Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung IV

D-2511/2021

Urteil vom8. Februar 2022

Richterin Nina Spälti Giannakitsas (Vorsitz),

Besetzung Richter David R. Wenger, Richter Yanick Felley,

Gerichtsschreiberin Angela Hefti.

A._______, geboren am (...),

Afghanistan,

Parteien vertreten durch MLaw Bülent Zengin,

Rechtsschutz für Asylsuchende - Bundesasylzentrum,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Asyl (ohne Wegweisungsvollzug);
Gegenstand
Verfügung des SEM vom 28. April 2021 / N (...).

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer - ein afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Ethnie aus der Provinz B._______ stammend - verliess Afghanistan gemäss eigenen Angaben im April/Mai 2020 und gelangte über den Iran, die Türkei, Bulgarien und Österreich am 13. Februar 2021 in die Schweiz, wo er gleichentags als unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender (UMA) ein Asylgesuch stellte.

B.
Am 16. Februar 2021 gelangte das SEM mit Informationsersuchen bezüglich des Asylverfahrens des Beschwerdeführers an Bulgarien und Österreich. Am gleichen Tag antworteten die österreichischen Behörden, der Beschwerdeführer sei mit dem Geburtsdatum (...) 2006 in Österreich registriert. Es liege noch kein Sachentscheid vor. Mit Antwortschreiben vom 24. Februar 2021 führten die bulgarischen Behörden aus, der Beschwerdeführer sei in ihrem System mit dem Geburtsdatum (...) 2005 registriert. Es liege ebenfalls noch kein Sachentscheid vor.

C.
Am 19. März 2021 führte das SEM eine Befragung (Erstbefragung unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender [EB UMA]) durch.

D.
Am 26. März 2021 gab das SEM beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern ein Gutachten zur Altersschätzung in Auftrag. Das Altersgutachten vom 6. April 2021 bestätigte die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers.

E.
Am 19. April 2021 wurde der Beschwerdeführer einlässlich zu seinen Asylgründen angehört.

F.
Zur Begründung seines Gesuchs machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, sein Bruder habe eine militärische Ausbildung in der Türkei absolviert. Anschliessend habe dieser in der afghanischen Nationalarmee gedient, wo er eine hohe Position gehabt und ungefähr 150-170 Personen kommandiert habe. Weil er erfolgreich im Ausland studiert habe - dies sei unter anderem aufgrund von Facebook-Einträgen bekannt gewesen - hätten die Dorfbewohner vom Militärdienst seines Bruders gewusst, weswegen die Familie ins Visier der Taliban geraten sei. Die Taliban hätten seinem Vater einen Drohbrief (Anm. des Gerichts: datiert auf (...) August 2018) geschickt und verlangt, dass der Bruder des Beschwerdeführers seinen Militärdienst verlasse. Dies habe er aber nicht tun wollen, da er viel Zeit in seine Ausbildung investiert habe und seinem Heimatland habe dienen wollen. Eines Tages - ungefähr zehn Tage vor dem Ramadan 2019 - sei der Beschwerdeführer mit seinem Vater in einem Taxi vom Bazar unterwegs nach Hause gewesen als drei Motorradfahrräder mit sechs Taliban angehalten und seinen Vater aus dem Auto gezerrt hätten. Er habe dazwischen gehen wollen, sei aber von den Taliban mit einem Gewehrkolben niedergeschlagen worden. Er sei erst im Spital wieder aufgewacht; sein linker Arm sei gebrochen gewesen. Zuhause habe er vom Tod seines Vaters beim Taliban-Angriff und dem Drohbrief erfahren. Aus Angst vor den Taliban sei er fortan nur noch eine Woche beziehungsweise nicht mehr zur Schule gegangen und meist zuhause geblieben. Seine Familie habe Hilfe bei der Polizei gesucht, diese habe aber nichts tun können beziehungsweise sie hätte sich nicht an die Polizei gewandt, da diese sowieso nicht habe helfen können.

Ungefähr ein Jahr nach diesem Vorfall - und nachdem die Taliban mehrere Male versucht hätten, den Bruder des Beschwerdeführers zu töten - habe seine Mutter vor dem Haus einen zweiten an den Beschwerdeführer und seinen Bruder adressierten Drohbrief (Anm. des Gerichts: datiert auf Februar 2020) gefunden. In diesem sei sein Bruder erneut aufgefordert worden, den Militärdienst zu verlassen, oder den Beschwerdeführer den Taliban zu übergeben, ansonsten würde Letzterer wie sein Vater bestraft. Aus Furcht um sein Leben und vor einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban sei er dank der finanziellen Unterstützung seines Onkels und Bruders eineinhalb bis zwei beziehungsweise zwei bis zweieinhalb Monate später illegal aus Afghanistan ausgereist.

Zur Stützung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer seine Tazkira, einen Drohbrief der Taliban an seinen Vater, einen Drohbrief der Taliban an ihn und seinen Bruder, ein Diplom seines Bruders des «(...)», ein Diplom seines Bruders betreffend Weiterbildung, vier Fotos seines Bruders in Militäruniform sowie diverse medizinische Akten aus Afghanistan, Griechenland und der Schweiz betreffend seinen Herzfehler zu den Akten (alle in Kopie).

G.
Nachdem die Vorinstanz am 26. April 2021 den Entscheidentwurf - wohl versehentlich datiert auf den 28. April 2021 - der Rechtsvertretung zur Stellungnahme unterbreitet hatte, nahm diese am 27. April 2021 dazu Stellung. Die Vorinstanz wurde mit Nachdruck darum ersucht, den in Aussicht gestellten Entscheid zu überdenken. Der Beschwerdeführer habe sich in ungefähren Zeitangaben geäussert, da er noch sehr jung gewesen sei und deshalb keine genauen Angaben zu den Zeitspannen zwischen den Erlebnissen habe machen können, wobei auf seine Traumatisierung verwiesen wurde. Er habe erst von seiner Mutter vom ersten Drohbrief erfahren, weshalb seine diesbezüglichen Aussagen lediglich auf Hörensagen basieren würden. In seiner freien Rede habe er sich substantiiert, lebensnah und unter Zuhilfenahme von Gesten zum Taliban-Vorfall geäussert. Seine Schilderungen bezüglich der zentralen Asylgründe seien für einen 15-jährigen UMA mit eher geringer Schulbildung ausreichend erlebnisbasiert. Bezüglich des weiteren Inhalts der Stellungnahme kann auf die Akten verwiesen werden.

H.
Mit Verfügung vom 28. April 2021 - gleichentags eröffnet - lehnte das SEM das Asylgesuch des Beschwerdeführers im Rahmen des beschleunigten Verfahrens ab und ordnete die Wegweisung an, nahm den Beschwerdeführer jedoch wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in der Schweiz vorläufig auf.

I.
Mit Eingabe vom 27. Mai 2021 liess der Beschwerdeführer durch seine bisherige Rechtsvertretung gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erheben. Beantragt wurde die Aufhebung der angefochtenen Verfügung, die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und die Asylgewährung sowie eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. In prozessualer Hinsicht wurde um vollumfängliche unentgeltliche Rechtspflege sowie Verzicht auf Kostenvorschuss ersucht.

J.
Mit Zwischenverfügung vom 3. Juni 2021 stellte die Instruktionsrichterin fest, der Beschwerdeführer dürfe den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten und hiess das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie um Befreiung von der Kostenvorschusspflicht gut. Das Gesuch um Beiordnung eines amtlichen Rechtsbeistandes wies sie jedoch ab, da es sich um eine zugewiesene unentgeltliche Rechtsvertretung im Sinne von Art. 102h
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 102h Rechtsvertretung - 1 Jeder asylsuchenden Person wird ab Beginn der Vorbereitungsphase und für das weitere Asylverfahren eine Rechtsvertretung zugeteilt, sofern die asylsuchende Person nicht ausdrücklich darauf verzichtet.
AsylG handelte, deren Leistungen vom Bund nach Massgabe von Art. 102k
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 102k Entschädigung für die Beratung und Rechtsvertretung - 1 Der Bund richtet dem Leistungserbringer durch Vereinbarung und auf Grundlage von kostengünstigen Lösungen eine Entschädigung für die Erfüllung namentlich folgender Aufgaben aus:
AsylG entschädigt werden.

K.
In seiner Vernehmlassung vom 10. Juni 2021 hielt das SEM vollumfänglich an seinen Erwägungen fest.

L.
Die vorinstanzliche Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer am 15. Juni 2021 zur Kenntnis gebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196822 über das Verwaltungsverfahren (VwVG).
VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5 - 1 Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
1    Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
a  Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
b  Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c  Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
2    Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25
3    Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 33 Vorinstanzen - Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen:
VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 32 Ausnahmen - 1 Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig (Art. 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005367 Beschwerde geführt werden.
AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Entscheide über die ordentliche Einbürgerung;
c  Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend:
c1  die Einreise,
c2  Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt,
c3  die vorläufige Aufnahme,
c4  die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung,
c5  Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen,
c6  die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer;
d  Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die:
d1  vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen,
d2  von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt;
e  Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal;
f  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn:
fbis  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200964;
f1  sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder
f2  der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201962 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht;
g  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
h  Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen;
i  Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes;
j  Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind;
k  Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht;
l  Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt;
m  Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt;
n  Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
n1  das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung,
n2  die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten,
n3  Freigaben;
o  Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs;
p  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:69
p1  Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren,
p2  Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199770,
p3  Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201072;
q  Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend:
q1  die Aufnahme in die Warteliste,
q2  die Zuteilung von Organen;
r  Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3473 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200574 (VGG) getroffen hat;
s  Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend:
s1  ...
s2  die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters;
t  Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung;
u  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201577);
v  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe;
w  Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
x  Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201681 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt;
y  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung;
z  Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201684 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
BGG).

1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG61, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
VGG und Art. 6
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6 Verfahrensgrundsätze - Verfahren richten sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196810 (VwVG), dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 200511 und dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200512, soweit das vorliegende Gesetz nichts anderes bestimmt.
AsylG).

1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005367 Beschwerde geführt werden.
und Art. 108 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 108 Beschwerdefristen - 1 Im beschleunigten Verfahren ist die Beschwerde gegen einen Entscheid nach Artikel 31a Absatz 4 innerhalb von sieben Arbeitstagen, gegen Zwischenverfügungen innerhalb von fünf Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
AsylG; Art. 48 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 48 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
sowie Art. 52 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 52 - 1 Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
1    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
2    Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein.
3    Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten.
VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden die Fragen der Flücht-lingseigenschaft, des Asyls und der verfügten Wegweisung. Der Wegwei-sungsvollzug ist nicht mehr zu prüfen, nachdem die Vorinstanz den Beschwerdeführer wegen Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs vorläufig aufgenommen hat.

3.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 106 Beschwerdegründe - 1 Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

4.
Im Sinne eines Eventualantrages beantragte der Beschwerdeführer zunächst die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Dieser Antrag wurde in der Folge kaum begründet, weshalb - auch in Anbetracht der nachfolgenden Erwägungen, insbesondere hinsichtlich der Befragungsumstände eines UMAs - auf weitere diesbezügliche Ausführungen verzichtet werden kann. Das Gericht entscheidet in der Sache selbst (vgl. Art. 61 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 61 - 1 Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.
1    Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.
2    Der Beschwerdeentscheid enthält die Zusammenfassung des erheblichen Sachverhalts, die Begründung (Erwägungen) und die Entscheidungsformel (Dispositiv).
3    Er ist den Parteien und der Vorinstanz zu eröffnen.
VwVG).

5.

5.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 2 Asyl - 1 Die Schweiz gewährt Flüchtlingen auf Gesuch hin Asyl; massgebend ist dieses Gesetz.
AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
AsylG).

5.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 7 Nachweis der Flüchtlingseigenschaft - 1 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachweisen oder zumindest glaubhaft machen.
AsylG; vgl. zur Glaubhaftmachung BVGE 2015/3 E. 6.5.1 m.w.H.).

6.

6.1 Das SEM hielt zur Begründung seiner Verfügung fest, es gehe davon aus, dass der Bruder des Beschwerdeführers in der afghanischen Nationalarmee gedient habe. Es schliesse ebenfalls nicht aus, dass sein Vater zunächst bedroht und später getötet worden sei - die Vorinstanz bedauere die tragischen Umstände und die vom Beschwerdeführer erlittenen Misshandlungen. Es habe sich bei diesem Ereignis aber um eine einmalige und nun abgeschlossene Bedrohung gegenüber seiner Familie gehandelt. Der Überfall durch die Taliban stehe nicht in einem Zusammenhang mit seiner späteren Ausreise aus Afghanistan, weshalb dieser nicht mehr als fluchtauslösendes Ereignis gewertet werden könne. Auch die generell schlechte Sicherheitssituation in Afghanistan entfalte keine Asylrelevanz.

Zwar könnten Familienangehörige einer Person, die für die Regierung tätig sei, einer Reflexverfolgung durch die Taliban ausgesetzt sein. Die Angaben des Beschwerdeführers, er sei kurz vor seiner Ausreise durch die Taliban verfolgt worden, seien allerdings nicht glaubhaft. Er habe in Bezug auf den Erhalt des ersten Drohbriefs und seiner Ausreise verschiedentlich widersprüchliche und ungenaue Angaben gemacht. So habe er bei der EB UMA angegeben, er habe von den Taliban einen Drohbrief erhalten, weshalb er die Schule habe abbrechen müssen und in die Schweiz gekommen sei. Er habe angegeben die achte Klasse nicht abgeschlossen zu haben und vierzehn Jahre alt gewesen zu sein, als er die Schule verlassen habe. Hingegen habe er bei der Anhörung gesagt, er sei nach dem Tod des Vaters nur kurz, ungefähr eine Woche in die Schule gegangen. Weil sein Vater ein Jahr vor dem zweiten Drohbrief gestorben sei und er im Jahr 2020 noch die Schule besucht habe, würden seine Angaben zu diesem zentralen Ereignis - auch vor dem Hintergrund seines Alters (dem das SEM im Übrigen zusammen mit seiner Schulbildung Rechnung getragen habe) - nicht stimmen.

Hinsichtlich des Datums des zweiten Drohbriefs habe der Beschwerdeführer unpräzise und widersprüchliche Angaben gemacht. Er habe bei der EB UMA gesagt, diesen vor ungefähr zwei Jahren erhalten zu haben, somit im Jahr 2019. Er habe sich nicht an den Monat erinnern können, habe den Brief aber zwei bis vier Monate nach dem Tod seines Vaters erhalten. In der Anhörung habe er dann bestätigt, den zweiten Drohbrief ungefähr ein Jahr nach dem Tod seines Vaters erhalten zu haben. Der erste Drohbrief sei am (...) August 2018 ausgestellt worden. Sein Vater sei angeblich zwei oder drei Monate nach Erhalt des ersten Drohbriefs gestorben - er müsse also zwischen Oktober und November 2018 verstorben sein. Der Beschwerdeführer habe in der Anhörung aber gesagt, die Bedrohungen hätten erst im Jahr 2019 begonnen. Er hätte den zweiten Drohbrief demnach zwischen Oktober und November 2019 erhalten müssen. Der zweite Drohbrief sei aber auf den 2. Februar 2020 datiert. Seine Angaben zum Ausreisedatum seien ebenfalls unklar ausgefallen (Ausreise vor ein oder eineinhalb Monaten [EB UMA] beziehungsweise vor zwei bis zweieinhalb Monaten [Anhörung]). An anderer Stelle habe er angegeben, vor 10 Monaten (ab Datum EB UMA) ausgereist zu sein, was Mai 2020 bedeuten würde. Es bestehe ein erheblicher Unterschied darin, ob er nach Erhalt des Drohbriefs nach einem Monat oder erst nach drei Monaten ausgereist sei. Weiter habe er einerseits in der EB UMA ausgesagt, Afghanistan mit zwei Freunden verlassen zu haben, während er andererseits bei der Anhörung gesagt habe, sein Onkel habe einen Schlepper organisiert. In Begleitung von sechs bis sieben Personen habe er Afghanistan verlassen. Auf den Widerspruch angesprochen, habe er bloss gesagt, er habe diese Freunde in der Unterkunft kennengelernt und versucht bei ihnen zu bleiben. Diese Erklärung vermöge nicht zu überzeugen, zumal er die organisierte Ausreise durch den Schlepper bei der EB UMA nicht erwähnt habe.

Es sei auch widersprüchlich, dass er bei der EB UMA angegeben habe, er sei nach Erhalt des Drohbriefs zur Polizei gegangen, er aber bei der Anhörung angegeben habe, er habe sich nicht an die Behörden gewandt. Auf die unterschiedliche Darstellung angesprochen, habe er gemeint, die Polizei habe nicht helfen können. Er sei langsam müde geworden und habe deshalb Erinnerungslücken. Das SEM habe Verständnis für seine Müdigkeit aufgrund des Ramadans und der Befragungssituation. Es seien aber regelmässig Pausen gemacht worden, inklusive einer Mittagspause von eineinhalb Stunden. Die Müdigkeit erkläre seine unterschiedlichen Angaben nicht, zumal er konkret auf die behördliche Schutzsuche angesprochen worden sei. Deshalb sei davon auszugehen, dass er die Umstände des Ramadans als Erklärung für seine unterschiedlichen Darstellungen hinzuziehen wolle. Aufgrund dieser Widersprüche entstünden schwerwiegende Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen.

Seine Ausführungen zur Zeit zwischen dem Tod seines Vaters, allfälliger Sicherheitsvorkehrungen und seiner Ausreise beziehungsweise dem zweiten angeblichen Drohbrief seien ungenau, vage und unsubstantiiert ausgefallen. Einerseits habe er angegeben, ihm sei die Gefahr gegenüber der Familie nach dem Tod des Vaters bewusst geworden. Gleichzeitig habe er gesagt, er sei damals noch jung gewesen und habe nicht erwartet, in Gefahr zu geraten, was sich mit dem Drohbrief geändert habe. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er zum Zeitpunkt seiner Ausreise den genauen Inhalt des zweiten Drohbriefs nicht gekannt habe. Trotz seines jugendlichen Alters hätte er die Gründe für seine Ausreise in Erfahrung bringen und die diesbezüglichen Ängste und Gedanken erlebnigsgeprägt schilden können.

Schliesslich sei der eingereichte Drohbrief nicht fälschungssicher und beinhalte widersprüchliche Angaben (Rekrutierung und Todesdrohung), was dessen Echtheit wiederum in Zweifel ziehe. Aufgrund seines jungen Alters zum Zeitpunkt der Ausreise sei nicht ersichtlich, welchen Mehrwert die Taliban an ihm gehabt hätten. Die Taliban würden keine neuen Mitglieder anwerben, die ihnen gegenüber allenfalls eine oppositionelle Position einnehmen würden. Insgesamt könne ihm die geltend gemachte Reflexverfolgung im Zusammenhang mit dem zweiten Drohbrief nicht geglaubt werden.

6.2 Der Beschwerdeführer hielt in seiner Rechtsmitteleingabe fest, die Glaubhaftigkeitsprüfung sei selektiv und unsachgemäss ausgefallen. Er habe anlässlich der beiden Anhörungen konsistente und ausführliche Angaben zum Verfolgungsmotiv, den Verfolgungen durch die Taliban sowie zum Inhalt der Drohbriefe und den Gesprächen mit seiner Familie und Verwandten gemacht. Seine Ausführungen wiesen etliche Einzelheiten auf, ohne dass gegen die logische Konsistenz verstossen werde. Sie seien in sich stimmig und könnten von einer unbeteiligten Drittperson nicht ohne Weiteres nacherzählt werden. Zudem habe er stets kohärent erzählt. Seine Angaben stünden weder im Widerspruch zu Tatsachen und Herkunftsländerinformationen noch zu den eingereichten Beweismitteln. Er habe ausführliche und authentische Angaben zur Zeit nach dem Tod seines Vaters und dem Erhalt und Inhalt des zweiten Drohbriefs sowie zur Planung und Organisation seiner Ausreise durch seinen Onkel gemacht. Seine Ausführungen zum zweiten Drohbrief und wie seine Familie diesen erhalten habe, seien völlig ausser Acht gelassen worden. Unberücksichtigt geblieben seien auch sein Alter, sein Gesundheitszustand sowie seine Müdigkeit bei der Anhörung anlässlich des Ramadans. Seine in sich stimmigen Schilderungen würden zum Schluss führen, dass er wegen der Tätigkeit und Position seines Bruders in der Nationalarmee eine Verfolgung durch die Taliban zu befürchten habe.

Zum Vorhalt der Vorinstanz, es erstaune, dass er zum Zeitpunkt seiner Ausreise vom Inhalt des zweiten Drohbriefs nicht genügend Kenntnis gehabt habe, führte er aus, er sei darauf hingewiesen worden, nur das Wesentliche beziehungsweise zusammenfassend zu erzählen. Er habe den wesentlichen Inhalt des Drohbriefs vollständig wiedergegeben. Die Ermordung seines Vaters in seiner Anwesenheit, der ebenfalls einen Drohbrief erhalten habe, habe sich als Schicksal dargestellt, das ihm wohl ebenfalls drohen würde. Angesichts dieser traumatischen Erlebnisse und seines Kindesalters sei nachvollziehbar, dass er keinen Antrieb gehabt habe, den genauen Inhalt des Drohbriefs zu lesen, was im Übrigen für die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen spreche, zumal er diesen auch hätte auswendig lernen können. Es scheine weiter heikel, einem UMA aus einer äusserst summarischen EB UMA Widersprüche vorhalten zu wollen. Seine Schilderungen bezüglich der zentralen Gründe seien für einen traumatisierten UMA mit geringer Schulbildung ausreichend erlebnisorientiert und detailreich. Er habe die Drohungen der Taliban glaubhaft geschildert und durch die beiden Drohbriefe belegt. Die Würdigung dieser Beweismittel müsse im Gesamtkontext erfolgen.

Ferner würde sich die Vorinstanz auf unwesentliche Nebenpunkte beziehen, wie etwa unterschiedliche Angaben, ob er mit zwei Freunden oder mit einem Schlepper ausgereist sei, obwohl er diese habe schlüssig auflösen können. Zudem werde fast ausschliesslich auf zeitliche Ungereimtheiten abgestellt und der chronologisch stimmige Ablauf in seinen Ausführungen verkannt, selbst wenn sich in der exakten zeitlichen Einordnung vereinzelt kleinere Widersprüche ergeben würden. Ebenfalls sei die überspitzt formalistische Methodik der Glaubhaftigkeitsprüfung eines traumatisierten Kindes fragwürdig - dem Beschwerdeführer werde vorgeworfen, er habe einmal von ungefähr ein oder eineinhalb Monaten, ein anderes Mal von ungefähr zwei oder zweieinhalb Monaten gesprochen. Der Vorhalt der Vorinstanz zu den Jahresangaben zum Schulbesuch sei entschieden zurückzuweisen. An der EB UMA habe er gesagt, dass er mit sechs eingeschult worden sei und acht Jahre die Schule besucht habe, die achte Klasse aber nicht abgeschlossen habe. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz habe er nie gesagt, dass er im Jahr 2020 die Schule noch besucht habe. Er habe wiederholt angegeben, sein Vater sei vor zirka zwei Jahren getötet worden. Er sei heute ungefähr 16 Jahre alt, weshalb seine Angabe stimme, er habe die Schule mit 14 Jahren verlassen. Die Vorinstanz habe die Umrechnungen zwischen dem afghanischen und gregorianischen Kalender - der Beschwerdeführer sei im Jahr 1384 nach afghanischem Kalender geboren, das zwischen März 2005 und März 2006 liege - nicht gebührend berücksichtigt. Zudem spreche es für seine persönliche Glaubwürdigkeit, dass sich seine Angaben mit den Befunden aus dem Altersgutachten decken würden.

Tatsachenwidrig sei die Behauptung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe angegeben, die Bedrohungen hätten erst im Jahr 2019, 10 Tage vor dem Ramadan, somit Ende April 2019, stattgefunden. Mit Verweis auf Ziff. 7.01 EB UMA führte er aus, er habe auf die Frage nach dem Zeitpunkt des Angriffs und der Ermordung seines Vaters von 10 Tagen vor dem Ramadan gesprochen.

Zur Asylrelevanz führte der Beschwerdeführer aus, sein Bruder habe eine Führungsposition in der afghanischen Armee gehabt, weshalb nicht von einer einmaligen Verfolgung ausgegangen werden könne. Der Taliban-Vorfall zeige, dass die Bedrohung real sei und der Beschwerdeführer gezielt angegriffen worden sei. Da die Vorinstanz die Vorbringen bezüglich des ersten Drohbriefs und des Überfalls als glaubhaft erachte, sei nachvollziehbar, dass er in den Augen der Taliban der afghanischen Regierung nahestehe und die Furcht nach dem zweiten Drohbrief sowohl subjektiv als auch objektiv begründet erscheine. Bezüglich der subjektiven Furcht sei zu berücksichtigen, was die betroffene Person bereits erlebt habe und über welches Wissen sie bezüglich allfälliger Konsequenzen der Verfolgung verfüge. Er habe selbst massive Gewalt erlebt und dauerhafte Verletzungen davongetragen und sein Vater sei von den Taliban getötet worden. Aufgrund dieser Erlebnisse habe er grosse Furcht vor Verfolgung.

Es sei zu berücksichtigen, dass der Bruder des Beschwerdeführers von den Taliban mehrfach angegriffen worden sei. Weil in Afghanistan keine funktionierende und effiziente Schutzinfrastruktur zur Verfügung stehe, würden objektive Hinweise auf eine begründete Furcht vor Verfolgung vorliegen. Er habe seine Verfolgungssituation belegen können, indem er Fotos und Diplome seines Bruders eingereicht habe, der in der afghanischen Armee als Major gedient habe. Er verfüge über ein Gefährdungsprofil, womit eine erhöhte Gefahr bestehe, über die allgemeine Bedrohungslage hinaus Opfer gezielter Verfolgungshandlungen seitens der Taliban zu werden. Der Vorwurf der Vorinstanz, die Taliban hätten kein Interesse an ihm, sei realitätsfremd und stehe im Widerspruch zur Länderinformation. Gemäss verschiedener Länderberichte würden die Taliban Kinder zwangsrekrutieren. Im Falle einer Weigerung sei mit schwerer körperlicher Schädigung oder Tötung zu rechnen. Überdies liege es nicht am Beschwerdeführer die Logik der Verfolger nachvollziehen zu müssen. Nachdem sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe, habe er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aktuell auch künftige begründete Furcht vor Verfolgung. Es sei auch gemäss der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine funktionierende und effiziente Schutzinfrastruktur vorhanden. Als Familienangehöriger einer Person, die für die Regierung tätig gewesen sei, sei er einer Reflexverfolgung durch die Taliban ausgesetzt, weshalb er die Flüchtlingseigenschaft erfülle.

7.

7.1 Es wird vom SEM nicht bestritten, dass der Bruder des Beschwerdeführers im Ausland militärisch ausgebildet wurde und eine hohe Position in der afghanischen Armee innehatte. Auch das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung dazu, dieses Vorbringen in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer hat substantiiert von der militärischen Karriere seines Bruders erzählt, der aufgrund seiner Leistungen in der Türkei eine Militärakademie besuchen konnte. Dies wird durch die eingereichten Beweismittel (zwei Diplome des Bruders betreffend Aus- und Weiterbildung sowie vier Fotos des Bruders in Militäruniform und mit Kommilitonen vor einem türkischen Militärgebäude) belegt. Seinen substantiierten Ausführungen ist zu entnehmen, dass sein Bruder sowohl gegen die Taliban als auch den sogenannten Islamischen Staat gekämpft hat, in den Provinzen C._______ und D._______ verschiedene Stämme leitete und etwa 150-170 Soldaten kommandierte (vgl. Anhörung F75-78). Diesen insgesamt übereinstimmenden Angaben zufolge erlangte sein Bruder durch seine militärische Karriere und dem Studium im Ausland Bekanntheit im Heimatdorf.

7.2 Wie die Vorinstanz betrachtet das Gericht die Erklärungen zum ersten Drohbrief sowie die Umstände betreffend den Taliban-Angriff ebenfalls als glaubhaft. Seine Erklärungen zur Weigerung des Bruders, seine militärische Karriere zu beenden, weil er so lange studiert habe und dem Heimatland habe dienen wollen (vgl. Anhörung F57), sind hinreichend detailliert und realistisch. Auch den Taliban-Angriff hat der Beschwerdeführer anhand von zahlreichen Realkennzeichen (der Gewehrkolben, die Motorräder der sechs Taliban und die Schläge, vgl. Anhörung F111) detailliert veranschaulicht und auch die beteiligten Personen und Ereignisse präzise umschrieben («Die anderen 4 standen immer noch vor dem Fahrzeug. Eine von diesen 2 hatte die Türe des Fahrzeugs geöffnet und der andere hat meinen Vater gepackt und rausgezogen. Der andere hat die Türe wieder zugemacht und mit seinem Waffenkolben 2 Mal geschlagen» vgl. Anhörung F111). Wie er bewusstlos geschlagen wurde und zuhause vom Tod des Vaters bei diesem Angriff sowie dem vorausgehenden Drohbrief erfahren hat sowie die Stimmung in dieser Zeit konnte er ebenso erlebnisbasiert schildern. Gemäss den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers wurde der Taliban-Angriff aufgrund der Tätigkeit seines Bruders auf den Vater verübt.

7.3 Zudem ist die geltend gemachte Verfolgung des Bruders des Beschwerdeführers sowie die entsprechende Reflexverfolgung mit den Gegebenheiten im afghanischen Kontext vereinbar. Gemäss aktueller Berichterstattung gehören Armeeangehörige zu den vulnerabelsten Personen überhaupt und sind aufgrund ihrer Exponiertheit einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt (vgl. The Danish Immigration Service, Afghanistan, Recent developments in the security situation, impact on civilians and targeted individuals, September 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060188/Afghanistan_Targetedindiv_FINAL.pdf , abgerufen am 7.12.2021). Demgemäss betrachten die Taliban Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte als Feinde ihrer Sache. Dies gilt umso mehr für Personen, welche sich in besonderer Weise exponiert haben - wie der ranghohe Bruder des Beschwerdeführers (vgl. Urteil des BVGer D-2720/2021 E. 6.2.1). Auch das SEM anerkennt schliesslich zu Recht, dass «Familienangehörige einer Person, die für die Regierung tätig ist, einer Reflexverfolgung durch die Taliban ausgesetzt sein [können]» (vgl. angefochtene Verfügung, S. 5).

7.4 Somit ist erstellt, dass die Familie des Beschwerdeführers in den Fokus der Taliban geraten war und ernsthafte Nachteile erlitten hatte. Die Vorinstanz bezweifelt indessen, dass die Bedrohungslage im Zeitpunkt der Ausreise, die ca. ein Jahr nach dem Tod des Vaters erfolgte, noch anhielt beziehungsweise geht das SEM davon aus, dass die Verfolgung mit der Ermordung des Vaters abgeschlossen gewesen sei. Diese Einschätzung überzeugt jedoch nicht.

7.4.1 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das ursprüngliche Verfolgungsmotiv der Taliban weiterhin Bestand hatte. Sein Bruder blieb als ranghohes Militärmitglied im Dienst der afghanischen Armee. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz besteht ein enger Kausalzusammenhang zwischen dem Taliban-Angriff, den der Beschwerdeführer miterlebt hat, und dem zweiten Drohbrief. Nach dem Tod des Vaters verübten die Taliban erfolglose Angriffe auf den Bruder des Beschwerdeführers; sodann übertrug sich die Verfolgung auf den Beschwerdeführer, als ältestes männliches Mitglied der Familie. Auch dies ist mit den Gegebenheiten vor Ort ohne weiteres in Übereinstimmung zu bringen.

7.4.2 Die Vorinstanz hat sodann zumindest implizit die Echtheit des ersten Drohbriefs anerkannt. Der in Format und Verfassungsart übereinstimmende zweite Drohbrief - dessen Authentizität das Gericht zwar nicht überprüfen kann (vgl. Urteil des BVGer E-1581/2018 vom 25. Februar 2020 E. 7.2) - stützt seine Schilderungen im Gesamtkontext. Die Umstände betreffend den zweiten Drohbrief und seine Ausreise hat der Beschwerdeführer präzise beschrieben (vgl. Anhörung F58, F62 und F66). Es findet sich insbesondere auch kein Bruch im Erzählstil der ersten (glaubhaften) Bedrohungslage und den Folgeereignissen. Die Aussagen sind vielmehr mit seiner bereits erlittenen Verfolgung verknüpft, wirken nicht übertrieben oder konstruiert und weisen verschiedene Realkennzeichen auf. So habe seine Mutter den Drohbrief auf dem Weg zum Vieh Hüten entdeckt. Dessen Inhalt hat er bereits anlässlich der EB UMA wiedergegeben (vgl. EB UMA Ziff. 7.01). Auch das Gespräch betreffend die Ausreise sowie seine Emotionen stellte er anschaulich dar. Er habe Angst gehabt, sich «sehr schlecht» gefühlt (vgl. Anhörung F155) und sich gefragt, «was wollen die [Taliban] von mir in diesem jungen Alter» (vgl. Anhörung F146). Zum zweiten Drohbrief machte er somit insgesamt konsistente Angaben.

7.4.3 Die vom SEM aufgeführten Ungereimtheiten sind, wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, entweder nicht stichhaltig, weil sie auf falschen Grundannahmen fussen, oder beziehen sich nur auf Unwesentliches.

7.4.3.1 Zunächst ist auffallend, dass sich die Vorinstanz auf teilweise schwer nachvollziehbare zeitliche Unstimmigkeiten berufen hat, die offensichtlich auf einseitigen, ungenauen oder formalistischen Berechnungen beruhen. Gesamthaft verwendete der Beschwerdeführer keine konkreten (gregorianischen) Zeitangaben, sondern setzte diese stets in den Kontext der Ereignisse. Gefragt nach dem Ausreisedatum gab er beispielsweise an, er sei «vor circa 10 Monaten [ab Datum EB UMA] ausgereist» (vgl. EB UMA Ziff. 5.01) und der Überfall der Taliban habe «ungefähr 10 Tage vor dem Ramadan [2019]» stattgefunden (vgl. EB UMA Ziff. 7.01). Seine zeitlichen Angaben waren dennoch stets in sich konsistent und konzeptionell mit seinen Erlebnissen, dem örtlichen, zeitlichen sowie biographischen Kontext im Einklang. Allenfalls verbleibende unwesentliche Abweichungen bei Zahlen- und Datenangaben vermögen die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen nicht in Zweifel zu ziehen und dürfen ihm vorliegend nicht vorgehalten werden (vgl. Stephan Parak, Was stimmt denn jetzt?, in: Ludewig/Baumer/Tavor [Hrsg.], Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, 2017, S. 391).

7.4.3.2 Dem Vorhalt der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe widersprüchliche Zeitangaben zum Zeitpunkt des Erhalts des zweiten Drohbriefs und seiner Ausreise gemacht, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer wurde nach afghanischem Kalender im Jahr 1384 geboren. Gemäss der Anmerkung der dolmetschenden Person liegt dieses Datum im gregorianischen Kalender zwischen März 2005 und März 2006 (vgl. EB UMA Ziff. 1.06) und nicht zwingend im Jahr 2006. Offenbar hat das SEM das Jahr 2006 als Grundlage für seine Berechnungen verwendet, weshalb es zum Schluss kam, er habe die Schule erst im Jahr 2020 verlassen, was angesichts des Erhalts des zweiten Drohbriefs im Februar 2020 nicht stimmen könne. Allerdings hat der Beschwerdeführer selbst nie gesagt, er habe die Schule im Jahr 2020 verlassen, sondern angegeben, mit sechs Jahren - also im Jahr 2011 oder 2012 - eingeschult worden zu sein und in der achten Klasse die Schule verlassen zu haben (vgl. EB UMA Ziff. 1.17.04). Im Jahr 2019 oder 2020 war er also in der achten Klasse. Somit sind seine Angaben, er habe die Schule aufgrund der Bedrohungslage im Zusammenhang mit dem ersten Drohbrief - also im Jahr 2019 - verlassen, in sich stimmig und nachvollziehbar. Auch stellt seine Aussage in der Anhörung, er habe die Schule nach dem Tod des Vaters noch eine Woche besucht, eine Konkretisierung dar. Ebenso stimmen seine Antworten zu Vertiefungsfragen bezüglich des Alters seiner Mutter bei seiner Geburt sowie seines Alters bei der Einschulung und in der achten Klasse mit den übrigen Zeitangaben überein und passen in die Chronologie seiner Verfolgungsgeschichte (vgl. EB UMA Ziff. 1.16.04 und 1.17.04).

7.4.3.3 Das SEM geht sodann stets davon aus, dass das Datum des Erhalts der Drohbriefe mit dem Ausstellungsdatum übereinstimmt. Diese Annahme überzeugt nicht, da sein Vater zwei oder drei Monate nach dem Erhalt des ersten Drohbriefs - nicht drei Monate nach Ausstellungsdatum - getötet worden ist (vgl. EB UMA Ziff. 7.02). Der erste Drohbrief ist zwar auf den (...) August 2018 datiert, was jedoch nicht mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung oder Übergabe übereinstimmen muss. Im ruralen Afghanistan ist es durchaus möglich, dass ein Drohbrief erst einige Zeit später bekannt wird, was mit dem Taliban-Vorfall im April 2019 und den stets übereinstimmenden Aussagen des Beschwerdeführers vereinbar ist. So hat denn auch sein Vater «an einem Tag früh am Morgen» vor dem Haus den Drohbrief gefunden (vgl. Anhörung F57). Zudem hatte seine Familie dem Beschwerdeführer zunächst nichts vom ersten Drohbrief erzählt, weshalb selbst verbleibende zeitliche Ungenauigkeiten angesichts der im Übrigen glaubhaften Angaben kein gewichtiges Indiz gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen sind. Schliesslich ist auch nachvollziehbar, dass der zweite Drohbrief, ausgestellt im Februar 2020, ungefähr im Februar/März 2020 von der Mutter gefunden wurde, was mit dem Ausreisezeitpunkt im April/Mai 2020 vereinbar ist. Damit fallen auch die vermeintlichen Widersprüche bezüglich des zeitlichen Ablaufs in sich zusammen.

7.4.3.4 Auch dem Vorwurf der fehlenden Plausibilität kann nicht gefolgt werden; Zwangsrekrutierung von Minderjährigen, auch mittels Drohbriefen, sind in Afghanistan Alltag: «Die Rekrutierung von Kindern für die Taliban [bedeutet] im Allgemeinen nicht [...], dass Taliban-Kommandeure Kinder mit vorgehaltener Waffe aus ihren Familien holen, sondern dass mit anderen Mitteln (einschließlich Drohungen) Druck auf die Familie ausgeübt wird» (vgl. European Asylum Support Office [EASO], Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan - Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen, 2016, S. 48, , abgerufen am 7.1.2022). Weil er wie die Taliban Paschtune ist, ist auch ein Interesse ihrerseits am Beschwerdeführer nachvollziehbar. Hierzu wandte er auf Beschwerdeebene zu Recht ein, von ihm könne nicht erwartet werden, das Verhalten seiner Verfolger zu erklären (vgl. Urteil des BVGer E-2720/2021 vom 19. Oktober 2021 E. 6.1).

7.4.3.5 Entgegen der Ansicht der Vorinstanz spricht für die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen, dass er den Inhalt des Briefs an der EB UMA nicht wortwörtlich, sondern summarisch - inhaltlich aber korrekt - wiedergegeben hatte (EB UMA Ziff. 7.01). Dass er seine Ermordung, nicht aber die Zwangsrekrutierung (die im Weigerungsfall ebenso den Tod nach sich gezogen hätte), bei der EB UMA erwähnt hatte, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen. Entgegen der Ansicht des SEM hatte er genügende Kenntnis vom zweiten Drohbrief. Es kann ihm nicht vorgehalten werden, er habe sich zu wenig über den Inhalt des Drohbriefs informiert, denn er «wusste, dass vorher [s]ein Vater sein Leben wegen so einem Brief verloren hat» (vgl. Anhörung F165). Auch seine Aussagen zur Gefahrensituation und Organisation der Ausreise schilderte er erlebnisgeprägt. Angesichts seines damals sehr jungen Alters von 14 Jahren ist sodann nachvollziehbar, dass die entsprechenden Entscheidungen von seinem Onkel und Bruder getroffen wurden. Es lässt sich auch kein Widerspruch bezüglich der Organisation durch den Schlepper erkennen. Bereits in seinen Ausführungen bei der EB UMA finden sich Hinweise auf den Schlepper (hohe Reisekosten von [...] Euros und die Organisation durch den Onkel, vgl. EB UMA Ziff. 5.02), wobei er äusserst kurz zum Reiseweg befragt wurde. Ohnehin dürfen dem minderjährigen Beschwerdeführer unwesentliche Aussagewidersprüche zwischen der summarischen EB UMA und der einlässlichen Anhörung gemäss konstanter Praxis nicht vorgehalten werden (vgl. statt vieler Urteil des BVGer E-5136/2019 vom 21. September 2021 E. 5.1).

7.4.3.6 Schliesslich lässt sich eine marginale Ungereimtheit hinsichtlich der Inanspruchnahme staatlicher Hilfe erkennen. Gerade in Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ereignisse noch sehr jung war, im Zusammenhang mit dem Tod des Vaters die Behörden involviert gewesen sein dürften und der Bruder ebenfalls Teil der Streitkräfte ist, sind diese Unstimmigkeiten jedoch zu relativieren. Aus dem Kontext und den Antworten des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er sich vor allem auf die Machtlosigkeit der Behörden berief, indem er bei der Anhörung erklärte, keine Hilfe in Anspruch genommen zu haben («die Behörden können sich selbst nicht schützen. Wie können sie uns helfen», vgl. Anhörung F164, siehe auch F174), und er bereits an der EB UMA erwähnte «sie [die Polizei] sagten, sie hätten keine Möglichkeiten, uns zu schützen (vgl. EB UMA Ziff. 7.02). Schliesslich wurde die Frage zur Inanspruchnahme staatlicher Hilfe am Ende der Anhörung gestellt. Sowohl sein Rechtsvertreter als auch der Beschwerdeführer wiesen auf seine Erschöpfung aufgrund seiner Herzkrankheit sowie des Ramadans hin (vgl. Anhörung F165 und F174). So bestätigte er auch, dass er aufgrund des Ramadans während der Anhörung weder esse noch trinke (vgl. Anhörung F108). Zwar wurden seine Herzprobleme und allgemeine Befindlichkeit angesprochen. Allerdings wurden ihm während der über sechsstündigen Befragung (von 9:00 bis 15:45 Uhr, inkl. Pausen) kaum offene Fragen gestellt und es lässt sich nach Durchsicht der Protokolle auch kein besonderes Vertrauensklima oder eine angemessene empathische Reaktion der befragenden Person erkennen (vgl. zur Anhörung von UMAs BVGE 2014/30 E. 2.4). Im Lichte dieser Umstände, die bei der Glaubhaftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sind, erscheinen seine konsistenten Ausführungen überwiegend glaubhaft.

7.5 In einer Gesamtwürdigung überwiegen die Gründe, die für die Richtigkeit der vorgebrachten Sachverhaltsdarstellung sprechen. Der Beschwerdeführer hat weitgehend substantiiert und schlüssige Aussagen zu den zentralen Asylgründen gemacht. Seine Erzählungen sind erlebnisbasiert wie es von einem UMA in Berücksichtigung aller Umstände erwartet werden kann. Die bestehenden Unstimmigkeiten lassen sich entweder auflösen oder sind als marginal zu qualifizieren. Dass er die nachfolgende Verfolgung hätte frei erfinden können, ist - unter Berücksichtigung eines infolge der glaubhaft gemachten Minderjährigkeit reduzierten Beweismasstabs - weitgehend auszuschliessen.

8.

8.1 Nach Lehre und Praxis setzt die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
AsylG voraus, dass die asylsuchende Person ernsthafte Nachteile von bestimmter Intensität erlitten hat, beziehungsweise solche im Fall einer Rückkehr in den Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft befürchten muss. Die Nachteile müssen gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive drohen oder zugefügt worden sein. Die betroffene Person muss zudem einer landesweiten Verfolgung ausgesetzt sein. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft ist die Frage, ob im Zeitpunkt der Ausreise eine Verfolgung oder eine begründete Furcht vor einer solchen bestand. Die Verfolgungsfurcht muss im Zeitpunkt des Asylentscheids noch aktuell sein. Veränderungen der objektiven Situation im Heimatstaat zwischen dem Ausreisezeitpunkt und dem Zeitpunkt des Asylentscheids sind deshalb zugunsten und zulasten der Asylsuchenden zu berücksichtigen (vgl. dazu BVGE 2013/11 E. 5.1; 2010/57 E. 2 und 2008/12 E. 5 je m.w.H.).

8.2 Der Beschwerdeführer machte geltend, aufgrund der militärischen Tätigkeit seines Bruders einer Reflexverfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Erstrecken sich Verfolgungsmassnahmen neben der primär betroffenen Person auf Familienangehörige und Verwandte, liegt eine Reflexverfolgung vor. Diese ist flüchtlingsrechtlich relevant, wenn die von der Reflexverfolgung betroffene Person ernsthaften Nachteilen im Sinne von Art. 3 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
AsylG ausgesetzt ist oder sie die Zufügung solcher Nachteile mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft befürchten muss (zum Begriff der Reflexverfolgung BVGE 2007/19 E. 3.3 m.w.H.).

8.3 Zwar kann die Sicherheitslage in Afghanistan nicht abschliessend beurteilt werden, sie hat sich jedoch nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 stark verschlechtert (vgl. Urteil des BVGer E-4649/2021 vom 15. November 2021 E. 7.4.1 und 7.4.2). Bereits bei der Beurteilung der Sicherheitslage in Afghanistan im Jahr 2017 (vgl. Urteil D-5800/2016 vom 13. Oktober 2017, als Referenzurteil publiziert) hatte das Gericht festgestellt, dass sich Gruppen von Personen definieren lassen, die in diesem Land aufgrund ihrer Exponiertheit einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Derzeit sind Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte besonders gefährdet (vgl. Urteil des BVGer D-2720/2021 E. 6.2.1). Der erste Drohbrief und die Tötung des Vaters richtete sich gegen das militärische Engagement des Bruders des Beschwerdeführers. Gezielt ins Visier der Taliban geriet der Beschwerdeführer spätestens mit dem zweiten Drohbrief, womit von einer Reflexverfolgung und einer politisch motivierten Verfolgung auszugehen ist.

8.4 Vorliegend wurde der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den erlittenen Misshandlungen und der Tötung seines Vaters bereits ernsthaften Nachteilen ausgesetzt. Angesichts der erneuten Bedrohung durch den zweiten Drohbrief war die Furcht vor Verfolgung des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Ausreise sowohl subjektiv als auch objektiv begründet. (vgl. BVGE 2010/9 E. 5.2). Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auch aktuell künftige Verfolgung vor Übergriffen seitens der Taliban zu befürchten hat (vgl. zur Regelvermutung, dass von erlittener, mit der Ausreise in Kausalzusammenhang stehender Vorverfolgung ohne Weiteres auf das Bestehen einer begründeten Furcht vor künftiger Verfolgung zu schliessen ist: BVGE 2009/51 E. 4.2.5 m.w.H.).

8.5 Angesichts der aktuellen Situation und des zusehends manifestierten Einflusses der Taliban in allen Landesteilen ist - mit Blick auf den nunmehr vollzogenen vollständigen Abzug der amerikanischen und ausländischen Streitkräfte und der faktischen Machtübernahme durch die Taliban (vgl. Afghanistan Analysts Network, The Moment in Between: After the Americans, before the new regime, 1. September 2021,
8.6 Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Bruder eines Armeeangehörigen sowie der erlittenen Nachteile zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan begründete Furcht vor Verfolgung hatte und auch heute, insbesondere angesichts der Machtübernahme durch die Taliban, begründete Furcht vor Verfolgung hegen muss. Das SEM hat demzufolge sein Asylgesuch zu Unrecht abgelehnt.

8.7 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen. Die angefochtene Verfügung ist aufzuheben, der Beschwerdeführer als Flüchtling anzuerkennen und das SEM ist anzuweisen, ihm in der Schweiz Asyl zu gewähren. Konkrete Hinweise für das Vorliegen von Asylausschlussgründen im Sinne von Art. 53
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 53 Asylunwürdigkeit - Flüchtlingen wird kein Asyl gewährt, wenn:
AsylG liegen aufgrund der Aktenlage nicht vor.

9.

9.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 63 - 1 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
1    Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
2    Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.
3    Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.
4    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102
4bis    Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107
und 2
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 63 - 1 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
1    Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
2    Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.
3    Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.
4    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102
4bis    Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107
VwVG).

9.2 Dem vertretenen Beschwerdeführer ist keine Parteientschädigung auszurichten, da es sich vorliegend um eine zugewiesene unentgeltliche Rechtsvertretung im Sinne von Art. 102h
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 102h Rechtsvertretung - 1 Jeder asylsuchenden Person wird ab Beginn der Vorbereitungsphase und für das weitere Asylverfahren eine Rechtsvertretung zugeteilt, sofern die asylsuchende Person nicht ausdrücklich darauf verzichtet.
AsylG handelt, deren Leistungen vom Bund nach Massgabe von Art. 102k
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 102k Entschädigung für die Beratung und Rechtsvertretung - 1 Der Bund richtet dem Leistungserbringer durch Vereinbarung und auf Grundlage von kostengünstigen Lösungen eine Entschädigung für die Erfüllung namentlich folgender Aufgaben aus:
AsylG entschädigt werden (vgl. auch Art. 111ater AsylG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2.
Der Beschwerdeführer wird als Flüchtling anerkannt.

3.
Die Verfügung des SEM vom 28. April 2021 wird aufgehoben und das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren.

4.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

5.
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Nina Spälti Giannakitsas Angela Hefti

Versand:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : D-2511/2021
Date : 08. Februar 2022
Published : 18. Februar 2022
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Asyl
Subject : Asyl (ohne Wegweisungsvollzug); Verfügung des SEM vom 28. April 2021


Legislation register
AsylG: 2  3  6  7  53  102h  102k  105  106  108
BGG: 83
VGG: 31  32  33  37
VwVG: 5  48  52  61  63
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
father • lower instance • afghanistan • departure • month • death • family • federal administrational court • day • question • hamlet • mother • tug • uncle • person concerned • meadow • knowledge • letter • life • evidence
... Show all
BVGE
2015/3 • 2014/30 • 2014/26 • 2013/11 • 2010/9 • 2009/51 • 2007/19
BVGer
D-2511/2021 • D-2720/2021 • D-5800/2016 • E-1581/2018 • E-2720/2021 • E-4649/2021 • E-5136/2019