Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C 855/2010
Urteil vom 8. Februar 2011
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
Verfahrensbeteiligte
Sicherheitsfonds BVG,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Lukas Handschin,
Beschwerdeführer,
gegen
Treuhand X.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Reto Thomas Ruoss,
und/oder Rechtsanwältin Pascale Gola,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 1. Juni 2010.
Sachverhalt:
A.
Die Treuhand X.________ AG war von 1960 bis 1997 Revisionsstelle der Pensionskasse Y.________ AG (nachfolgend Pensionskasse). In den Jahren 1991 und 1992 tätigte die Pensionskasse Aktienkäufe, welche später Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen und eines Strafverfahrens wurden. Per Ende 1999 wies die Pensionskasse eine Unterdeckung von rund Fr. 14 Mio. aus und musste liquidiert werden; sie wurde mit Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 21. Juli 2000 aufgehoben. Der Sicherheitsfonds BVG verfügte am 17. November 2000, 17. August 2001 und 23. Januar 2002 die "Ausrichtung von Insolvenzleistungen gemäss Art. 25 Abs. 1
SR 831.432.1 Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV) SFV Art. 25 Zahlungsunfähigkeit - 1 Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Versichertenkollektiv, wenn die Vorsorgeeinrichtung oder das Versichertenkollektiv fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. |
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1 | Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Versichertenkollektiv, wenn die Vorsorgeeinrichtung oder das Versichertenkollektiv fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. |
2 | Nicht mehr möglich ist die Sanierung: |
a | einer Vorsorgeeinrichtung, wenn über sie ein Liquidations- oder Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist; |
b | eines Versichertenkollektivs, wenn über den Arbeitgeber ein Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist. |
3 | Die Aufsichtsbehörde informiert die Geschäftsstelle des Sicherheitsfonds, wenn über eine Vorsorgeeinrichtung ein Liquidations- oder Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist. |
SR 831.432.1 Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV) SFV Art. 25 Zahlungsunfähigkeit - 1 Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Versichertenkollektiv, wenn die Vorsorgeeinrichtung oder das Versichertenkollektiv fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. |
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1 | Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung oder ein Versichertenkollektiv, wenn die Vorsorgeeinrichtung oder das Versichertenkollektiv fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. |
2 | Nicht mehr möglich ist die Sanierung: |
a | einer Vorsorgeeinrichtung, wenn über sie ein Liquidations- oder Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist; |
b | eines Versichertenkollektivs, wenn über den Arbeitgeber ein Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist. |
3 | Die Aufsichtsbehörde informiert die Geschäftsstelle des Sicherheitsfonds, wenn über eine Vorsorgeeinrichtung ein Liquidations- oder Konkursverfahren oder ein ähnliches Verfahren eröffnet worden ist. |
B.
Am 1. Dezember 2008 erhob der Sicherheitsfonds BVG Klage beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau gegen die Treuhand X.________ AG mit folgendem Rechtsbegehren:
"Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von CHF 9'900'000.00 zuzüglich Zins zu 5 % auf CHF 3'000'000.00 seit 20. November 2000 sowie auf CHF 3'000'000.00 seit 20. August 2001 sowie auf CHF 3'900'000.00 seit 25. Januar 2002 zu bezahlen."
Am 23. Januar 2009 erhob die Treuhand X.________ AG die Einrede der Verjährung. Das Verfahren wurde in der Folge vorerst auf die Frage der Verjährung beschränkt (Verfügung der Instruktionsrichterin vom 29. Januar 2009).
Im Rahmen des Schriftenwechsels beantragte der Sicherheitsfonds BVG eine Klageerweiterung und führte zur Begründung eine weitere, am 27. Juli 2009 geleistete Zahlung an die Pensionskasse (in Höhe von Fr. 3'856'919.20) an.
Das Versicherungsgericht trat auf die Klageerweiterung nicht ein und wies die Klage zufolge Verjährung ab.
C.
Der Sicherheitsfonds BVG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Verjährungseinrede der Treuhand X.________ AG abzuweisen und die Sache zur Beurteilung der Forderung gemäss vorinstanzlicher Klage an das kantonale Gericht zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Die Treuhand X.________ AG schliesst auf Abweisung der Beschwerde und des Antrags um aufschiebende Wirkung. Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Regressforderung des Beschwerde führenden Sicherheitsfonds gegenüber der beschwerdegegnerischen Treuhandgesellschaft bei Klageanhebung am 1. Dezember 2008 verjährt war. Nicht mehr einzugehen ist auf die im vorinstanzlichen Verfahren beantragte Klageerweiterung. Das kantonale Gericht ist hierauf nicht eingetreten und der Beschwerdeführer hat dies in seiner letztinstanzlichen Beschwerde ausdrücklich akzeptiert.
2.
2.1 Die Vorinstanz erwog, die Verjährungsfrist für Forderungen des Sicherheitsfonds regle weder aArt. 56a
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) BVG Art. 56a Rückgriff und Rückforderung - 1 Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
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1 | Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
2 | Unrechtmässig bezogene Leistungen sind dem Sicherheitsfonds zurückzuerstatten. |
3 | Der Rückforderungsanspruch nach Absatz 2 verjährt ein Jahr, nachdem der Sicherheitsfonds vom unrechtmässigen Bezug der Leistung Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach der Auszahlung der Leistung. Wird der Rückforderungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
Dauer habe abgeben wollen. Der Verzicht habe daher bis 27. April 2006 gedauert und demzufolge keine Auswirkungen auf die am 25. Januar 2007 abgelaufene Verjährungsfrist gehabt. Die Verjährungsverzichtserklärung vom 4. Januar 2007 sei bis 31. Dezember 2007 befristet gewesen und die Verjährung bei Klageerhebung am 1. Dezember 2008 daher bereits eingetreten.
2.2 Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt und überdies Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt. |
handle es sich um eine ausservertragliche Forderung, bei der die Verjährungseinrede schon bei einer sich abzeichnenden Auseinandersetzung abgegeben werden könne; was als ratio legis für Art. 141
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 141 - 1 Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.61 |
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1 | Der Schuldner kann ab Beginn der Verjährung jeweils für höchstens zehn Jahre auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.61 |
1bis | Der Verzicht muss in schriftlicher Form erfolgen. In allgemeinen Geschäftsbedingungen kann lediglich der Verwender auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichten.62 |
2 | Der Verzicht eines Solidarschuldners kann den übrigen Solidarschuldnern nicht entgegengehalten werden. |
3 | Dasselbe gilt unter mehreren Schuldnern einer unteilbaren Leistung und für den Bürgen beim Verzicht des Hauptschuldners. |
4 | Der Verzicht durch den Schuldner kann dem Versicherer entgegengehalten werden und umgekehrt, sofern ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer besteht.63 |
2.3 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, die vorinstanzlichen Erwägungen zur Lückenfüllung seien in keiner Weise zu beanstanden; der Beschwerdeführer selbst sei in seinen vorinstanzlichen Rechtsschriften davon ausgegangen, die Dauer der Verlängerung richte sich im Rahmen der durch Art. 127
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt. |
Verjährungsverzicht nicht zum Voraus erklärt werden darf, auf alle Verjährungsfristen Anwendung, nicht nur auf vertragliche.
3.
Streitig ist, ob der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht verstösst, soweit darin die auf aArt. 56a
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) BVG Art. 56a Rückgriff und Rückforderung - 1 Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
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1 | Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
2 | Unrechtmässig bezogene Leistungen sind dem Sicherheitsfonds zurückzuerstatten. |
3 | Der Rückforderungsanspruch nach Absatz 2 verjährt ein Jahr, nachdem der Sicherheitsfonds vom unrechtmässigen Bezug der Leistung Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach der Auszahlung der Leistung. Wird der Rückforderungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
3.1 In tatsächlicher Hinsicht steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 17. November 2000, 17. August 2001 und 23. Januar 2002 die Zusprechung von Insolvenzleistungen an die Beschwerdegegnerin verfügt hatte. Das kantonale Gericht verstiess nicht gegen Bundesrecht, wenn es den Beginn der Verjährungsfrist für die Regressforderung insgesamt (d.h. betreffend alle drei erfolgten Leistungen) auf den Zeitpunkt der Überweisung der dritten Zahlung vom 25. Januar 2002 festsetzte (BGE 135 V 163 E. 5.7 S. 171). Ebenfalls steht fest, dass die Beschwerdegegnerin am 27. April 2001 einen unbefristeten Verjährungsverzicht abgab und dass der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2006 (somit kurz vor Ablauf von fünf Jahren seit Fristbeginn am 25. Januar 2002) an die Beschwerdegegnerin gelangte und festhielt, er gehe von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus, doch bitte er - sicherheitshalber - um einen weiteren Verjährungsverzicht.
3.2 Der Beschwerdeführer behauptet, die am 4. Januar 2007 von der Beschwerdegegnerin unterzeichnete, bis 31. Dezember 2007 befristete zweite Verzichtserklärung sei ihm nicht zugegangen. Deren Zugang hätte die Beschwerdegegnerin zu beweisen gehabt, weil eine behauptete Tatsache von jener Partei nachzuweisen ist, die daraus ein Recht ableitet (Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
3.3 Die Beschwerdegegnerin hat nach Lage der Akten zu keinem Zeitpunkt, insbesondere auch nicht im Anschluss an das Schreiben vom 18. Dezember 2006, Grund zur Annahme geliefert, sie erachte ihren am 27. April 2001 erklärten Verjährungsverzicht für ungültig und wolle auf die Verjährung nicht (mehr) verzichten. Im Gegenteil unterzeichnete sie - wie erwähnt - am 4. Januar 2007 einen weiteren Verzicht (bis 31. Dezember 2007). Unabhängig davon, ob der zweite Verzicht dem Beschwerdeführer zuging oder nicht, ist somit (auch) nach Beginn der Verjährungsfrist am 25. Januar 2002 von einem zumindest konkludent erklärten Verjährungsverzicht auszugehen. Weil nach dem Gesagten so oder anders eine gültige Verzichtserklärung vorliegt, muss nicht weiter geprüft werden, ob ein Verzicht bereits vor Beginn der Verjährungsfrist abgegeben werden kann.
3.4 Der Beschwerdeführer hatte in seinem Schreiben vom 18. Dezember 2006 festgehalten, unbefristete Verzichtserklärungen würden zwar "von den Gerichten als zehnjährige Verjährungsverzichte gewertet", dennoch bitte er um Unterzeichnung und fristgemässe Rücksendung einer neuerlichen Verzichtserklärung "bis allerspätestens 15. Januar 2007". Der Beschwerdeführer ging somit von einer zehnjährigen Verjährungsfrist aus. Dass er gleichwohl sicherheitshalber eine neuerliche Verzichtserklärung verlangte, zeigt, dass er sich der damals bestehenden Unsicherheiten in Zusammenhang mit der massgeblichen Verjährungsfrist von Regressforderungen bewusst war (hiezu nachfolgende E. 3.5.1). Obwohl gemäss seinen Behauptungen der am 4. Januar 2007 von der Beschwerdegegnerin unterzeichnete Verzicht nie bei ihm einging, blieb er untätig. Dieses Zuwarten ist angesichts der damaligen ungeklärten Rechtslage, seines Problembewusstseins und der Bedeutung der Streitsache nach den zutreffenden Ausführungen der Beschwerdegegnerin unverständlich. Ob dieses Verhalten mit Blick auf die im Geschäftsverkehr gebotene Vorsicht (BGE 120 II 331 E. 5a S. 336 und 133 III 449 E. 4.1 S. 451) Schutz verdienen könnte, kann aber offen gelassen werden, wenn der am 27. April 2001
erklärte unbefristete Verzicht als zehnjähriger aufzufassen wäre.
3.5
3.5.1 Es steht fest, dass die am 27. April 2001 abgegebene Verzichtserklärung keine Befristung enthielt und insoweit eine Lücke aufwies. Im hier massgeblichen Zeitraum war die Frage nach der Verjährung von Schadenersatzforderungen des Sicherheitsfonds wie erwähnt noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das Bundesgericht hat erst mit BGE 135 V 163 (vom 16. April 2009) entschieden, dass Haftungs- und Regressansprüche gemäss Art. 56a Abs. 1
SR 831.40 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) BVG Art. 56a Rückgriff und Rückforderung - 1 Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
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1 | Gegenüber Personen, die für die Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung oder des Vorsorgewerks ein Verschulden trifft, kann der Sicherheitsfonds im Zeitpunkt der Sicherstellung im Umfang der sichergestellten Leistungen in die Ansprüche der Vorsorgeeinrichtung eintreten.231 |
2 | Unrechtmässig bezogene Leistungen sind dem Sicherheitsfonds zurückzuerstatten. |
3 | Der Rückforderungsanspruch nach Absatz 2 verjährt ein Jahr, nachdem der Sicherheitsfonds vom unrechtmässigen Bezug der Leistung Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach der Auszahlung der Leistung. Wird der Rückforderungsanspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist festsetzt, so ist diese Frist massgebend. |
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
|
1 | Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
2 | Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292 |
3 | Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294 |
4 | Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295 |
5 | In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. |
6 | Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen. |
ihm ohne Weiteres zumutbar sei, innert fünf Jahren seit diesem Zeitpunkt Klage zu erheben (BGE a.a.O. E. 5.5. S. 170).
3.5.2 Die Ergänzung einer lückenhaften Willenserklärung hat primär durch dispositives Gesetzesrecht (BGE 115 II 484 E. 4b S. 488), sekundär durch eine Richterregel zu erfolgen. Es verhält sich anders als bei der Auslegung einer unklaren Willenserklärung, welche als primäres Mittel den Wortlaut kennt und in zweiter Linie die Umstände (in diesem Zusammenhang namentlich auch die Interessenlage der Parteien; vgl. zum Ganzen Gauch/Schluep/Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, 9. Aufl. 2008, Rz. 1205 ff.). Ist eine Willenserklärung lückenhaft, weil kein zwingendes Gesetzesrecht die betreffende Frage regelt, zieht das Gericht somit grundsätzlich zuerst dispositives Gesetzesrecht heran, sodann (selten) Gewohnheitsrecht oder bildet eine eigene Regel (BGE a.a.O.; vgl. auch Gauch/Schluep/Schmid, a.a.O., Rz. 1248). Soweit der vorinstanzliche Entscheid vorrangig auf den hypothetischen Parteiwillen abstellt, hält er vor Bundesrecht nicht stand. Die Lücke in der Erklärung vom 27. April 2001 ist gestützt auf Art. 127
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 127 - Mit Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt. |
ausgehen, dass sich der Beschwerdeführer auf eine fünfjährige Frist festlegen wollte, wenn der mutmassliche Parteiwille auszulegen wäre. In seinem Schreiben vom 18. Dezember 2006 machte er deutlich, er suche (nur) vorsichtshalber vor Ablauf von fünf Jahren um eine weitere Verzichtserklärung nach und nehme grundsätzlich an, dass "bei unbefristeten Verzichtserklärungen die Gerichte von einer zehnjährigen Frist ausgingen" (E. 3.4). Die Beschwerde ist somit gutzuheissen. Die Sache geht an die Vorinstanz zurück, damit sie das Verfahren weiterführe.
4.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
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1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
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1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
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1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |
Nach Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
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1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 1. Juni 2010 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie über die Klage neu entscheide.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 20'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 15'000.- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 8. Februar 2011
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Meyer Bollinger Hammerle