B u n d e s s t r a f g e r i c h t T r i b u n a l p é n a l f é d é r a l T r i b u n a l e p e na l e f e d e r a l e T r i b u n a l p e n a l f e d e r a l Geschäftsnummer BK_B 053/04
Entscheid vom 8. September 2004 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Hochstrasser, Vorsitz, Keller und Kipfer Fasciati, Gerichtsschreiber Guidon Parteien
Schweizerische Bundesanwaltschaft Gesuchstellerin gegen A.______ Gesuchsgegner vertreten durch Rechtsanwalt Claude Hentz
Gegenstand
Antrag auf Entsiegelung (Art. 69
![](media/link.gif)
- 2 -
Sachverhalt: A. Die Bundesanwaltschaft eröffnete am 29. Januar 2003 ein gerichtspolizeiliches
Ermittlungsverfahren gegen den Präsidenten des Vereins ,,Hells Angels
MC Switzerland Zürich" und weitere Mitglieder des Vereins wegen Beteiligung
an bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation. Am 29. April 2004 nahm sie im Rahmen dieses Verfahrens unter anderem A.______ (nachfolgend ,,A.______") fest und versetzte ihn in Untersuchungshaft. Gleichzeitig nahm sie in dessen Wohnung eine Hausdurchsuchung vor und beschlagnahmte zahlreiche Gegenstände, unter anderem Papiere, einen Computer, mehrere Natels und elektronische Speichermedien. Auf Einsprache
A.______s vom 2. Mai 2004 versiegelte die Bundesanwaltschaft das gesamte Beschlagnahmegut.
B. Mit ihrer Eingabe an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 14. Mai 2004 beantragte die Bundesanwaltschaft die Entsiegelung des Be-schlagnahmegutes und suchte um die Ermächtigung nach, dieses zu durchsuchen. Nachdem A.______ verschiedene Aktenstücke durch seinen Anwalt verlangt und in der Folge von der Bundesanwaltschaft auch zuge-stellt erhalten hatte, teilte er mit Gesuchsantwort vom 30. Juni 2004 dem Bundesstrafgericht mit, welche Gegenstände entsiegelt werden könnten und welche unter Siegel zu bleiben hätten. Am 21. Juli 2004 verfügte die Bundesanwaltschaft im Sinne der Gesuchsantwort und stellte fest, dass die vom Gesuchsgegner freigegebenen Gegenstände vom Siegelungsantrag vom 2. Mai 2004 nicht erfasst seien. Versiegelt blieben jedoch mindestens bis zum Entscheid des Bundesstrafgerichts folgende Gegenstände: ein blauer Ordner ,,B.______"; ein Laptop mit einer CD-ROM, acht Computer-disketten und ein Plastikbehälter (mit vermutlich neun weiteren elektroni-schen Speichermedien); eine Agenda metallic-silber; ein orangefarbenes Natel Nokia mit SIM-Karte.
C. Mit Vernehmlassung vom 21. Juli 2004 hielt die Bundesanwaltschaft am Antrag vom 14. Mai 2004 hinsichtlich der noch unter Siegel befindlichen Gegenstände fest. Da die Vernehmlassung keine neuen Tatsachen ent-hielt, wurde sie dem Gesuchsgegner lediglich zur Kenntnis zugestellt.
- 3 -
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 69 Abs. 3
![](media/link.gif)
Strafprozessrecht, 5. Aufl., Basel 2002, § 70 N 21), das solange besteht, als die zuständige gerichtliche Behörde nicht über die Zulässigkeit der Durchsuchung entschieden hat (Entscheid über die Entsiegelung). Für die-sen Entscheid ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium die Beschwerde-kammer des Bundesstrafgerichts zuständig (Art. 69 Abs. 3
![](media/link.gif)
2.
2.1 Beschlagnahmte Papiere sollen nur dann durchsucht werden, wenn anzu- nehmen ist, dass sich Schriften darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind (Art. 69 Abs. 2
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
- 4 -
zu tragen. So dürften private Unterlagen wie die Korrespondenz mit seiner Krankenkasse nicht gesichtet werden. Zu Recht weist die Bundesanwaltschaft darauf hin, dass vor einer Haus-durchsuchung nicht bekannt sei, welches Beweismaterial sich im Herr-schaftsbereich des Betroffenen befinde, weshalb das sicherzustellende Ma-terial im Hausdurchsuchsuchungsbefehl nicht detailliert habe umschrieben werden können. Es kommt hinzu, dass im Voraus häufig auch nicht be-stimmt werden kann, welches Material als Beweismittel für den geltend gemachten und in casu nicht streitigen dringenden Tatverdacht über-haupt dienen kann. Soweit der Gesuchsgegner geltend macht, die Hausdurchsuchung sei zu Unrecht zur Nachtzeit erfolgt, ist sein Einwand vorliegend unbegründet: Art. 67 Abs. 3
![](media/link.gif)
postalischen, telefonischen oder elektronischen Kommunikation zum Gegenstand, sondern grundsätzlich nur die geheimen, das heisst die dem Betroffenen verborgenen Überwachungs- und Ermitt-lungsmassnahmen (vgl. Botschaft vom 1. Juli 1998 zu den Bundesgeset-
- 5 -
zen betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs und ü
ber die verdeckte Ermittlung, BBl 1998, S. 4245; siehe auch HANSJAKOB, BÜPF/VÜPF, Kommentar zum Bundesgesetz und zur Verordnung über die Ü berwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, St. Gallen 2002, S. 66 ff.; vgl. auch Art. 179bis
![](media/link.gif)
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179bis - Wer ein fremdes nichtöffentliches Gespräch, ohne die Einwilligung aller daran Beteiligten, mit einem Abhörgerät abhört oder auf einen Tonträger aufnimmt, |
![](media/link.gif)
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179octies - 1 Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
|
1 | Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
2 | ...248 |
2.2.3 Schliesslich bringt der Gesuchsgegner vor, die beschlagnahmte Agenda metallic-silber aus dem Jahre 1998 dürfe nicht eingesehen werden, da die Einträge keinerlei Bezug zum hängigen Strafverfahren hätten. Dasselbe scheint er für den blauen Ordner ,,B.______" geltend zu machen. Ob ein solcher Bezug besteht, ist allein von den Strafverfolgungsbehörden zu ent-scheiden, was erst nach Sichtung der Agenda und des Ordners möglich sein wird. Private Unterlagen (wie etwa die Korrespondenz des Gesuchs-gegners mit seiner Krankenkasse), sind wenn sie keinerlei Bezug zum Verfahren haben für dieses nicht von Belang und werden dem Gesuchs-gegner deshalb herauszugeben sein.
- 6 -
3. Der Gesuchsgegner macht kein über die prozessualen, hier nicht anwend-baren Regeln des BÜPF hinausgehendes Recht auf Geheimhaltung gel-tend (etwa im Sinne von Art. 77
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Gesuchsgegner die Kosten desselben zu tragen (Art. 245
![](media/link.gif)
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179octies - 1 Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
|
1 | Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
2 | ...248 |
![](media/link.gif)
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179octies - 1 Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
|
1 | Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
2 | ...248 |
- 7 -
Demnach erkennt die Beschwerdekammer: 1. Das Gesuch der Bundesanwaltschaft um Entsiegelung der am 29. April 2004 beschlagnahmten Papiere und elektronischen Datenträger wird gutgeheis-sen. 2. Die Bundesanwaltschaft wird ermächtigt, die Papiere und Datenträger in Anwesenheit und nach Anhörung des Gesuchsgegners oder dessen Vertre-ters zu entsiegeln und zu durchsuchen. 3. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Gesuchsgegner auferlegt.
Bellinzona, 8. September 2004 Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber:
Zustellung an -
Rechtsanwalt Claude Hentz -
Schweizerische Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung wegen Verletzung von Bundesrecht beim Bundesgericht Beschwerde geführt wer- den. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 214 bis 216, 218 und 219 des Bun- desgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 33 Abs. 3 lit. a
![](media/link.gif)
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 179octies - 1 Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
|
1 | Wer in Ausübung ausdrücklicher, gesetzlicher Befugnis die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs einer Person anordnet oder durchführt oder technische Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff.) einsetzt, ist nicht strafbar, wenn unverzüglich die Genehmigung des zuständigen Gerichts eingeholt wird. |
2 | ...248 |