Tribunal federal
{T 0/2}
2P.31/2002 /bmt
Sitzung vom 6. September 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin,
Bundesrichter Merkli, Ersatzrichter Zünd,
Gerichtsschreiber Fux.
B.________, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,
gegen
Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh., Marktgasse 3, 9050 Appenzell,
Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung Verwaltungsgericht, Unteres Ziel 20, 9050 Appenzell.
Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 24 Niederlassungsfreiheit - 1 Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
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1 | Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
2 | Sie haben das Recht, die Schweiz zu verlassen oder in die Schweiz einzureisen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
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1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
(Wohnsitzpflicht für Urkundspersonen),
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh., Abteilung Verwaltungsgericht, vom 20. November 2001.
Sachverhalt:
A.
Im Kanton Appenzell I.Rh. erfolgt die öffentliche Beurkundung im Sinne des Schweizerischen Zivilgesetzbuches durch den zuständigen Grundbuchverwalter oder durch von der Standeskommission zugelassene Urkundspersonen (Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes vom 30. April 1911 betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches). Die durch den Grossen Rat erlassene Verordnung vom 1. Juni 1951 über die öffentliche Beurkundung im Kanton Appenzell I.Rh. sieht in Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
|
1 | Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
2 | Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. |
3 | Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung. |
"Die öffentliche Beurkundung im Sinne des ZGB und OR erfolgt im innern Landesteil und für die Exklaven Wonnenstein und Grimmenstein durch den Grundbuchverwalter von Appenzell, in Oberegg durch den Grundbuchverwalter von Oberegg.
Für die öffentliche Beurkundung von Ehe- und Erbverträgen, öffentlichen letztwilligen Verfügungen, Verpfründungsverträgen und Bürgschaftsverträgen, in Handelsregistersachen und für die Beglaubigung von Dokumenten und Unterschriften kann die Standeskommission im Kanton Appenzell I.Rh. wohnhafte Personen zulassen, welche das Appenzell-Innerrhodische Anwaltspatent erworben haben.
Im übrigen kann die öffentliche Beurkundung in Handelsregistersachen auch vom Handelsregisterführer vorgenommen werden.
Die Standeskommission kann Sachbearbeiter der Erbschaftsämter, sofern diese die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, für die öffentliche Beurkundung von Ehe- und Erbverträgen, öffentlichen letztwilligen Verfügungen, Verpfründungsverträgen und für die Beglaubigung von Dokumenten und Unterschriften zulassen."
B.
B.________ war seit dem 1. September 1997 als angestellter Rechtsanwalt in Appenzell tätig; seit 1. Mai 2001 ist er daselbst Partner im Anwaltsbüro A.________ & B.________. Am 28. Februar 2001 ersuchte er um die Bewilligung für die öffentliche Beurkundung im Kanton Appenzell I.Rh. im Sinn von Art. 1 Abs. 2 der hiervor zitierten Verordnung.
Die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. wies das Gesuch am 15. Mai 2001 ab mit der Begründung, B.________ habe nicht im Kanton Wohnsitz und erfülle somit die in der Verordnung festgelegten Voraussetzungen nicht.
Das Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung Verwaltungsgericht, wies eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde am 20. November 2001 ab.
C.
B.________ hat staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts Appenzell I.Rh. aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
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1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 24 Niederlassungsfreiheit - 1 Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
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1 | Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
2 | Sie haben das Recht, die Schweiz zu verlassen oder in die Schweiz einzureisen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
Das Kantonsgericht und die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. haben auf Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur (BGE 127 II 1 E. 2c S. 5 mit Hinweis). Sollte sich die vorliegende Beschwerde als begründet erweisen, hätte die kantonale Instanz - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des bundesgerichtlichen Verfahrens - neu zu entscheiden (BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb S. 354 f. mit Hinweis). Der Antrag auf Rückweisung der Sache an das Kantonsgericht ist somit überflüssig.
1.2 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung zu Art. 90 Abs. 1 lit. b
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
Vorliegend macht der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung des Willkürverbots geltend (Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Urteil nicht hinreichend begründet sei.
Der in Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
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1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil: Es wird einerseits dargelegt, dass nach dem massgebenden kantonalen Recht der Wohnsitz im Kanton Voraussetzung für die Erteilung der nachgesuchten Bewilligung ist; anderseits setzt sich das Kantonsgericht auch mit dem Einwand des Beschwerdeführers auseinander, die Wohnsitzpflicht verstosse gegen die Niederlassungsfreiheit.
3.
Die öffentliche Beurkundung, die nach dem Bundeszivilrecht Gültigkeitserfordernis verschiedener Rechtsgeschäfte ist, stellt eine Handlung der sogenannten freiwilligen oder nichtstreitigen Gerichtsbarkeit dar. Ihre Organisation ist eine staatliche Aufgabe, die nach Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben. |
|
1 | Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben. |
2 | Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten. |
3 | Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich. |
Da die vom Kanton verliehene Beurkundungsbefugnis den Charakter einer übertragenen hoheitlichen Funktion hat, steht diese Tätigkeit nicht unter dem Schutz der Wirtschaftsfreiheit (BGE 73 I 366 ff.; 124 I 297 E. 3a S. 298; Urteil 2P.433/1997 vom 30. Juni 1998, publ. in: ZBGR 81/2000 S. 72 ff.; Urteil 2P.436/1997 vom 5. Februar 1999, publ. in: ZBGR 81/2000 S. 64 ff., je mit Hinweisen). Entsprechend ist darauf das Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM; SR 943.02) nicht anwendbar (vgl. Art. 1 Abs. 3
SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 1 |
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1 | Dieses Gesetz gewährleistet, dass Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben. |
2 | Es soll insbesondere: |
a | die berufliche Mobilität und den Wirtschaftsverkehr innerhalb der Schweiz erleichtern; |
b | die Bestrebungen der Kantone zur Harmonisierung der Marktzulassungsbedingungen unterstützen; |
c | die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Volkswirtschaft stärken; |
d | den wirtschaftlichen Zusammenhalt der Schweiz festigen. |
3 | Als Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Gesetzes gilt jede nicht hoheitliche, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit.5 |
massgebend, dass die Tätigkeit für sich genommen eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt mit einschliesst. Das trifft für Urkundspersonen nach dem Gesagten zweifellos zu, hingegen nicht für Rechtsanwälte, denn diese sind privatwirtschaftlich tätig (Urteil des EuGH vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache Rs. 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631 ff.; vgl. Fritz Rothenbühler, Freizügigkeit für Anwälte, Diss. Freiburg 1995, S. 167 f.).
Der Beschwerdeführer beruft sich denn auch zu Recht nicht auf das Freizügigkeitsabkommen oder auf das Binnenmarktgesetz oder auf das Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit gemäss Art. 27
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
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1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
4.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner verfassungsrechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit.
4.1
4.1.1 Gemäss Art. 24 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 24 Niederlassungsfreiheit - 1 Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
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1 | Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen. |
2 | Sie haben das Recht, die Schweiz zu verlassen oder in die Schweiz einzureisen. |
Dass der Beschwerdeführer verpflichtet wird, im Kanton Appenzell I.Rh. seinen Wohnsitz zu begründen, falls er dort als Notar zugelassen werden will, berührt somit seine Niederlassungsfreiheit, weshalb er insoweit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert ist.
4.1.2 Die Niederlassungsfreiheit kann, wie andere Freiheitsrechte, unter den Voraussetzungen von Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
|
1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
Vorliegend ist unbestritten, dass für den gerügten Eingriff mit der zitierten, vom innerrhodischen Grossen Rat erlassenen Verordnung vom 1. Juni 1951, welche die Wohnsitzpflicht ausdrücklich vorschreibt (vgl. Art. 1 Abs. 2), eine genügende gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Es liegt sodann auf der Hand, dass mit einer solchen Residenzpflicht die Niederlassungsfreiheit des Beschwerdeführers unter den gegebenen Umständen nur am Rande, keinesfalls in ihrem Kerngehalt betroffen sein kann. Der Beschwerdeführer wendet jedoch ein, es bestehe keinerlei öffentliches Interesse daran, die Zulassung zur Beurkundung an die Wohnsitznahme im Kanton zu knüpfen; zudem wäre eine solche Grundrechtsbeschränkung unverhältnismässig.
4.2 Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Niederlassungsfreiheit ist reich an Fällen, in welchen die Wohnsitzpflicht von Beamten im Lichte dieses Grundrechts zu beurteilen war. Das Bundesgericht erachtete es zunächst generell als unbedenklich, wenn der öffentlichrechtliche Arbeitgeber im Rahmen der gesetzlichen Regelung des Dienstverhältnisses Vorschriften über den Wohnsitz der Beamten aufstellt. Es sprächen hierfür, über rein dienstliche Erfordernisse hinaus, eine Reihe sachlicher Gründe. Nach schweizerischer Auffassung sei nämlich eine gewisse Verbundenheit des Beamten mit der Bevölkerung und dem Gemeinwesen anzustreben, dessen Probleme der Beamte nicht nur aus amtlicher, sondern auch aus privater Sicht kennen sollte (BGE 103 Ia 455). In der Folge ging das Bundesgericht dazu über, die Wohnsitzpflicht an den Kriterien der dienstlichen Notwendigkeit und der Verbundenheit mit der Bevölkerung zu messen, wobei es zugleich rein fiskalische Gründe für eine Wohnsitzpflicht ausschloss (BGE 118 Ia 410 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 120 Ia 203 E. 3a S. 205 mit Hinweisen). So wurde ein öffentliches Interesse an einer Residenzpflicht unter anderem bejaht für Beamte des Polizei- oder Feuerwehrkorps (BGE 103 Ia 455 E. 4a S. 457), für Lehrer
(BGE 115 Ia 207; 108 Ia 248), für den Chef einer kommunalen Einwohnerkontrolle (Urteil 2P.134/1991 vom 3. April 1992, auf welches in BGE 118 Ia 410 E. 2 verwiesen wird), für den Aufseher einer Strafanstalt (BGE 116 Ia 382) sowie für den Gerichtsschreiber an einem Bezirksgericht (Urteil P.388/1986 vom 27. März 1987), nicht dagegen etwa bei einem Ambulanzfahrer (BGE 118 Ia 410).
Ist die Wohnsitzpflicht für eine bestimmte Kategorie Bediensteter grundsätzlich gerechtfertigt, so kann das Grundrecht der Niederlassungsfreiheit immer auch noch im konkreten Fall seine Wirkung entfalten, indem überwiegende (objektive oder subjektive) Gründe nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip eine Ausnahme erfordern (BGE 118 Ia 410 E. 2 S. 412; 115 Ia 207 E. 3c S. 211, je mit Hinweisen; siehe zum Ganzen: Jörg Paul Müller, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 162 ff.).
In jüngsten Entscheiden erhielt das Bundesgericht Gelegenheit klarzustellen, dass von Beamten, die eine besonders wichtige, leitende Stellung ausüben, eine erhöhte Disponibilität gegenüber dem Arbeitgeber verlangt werden kann (verneint etwa für die Leiterin einer Fakultätsbibliothek: Urteil 2P.113/1996 vom 9. September 1996). Im Zusammenhang mit der Wahl eines Berner Regierungsstatthalters - die Wahl war in Missachtung der Wohnsitzpflicht erfolgt und wurde vom Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Stimmrechts hin aufgehoben - erachtete das Bundesgericht die Wohnsitzpflicht nicht nur wegen dienstlicher Erfordernisse als sachlich gerechtfertigt, sondern auch deshalb, weil bei einem solchen Amt eine enge Verbundenheit mit dem betreffenden Gemeinwesen vorausgesetzt werden kann (BGE 128 I 34).
4.3 Der Kanton Appenzell I.Rh. hat die Beurkundungstätigkeit verschiedenen Behörden und Personen zugewiesen. Für bestimmte Rechtsgeschäfte kommen zugelassene Anwälte in Betracht, wenn sie im Kanton Appenzell I.Rh. Wohnsitz haben. Dieses Erfordernis kann nicht schon deshalb als unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit qualifiziert werden, weil der Anwalt, dem die Urkundsbefugnis für bestimmte Rechtsgeschäfte übertragen ist, freiberuflich tätig ist. Von Bedeutung ist vielmehr, dass die Urkundsperson im Rahmen der freiwilligen bzw. nichtstreitigen Gerichtsbarkeit eine hoheitliche Tätigkeit ausübt. Die Urkundsperson übt die ihr übertragene Funktion, anders als dies für zahlreiche Bedienstete des Gemeinwesens zutrifft, in eigener Verantwortung aus, ohne dass sie der Weisungsbefugnis einer vorgesetzten Behörde unterläge. Insofern - weitgehende Unabhängigkeit in der Ausübung der hoheitlichen Tätigkeit - ist die Tätigkeit vergleichbar mit richterlichen Funktionen oder hohen politischen Ämtern und leitenden Funktionen, für welche nicht ernsthaft bestritten werden kann, dass ein Gemeinwesen berechtigt ist, sie den eigenen Angehörigen vorzubehalten (Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001, S. 268; Hangartner/Kley, Die
demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, S. 628, Rz. 1576). Im Kern kommt hier der demokratische Grundgedanke zum Ausdruck, wonach die Staatsgewalt durch die Staatsunterworfenen selber ausgeübt wird. Auf diese Überzeugung ist auch zurückzuführen, dass in neueren Erlassen und Abkommen Tätigkeiten, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden sind, von den allgemeinen Freizügigkeitsgarantien, die im Übrigen auch für das öffentliche Dienstrecht gelten, ausgenommen sind (vgl. oben E. 3).
Im schweizerischen Bundesstaat kommt Staatlichkeit auch den Kantonen zu. Wohl kann die Niederlassungsfreiheit als Grundrecht der Bundesverfassung gebieten, die Wohnsitzpflicht im öffentlichen Dienstrecht nicht allzu starr auszugestalten. Es mag auch sein, dass für bestimmte Kategorien von Bediensteten des Gemeinwesens, für welche in der Vergangenheit die Wohnsitzpflicht noch als vereinbar mit der Niederlassungsfreiheit betrachtet wurde, dies heute nicht mehr aufrechterhalten werden kann, namentlich, wo nicht eine eigentliche hoheitliche Tätigkeit vorliegt. Bei hoheitlichen Tätigkeiten, welche in grosser Unabhängigkeit ausgeübt werden, kann dem Gemeinwesen aber nicht verwehrt sein, an der Wohnsitzpflicht festzuhalten und solche Tätigkeiten nur Angehörigen des betroffenen Gemeinwesens zu übertragen. Mit Rücksicht auf die verfassungsmässige Kompetenzordnung im Bundesstaat ist es auch gerechtfertigt, dass das Bundesgericht in Grenzfällen eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dem kantonalen Gesetzgeber übt, wenn es zu entscheiden hat, ob die getroffene Regelung mit der Niederlassungsfreiheit noch vereinbar ist (vgl. BGE 118 Ia 64 E. 2c S. 72 f. mit Hinweisen).
4.4 Nach diesem Massstab verstösst die zitierte Regelung des Kantons Appenzell I.Rh. nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Mit der Begründung, die Beurkundungstätigkeit erfordere eine erhöhte Präsenz oder Disponibilität des Notars oder eine gewisse Verbundenheit mit der Bevölkerung, liesse sich zwar die Wohnsitzpflicht kaum rechtfertigen; ebenso wenig mit dem vom Kantonsgericht Appenzell I.Rh. vorgebrachten Argument, eine Urkundsperson müsse für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung mit den kantonalen, historisch gewachsenen Strukturen vertraut sein. Hingegen fällt entscheidend ins Gewicht, dass die Urkundsperson, wie oben ausgeführt, als staatliches Organ eine hoheitliche (wenn auch nicht leitende) Funktion wahrnimmt und die ihr übertragene Tätigkeit weitgehend weisungsunabhängig ausübt. Die Übertragung derartiger Staatsgewalt liegt grundsätzlich in der Regelungskompetenz der Kantone. Zahlreiche Kantone sehen heute vom Wohnsitzerfordernis für freiberufliche Notare ab (vgl. Brückner, a.a.O., S. 975, Rz. 3456). Es ist aber mit der Bundesverfassung und namentlich mit der Niederlassungsfreiheit auch vereinbar, wenn ein Kanton, wie vorliegend der Kanton Appenzell I.Rh., die hoheitliche Beurkundungsbefugnis Personen mit Wohnsitz im
Kanton vorbehält.
4.5 Überwiegende Gründe, die im konkreten Fall eine Ausnahme von der Wohnsitzpflicht gebieten würden, werden nicht namhaft gemacht. Sie ergeben sich insbesondere nicht schon daraus, dass der Beschwerdeführer nahe der innerrhodischen Grenze wohnhaft ist. Das wäre allenfalls bedeutsam, wenn es aus Gründen der korrekten Amtsführung auf die örtliche Nähe ankäme, was vorliegend jedoch nicht zutrifft. Die geltend gemachten persönlichen Annehmlichkeiten, wenn der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz nicht wechseln müsste, vermögen das Interesse an der Wohnsitzpflicht nicht aufzuwiegen und lassen diese nicht als unverhältnismässig erscheinen.
5.
Die Wohnsitzpflicht lässt sich nach dem Gesagten weder generell noch im konkreten Fall beanstanden, weshalb die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 153
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. und dem Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung Verwaltungsgericht, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 6. September 2002
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: