Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-2721/2010
{T 0/2}
Urteil vom 10. Mai 2010
Besetzung
Einzelrichter Markus König,
mit Zustimmung von Richter Walter Lang;
Gerichtsschreiberin Eveline Chastonay.
Parteien
A._______,
B._______,
Nigeria,
Beschwerdeführende,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren);
Verfügung des BFM vom 26. März 2010 / N (...).
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehemann am 28. Juni 2009 in der Schweiz ein erstes Asylgesuch stellte, auf welches das Bundesamt gestützt auf Art. 34 Abs. 2 Bst. d

dass die Beschwerdeführerin, ihr Ehemann und das inzwischen geborenen Kind in der Folge am 27. November 2009 nach Italien zurückgeführt wurden, wo sie im Jahr 2007 ein Asylverfahren anhängig gemacht hatten,
dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Kind am 30. November 2009 erneut in die Schweiz einreiste und gleichentags ein weiteres Asylgesuch stellte,
dass sie anlässlich der Kurzbefragung im Empfangs- und Verfahrenszentrum Chiasso vom 14. Dezember 2009 zur Begründung ihres zweiten Asylgesuchs im Wesentlichen geltend machte, ihre Asylgründe seien die selben geblieben - sie habe sich in Nigeria einer Zwangsheirat entzogen und sei zum Christentum konvertiert,
dass der Beschwerdeführerin anlässlich der selben Kurzbefragung das rechtliche Gehör zu einer allfälligen erneuten Wegweisung nach Italien gewährt wurde,
dass die Beschwerdeführerin dabei hauptsächlich festhielt, sie habe nach ihrer Rückschiebung in Italien weder Hilfe noch Unterkunft erhalten,
dass das BFM mit Verfügung vom 26. März 2010 in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. d

dass die Vorinstanz zur Begründung ihrer Verfügung ausführte, gestützt auf die einschlägigen staatsvertraglichen Bestimmungen (Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags [Dublin-Assoziierungsabkommen, SR 0.142.392.68]; Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist [Dublin-II-VO]; Verordnung [EG] Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates [DVO Dublin]) sei Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig,
dass das BFM weiter ausführte, aufgrund der Tatsache, dass Italien innert Frist nicht geantwortet habe, sei von dessen Zustimmung auszugehen, wobei eine Rückführung - vorbehältlich einer allfälligen Unterbrechung oder Verlängerung - bis spätestens am 13. Juli 2010 zu erfolgen habe,
dass Italien überdies nachträglich am 8. März 2010 seine Zustimmung zur erneuten Rücküberführung gegeben habe,
dass die Aussagen der Beschwerdeführerin anlässlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs zur Wegweisung nach Italien sich auf die wirtschaftliche Lage in Italien beziehen würden und damit nichts an der Zuständigkeit dieses Staates für die Behandlung des Asylgesuchs zu ändern vermöchten,
dass der Vollzug der Wegweisung nach Italien zulässig, zumutbar und möglich sei,
dass die Beschwerdeführerin für sich und ihr Kind mit Eingabe vom 20. April 2010 (Datum der Postaufgabe) gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob und dabei sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beantragte,
dass das Bundesverwaltungsgericht am 21. April 2010 den Vollzug der angefochtenen Verfügung mittels vorsorglicher Massnahme provisorisch aussetzte,
und das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung,
dass es im Asylbereich endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5





dass sich das Verfahren nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG richtet, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37


dass die Beschwerdeführenden durch die angefochtene Verfügung besonders berührt sind, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung haben und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert sind (Art. 105



dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 2


dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e


dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1

dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 32


dass auf Asylgesuche in der Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können, welcher für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 34 Abs. 2 Bst. d

dass die Beschwerdeführerin und ihr Kind sich eigenen Angaben zufolge vor ihrer Einreise in die Schweiz zwischen 2007 und Juni 2009 sowie erneut vom 27. November 2009 bis zum 30. November 2009 in Italien aufgehalten haben, wo offenbar auch ihr Ehemann respektive Vater nach der Rückführung im November 2009 geblieben ist,
dass vorliegend Italien für die Behandlung des Asylgesuchs der Beschwerdeführenden zuständig ist und die italienischen Behörden bei ihrer Zustimmung auf 16 Abs. 1 Bst. c Dublin-II-VO hingewiesen haben,
dass die von der Beschwerdeführerin bei der Gewährung des rechtlichen Gehörs geäusserten Bedenken hinsichtlich Betreuung und Unterkunft in Italien an dieser Feststellung nichts zu ändern vermögen,
dass die Beschwerdeführerin in ihrer Rekurseingabe geltend macht, sie habe in Italien mit ihrem Kind auf der Strasse schlafen müssen, habe nichts zu Essen erhalten und sie müssten dort zugrunde gehen,
dass hinsichtlich der grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber der Behandlung Asylsuchender in Italien festzuhalten ist, dass diese zwar bei der Unterkunft, der Arbeit und dem Zugang zur medizinischen Infrastruktur gewissen Schwierigkeiten ausgesetzt sein können,
dass aber auch zu erwähnen ist, dass Italien unter anderem Signatarstaat des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30), der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) und des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter oder andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) ist und keine konkreten Hinweise dafür bestehen, dieses Land werde sich im vorliegenden Fall nicht an die aus diesen Übereinkommen resultierenden Verpflichtungen halten,
dass Dublin-Rückkehrende betreffend Unterbringung von den italienischen Behörden bevorzugt behandelt werden und sich - neben den staatlichen Strukturen - auch zahlreiche private Hilfsorganisationen der Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen annehmen,
dass beispielsweise die Organisation "Arci con Fraternità" seit dem 1. Januar 2009 die Betreuung der Flüchtlinge im Flughafen Fiumicino (Rom) organisiert und dort den Asylsuchenden kostenlose Rechtsberatung anbietet,
dass unter diesen Umständen entgegen den Beschwerdevorbringen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, die Beschwerdeführerin und ihr Kind würden im Fall einer Rückkehr nach Italien in eine existenzbedrohende Notlage geraten (vgl. auch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts E-4109/2009 vom 17. August 2009, E-6195/2009 vom 30. Oktober 2009),
dass an dieser Einschätzung der Umstand nichts ändert, dass das Kind der Beschwerdeführerin (...) alt ist, kann doch von einer diesbezüglich hinreichenden und angemessenen Betreuung in Italien ausgegangen werden,
dass im Übrigen auch der - offenbar in Italien verbliebene - Ehemann der Beschwerdeführerin der Betreuungs- und Unterstützungspflicht gegenüber seinem Sohn nachzukommen hat,
dass das BFM demnach in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. d

dass das Nichteintreten auf ein Asylgesuch in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz zur Folge hat (Art. 44 Abs. 1

dass im Rahmen des Dublin-Verfahrens - bei dem es sich um ein Überstellungsverfahren in den für die Prüfung des Asylgesuches zuständigen Staat handelt - systembedingt kein Raum bleibt für Ersatzmassnahmen im Sinne von Art. 44 Abs. 2


dass eine entsprechende Beurteilung soweit notwendig vielmehr bereits im Rahmen der Prüfung des Selbsteintritts stattfinden muss,
dass in diesem Sinn das BFM den Vollzug der Wegweisung nach Italien zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich erklärte,
dass es der Beschwerdeführerin demnach nicht gelungen ist darzutun, inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletze, den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststelle oder unangemessen sei (Art. 106

dass das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinn von Art. 65 Abs. 1

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 600.-- (Art. 1



(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinn von Art. 65 Abs. 1

3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
4.
Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, das BFM und die kantonale Ausländerbehörde.
Der Einzelrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Markus König Eveline Chastonay
Versand: