittenes Unrecht. Bemessungskriterien sind, wie bei der Genugtuung für Körperverletzung und Tötung nach Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
OR, die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags (BGE 132 II 117 E. 2.2.2 S. 119 mit Hinweisen). Dem kantonalen Richter steht bei der Festsetzung der Höhe der Genugtuung ein weiter Ermessensspielraum zu (Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen.
ZGB). Das Bundesgericht schreitet nur ein, wenn der Sachrichter grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung ermittelten Bemessungsgrundsätzen abgewichen ist, wenn er Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen, oder wenn er andererseits Umstände ausser Betracht gelassen hat, die er in seinen Entscheid hätte mit
einbeziehen müssen. Es greift ausserdem ein, wenn die zugesprochene Genugtuung offensichtlich unbillig bzw. in stossender Weise ungerecht ist (BGE 132 II 117 E. 2.2.5 S. 121 mit Hinweis).

5.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen zur Tathandlung und zu den Umständen der Anzeigeerstattung, dass die Beschwerdegegnerin von den Ereignissen des Tatabends traumatisiert war. Sie betrat in aufgelöstem Zustand den Lift des Parkhauses, wo die Vergewaltigung stattgefunden hatte (angefochtenes Urteil S. 18 f.). Ihre Verfassung war unmittelbar nach der Tat derart offenkundig schlecht, dass Dritte die Polizei herbeiriefen (angefochtenes Urteil S. 8). Deshalb sowie wegen der Art der Tathandlungen ist es plausibel, dass sich die Beschwerdegegnerin in psychiatrische Behandlung begeben musste. Was genau Gegenstand dieser Behandlung ist, spielt unter den gegebenen Umständen keine Rolle. Die Vorinstanz durfte die seelische Unbill und den Kausalzusammenhang ohne den Bericht der Klinik bejahen. Die Höhe der Genugtuungssumme von Fr. 10'000.-- erscheint durch die gravierenden objektiven Umstände der Tathandlung gerechtfertigt und hält vor Bundesrecht stand (vgl. Urteil 6P.74/2004 vom 14. Dezember 2004 E. 11.2).

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist ebenfalls abzuweisen, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG). Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Seine angespannte finanzielle Situation ist bei der Bemessung der Gerichtskosten angemessen zu berücksichtigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Oktober 2011

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Koch
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 6B_354/2011
Datum : 10. Oktober 2011
Publiziert : 28. Oktober 2011
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Straftaten
Gegenstand : Vergewaltigung; Genugtuung; rechtliches Gehör, Willkür


Gesetzesregister
BGG: 64 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BV: 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
EMRK: 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OR: 47 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
ZGB: 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen.
BGE Register
132-II-117 • 133-I-33 • 134-I-140 • 136-I-65
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