Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

2C 1076/2019

Urteil vom 7. Januar 2020

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.B.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Amt für Inneres, Abteilung Migration, des Kantons Appenzell Ausserrhoden,
Departement Inneres und Sicherheit.

Gegenstand
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung / Wiederherstellung der Rechtsmittelfrist,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung,
vom 4. Juli 2019 (O4V 18 32).

Erwägungen:

1.

1.1. A.C.________ bzw. seit dem 19. Juni 2019 A.B.________, geb. 1992, ist türkische Staatsangehörige. Mit Urteil O4V 18 32 vom 4. Juli 2019 wies das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserhoden, 4. Abteilung, ihre Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war. Das Obergericht bestätigte damit, dass die Aufenthaltsbewilligung nicht zu verlängern sei. Gleichzeitig setzte das Obergericht A.B.________ eine neue Frist zum Verlassen der Schweiz, laufend bis spätestens zum 30. März 2020. Wie dem amtlichen Vermerk zu entnehmen ist, wurde das Urteil am 26. Juli 2019 versandt.

1.2. Mit undatierter Eingabe, dort eingegangen am 23. Dezember 2019, ersuchte A.B.________ beim Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden um Wiederherstellung der Rechtsmittelfrist des Urteils O4V 18 32 vom 4. Juli 2019. Gleichzeitig beantragte sie das Recht zur unentgeltlichen Rechtspflege. Im Wiederherstellungspunkt ging die kurze Begründung dahin, sie habe am 19. Juni 2019 geheiratet, am 7. September 2019 eine Tochter geboren und "eine schwere Zeit durchlebt", sodass sie "keine Möglichkeit gehabt" habe, sich gegen das streitbetroffene Urteil zur Wehr zu setzen. Mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 überwies das Obergericht die Eingabe zuständigkeitshalber an das Bundesgericht.

1.3. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen (Art. 32 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 32 Instruktionsrichter oder Instruktionsrichterin - 1 Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
1    Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
2    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin entscheidet als Einzelrichter beziehungsweise Einzelrichterin über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs.
3    Die Verfügungen des Instruktionsrichters oder der Instruktionsrichterin sind nicht anfechtbar.
BGG [SR 173.110]).

2.

2.1. Auf eine verspätete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 50 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 50 Wiederherstellung - 1 Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.
1    Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.
2    Wiederherstellung kann auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden; wird sie bewilligt, so wird das Urteil aufgehoben.
BGG nur einzutreten, wenn die beschwerdeführende Person einerseits nachweist, dass sie oder ihre Vertretung unverschuldet - durch Militär- oder Zivildienst, Krankheit, Landesabwesenheit oder andere erhebliche Gründe - an der rechtzeitigen Einreichung verhindert war (materielle Voraussetzung) und anderseits das Rechtsmittel innert 30 Tagen nach Wegfall der Hinderungsgründe einreicht (formelle Voraussetzung). Wird eine Krankheit (bzw. eine Mutterschaft) als Hinderungsgrund angerufen, muss die Beeinträchtigung praxisgemäss derart erheblich ausfallen, dass die beschwerdeführende Person durch sie geradezu davon abgehalten wird, innert Frist zu handeln oder eine Drittperson mit der notwendigen Vertretung zu betrauen (BGE 119 II 86 E. 2 S. 87; 112 V 255 E. 2a S. 255 f.; Urteil 2F 25/2019 vom 6. November 2019 E. 2.2.2).

2.2. Die Eröffnung des streitbetroffenen Urteils erfolgte am 26. Juli 2019. Die gesetzliche Frist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist auch in den Augen der Beschwerdeführerin verstrichen. Zwecks Fristwiederherstellung bringt sie lediglich vor, am 19. Juni 2019 geheiratet und am 7. September 2019 eine Tochter geboren zu haben. Dies allein vermag keine rechtserhebliche Verhinderung zu begründen: Die Heirat erfolgte mehr als einen Monat vor der Eröffnung des Urteils (26. Juli 2019), worauf es bis zur Niederkunft nochmals gut eineinhalb Monate dauerte. Weshalb es ihr in dieser Zwischenzeit unmöglich gewesen sein sollte, entweder eigenständig zu handeln oder ihre bisherige oder eine neue Rechtsvertretung mit der Sache zu betrauen, bleibt unklar. Diesen Nachweis hätte die Beschwerdeführerin aber zu erbringen gehabt. Das Gesuch entbehrt einer hinreichenden Begründung.

2.3. Die Möglichkeit eines "abstrakten", von einer konkreten Beschwerde losgelösten Fristwiederherstellungsgesuchs ist dem Bundesgerichtsgesetz ohnehin nicht bekannt. Wie das gestellte Rechtsbegehren vermuten lässt, scheint die Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass die neue 30-tägige Frist erst mit der Wiedereinsetzung in den früheren Stand zu laufen beginne. Dies findet aber im klar gehaltenen Art. 50 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 50 Wiederherstellung - 1 Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.
1    Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.
2    Wiederherstellung kann auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden; wird sie bewilligt, so wird das Urteil aufgehoben.
BGG keine Grundlage. Schon wegen Fehlens einer gleichzeitig eingereichten Beschwerde ist das Fristwiederherstellungsgesuch unzulässig.

2.4. Auf die Eingabe ist daher wegen offensichtlicher Unzulässigkeit bzw. offensichtlich fehlender hinreichender Begründung nicht einzutreten, was einzelrichterlich zu erfolgen hat (Urteile 9C 190/2011 vom 11. Mai 2011; 5F 2/2008 vom 7. April 2008).

3.
Nach dem Unterliegerprinzip sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
1    Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
2    Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien.
3    Sie beträgt in der Regel:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken.
4    Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten:
a  über Sozialversicherungsleistungen;
b  über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts;
c  aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken;
d  nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223.
5    Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4.
und Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 1 BGG). Mit Blick auf die besonderen Umstände kann von einer Kostenverlegung abgesehen werden (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 2 BGG), wodurch das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Rechtspflege gegenstandslos wird (BGE 144 V 120 E. 5 S. 126). Dem Kanton Appenzell Ausserrhoden, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt der Präsident:

1.
Auf die Eingabe wird nicht eingetreten.

2.
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Januar 2020

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2C_1076/2019
Date : 07. Januar 2020
Published : 17. Januar 2020
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Subject : Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung / Wiederherstellung der Rechtsmittelfrist


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BGG: 32  50  65  66  68
BGE-register
112-V-255 • 119-II-86 • 144-V-120
Weitere Urteile ab 2000
2C_1076/2019 • 2F_25/2019 • 5F_2/2008 • 9C_190/2011
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