Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 1064/2013
Urteil vom 10. März 2014
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Rüedi,
Gerichtsschreiberin Pasquini.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Schumacher,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Freiheitsberaubung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 19. September 2013.
Sachverhalt:
A.
Am 7. November 2010 packte X.________ seine Ex-Freundin vor deren Wohnung in A.________ am Handgelenk und zerrte sie in Richtung seines parkierten Fahrzeugs. Er forderte sie auf, sich in sein Auto zu setzen, ansonsten käme es nicht gut für sie. Aus Angst und in der Meinung, dass sich X.________ durch ein Gespräch beruhige, stieg die Ex-Freundin ins Auto. Er fuhr los und zog sie mehrmals zurück, als sie versuchte, den Wagen zu verlassen. Während der Fahrt in Richtung Aarau schlug er ihr mit der flachen Hand zwei Mal ins Gesicht. Bei der Autobahn-Raststätte B.________ hielt er an und forderte die weinende Ex-Freundin auf, auszusteigen, nachdem er ihrem Mobiltelefon die SIM-Karte entnommen hatte. X.________ liess sie auf ihre Anfrage wieder einsteigen. Ihr Bitten, sie nach Hause zu fahren, ignorierte er. Er verliess die Autobahn und hielt in einem Dorf an. Er liess seine Ex-Freundin aussteigen, im Bewusstsein, dass sie ohne SIM-Karte niemanden anrufen konnte.
B.
Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X.________ am 19. September 2013 zweitinstanzlich der Freiheitsberaubung schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und zu einer Busse von Fr. 300.--, teilweise als Zusatzstrafe zum Entscheid des Bezirksamtes Baden vom 16. Juni 2006 und zum Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. Oktober 2011. Es stellte die Rechtskraft der Schuldsprüche des Bezirksgerichts Baden wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, Widerhandlung gegen das AHVG (SR 831.10) und Ungehorsams des Schuldners im Betreibungsverfahren, des Freispruchs vom Vorwurf der Widerhandlung gegen das Ausländergesetz sowie der Einstellung des Verfahrens wegen mehrfacher, teilweise versuchter Nötigung fest.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freizusprechen. Er sei mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und mit einer Busse von Fr. 300.-- zu bestrafen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen Freiheitsberaubung. Da er nur auf den ersten 600 m der Fahrt die Möglichkeit gehabt habe anzuhalten, sei das Kriterium der "gewissen Erheblichkeit" nicht gegeben. Wer nicht unverzüglich halte, wenn der Mitreisende auszusteigen wünsche, begehe keine Freiheitsberaubung (Beschwerde S. 4 ff. Ziff. 2 ff.).
1.2. Die Vorinstanz hält fest, der Beschwerdeführer habe seine Ex-Freundin gegen ihren Willen mittels physischer und psychischer Gewalt gezwungen, in sein Fahrzeug zu steigen und mitzufahren. Sie habe sich physisch zur Wehr gesetzt und ihm mehrfach (auch konkludent) zu verstehen gegeben, dass sie nicht mitkommen wolle. Es sei irrelevant, dass er nach einer Fahrminute nur noch beim Rastplatz B.________ habe anhalten können. Ihm sei bereits vor Beginn der Fahrt bewusst gewesen, dass sich seine Ex-Freundin gegen ihren Willen im Auto befunden habe. Die Strecke von ca. 8,9 km zwischen dem Ausgangspunkt und dem ersten Halt am Rastplatz B.________ erfülle das Kriterium der "gewissen Erheblichkeit" im Sinne der Rechtsprechung (Urteil S. 12 f. E. 3.3).
Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe seine Ex-Freundin zum Einsteigen gezwungen, womit er ihr offensichtlich die Bewegungsfreiheit habe entziehen wollen. Dass er nicht gewusst habe, dass sie gegen ihren Willen eingestiegen und mitgefahren sei, sei angesichts der Intensität der eingesetzten Gewalt eine Schutzbehauptung. Er habe auch gewusst, dass er kein Recht hatte, ihr die Fortbewegungsfreiheit zu entziehen und habe somit vorsätzlich gehandelt. Ob er die Anhalteorte im Vorfeld festgelegt oder jeweils spontan entschieden habe, sei unerheblich (Urteil S. 14 E. 4.3).
1.3. Eine Freiheitsberaubung begeht, wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht (Art. 183 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 183 - 1. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, |
|
1 | Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzieht, |
2 | Ebenso wird bestraft, wer jemanden entführt, der urteilsunfähig, widerstandsunfähig oder noch nicht 16 Jahre alt ist. |
1.4. Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft sog. innere Tatsachen und ist somit Tatfrage (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4 mit Hinweis). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, seine Ex-Freundin sei freiwillig eingestiegen, oder er habe sich diesbezüglich geirrt, weshalb es massgebend sei, wann sie ihn während der Fahrt gebeten habe, anzuhalten (Beschwerde S. 5 f. Ziff. 4-6), weicht er von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ab, ohne darzutun, warum und inwieweit diese willkürlich sein sollten. Darauf ist nicht einzutreten (vgl. Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
|
1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
|
1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86 |
Der Beschwerdeführer brachte seine Ex-Freundin durch physische Gewalt und Drohungen dazu, gegen ihren Willen in seinen Personenwagen zu steigen. Mithin war ihm bereits vor Beginn der Fahrt bewusst, dass sie nicht freiwillig mitkam. Gleichwohl fuhr er los und auf die Autobahn, wo das Fahrzeug nur noch beschränkt angehalten werden kann. Er macht nicht geltend, die betreffende Strecke nicht gekannt zu haben. Insofern ist sein Hinweis, im Unterschied zu BGE 89 IV 85 sei er nicht auf einer Überlandstrasse gefahren, wo jederzeit angehalten werden könne, unbehelflich. Die Vorinstanz erwägt zu Recht, es sei irrelevant, dass er bereits nach einer Fahrminute nur noch beim Rastplatz B.________ die Möglichkeit hatte, anzuhalten. Angesichts der Dauer und Länge der zurückgelegten Fahrt verletzt die Verurteilung wegen Freiheitsberaubung kein Bundesrecht.
2.
Den Antrag einer milderen Strafe begründet der Beschwerdeführer nicht. Darauf ist nicht einzutreten.
3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
|
1 | Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
2 | Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann. |
3 | Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. |
4 | Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
|
1 | Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
2 | Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann. |
3 | Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. |
4 | Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
|
1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. März 2014
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Mathys
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini