Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 29/2008/sst
Urteil vom 10. September 2008
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Störi.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph J. Joller,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Zaehringenstrasse 1, 1702 Freiburg,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Versuchte Anstiftung zu Mord,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafappellationshof, vom 6. November 2007.
Sachverhalt:
A.
Das Bezirksstrafgericht der Saane verurteilte X.________ am 10. März 2006 wegen versuchter Anstiftung zum Mord zu 24 Monaten Gefängnis. Es hielt für erwiesen, dass er zwischen 1989 und 1991 versucht hatte, A.________ zu beauftragen, den Ehemann seiner Geliebten, B.________, umbringen zu lassen. Die Hauptverhandlung des Bezirksstrafgerichts fand in Abwesenheit des wegen Verhandlungsunfähigkeit dispensierten Angeklagten statt. Dieser wurde durch seinen Verteidiger vertreten, welcher die definitive Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mandanten beantragte.
X.________ legte gegen seine Verurteilung Berufung ein und beantragte, das Verfahren gegen ihn einzustellen, ihn eventuell freizusprechen oder subeventuell eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten auszufällen.
In teilweiser Gutheissung der Berufung bestätigte der Strafappellationshof des Kantonsgerichts Freiburg am 6. November 2007 das erstinstanzliche Urteil im Schuldpunkt und verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten. An der Hauptverhandlung vom gleichen Tag war der weiterhin verhandlungsunfähige X.________ durch seinen Verteidiger vertreten.
B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, dieses Urteil des Strafappellationshofs aufzuheben und das Strafverfahren gegen ihn einzustellen. Subsidiär sei er freizusprechen. Ausserdem ersucht er um eine angemessene Parteientschädigung.
Der Strafappellationshof verzichtet auf Vernehmlassung. Die Substitutin der Generalstaatsanwältin beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer war sowohl von der erst- als auch der zweitinstanzlichen Gerichtsverhandlung wegen Verhandlungsunfähigkeit dispensiert. Er ist der Auffassung, diese sei ein (in seinem Fall andauerndes) Prozesshindernis, weshalb das Strafverfahren gegen ihn definitiv hätte eingestellt werden müssen. Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
|
a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
|
1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft. |
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a | Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten; |
b | er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben; |
c | es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen; |
d | er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
e | er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken; |
f | er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht; |
g | er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. |
1.1 Der Strafappellationshof geht davon aus (S. 6 ff. E. 2), dass der Beschwerdeführer auf Dauer verhandlungsunfähig bleibt. Ein solcher Fall werde von der Freiburger Strafprozessordnung nicht geregelt und in der Lehre kontrovers diskutiert. Es werde einerseits die Auffassung vertreten, dauernde Verhandlungsunfähigkeit im Haupt- und Berufungsverfahren stelle ein Prozesshindernis dar, was zu einem Abschluss des Verfahrens durch Prozessurteil führen müsse (Robert Hauser/ Erhard Schweri/Karl Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. A. 2005, § 41 N. 15). Demgegenüber werde auch die Auffassung vertreten, das Verfahren sei wegen Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nur einzustellen, wenn dessen Mitwirkung am Verfahren unerlässlich sei, z.B. seine Einvernahme zur Klärung des Sachverhalts (Jörg Rehberg, Prozessfähigkeit des Beschuldigten im Strafverfahren, in Festschrift Walder, Zürich 1994, S. 243 ff.; Hauser/Schweri/Hartmann, a.a.O. § 39 N. 31). Sei dies nicht der Fall, gelte die Verhandlungsfähigkeit nicht als Prozessvoraussetzung, sodass die Vertretung der angeschuldigten Person durch einen Rechtsanwalt genüge.
Gestützt auf die Auffassung von Rehberg, wonach die Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten nur zur Einstellung des Verfahrens führen muss, wenn seine Mitwirkung an der Hauptverhandlung zur Ermittlung des Sachverhalts unerlässlich ist, hat der Strafappellationshof erwogen, der rechtserhebliche Sachverhalt stehe auf Grund des umfassenden Geständnisses des Beschwerdeführers fest. Dieser habe das Vorgefallene zweimal gegenüber der Polizei und zweimal gegenüber dem Untersuchungsrichter geschildert, wobei er vor der Schlusseinvernahme, an welcher er das Geständnis bestätigt habe, Kontakt mit seinem Verteidiger gehabt habe. Er sei in diesem Zeitpunkt im Vollbesitz seiner geistigen Gesundheit gewesen, die ihn heute einschränkenden psychischen Probleme seien erst später aufgetreten. Die Aussagen seien zwar nicht in einem kontradiktorischen Verfahren, aber nach den Vorschriften der damaligen Strafprozessordnung erfolgt und damit verwertbar. Nach BGE 130 I 126 E. 3.2 überwiege zudem bei einer schweren Straftat das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das private Interesse des Angeklagten an einem Verwertungsverbot. Aufgrund des Geständnisses des Beschwerdeführers sei daher der Sachverhalt ausreichend abgeklärt gewesen, um das
Verfahren gegen ihn durchzuführen, auch wenn er in der Folge nicht mehr in der Lage gewesen sei, daran mitzuwirken.
1.2 Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
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1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
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a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft. |
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a | Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten; |
b | er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben; |
c | es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen; |
d | er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
e | er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken; |
f | er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht; |
g | er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. |
1.3 Ob Verhandlungsfähigkeit vorliegt oder nicht, ist keine Sachverhalts-, sondern eine vom Richter - in der Regel gestützt auf ein ärztliches Gutachten - zu beantwortende Rechtsfrage. An die Verhandlungsfähigkeit dürfen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist grundsätzlich zulässig, ein Strafverfahren durchzuführen, auch wenn der Angeklagte nach zivilprozessualen Massstäben nicht oder nicht voll prozessfähig ist (dazu BGE 132 I 1 E. 3). Es genügt, wenn er körperlich und geistig in der Lage ist, der Verhandlung zu folgen und - allenfalls durch seinen Verteidiger - seine Verfahrensrechte auszuüben und seine Verfahrenspflichten zu erfüllen. Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn der Angeklagte weder handlungs- noch urteilsfähig ist. Andernfalls wären viele Verfahren gegen psychisch schwer gestörte Angeklagte nicht durchführbar. Verhandlungsunfähigkeit ist nur anzunehmen, wenn der Angeklagte wegen seiner Defizite ausserstande ist, die Bedeutung der Hauptverhandlung und seiner Teilnahme daran auch nur im Ansatz zu begreifen und deren Verlauf zu folgen, geschweige denn seine Rechte unmittelbar oder mittelbar durch seinen Verteidiger zu wahren, sodass seine Anwesenheit einer blossen Zurschaustellung gleichkäme.
Da das öffentliche Interesse an der Durchführung der Strafverfolgung naturgemäss mit zunehmender Schwere der Rechtsbrüche steigt, ist bei Kapitalverbrechen Verhandlungsunfähigkeit mit grosser Zurückhaltung und einzig anzunehmen, wenn diese nicht mit geeigneten organisatorischen und technischen Vorkehren - beispielsweise der Videoübertragung der Verhandlung in einen Nebenraum, von dem aus der Angeklagte ohne physische Präsenz im Gerichtssaal an der Verhandlung teilnehmen könnte - gebannt werden kann. Im Zweifelsfall ist der Angeklagte vorzuladen, sodass das erkennende Gericht gestützt auf eigene Wahrnehmung an der Hauptverhandlung über das weitere Vorgehen befinden kann. Entscheidend ist in jedem Fall, dass die Defizite des Angeklagten durch eine gehörige Verteidigung wettgemacht werden (BGE 131 I 185 E. 3.2.2; Entscheid 1P 304/1995 vom 8. August 1995, E. 2a).
2.
2.1 Laut angefochtenem Entscheid (S. 4 lit. G) wurde der Beschwerdeführer am 18. September 2007 auf sein Gesuch hin von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen an der Berufungsverhandlung befreit. Das "Dispensationsgesuch" vom 28. August 2007 war indessen mit der ärztlich bescheinigten Prozesserstehungsunfähigkeit begründet, und der Instruktionsrichter hat diese mit seiner Verfügung vom 18. September 2007 grundsätzlich anerkannt und den Beschwerdeführer angewiesen, vor der Berufungsverhandlung eine aktuelle Bestätigung des behandelnden Arztes beizubringen, dass er nach wie vor verhandlungsunfähig sei. Entgegen dem missverständlichen Wortlaut wurde mit der Verfügung vom 18. September 2007 daher nicht ein prozesserstehungsfähiger Angeklagter auf eigenen Wunsch vom persönlichen Erscheinen dispensiert, sondern vielmehr die Prozessunfähigkeit des Beschwerdeführers anerkannt.
2.2 Die Auffassung des Strafappellationshofs, der Beschwerdeführer sei definitiv verhandlungsunfähig, beruht im Wesentlichen auf den Gutachten Dr. C.________ vom 10. September 1999, vom 9. April 2002 und vom 22. Februar 2005. In seinem Schreiben vom 26. September 2007 hält der behandelnde Arzt Dr. D.________ lediglich fest, dass sich in Bezug auf die Prozesserstehungsfähigkeit des Beschwerdeführers keine Veränderung ergeben habe.
2.2.1 Am 10. September 1999 diagnostizierte Dr. C.________ beim Beschwerdeführer eine narzisstische Persönlichkeit (ICD-10: F60.8), eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) und eine rezidivierende, gegenwärtig durch Anti-Depressiva remittierte depressive Störung (F33.4). Er sei deswegen bis zum Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung in rund zwei Jahren verhandlungsunfähig.
Im Bericht vom 9. April 2002 hält Dr. C.________ fest, die posttraumatische Belastungsstörung bestehe unverändert fort, weshalb der Beschwerdeführer auf absehbare Zeit nicht vor Gericht erscheinen könne. Ergänzend führt er am 24. Mai 2002 aus, bei einer Teilnahme an der Gerichtsverhandlung würde beim Beschwerdeführer die posttraumatische Belastungsstörung vorübergehend - einige Wochen vor und nach der Verhandlung - wiederaufleben. Es wäre ihm zudem mit grösster Wahrscheinlichkeit unmöglich, an einer Gerichtsverhandlung Fragen zu seiner Person und zum Sachverhalt zu beantworten.
In seiner Zusatzexpertise vom 22. Februar 2005 führt Dr. C.________ aus, dass sich der schwankende, subdepressive Zustand des Beschwerdeführers mit einem permanenten Ausweichverhalten noch verstärkt habe. Einziger positiver Punkt sei eine neue Liebesbeziehung zu einer Sängerin aus Bern, bei welcher er nunmehr offiziell Wohnsitz genommen habe. Er fahre jeden Tag mit dem Auto nach Freiburg. Seine Tätigkeit als Architekt habe er auf Null reduziert, er beschäftige sich lediglich noch mit Vermögensverwaltung, wobei ihm ein freier Mitarbeiter den Kontakt mit den Freiburger Behörden abnehme. Das Architekturbüro beschäftige eine Sekretärin zu 50 %. Deren Aussage, es würden 5 Mitarbeiter beschäftigt, stünden im Gegensatz zu den Angaben des Beschwerdeführers und seien fraglich. Dieser weiche weiterhin systematisch allen Begegnungen mit dem Staat Freiburg aus. Den klinischen Zustand des Beschwerdeführers am 9. Februar 2005 beschreibt der Gutachter als subdepressiv-verängstigt. Bei Vorlage von Protokollen mit dem Freiburger Wappen raste er völlig aus. Im Ergebnis kommt der Gutachter zum Schluss, der Beschwerdeführer sei definitiv verhandlungsunfähig, wäre vor Gericht völlig funktionsunfähig und nicht in der Lage, Fragen zu beantworten.
2.2.2 Die Gutachten Dr. C.________ vermögen nicht zu überzeugen. Der Umstand allein, dass Dr. E.________, der den Beschwerdeführer am 28. November 1996, d.h. am letzten Tag seiner 4 Tage dauernden Untersuchungshaft, keinerlei Anzeichen von akuten psychischen Störungen feststellen konnte, spricht zwar noch nicht gegen die Diagnose Dr. C.________s, da posttraumatische Belastungsstörungen im Sinne von ICD-10: F43.1 nach einer Latenzzeit von bis zu 6 Monaten auftreten können. Hingegen erweckt die Dauer der Erkrankung Zweifel, da posttraumatische Belastungsstörungen mehrheitlich abheilen und nur in wenigen Fällen einen chronischen, über viele Jahre dauernden Verlauf nehmen. Diesfalls gehen sie in eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung im Sinne von ICD-10: F62.0 über, wie sie etwa bei ehemaligen Geiseln, Folteropfern oder Insassen von Konzentrationslagern zu erwarten ist. Auch wenn durchaus nachvollziehbar ist, dass eine polizeiliche Verhaftung und Inhaftierung ein schockierendes Erlebnis sein kann, so ist jedenfalls für den medizinischen Laien nicht verständlich, dass die gegen den Beschwerdeführer verhängten, angesichts des ihm vorgeworfenen Kapitalverbrechens höchst schonenden Zwangsmassnahmen - im Wesentlichen
vier Tage Untersuchungshaft - eine ebenso tiefgreifende Persönlichkeitsveränderung zur Folge haben sollten wie die ungleich schlimmeren Traumatisierungen in den obgenannten Fällen. Abgesehen davon, dass Dr. C.________ die Diagnose ICD-10: F62.0 nicht stellt, geht er gestützt auf die Aussagen des Beschwerdeführers davon aus, dass dieser faktisch arbeitsunfähig ist, dass es ihm gerade noch gelingt, den Anschein zu erwecken, ein Architekturbüro zu führen, er indessen in Wahrheit weitgehend untätig sei. Die nicht zu diesem Befund passende Aussage von Frau F.________, die das Sekretariat des Architekturbüros führt, es seien 5 Mitarbeiter beschäftigt, wischt Dr. C.________ als unglaubhaft vom Tisch. Er fliegt zudem sein Privatflugzeug, wenn auch nach seinen Angaben nur in Begleitung eines Fluglehrers. Dies verträgt sich schlecht mit der Annahme Dr. C.________, der Beschwerdeführer begebe sich einzig ins Büro, um auf Anrufe zu warten, die nicht kämen. Dessen klinischen Zustand vom 9. Februar 2005 beschreibt der Gutachter mit "subdepressiv-verängstigt", was jedenfalls nach laienhaftem Verständnis nur heissen kann, dass die depressiven Tendenzen und Ängste des Beschwerdeführers nicht so ausgeprägt sind, dass ihnen Krankheitswert zukommt,
sie mithin im normalpsychologischen Bereich liegen. Im krassen Gegensatz zu dieser positiven medizinischen Beurteilung steht dann der weitere Befund, dass der Beschwerdeführer beim blossen Anblick eines Freiburger Wappens augenblicklich völlig ausraste - eine derartige Reaktion ist offensichtlich krankhaft und nicht "normal".
2.2.3 Insgesamt halten damit die Gutachten Dr. C.________s der vom Richter vorzunehmenden Plausibilitätskontrolle in keiner Weise stand. Es ergibt sich aus ihnen nicht in einer auch für Laien nachvollziehbaren Weise, weshalb der Beschwerdeführer, der, jedenfalls von aussen betrachtet, ein unauffälliges Leben führt, mit einer Lebenspartnerin zusammenlebt, in Freiburg einer Arbeit nachgeht und ein anspruchsvolles Hobby pflegt, eine krankhafte Aversion gegen den Kanton Freiburg hat, die ihn beim blossen Anblick von dessen Insignien, Funktionären oder Magistraten augenblicklich lahmlegt. Der Strafappellationshof ist in Willkür verfallen, indem er auf dieses inkohärente Gutachten abstellte. Offensichtlich war er von diesem auch selber nicht überzeugt, jedenfalls bezeichnet er dessen Folgerung, der Beschwerdeführer sei dauerhaft verhandlungsunfähig, als für Aussenstehende "schwierig nachvollziehbar"(angefochtenes Urteil S. 9). Umso weniger hätte er bei der von ihm vorzunehmenden Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit des Beschwerdeführers unbesehen darauf abstellen dürfen.
2.3 Damit ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an den Strafappellationshof zurückzuweisen. Da sich aus den Gutachten Dr. C.________s nicht schlüssig ergibt, dass der psychische Zustand des Beschwerdeführers dessen Teilnahme an einer Verhandlung vor einem Freiburger Gericht absolut ausschliesst, wird er dessen Verhandlungsfähigkeit neu zu prüfen haben. Es liegt an ihm zu entscheiden, ob er dazu den Beschwerdeführer vorladen und versuchen will, die Appellationsverhandlung in seiner Anwesenheit durchzuführen, um dann kraft eigener Anschauung über das weitere Vorgehen zu befinden, wenn sich die Befürchtungen Dr. C.________s bewahrheiten sollten. Das grosse öffentliche Interesse an der Durchführung eines Strafverfahrens bei einem Kapitalverbrechen rechtfertigt jedenfalls, die vom Gutachter als mögliche Folgen angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers - ein vorübergehendes, einige Wochen dauerndes Wiederaufleben der posttraumatischen Störung - in Kauf zu nehmen. Im Übrigen ist nicht auszuschliessen, dass sich die Ängste des Beschwerdeführers in der Zwischenzeit etwas gelegt haben, nachdem er nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht mehr mit einer unbedingten Freiheitsstrafe rechnen muss.
Will der Strafappellationshof hingegen zunächst ein neues Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einholen, so hat er dieses einem Experten zu übertragen, der bisher nicht mit dem Fall befasst war. Bezüglich Dr. C.________ ist festzuhalten, dass seine Unbefangenheit offensichtlich nicht mehr gegeben ist.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
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1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Strafappellationshofs des Kantons Freiburg vom 6. November 2007 aufgehoben und die Sache an diesen zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Freiburg hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. September 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Störi