Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: CR.2019.3

Beschluss vom 10. Juli 2019 Berufungskammer

Besetzung

Bundesstrafrichterin Claudia Solcà, Vorsitzende Petra Venetz und Jean-Marc Verniory, Nebenamtliche Richter Gerichtsschreiberin Francesca Pedrazzi

Parteien

A., Bundesanwalt, Bundesanwaltschaft, Gesuchsteller

zwecks Revision des Beschlusses der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts BB.2018.197 vom 17. Juni 2019

Gegenstand

Revisionsgesuch (Art. 410 ff . StPO i.V.m. Art. 60 Abs. 3 StPO)

Die Berufungskammer hält fest, dass:

B. am 23. November 2018 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ein Ausstandsgesuch gegen Bundesanwalt A. und weitere Personen, welche bei der Bundesanwaltschaft und der Bundeskriminalpolizei Mitglieder der sogenannten FIFA Taskforce waren und/oder für die FIFA Taskforce arbeiteten, einreichte (S. 1.100.013 ff.);

am 17. Juni 2019 die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts das Gesuch von B. teilweise guthiess, indem sie die gegen Bundesanwalt A., gegen den ehemaligen Leitenden Staatsanwalt des Bundes C. sowie gegen den Staatsanwalt des Bundes D. geltend gemachten Ausstandsgründe bejahte (S. 1.100.039, Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.197 Dispositivziffer 1);

Bundesanwalt A. am 27. Juni 2019 ein Revisionsgesuch gegen den Beschluss BB.2018.197 und gegen einen weiteren Beschluss des Bundesstrafgerichts (BB.2019.190 + BB.2018.198; dieser wird unter der Verfahrensnummer CR.2019.2 geführt), bei der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts einreichte;

Bundesanwalt A., gestützt auf Art. 60 Abs. 3 StPO i.V.m. Art. 56 Abs. 1 lit. f StPO argumentierte, dass während des Verfahrens BB.2018.197 Ausstandsgründe betreffend Bundesstrafrichter E. – Präsident der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und Vorsitz der Zusammensetzung, die den Beschluss BB.2018.197 erliess – bestünden und er davon erst nach Abschluss des Verfahrens Kenntnis erlangt habe (S. 1.100.001 ff.);

Bundesanwalt A. somit im Wesentlichen beantragte, dass (1) bezüglich Bundesstrafrichter E. das Vorliegen eines Ausstandsgrundes festzustellen sei und dass (2) der Beschluss BB.2018.197 (Dispositivziffer 1) vom 17. Juni 2019 aufzuheben und das Fehlen eines Ausstandsgrundes hinsichtlich Bundesanwalt A. festzustellen sei; eventualiter das Ausstandsgesuch von B. einer Neubeurteilung durch die Beschwerdekammer zuzuführen sei respektive die Sache zur neuen Beurteilung zurückzuweisen sei;

die Berufungskammer aufgrund der folgenden Erwägungen auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtete.

Die Berufungskammer zieht in Erwägung, dass:

die Berufungskammer gemäss Art. 38a StBOG über Berufungen und Revisionsgesuche entscheidet;

aufgrund von Art. 40 StBOG für Revision, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden der Beschwerdekammern nach Artikel 37 Absatz 2 die Artikel 121 -129 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 sinngemäss gelten, da in diesen Verfahren nicht die StPO, sondern die spezialgesetzlichen Regeln zur Anwendung gelangen (BBI 2008 8166);

die übrigen Entscheide der Beschwerdekammern der Revision nicht zugänglich sind, da es sich dabei nicht um Entscheide im Sinne von Art. 410 Abs. 1 StPO handelt (TPF 2011 115 E. 2.2; BBI 2008 8166; Schmid/Jositsch, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017, N. 1587; Oberholzer, Stämpflis Handkommentar, Bundesgerichtsgesetz, Art. 119a BGG N. 3);

im konkreten Fall der Beschluss der Beschwerdekammer BB.2018.197 in Anwendung von Art. 59 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG gefällt wurde und somit nicht der Revision nach Art. 40 StBOG i.V.m. Art. 121 ff . BGG unterliegt;

selbst in Nachachtung der Argumentation des Gesuchstellers und in Anwendung von Art. 410 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 60 Abs. 3 StPO das Ergebnis in Anbetracht der folgenden Ausführungen nicht anders ausfallen würde;

aufgrund von Art. 60 Abs. 3 StPO die Bestimmungen über die Revision gelten, wenn der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt wird und Art. 60 Abs. 3 StPO somit die Revisionsgründe gemäss Art. 410 StPO ergänzt (BGE 144 IV 36 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_733/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 2.3; Fingerhuth, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordung, 2. Aufl. 2014, Art. 410 StPO N. 73; Heer, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozesssordnung/Jugendstrafprozessordnung 2. Aufl. 2014, Art. 410 StPO N. 14; Jeanneret/Kuhn, Précis de procédure pénale, 2.. Aufl. 2018, N. 19118);

nach Art. 410 Abs. 1 StPO die Revision verlangen kann, wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist;

Urteile Entscheide sind, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird und die anderen Entscheide in der Form eines Beschlusses oder einer Verfügung ergehen (Art. 80 Abs. 1 StPO) und gegen Letztere die Revision nicht zulässig ist (BGE 141 IV 269 E. 2.2.2; Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2017.95 vom 3. Juli 2017, BB.2016.353 vom 5. Oktober 2016, BB.2016.89 vom 9. Mai 2016; BB.2016.30 vom 18. Februar 2016, BB.2015.108 vom 7. Dezember 2015 E. 1.1);

die Revision im Sinne von Art. 410 StPO somit nur gegen rechtskräftige Sachurteile zulässig ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_30/2018 vom 21. Juni 2018 E. 1.2), der Beschluss BB.2018.197 offensichtlich kein Sachurteil ist und deshalb der Revision nicht unterliegen kann;

das Revisionsgesuch somit unzulässig ist;

das Gericht auf einen Schriftenwechsel verzichtet und auf das Revisionsgesuch nicht eintritt, falls Letzteres offensichtlich unzulässig ist (Art. 412 Abs. 2 StPO, Art. 412 Abs. 3 e contrario StPO; Schmid, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 412 N. 4);

aufgrund des oben Gesagten auf das Revisionsgesuch nicht einzutreten ist;

bei diesem Ausgang des Verfahrens auf die Erhebung einer Gerichtsgebühr zu verzichten ist;

und erkennt:

1. Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

Im Namen der Berufungskammer

des Bundesstrafgerichts

Die Vorsitzende Die Gerichtsschreiberin

Zustellung an

- Herrn A., Bundesanwalt, Bundesanwaltschaft (Einschreiben)

- Mitglieder der «Taskforce (FIFA) der Bundesanwaltschaft», durch deren Leiter, Staatsanwalt des Bundes F. (Einschreiben)

- Herrn B., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Michael Kramer (Einschreiben)

- Herrn E., Präsident der Beschwerdekammer, Bundestrafgericht (brevi manu)

Kopie an

- Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (brevi manu)

Rechtsmittelbelehrung

Beschwerde an das Bundesgericht

Gegen verfahrensabschliessende Entscheide der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts kann beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, innert 30 Tagen nach der Zustellung der vollständigen Ausfertigung Beschwerde eingelegt werden (Art. 78 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG).

Für die Beschwerde ans Bundesgericht gelten die Voraussetzungen gemäss Art. 78 - 81 und 90 ff. BGG.

Versand: 10. Juli 2019
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : CR.2019.3
Date : 10 juillet 2019
Publié : 26 août 2019
Source : Tribunal pénal fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Cour d'appel
Objet : Revisionsgesuch (Art. 410 ff. StPO i.V.m. Art. 60 Abs. 3 StPO)


Répertoire des lois
CPP: 56  59  60  80  121  129  410  412
LOAP: 37  38a  40
LTF: 78  80  81  90  100  119a  121
Répertoire ATF
141-IV-269 • 144-IV-35
Weitere Urteile ab 2000
6B_30/2018 • 6B_733/2018
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
accès • autorité judiciaire • avocat • communication • connaissance • copie • cour des plaintes • directeur • décision • forces terrestres • indication des voies de droit • jour • lausanne • loi fédérale sur le tribunal fédéral • ministère public • ordonnance de condamnation • requérant • tribunal fédéral • tribunal pénal fédéral • échange d'écritures
BstGer Leitentscheide
TPF 2011 115
Décisions TPF
BB.2016.30 • BB.2017.95 • BB.2019.190 • BB.2015.108 • CR.2019.2 • BB.2018.197 • BB.2016.89 • BB.2018.198 • CR.2019.3 • BB.2016.353