Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-5942/2011

Urteil vom 8. Oktober 2013

Richter Bendicht Tellenbach (Vorsitz),

Besetzung Richterin Ruth Beutler, Richter Andreas Trommer,

Gerichtsschreiber Linus Sonderegger.

A._______,

Parteien (...),

Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Reisedokumente für ausländische Person.

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsbürger und stammt ursprünglich aus Z._______ (Nordirak). Im Januar 2003 gelangte er in die Schweiz und suchte um Asyl nach.

B.
Mit Verfügung vom 29. April 2005 wies das BFM sein Asylgesuch ab, ordnete jedoch aufgrund der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs eine vorläufige Aufnahme an.

C.
(...) 2009 erhielt der Beschwerdeführer in Anwendung der Härtefallregelung eine Aufenthaltsbewilligung "B", woraufhin die vorläufige Aufnahme erlosch.

D.
Am 11. Mai 2009 gelangte der Beschwerdeführer an die kantonale Migrationsbehörde und ersuchte um Ausstellung eines Passes für eine ausländische Person. Dieses Gesuch wurde zur Prüfung an das BFM weitergeleitet.

Mit Verfügung vom 25. Mai 2009 wies das BFM dieses Gesuch ab.

E.
Auf eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-3841/2009 vom 27. August 2009 mangels Leistung des Kostenvorschusses nicht eingetreten.

F.
Am 30. März 2010 ersuchte der Beschwerdeführer erneut um Ausstellung eines Reisedokuments.

Mit Verfügung vom 7. April 2010 wies das BFM auch dieses Gesuch ab.

G.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2011 gelangte der Beschwerdeführer erneut mit dem Antrag auf Ausstellung eines Reisedokuments ans BFM, woraufhin dieses ihn mit Schreiben vom 12. Juli 2011 darauf hinwies, dass das Gesuch bei der kantonalen Migrationsbehörde einzureichen sei.

H.
Das daraufhin an die kantonale Behörde gerichtete Gesuch vom 4. respektive 5. August 2011 wurde mit Verfügung des BFM vom 6. Oktober 2011 (Eröffnung am 12. Oktober 2011) abgelehnt.

I.
Diese Verfügung focht der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28. Oktober 2011 (Poststempel vom 29. Oktober 2011) beim Bundesverwaltungsgericht an und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Ausstellung eines Passes für eine ausländische Person.

In prozessualer Hinsicht wurde um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) ersucht.

Als Beweismittel wurden ein an das BFM gerichtetes Schreiben vom 14. Oktober 2011, eine Kopie des schweizerischen Aufenthaltstitels, eine Fürsorgebestätigung, fünf Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft in Bern und ein Arztbericht betreffend seine Schwester eingereicht.

J.
Mit Zwischenverfügung vom 8. November 2011 wies die damals zuständige Instruktionsrichterin das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und forderte den Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvorschusses auf.

K.
Nachdem ein Gesuch um Fristerstreckung respektive Ratenzahlung vom 18. November 2011 (Poststempel vom 19. November 2011) mit Zwischenverfügung vom 30. November 2011 gutgeheissen wurde, leistete der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss fristgerecht.

L.
Mit Vernehmlassung vom 30. Januar 2012 äusserte sich das BFM zu den Ausführungen in der Beschwerdeschrift, hielt an seinen bisherigen Erwägungen fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

M.
Am 17. Februar 2012 (Poststempel) machte der Beschwerdeführer von seinem Replikrecht Gebrauch und reichte drei der bereits eingereichten Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft sowie das bereits eingereichte Bestätigungsschreiben des Arztes ein.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG, sofern keine
Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33 VGG genannten Behörden. Dazu gehört auch das BFM, das mit der Ablehnung der Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen (vgl. Art. 59 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR 142.20] sowie Art. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Reisedokumenten für ausländische Personen vom 14. November 2012 [RDV, SR 143.5]) eine Verfügung im erwähnten Sinne und daher ein zulässiges Anfechtungsobjekt erlassen hat. Eine Ausnahme nach Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 6 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.3 Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes sowie - falls nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2011/1 E. 2). Obwohl die angefochtene Verfügung unter Geltung der alten RDV vom 20. Januar 2010 (AS 2010 621) erlassen wurde, ist vorliegend das neue Recht anwendbar (vgl. Art. 32 RDV).

3.

Das BFM kann an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer Reisepapiere ausstellen (Art. 59 Abs. 1 AuG). Einer schriftenlosen ausländischen Person mit Aufenthaltsbewilligung kann ein Pass für eine ausländische Person abgegeben werden (Art. 4 Abs. 2 RDV). Unabdingbare Voraussetzung für die Abgabe eines Passes für eine ausländische Person ist somit, dass diese schriftenlos ist. Als schriftenlos gilt eine ausländische Person, die keine gültigen Reisedokumente ihres Heimat- oder Herkunftsstaates besitzt (Art. 10 Abs. 1 RDV), und von der nicht verlangt werden kann, dass sie sich bei den zuständigen Behörden ihres Heimat- oder Herkunftsstaates um die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisedokuments bemüht (Bst. a), oder für welche die Beschaffung von Reisedokumenten unmöglich ist (Bst. b). Gemäss Art. 10 Abs. 2 RDV begründen Verzögerungen, die bei der Ausstellung eines Reisedokuments bei den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates entstehen, die Schriftenlosigkeit nicht.

4.1 Der Beschwerdeführer begründete sein Gesuch vom 4. respektive 5. August 2011 damit, dass er sich seit Jahren erfolglos bei der irakischen Vertretung um die Ausstellung von Ausweisschriften bemühe. Er benötige lediglich ein Dokument, das ihm eine einmalige Reise in den Irak ermögliche, so dass er sich vor Ort um die Papiere bemühen könne.

4.2 Das BFM begründete seine Verfügung damit, dass im Lichte der hohen Anforderungen, die an die Ausstellung von Reisepapieren zu stellen seien, vom Beschwerdeführer noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien, einen heimatlichen Reisepass zu erhalten.

4.3 In der Beschwerde wurde diesen Ausführungen entgegnet, dass der Beschwerdeführer am 13. Oktober 2011 erneut an die irakische Botschaft gelangt sei. Es sei ihm eröffnet worden, dass die Botschaft in Frankreich zurzeit Pässe ausstelle und er mit seinem schweizerischen Ausländerausweis nach Paris reisen solle, was jedoch nicht möglich sei. Er habe das Gefühl, dass es sich um eine weitere Verzögerungstaktik seitens der irakischen Botschaft handle, zumal er sich bereits seit 2008 regelmässig um Papiere bemüht habe. Im Jahre 2009 sei seine Schwester im Irak verstorben, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, sie noch einmal zu sehen. Er benötige die irakischen Papiere schliesslich auch für die regelmässig vorzunehmende Erneuerung der B-Bewilligung, was ohne entsprechende Papiere stets mit Schwierigkeiten und Erklärungsnot verbunden sei. Bereits am 17. Oktober 2011 sei er erneut an die irakische Botschaft in der Schweiz gelangt und habe um Ausstellung eines temporären Reisedokuments ersucht, um damit nach Paris zu gelangen. Man habe ihm gesagt, dass solche Dokumente ebenfalls nur in Paris ausgestellt würden. Die Botschaft habe ihm zudem mitgeteilt, dass sein Staatsbürgerausweis und seine Identitätskarte abgelaufen seien und er zwecks Erneuerung in den Irak reisen müsse, um sich dort mittels Fingerabdruck registrieren zu lassen. Schliesslich sei ihm eröffnet worden, dass er in Zukunft keine weiteren schriftlichen Bestätigungen erhalten werde.

5.

5.1 Im vorliegenden Fall ist umstritten und zu prüfen, ob die Vorinstanz die Schriftenlosigkeit - als unabdingbare Voraussetzung für die Ausstellung eines Reisedokuments - zu Recht verneinte, indem sie festhielt, es sei dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, ein Reisedokument bei den zuständigen heimatlichen Behörden zu beschaffen.

5.2 Die Frage der Zumutbarkeit, mithin diejenige, ob die Beschaffung von Reisedokumenten bei den Heimatbehörden von der betreffenden Person verlangt werden kann, ist in diesem Zusammenhang nicht nach subjektiven, sondern nach objektiven Massstäben zu beurteilen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.335/2006 vom 18. Oktober 2006 E. 2.1 mit Hinweis).

5.3 Namentlich von schutzbedürftigen und asylsuchenden Personen kann im Hinblick auf eine potentielle Gefährdungslage eine Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden des Heimat- oder Herkunftsstaates nicht verlangt werden (vgl. Art. 10 Abs. 3 RDV). Dasselbe gilt gemäss den diesbezüglichen Weisungen des BFM auch in Bezug auf Personen, welche infolge Unzulässigkeitdes Wegweisungsvollzugs (nach Massgabe von Art. 83 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AuG) vorläufig aufgenommen wurden (vgl. Ziff. 2 der Ausführungsvorschriften zur RDV im Anhang 3/2 zu den Weisungen und Erläuterungen über Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt von Mai 2006 [ANAG-Weisungen], online zu finden unter www.bfm.admin.ch/content/dam/data/migration/rechtsgrundlagen/weisungen_und_kreisschreiben/weisungen_anag/weisungen_1106_d.pdf).

5.4 Daraus ist zu schliessen, dass von Personen, die - wie der Beschwerdeführer - über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen respektive ursprünglich wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Art. 83 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AuG vorläufig aufgenommen worden sind, eine solche Kontaktaufnahme im Hinblick auf die Beschaffung von Reisedokumenten verlangt werden kann. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer bereits bei der hiesigen irakischen Vertretung vorstellig geworden. Er ist daher nicht als schriftenlos im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Bst. a RDV zu betrachten.

5.5 Der Beschwerdeführer brachte sinngemäss vor, die irakische Botschaft verzögere respektive verweigere die Ausstellung der verlangten Reisedokumente ohne konkrete Angabe von Gründen und handle damit willkürlich.

5.6 Die Vorinstanz ging vorerst während längerer Zeit davon aus, Personen aus dem Zentral- oder dem Nordirak könnten sich keine gültigen heimatlichen Reisedokumente mehr beschaffen und seien deshalb grundsätzlich als schriftenlos zu betrachten (vgl. Kreisschreiben des Bundesamtes für Flüchtlinge [BFF] zu den Massnahmen im Asylbereich nach Verschärfung der Lage im Irak vom 18. August 2003 [Asyl 52.5.1]). Anfang 2005 ging die irakische Vertretung in der Schweiz in der Folge des Wiederaufbaus der administrativen Strukturen im Irak jedoch wieder dazu über, ihren hierzulande wohnhaften Staatsangehörigen - auf entsprechendes Gesuch hin - heimatliche Reisepässe auszustellen. Nachdem zwischenzeitlich Pässe der (allgemein anerkannten) Serie "G" eingeführt und ausgestellt worden waren, fand auf Anfang des Jahres 2010 erneut eine Umstellung statt: Seither ist nur noch die Ausstellung von Pässen der neu eingeführten Serie "A" vorgesehen; Pässe der Serie "G" können dementsprechend nicht mehr beantragt werden. Diese Umstellung hat offenbar zu gewissen technischen Verzögerungen geführt. Auf der Internetseite der irakischen Vertretung in Deutschland wird denn auch darauf hingewiesen, dass die irakischen Behörden keine Passanträge der Serie "A" mehr entgegen nehmen, bis das neue System zur Passausstellung installiert werde. Der Annahmestopp sei zudem vorübergehend, weshalb alle irakischen Bürger gebeten seien, bis auf Weiteres keine Anträge mehr zu schicken. Sobald das neue System zur Verfügung stehe, würden wieder Termine vereinbart (vgl. www.iraqiembassy-berlin.de/docs/de/konsulat7_de.php, besucht am 18. September 2013). Auf diese Probleme, Anträge entgegenzunehmen und zu bearbeiten, weisen auch die vom Beschwerdeführer eingereichten Bestätigungsschreiben hin (vgl. Schreiben vom 27. Mai 2009 und Schreiben vom 26. Januar 2011). Neueren Auskünften der irakischen Botschaft in Bern zufolge müssen in der Schweiz lebende irakische Staatsangehörige ihre Anträge betreffend Ausstellung eines Passes der Serie "A" persönlich bei der irakischen Botschaft in Paris stellen. Vorausgesetzt wird, dass die betroffene Person über einen irakischen Personalausweis (Hawitt Al Ahwal Al-Medanie) und die irakische Staatsangehörigkeitsurkunde (Shahadit al-Jensie) verfügt. Mit diesen Dokumenten sowie Passfotos muss vorerst bei der irakischen Botschaft in Bern vorgesprochen werden. Nachdem die Unterlagen dort vorbereitet und bearbeitet wurden, müssen sämtliche Unterlagen persönlich bei der irakischen Botschaft in Paris eingereicht werden, wozu ein Termin zu vereinbaren ist (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-5168/2010 vom 22. Oktober 2012 E. 4.3.2). Dies entspricht auch dem vom Beschwerdeführer eingereichten Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft vom 13. Oktober 2011.

5.7 Bloss vorübergehende, technisch oder organisatorisch bedingte Verzögerungen bei der Passausstellung sind zwar unbefriedigend, jedoch für sich alleine nicht ausreichend, die Unmöglichkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Bst. b RDV und damit die Schriftenlosigkeit des ausländischen Staatsangehörigen zu begründen. Dem Heimatstaat ist in der Ausübung seiner Passhoheit ein grosser Ermessensspielraum zuzugestehen (vgl. Urteil C-2490/2007 / C-2491/2007 / C-2492/2007 vom 5. März 2009 E. 4.3), da ansonsten in solchen Situation auf breiter Basis von Schriftenlosigkeit auszugehen wäre, und die Schweiz regelmässig gehalten wäre, in die völkerrechtlich verankerte Passhoheit und damit in die Souveränität anderer Staaten einzugreifen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
C-5168/2010 vom 22. Oktober 2012 E. 4.4).

5.8 Im Falle des Beschwerdeführers kann im heutigen Zeitpunkt - im Gegensatz zur summarischen Beurteilung im Rahmen der Zwischenverfügung vom 8. November 2011 - nicht mehr von einer bloss vorübergehenden und daher unerheblichen Verzögerung der Ausstellung ausgegangen werden. Der Beschwerdeführer bemühte sich seit 2008 und somit über einen Zeitraum von rund fünf Jahren regelmässig erfolglos bei der irakischen Vertretung um die Ausstellung von Reisepapieren, was durch die glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers sowie die sechs in den bisherigen Verfahren insgesamt eingereichten Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft (datiert auf den 11. Juni 2008, 27. Mai 2009, 3. Februar 2010, 21. April 2010, 26. Januar 2011 und 13. Oktober 2011) dokumentiert ist.

5.9 Da es gemäss Aktenlage für irakische Staatsbürger derzeit möglich ist, sich in Paris ein heimatliches Passdokument ausstellen zu lassen, haben die schweizerischen Behörden daher gegebenenfalls dem Beschwerdeführer die zur Beschaffung eines Passes in Frankreich notwendigen Ersatzreisedokumente auszustellen. Allerdings ist der Sachverhalt, welcher für eine abschliessende Beurteilung der Frage, welche Papiere durch die Schweiz auszustellen sind, noch nicht hinreichend geklärt, so dass eine Rückweisung des Verfahrens an die Vorinstanz zwecks Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung zu erfolgen hat (Art. 61 Abs. 1 VwVG).

5.10 Dabei sind vom BFM nachfolgende Sachverhaltselemente zu klären: In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob es weiterhin möglich ist, die Grundlagenpapiere, die dem Beschwerdeführer zur Ausstellung des Passes fehlen (vgl. dazu das Bestätigungsschreiben der Botschaft vom 21. April 2010), über einen Stellvertreter in Bagdad zu beschaffen. Sofern dies möglich ist, liegt es am Beschwerdeführer, diese Dokumente zu beschaffen. Liegen diese vor, muss in einem nächsten Schritt dann in Erfahrung gebracht werden, ob die irakische Vertretung in der Schweiz dem Beschwerdeführer ein Reisepapier ausstellen würde, um nach Paris zu gelangen. Erscheint dies nicht möglich, so hätten die schweizerischen Behörden die Ausstellung eines Ersatzreisepapiers gestützt auf Art. 6 RDV zu prüfen.

Sofern die Grundlagenpapiere - wie vom Beschwerdeführer behauptet - persönlich in Bagdad beschafft werden müssten, wäre zu prüfen, ob die irakische Vertretung in der Schweiz die dafür nötigen Reisepapiere ausstellt. Andernfalls läge es wiederum an den schweizerischen Behörden, die Ausstellung der für eine Reise nach Bagdad benötigten Ersatzreisepapiere zu prüfen.

6.

Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen soweit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt wird.

7.

7.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG) und der einbezahlte Kostenvorschuss ist zurückzuerstatten.

7.2 Als obsiegende Partei hat der Beschwerdeführer für die ihm erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten grundsätzlich Anrecht auf eine Parteientschädigung (Art. 64 Abs. 1 und Abs. 2 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
und Art. 8
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 8 Parteientschädigung
1    Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei.
2    Unnötiger Aufwand wird nicht entschädigt.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Da er im Verfahren jedoch nicht vertreten war, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt wird.

2.
Die angefochtene Verfügung vom 6. Oktober 2011 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Sachverhaltsergänzung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der einbezahlte Kostenvorschuss von Fr. 800.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.

4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Einschreiben; Beilage: Formular Zahladresse)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. N [...])

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Bendicht Tellenbach Linus Sonderegger

Versand:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : C-5942/2011
Date : 08. Oktober 2013
Published : 22. Oktober 2013
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Subject : Reisedokumente für ausländische Person


Legislation register
AuG: 59  83
BGG: 83
RDV: 1  4  6  10  32
VGG: 31  32  33  37
VGKE: 7  8
VwVG: 5  48  49  50  52  61  62  63  64  65
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2A.335/2006
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