Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
U 153/02
Urteil vom 8. Oktober 2002
IV. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Ferrari; Gerichtsschreiberin Durizzo
Parteien
Helsana Versicherungen AG, Birmensdorferstrasse 94, 8003 Zürich, Beschwerdeführerin,
gegen
D.________, 1943, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Olivier Dollé, Renggstrasse 37, 6052 Hergiswil
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans
(Entscheid vom 8. April 2002)
Sachverhalt:
A.
Am 14. März 2001 meldete D.________, geb. 1943, der Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana), dass sie sich am 5. März 2001 beim Essen von Gänseleberpastete einen Zahn ausgebissen habe. Mit Verfügung vom 15. August 2001 lehnte die Helsana die Ausrichtung von Versicherungsleistungen für den erlittenen Zahnschaden mangels Vorliegens eines Unfalls ab. Hieran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 5. Oktober 2001).
B.
Die Beschwerde von D.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 8. April 2002 gut, hob den Einspracheentscheid der Helsana vom 5. Oktober 2001 auf und verpflichtete diese zur Übernahme der Kosten der zahnärztlichen Behandlung. Zur Begründung führte es an, die Versicherte habe mit der Zunge einen harten, kalten Gegenstand mit unregelmässiger Oberflächenstruktur identifizieren können. Dabei müsse es sich um einen Fremdkörper gehandelt haben, der nicht in einer Gänseleberpastete zu erwarten sei. Das Element der Ungewöhnlichkeit sei damit gegeben und der Unfallbegriff erfüllt.
C.
Die Helsana führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides.
Während D.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) KVG Art. 1 - 1 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20005 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Krankenversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz oder das Krankenversicherungsaufsichtsgesetz vom 26. September 20146 (KVAG) nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.7 |
|
1 | Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20005 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Krankenversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz oder das Krankenversicherungsaufsichtsgesetz vom 26. September 20146 (KVAG) nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht.7 |
2 | Sie finden keine Anwendung in folgenden Bereichen: |
a | Zulassung und Ausschluss von Leistungserbringern (Art. 35-40 und 59); |
b | Tarife, Preise und Globalbudget (Art. 43-55); |
c | Ausrichtung der Prämienverbilligung nach den Artikeln 65, 65a und 66a sowie Beiträge des Bundes an die Kantone nach Artikel 66; |
d | Streitigkeiten der Versicherer unter sich (Art. 87); |
e | Verfahren vor dem kantonalen Schiedsgericht (Art. 89). |
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) KVG Art. 8 Grundsatz - 1 Die Deckung für Unfälle kann sistiert werden bei Versicherten, die nach dem Unfallversicherungsgesetz vom 20. März 1981 (UVG)37 obligatorisch für dieses Risiko voll gedeckt sind. Der Versicherer veranlasst das Ruhen auf Antrag der versicherten Person, wenn diese nachweist, dass sie voll nach dem UVG versichert ist. Die Prämie wird entsprechend herabgesetzt. |
|
1 | Die Deckung für Unfälle kann sistiert werden bei Versicherten, die nach dem Unfallversicherungsgesetz vom 20. März 1981 (UVG)37 obligatorisch für dieses Risiko voll gedeckt sind. Der Versicherer veranlasst das Ruhen auf Antrag der versicherten Person, wenn diese nachweist, dass sie voll nach dem UVG versichert ist. Die Prämie wird entsprechend herabgesetzt. |
2 | Die Unfälle sind nach diesem Gesetz gedeckt, sobald die Unfalldeckung nach dem UVG ganz oder teilweise aufhört. |
3 | Die soziale Krankenversicherung übernimmt die Kosten für die Folgen derjenigen Unfälle, welche vor dem Ruhen der Versicherung bei ihr versichert waren. |
1.2 Es ist unbestritten, dass die - nicht berufstätige und daher nicht dem Unfallversicherungsobligatorium gemäss Art. 1
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG) UVG Art. 1 - 1 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20005 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Unfallversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. |
|
1 | Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20005 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) sind auf die Unfallversicherung anwendbar, soweit das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. |
2 | Sie finden keine Anwendung in folgenden Bereichen: |
a | Medizinalrecht und Tarifwesen (Art. 53-57); |
abis | Nebentätigkeiten (Art. 67a) der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva); |
b | Registrierung von Unfallversicherern (Art. 68); |
c | Verfahren über geldwerte Streitigkeiten zwischen Versicherern (Art. 78a); |
d | Verfahren über die Anerkennung von Ausbildungskursen und die Erteilung von Ausbildungsnachweisen (Art. 82a). |
2.
2.1 Gemäss Art. 2 Abs. 2
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) KVG Art. 2 |
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
2.2 Das kantonale Gericht hat die Bestimmung und Grundsätze über den Unfallbegriff (Art. 9 Abs. 1
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
3.
3.1 Gemäss Unfallmeldung vom 14. März 2001 hat sich die Beschwerdegegnerin am 5. März 2001 "bei der Vorspeise, Pastete, Paté, im Restaurant, beim Mittagessen den Zahn rausgebissen". Im Fragebogen vom 12. April 2001 gab sie auf die Frage: "Auf welche genauen Umstände führen Sie die Zahnverletzung zurück?" an: "Als ich mit Genuss in eine Gänseleberpastete biss, welche normalerweise keine harten Bestandteile enthält." Die Frage, ob sie den harten Gegenstand habe sehen bzw. sondieren können, beantwortete sie mit "nein". Schliesslich führte sie aus, dass sie den Vorfall erst zu Hause festgestellt habe. Mit Einsprache vom 13. September 2001 gegen die ablehnende Verfügung der Helsana vom 15. August 2001 liess sie geltend machen, sie habe beim Kauen eines Stücks der Pastete bemerkt, dass sich ein kleiner, sehr harter, sich kalt anfühlender und in der Oberfläche unregelmässig geformter Gegenstand im Mund befinde. In der Folge habe sie versucht, dieses Objekt zu isolieren, um es aus dem Mund zu nehmen bzw. anzusehen. Dieses Unterfangen sei in der Folge misslungen. Sie habe plötzlich und hart auf das fragliche Objekt gebissen. Anschliessend habe sie es vor Schreck verschluckt.
3.2 Die Versicherte kann nicht darlegen, wodurch sie sich den Zahnschaden tatsächlich zugezogen hat. Die blosse Behauptung, auf einen "kleinen, sehr harten, sich kalt anfühlenden und in der Oberfläche unregelmässig geformten Gegenstand" gebissen und sich dadurch einen Zahnschaden zugezogen zu haben, genügt nicht für den Nachweis eines ungewöhnlichen äussern Faktors. Gleiches gilt für die Vermutung der Beschwerdegegnerin wie auch der Vorinstanz, der fragliche Gegenstand habe sich im Essen befunden. Es fällt auch auf, dass die Versicherte bei der Beschreibung des Unfallhergangs in der Unfallmeldung keinen Gegenstand erwähnte, auf den sie gebissen habe; abweichend von der Darstellung in der Einsprache ereignete sich die Zahnverletzung gemäss Angaben im speziellen Fragebogen (bereits) beim genussvollen Hineinbeissen in die Gänseleberpastete und nicht erst bei der sorgfältigen Prüfung des vorher bemerkten festen Gegenstands. Sollte die Versicherte den festen Gegenstand bemerkt haben, ist auch nicht recht nachvollziehbar, weshalb sie den Vorfall erst zu Hause festgestellt haben sollte. Aber auch wenn sich der Vorfall so ereignet haben sollte, wie im Einspracheverfahren detailliert beschrieben, bleibt ungeklärt, um was für einen
Gegenstand es sich überhaupt gehandelt haben sollte. Ob dieser als ungewöhnlicher äusserer Faktor im Sinne von Art. 9 Abs. 1
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen. |
im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 353 Erw. 3b/cc). Des Weiteren kann auch der von der Beschwerdegegnerin in der Unfallmeldung angegebene Zeuge nichts zur Klärung beitragen, da er den fraglichen Gegenstand ebenso wenig gesehen hat wie die Versicherte (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. dazu BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 27 mit Hinweisen). Schliesslich kann aus der Verletzung nicht auf das Vorliegen eines äusseren Faktors geschlossen werden (BGE 123 V 233 Erw. 1). Es liegt daher Beweislosigkeit vor, deren Folgen die Beschwerdegegnerin zu tragen hat, welche aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Dementsprechend besteht kein Anspruch auf Versicherungsleistungen.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 8. April 2002 aufgehoben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 8. Oktober 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: