Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
1C_456/2013
Urteil vom 9. August 2013
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Störi.
Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Wyler,
gegen
Bundesamt für Migration, Abteilung Bürgerrecht, Quellenweg 6, 3003 Bern.
Gegenstand
Erleichterte Einbürgerung,
Beschwerde gegen das Urteil vom 25. März 2013
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III.
Sachverhalt:
A.
Die 1981 geborene Kosovarin X.________ reiste, nachdem sie bereits erfolglos zwei Asylanträge gestellt hatte, am 19. Januar 2003 in Begleitung ihres am 16. November 2000 im Kosovo geborenen Sohnes A.________ erneut in die Schweiz ein und stellte tags darauf ein weiteres Asylgesuch. Am 27. Juni 2003 heiratete sie den 1947 geborenen Schweizer Y.________ und zog daraufhin das Asylgesuch zurück. Am 28. März 2004 wurde der gemeinsame Sohn B.________ geboren. Y.________ erlag am 30. August 2007 seinem Krebsleiden.
Am 19. Mai 2008 ersuchte X.________ um erleichterte Einbürgerung.
Am 17. September 2010 wies das Bundesamt für Migration (BFM) das Gesuch von X.________ ab.
Am 25. März 2013 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von X.________ gegen diese Verfügung ab.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________, dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben, sie und ihren Sohn A.________ einzubürgern und die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens sowie die Anwaltskosten dem BFM aufzuerlegen.
C.
Das Bundesverwaltungsgericht und das BFM verzichten auf Vernehmlassung.
In ihrer "ergänzenden Replik" hält X.________ an der Beschwerde fest.
Erwägungen:
1.
Beim angefochtenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich um einen Endentscheid über eine erleichterte Einbürgerung. Als solcher fällt er nicht unter die Ausnahme von Art. 83 lit. b BGG, womit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff . BGG zulässig ist. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist vom angefochtenen Entscheid, der die Verweigerung ihrer Einbürgerung durch das Bundesamt bestätigte, zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, womit auf die Beschwerde einzutreten ist.
2.
2.1. Ausländer können gemäss Art. 26 Abs. 1
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 26 Voraussetzungen - 1 Die Wiedereinbürgerung erfordert, dass die Bewerberin oder der Bewerber: |
|
1 | Die Wiedereinbürgerung erfordert, dass die Bewerberin oder der Bewerber: |
a | erfolgreich integriert ist, wenn sie oder er sich in der Schweiz aufhält; |
b | eng mit der Schweiz verbunden ist, wenn sie oder er im Ausland lebt; |
c | die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet; |
d | die Werte der Bundesverfassung respektiert; und |
e | keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz darstellt. |
2 | Für Bewerberinnen und Bewerber, die sich nicht in der Schweiz aufhalten, gelten die Voraussetzungen von Absatz 1 Buchstaben c-e sinngemäss. |
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
2.2. Art. 27
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
2.3. Nach Ziffer 4.6.3.3 der Weisungen des BFM zum Bürgerrecht (Kap. 4: Gemeinsame Voraussetzungen und Einbürgerungskriterien, unter www.bfm.admin.ch > Dokumentation > Rechtliche Grundlagen > Weisungen und Kreisschreiben > V. Bürgerrecht, Stand 6. August 2013) fällt die erleichterte Einbürgerung gestützt auf ein nach dem Tod des Schweizer Ehegatten gestelltes Gesuch im Sinne eines Härtefalls ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bewerberin im Zeitpunkt des Todes des Schweizer Ehegatten die Fristen von Art. 27
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
3.
3.1. Unabdingbar für eine erleichterte Einbürgerung nach dem Tod des Schweizer Ehegatten ist, dass die Voraussetzungen von Art. 26
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 26 Voraussetzungen - 1 Die Wiedereinbürgerung erfordert, dass die Bewerberin oder der Bewerber: |
|
1 | Die Wiedereinbürgerung erfordert, dass die Bewerberin oder der Bewerber: |
a | erfolgreich integriert ist, wenn sie oder er sich in der Schweiz aufhält; |
b | eng mit der Schweiz verbunden ist, wenn sie oder er im Ausland lebt; |
c | die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet; |
d | die Werte der Bundesverfassung respektiert; und |
e | keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz darstellt. |
2 | Für Bewerberinnen und Bewerber, die sich nicht in der Schweiz aufhalten, gelten die Voraussetzungen von Absatz 1 Buchstaben c-e sinngemäss. |
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
3.2. Die äusseren Umstände der Eheschliessung erwecken tatsächlich den Verdacht, die Beschwerdeführerin habe sich mit der Eheschliessung einzig den Aufenthalt in der Schweiz sichern wollen und sei zu diesem Zweck eine Scheinehe eingegangen: Sie hatte bereits zweimal erfolglos um Asyl nachgesucht, als sie nach der Einreichung des dritten Gesuchs einen rund 34 Jahre älteren Schweizer heiratete. Nach anonymen Anschuldigungen und Gerüchten soll sie zudem auch nach ihrer Eheschliessung ein festes Verhältnis mit dem Vater ihres unehelichen Kindes, Z.________, unterhalten und mit ihrem angeblich homosexuellen Ehemann keine echten ehelichen Beziehungen gepflegt haben. Bei Z.________ handelt es sich nach den Feststellungen des BFM zudem um den Bruder der ersten Ehefrau von Y.________, was ebenfalls auf eine arrangierte Scheinehe hindeuten könnte. Dieser Anfangsverdacht wurde im Verlaufe der vom BFM in Auftrag gegebenen, allerdings wenig eingehenden Abklärungen nicht erhärtet, sondern weitgehend entkräftet.
Nach den Akten ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem verstorbenen Mann ohne Unterbruch zusammenlebte. Während der Ehe gebar sie einen Sohn, als dessen Vater kraft unwiderlegter gesetzlicher Vermutung von Art. 255 Abs. 1
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 27 Wiedereinbürgerung nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts - 1 Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
|
1 | Wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat, kann innert zehn Jahren ein Gesuch um Wiedereinbürgerung stellen. |
2 | Nach Ablauf der in Absatz 1 erwähnten Frist kann die Wiedereinbürgerung beantragen, wer seit drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz hat. |
heimlich besucht habe, ebensowenig erhärtet werden wie die Behauptung, ihr Ehemann sei (ausschliesslich) homosexuell veranlagt gewesen, habe mit ihr keine sexuelle Beziehung unterhalten und sei dementsprechend auch nicht der Vater von B.________. Damit hat das BFM den den Behörden obliegenden Nachweis einer Scheinehe (BGE 135 II 161 E. 3) nicht erbracht.
3.3. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerdeführerin zudem ungenügend integriert. Ihr Deutsch reiche nur gerade für die Bewältigung des Alltags aus, und sie sei an ihrem Wohnort isoliert, habe kaum soziale Kontakte. Diese Beurteilung erscheint zwar streng und berücksichtigt insbesondere den Umstand nicht, dass sich die Beschwerdeführerin am Arbeitsplatz durchgesetzt hat und dort bereits zur Gruppenleiterin aufgestiegen ist (Bestätigung E.________ AG vom 26. März 2013). Zudem war sie nebst ihrer beruflichen Tätigkeit sowohl mit der Pflege ihres kranken Ehemannes als auch mit der Erziehung ihrer beiden Söhne, von denen der ältere offenbar verhaltensauffällig ist, stark beschäftigt, sodass man sich mit Fug fragen könnte, ob sie überhaupt die Möglichkeit hatte, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und weitere soziale Kontakte aufzubauen.
Das kann letztlich jedoch offen bleiben, da die Verweigerung der Einbürgerung für die Beschwerdeführerin jedenfalls klarerweise keine untragbare Härte zur Folge hat, die bei Vorabsterben des Schweizer Ehegatten allein eine erleichterte Einbürgerung rechtfertigen könnte (oben E. 2.2 und 2.3). Als alleinerziehende Mutter ihres über die schweizerische Staatsbürgerschaft verfügenden Sohnes B.________ ist das Aufenthaltsrecht der Beschwerdeführerin in der Schweiz bzw. das Verbleiben in der bisherigen, gewohnten Umgebung dauerhaft gesichert, solange sie sich weder strafrechtlich noch ausländerrechtlich etwas zuschulden kommen lässt (BGE 137 I 247 E. 4.2; 135 I 154 E. 2.2.4). Insofern stellt die Verweigerung der erleichterten Einbürgerung für sie keine unzumutbare Härte dar, auch wenn ein positiver Einbürgerungsentscheid in verschiedener Hinsicht vorteilhafter wäre. Das Gleiche gilt sinngemäss für den ausländischen Sohn A.________ der Beschwerdeführerin, der das Schweizer Bürgerrecht ohnehin nur durch Einbezug in die Einbürgerung der Mutter erwerben könnte (Art. 33
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 33 Aufenthalt - 1 An die Aufenthaltsdauer angerechnet wird der Aufenthalt in der Schweiz mit Aufenthaltstitel in Form: |
|
1 | An die Aufenthaltsdauer angerechnet wird der Aufenthalt in der Schweiz mit Aufenthaltstitel in Form: |
a | einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung; |
b | einer vorläufigen Aufnahme; die Aufenthaltsdauer wird zur Hälfte angerechnet; oder |
c | einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ausgestellten Legitimationskarte oder eines vergleichbaren Aufenthaltstitels. |
2 | Kurzfristiges Verlassen der Schweiz mit der Absicht auf Rückkehr unterbricht den Aufenthalt nicht. |
3 | Der Aufenthalt in der Schweiz gilt als bei der Abreise ins Ausland aufgegeben, wenn die Ausländerin oder der Ausländer sich bei der zuständigen Behörde abmeldet oder während mehr als sechs Monaten tatsächlich im Ausland lebt. |
3.4. Damit erweist sich der angefochtene Entscheid als im Ergebnis haltbar und die Beschwerde dementsprechend als unbegründet.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 141.0 Bundesgesetz vom 20. Juni 2014 über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) - Bürgerrechtsgesetz BüG Art. 33 Aufenthalt - 1 An die Aufenthaltsdauer angerechnet wird der Aufenthalt in der Schweiz mit Aufenthaltstitel in Form: |
|
1 | An die Aufenthaltsdauer angerechnet wird der Aufenthalt in der Schweiz mit Aufenthaltstitel in Form: |
a | einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung; |
b | einer vorläufigen Aufnahme; die Aufenthaltsdauer wird zur Hälfte angerechnet; oder |
c | einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ausgestellten Legitimationskarte oder eines vergleichbaren Aufenthaltstitels. |
2 | Kurzfristiges Verlassen der Schweiz mit der Absicht auf Rückkehr unterbricht den Aufenthalt nicht. |
3 | Der Aufenthalt in der Schweiz gilt als bei der Abreise ins Ausland aufgegeben, wenn die Ausländerin oder der Ausländer sich bei der zuständigen Behörde abmeldet oder während mehr als sechs Monaten tatsächlich im Ausland lebt. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bundesamt für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. August 2013
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Fonjallaz
Der Gerichtsschreiber: Störi