Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1F_29/2011

Urteil vom 7. Dezember 2011
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

1. Verfahrensbeteiligte
XA.________,
2. XB.________,
3. XC.________,
Gesuchsteller,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Enrico Mattiello,

gegen

Y.________, Gesuchsgegner,

Politische Gemeinde Rorschacherberg, Goldacherstrasse 67, 9404 Rorschacherberg,
vertreten durch Fürsprecher Christoph Bernet,

Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen.

Gegenstand
Revision des bundesgerichtlichen Urteils 1C_225/2011 vom 8. September 2011.

Sachverhalt:

A.
Am 8. September 2011 wies das Bundesgericht die Beschwerde von XA.________, XB.________ und XC.________ gegen Y.________ ab (1C_225/2011). Es erlegte den Beschwerdeführern die Gerichtskosten auf (Disp.-Ziff. 2) und verpflichtete diese, Y.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen (Disp.-Ziff. 3).

B.
Am 28. Oktober 2011 haben XA.________, XB.________ und XC.________ ein Gesuch um Revision des bundesgerichtlichen Urteils eingereicht. Sie beantragen, Ziff. 3 des Dispositivs sei aufzuheben und es sei von einer Parteientschädigung an Y.________ abzusehen.

C.
Y.________ hat sich nicht vernehmen lassen.
Dagegen beantragt Fürsprecher Christoph Bernet im Auftrag des Gemeinderates Rorschacherberg, auf das Revisionsgesuch sei nicht einzutreten, eventualiter sei es abzuweisen. Er teilt mit, dass die Gemeinde Y.________ die Kosten des Verfahrens, einschliesslich der Kosten der anwaltlichen Vertretung, durch Kostenverfügung auferlegt habe. Das Bundesgericht habe diesem daher zu Recht eine Entschädigung zugesprochen.
Das Baudepartement und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Gesuchsteller wehren sich gegen die ihnen auferlegte Parteientschädigung; dazu sind sie legitimiert. Auf das rechtzeitig erhobene (Art. 124 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 124 Frist - 1 Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
1    Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
a  wegen Verletzung der Ausstandsvorschriften: innert 30 Tagen nach der Entdeckung des Ausstandsgrundes;
b  wegen Verletzung anderer Verfahrensvorschriften: innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids;
c  wegen Verletzung der EMRK111: innert 90 Tagen, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Artikel 44 EMRK endgültig geworden ist;
d  aus anderen Gründen: innert 90 Tagen nach deren Entdeckung, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids oder nach dem Abschluss des Strafverfahrens.
2    Nach Ablauf von zehn Jahren nach der Ausfällung des Entscheids kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser:
a  in Strafsachen aus den Gründen nach Artikel 123 Absatz 1 und 2 Buchstabe b;
b  in den übrigen Fällen aus dem Grund nach Artikel 123 Absatz 1.
3    Die besonderen Fristen nach Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008112 bleiben vorbehalten.113
BGG) und genügend begründete Revisionsgesuch ist somit einzutreten.

2.
Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat (Art. 121 lit. d
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
BGG).
Wie die Gesuchsteller zutreffend darlegen, ging das Bundesgericht im Entscheid 1C_225/2011 irrtümlich davon aus, dass der Beschwerdegegner Y.________ eine Vernehmlassung eingereicht und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt hatte (vgl. Sachverhalt, Abschnitt D, 2. Absatz). Tatsächlich aber hatte er sich im bundesgerichtlichen Verfahren nicht vernehmen lassen.
Die einzige Stellungnahme mit Antrag auf Abweisung der Beschwerde wurde vom Rechtsvertreter der Gemeinde Roschacherberg, Fürsprecher Christoph Bernet, eingereicht. Der Antrag der Gemeinde wird jedoch im bundesgerichtlichen Urteil nicht erwähnt.
Das Bundesgericht ging also irrtümlich davon aus, dass die von Rechtsanwalt Christoph Bernet verfasste Vernehmlassung im Auftrag des Beschwerdegegners Y.________ erfolgt sei, obwohl aus dem Einleitungssatz klar hervorging, dass der Anwalt im Auftrag des Gemeinderates Rorschacherberg handelte. Diese in den Akten liegende Tatsache wurde vom Bundesgericht aus Versehen nicht berücksichtigt.

3.
Diese Tatsache war für den Kostenentscheid des Bundesgerichts erheblich.
Praxisgemäss wird eine Parteientschädigung nur der obsiegenden Partei zugesprochen, die sich (i.d.R. anwaltlich vertreten) am bundesgerichtlichen Verfahren beteiligt hat und der dadurch (Anwalts-)Kosten entstanden sind (vgl. Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG und Art. 1 lit. a des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006 [SR 173.110.210.3]).
Hätte das Bundesgericht bemerkt, dass die Vernehmlassung von Fürsprecher Christoph Bernet im Auftrag der Gemeinde erfolgt war, hätte es keine Parteientschädigungen zugesprochen: Y.________ hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, weil ihm durch das bundesgerichtliche Verfahren keine (Anwalts-)Kosten entstanden sind, und die Gemeinde Rorschacherberg hat als erstinstanzlich verfügende Baubehörde, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG; vgl. BGE 134 II 117 E. 7 S. 118 f.).
Interne Abmachungen zwischen den Parteien über die Kostentragung werden beim Kostenentscheid praxisgemäss nicht berücksichtigt, weshalb es unerheblich ist, ob die Gemeinde Rorschacherberg mit Y.________ eine Regelung über die Kostentragung getroffen oder diesem die Kosten des Rechtsstreits überbunden hat. Im Übrigen hat sie diesen Umstand im bundesgerichtlichen Verfahren 1C_225/2011 auch nicht erwähnt.

4.
Nach dem Gesagten ist das Revisionsgesuch gutzuheissen und antragsgemäss zu entscheiden.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, keine Kosten zu erheben und die Parteientschädigung der Gesuchsteller aus der Gerichtskasse zu bezahlen (vgl. Urteil 1P.13/2003 vom 5. März 2003 E. 6, in: Pra 2003 Nr. 157 S. 866). Die Gemeinde Rorschacherberg hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 3 des Urteils 1C_225/2011 des Bundesgerichts vom 8. September 2011 aufgehoben.

2.
In diesem Punkt wird stattdessen neu wie folgt entschieden: "Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen".

3.
Im Revisionsverfahren werden keine Kosten erhoben.

4.
Den Gesuchstellern wird aus der Gerichtskasse eine Parteientschädigung von Fr. 800.-- für das Revisionsverfahren zugesprochen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Dezember 2011
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1F_29/2011
Datum : 07. Dezember 2011
Publiziert : 11. Januar 2012
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Raumplanung und öffentliches Baurecht
Gegenstand : Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_225/2011 vom 8. September 2011


Gesetzesregister
BGG: 68 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
121 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
124
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 124 Frist - 1 Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
1    Das Revisionsgesuch ist beim Bundesgericht einzureichen:
a  wegen Verletzung der Ausstandsvorschriften: innert 30 Tagen nach der Entdeckung des Ausstandsgrundes;
b  wegen Verletzung anderer Verfahrensvorschriften: innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids;
c  wegen Verletzung der EMRK111: innert 90 Tagen, nachdem das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nach Artikel 44 EMRK endgültig geworden ist;
d  aus anderen Gründen: innert 90 Tagen nach deren Entdeckung, frühestens jedoch nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids oder nach dem Abschluss des Strafverfahrens.
2    Nach Ablauf von zehn Jahren nach der Ausfällung des Entscheids kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser:
a  in Strafsachen aus den Gründen nach Artikel 123 Absatz 1 und 2 Buchstabe b;
b  in den übrigen Fällen aus dem Grund nach Artikel 123 Absatz 1.
3    Die besonderen Fristen nach Artikel 5 Absatz 5 Kernenergiehaftpflichtgesetz vom 13. Juni 2008112 bleiben vorbehalten.113
BGE Register
134-II-117
Weitere Urteile ab 2000
1C_225/2011 • 1F_29/2011 • 1P.13/2003
Stichwortregister
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bundesgericht • gemeinde • gesuchsteller • rechtsanwalt • kostenentscheid • beschwerdegegner • sachverhalt • dispens • gemeinderat • entscheid • verfahrensbeteiligter • bundesgesetz über das bundesgericht • prozessvertretung • gerichtskosten • anhörung oder verhör • lausanne • politische gemeinde • wiese • weiler
Pra
92 Nr. 157