Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-6586/2012
Urteil vom 7. Januar 2014
Einzelrichterin Regula Schenker Senn,
Besetzung mit Zustimmung von Richter Robert Galliker;
Gerichtsschreiberin Aglaja Schinzel.
A._______,
Parteien Sri Lanka,
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung;
Gegenstand
Verfügung des BFM vom 19. November 2012 / N (...).
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Beschwerdeführer, ein Tamile aus dem Distrikt Jaffna, seinen Heimatstaat gemäss eigenen Angaben am 19. Januar 2012 verliess und am 15. Februar 2012 im Empfangs- und Verfahrenszentrum B._______ um Asyl nachsuchte,
dass er anlässlich der Befragung zur Person vom 21. Februar 2012 und der eingehenden Anhörung vom 15. November 2012 im Wesentlichen vorbrachte, er sei im Jahr 2006 ins Vanni-Gebiet gegangen und habe dort gelebt, bis er sich nach Ende des Krieges der Armee gestellt habe und in das C._______ Camp in D._______ gebracht worden sei,
dass er sich bis zum 11. Oktober 2009 dort aufgehalten habe und nach seiner Freilassung nach E._______ zurückgekehrt sei,
dass im Jahr 2010 erstmals versucht worden sei, ihn mit einem weissen Van zu entführen, er jedoch habe entkommen können,
dass er schliesslich im September 2010 von einem weissen Van entführt worden und an einen ihm unbekannten Ort gebracht worden sei, wo er getreten und geschlagen worden sei,
dass er danach liegengelassen worden sei und Passanten ihn am nächsten Morgen nach Hause gebracht hätten, da er selber nicht habe aufstehen können,
dass er sich ab diesem Zeitpunkt an verschiedenen Orten versteckt gehalten habe, bis ihm schliesslich die Ausreise gelungen sei,
dass der Beschwerdeführer zum Beleg seiner Asylgründe eine Kopie seiner Identitätskarte, eine Übersetzung seiner Geburtsurkunde sowie eine Bestätigung über den Aufenthalt im Flüchtlingscamp zu den Akten reichte,
dass für die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Befragungsprotokolle (vgl. die vorinstanzlichen Akten A7 und A19) zu verweisen ist,
dass das BFM das Asylgesuch mit Verfügung vom 19. November 2012 (eröffnet am 22. November 2012) gestützt auf Art. 3 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) ablehnte und die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug anordnete,
dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 18. Dezember 2012 Beschwerde erhob und beantragte, die vorinstanzliche Verfügung sei aufzuheben und sein Asylgesuch gutzuheissen, eventualiter sei das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen und subeventualiter sei ihm die vorläufige Aufnahme aufgrund von Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzuges zu gewähren,
dass er in prozessualer Hinsicht um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung ersuchte,
dass er mit seiner Beschwerde eine Kopie einer "Certification of residency" mit englischer Übersetzung, eine Kopie eines IKRK-Dokumentes sowie Kopien von Zeitungsartikeln zu den Akten reichte,
dass die Instruktionsrichterin mit Zwischenverfügung vom 11. Januar 2013 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung abwies, dem Beschwerdeführer Frist zur Bezahlung eines Kostenvorschusses setzte und ihn zur Einreichung von Übersetzungen der Beweismittel aufforderte,
dass der Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt wurde und am 18. sowie am 19. Januar 2013 die verlangten Übersetzungen nachgereicht wurden,
und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]) des BFM entscheidet, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 -33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG nicht vorliegt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet,
dass der Beschwerdeführer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass somit auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 VwVG),
dass das Bundesverwaltungsgericht die angefochtene Verfügung auf Verletzung von Bundesrecht, unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und Unangemessenheit überprüft (Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass über offensichtlich begründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG) und es sich vorliegend, wie nachfolgend aufgezeigt, um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet wurde,
dass die Begründung der Beschwerdeanträge das Bundesverwaltungsgericht nicht bindet und es die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer von jener der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen kann (vgl. Art. 62 Abs. 4 VwVG),
dass die Vorinstanz in Asylverfahren, die Staatsangehörige Sri Lankas tamilischer Ethnie betreffen, aufgrund der Inhaftierung zweier abgewiesener tamilischer Asylsuchender durch die sri-lankischen Behörden bei der Wiedereinreise, systematisch dazu übergegangen ist, bereits angeordnete Ausreisefristen aufzuheben und keine neuen mehr anzusetzen, bis eine vertiefte Abklärung der Vorfälle sowie der allgemeinen Lage in Sri Lanka stattgefunden hat,
dass sie dadurch faktisch sämtliche Verfahren - praktisch unbesehen der konkreten Umstände im Einzelfall - in Wiedererwägung zieht und implizit davon ausgeht, deren Sachverhalte seien nicht (mehr) vollständig festgestellt,
dass sich daher auch der der vorinstanzlichen Verfügung vom 19. November 2012 zugrunde liegende Sachverhalt aktuell als nicht vollständig erweist,
dass dieser formelle Mangel nicht im Beschwerdeverfahren zu heilen, sondern die Sache zur vollständigen Sachverhaltsfeststellung und zur Wahrung des Instanzenzuges an das für die Feststellung des Sachverhalts primär zuständige BFM zurückzuweisen ist,
dass die Beschwerde mithin gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Kosten zu erheben sind (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG) und der vom Beschwerdeführer geleistete Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 600.- diesem vom Gericht zurückzuerstatten ist,
dass dem im Beschwerdeverfahren nicht vertretenen Beschwerdeführer keine Parteientschädigung auszurichten ist, zumal davon auszugehen ist, dass ihm aus der Beschwerdeführung keine notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) entstanden sind.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen. Die angefochtene Verfügung vom 19. November 2012 wird aufgehoben und das Verfahren wird im Sinne der Erwägungen zur Wiederaufnahme an das BFM zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Der am 19. Januar 2013 geleistete Kostenvorschuss in Höhe von Fr. 600.- wird dem Beschwerdeführer vom Gericht zurückerstattet.
3.
Es ist keine Parteientschädigung zu entrichten.
4.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die zuständige kantonale Behörde.
Die Einzelrichterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regula Schenker Senn Aglaja Schinzel
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