Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 461/2011

Urteil vom 6. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Scartazzini.

Verfahrensbeteiligte
R.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hebeisen,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 27. April 2011.

Sachverhalt:

A.
R.________ (geb. 1963) meldete sich im April 2007 wegen eines Fibromyalgiesyndroms bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Beizug eines vom Krankentaggeldversicherer eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. med. K.________, Chefarzt Spital X.________, Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, und eines Austrittsberichts der Rehabilitationsklinik Y.________ verfügte die IV-Stelle des Kantons Thurgau, ausgehend von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit als Verkäuferin, die Zusprechung einer halben Invalidenrente ab 1. November 2007 (Verfügung vom 27. Februar 2008).
Im Rahmen des im August 2009 eingeleiteten zweiten Rentenrevisionsverfahrens ordnete die IV-Stelle eine interdisziplinäre MEDAS-Begutachtung an (Expertise vom 1. Juni 2010). Gestützt auf deren Ergebnisse, wonach sich der Gesundheitszustand verbessert habe und insbesondere keine Fibromyalgie mehr vorliege, verfügte die IV-Stelle, trotz Einwendungen im Vorbescheidverfahren, am 22. November 2010 die Aufhebung der laufenden Invalidenrente zum 1. Januar 2011.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht mit Entscheid vom 27. April 2011 ab.

C.
R.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr, unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides und der Verwaltungsverfügung, über den 1. Januar 2011 hinaus eine halbe Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu weiterer Abklärung und anschliessender Neuentscheidung an das kantonale Gericht, allenfalls an die Durchführungsstelle, zurückzuweisen. Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Kantonales Gericht und IV-Stelle schliessen auf Abweisung der Beschwerde, währenddem das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung verzichtet hat.

Am 23. August 2011 wendet sich die Versicherte mit ergänzenden Bemerkungen an das Bundesgericht.

Erwägungen:

1.
Rechtsschriften sollen nicht weitschweifig sein. Unter diesem Gesichtswinkel kann man sich fragen, ob die 40 Seiten umfassende Beschwerde nicht zur Änderung zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. Art. 42 Abs. 6
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG), zumal sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des ihr gestützt auf Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK eingeräumten Replikrechtes erneut mit 12 Seiten zu Wort gemeldet hat, obwohl Vorinstanz und Beschwerdegegnerin, ohne irgendwelche materiellen Ausführungen zu machen, sich auf eine blosse Antragstellung (Abweisung der Beschwerde) beschränkt haben und das BSV sich gar nicht geäussert hatte. Von Weiterungen ist indes, auch in Anbetracht der längeren Rechtshängigkeit, abzusehen, da sich die nachfolgende Begründung auf die entscheidwesentlichen Gesichtspunkte beschränken darf.

2.
Die Pflicht des angerufenen Gerichts zur Begründung seines Entscheides verlangt nicht, dass sich die Beschwerdeinstanz mit allen vorgetragenen Argumenten, Rügen und Einwendungen im Einzelnen auseinandersetzt; vielmehr darf sich das Gericht auf das für die Entscheidfindung Wesentliche beschränken (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102; 124 V 180 E. 1a S. 181; SVR 2001 IV Nr. 17 S. 49, I 582/99 E. 2a). Der Urteilstenor hat demnach die wirklichen Entscheidungsgründe auszudrücken.

2.1 Die Tiefe oder Dichte der gerichtlichen Begründungspflicht steht in Relation zur gesetzlichen Kognition. Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG) überprüft das Bundesgericht kantonale Versicherungsgerichtsentscheide in Invalidenversicherungsstreitigkeiten frei auf Rechtsverletzungen hin (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG); in tatsächlicher Hinsicht ist die Kognition auf offensichtliche Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder Rechtsverletzung beschränkt (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG).

2.2 Die Beschwerde wirft dem kantonalen Gericht eine ganze Reihe von Rechtsverletzungen vor (Beschwerde S. 7: Beweiswürdigungsregeln hinsichtlich der Anforderungen gemäss Rechtsprechung an eine beweistaugliche und -kräftige medizinische Expertise; willkürliche Beweiswürdigung; Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung; Verletzung des rechtlichen Gehörs, einschliesslich der sich daraus ergebenden Prüfungs-, Begründungs- und Beweisabnahmepflicht; Verletzung der Untersuchungsmaxime - Beschwerde S. 18 unten f.: gleich lautende Verletzungen im Zusammenhang mit der Frage nach dem Einfluss der diagnostizierten depressiven Störung auf die Erwerbsfähigkeit - Beschwerde S. 23: erwähnte Verletzungen im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten sei - Beschwerde S. 36: erwähnte Verletzungen im Zusammenhang mit dem massgeblichen Referenzzeitpunkt für die revisionsrechtliche Vergleichsbeurteilung - Beschwerde S. 37 unten f.: erwähnte Verletzungen im Zusammenhang mit dem Leidensabzug und der somatisch bedingten Arbeitsunfähigkeit - Beschwerde S. 39: offensichtlich unzutreffende Festlegung des Valideneinkommens). Was indessen auf den jeweils nachfolgenden Seiten zur Begründung dieser
Rechtsverletzungen vorgebracht wird, ist, im Kern und von Nahem betrachtet, typische appellatorische Kritik, die im Verfahren vor Bundesgericht (ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 97 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
und Art. 105 Abs. 3
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG) unzulässig weil nicht geeignet ist, eine Bundesrechtsverletzung darzutun (SVR 2012 BVG Nr. 15 S. 64, 9C 480/2011 E. 2.3 mit Hinweisen).

3.
3.1 Was den Beweiswert des Gutachtens der MEDAS Ostschweiz vom 1. Juni 2010 anbelangt, ist Folgendes festzuhalten: Die in diesem Begründungsteil unter Berufung auf eine Lehrmeinung vertretene Auffassung, der Versicherungsträger müsse den Sachverhalt nach Art. 43
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
ATSG "bis zur zweifelsfreien Eruierung" abklären, widerspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach es in der Sozialversicherung - von hier nicht zum Zuge kommenden Ausnahmen abgesehen - darum geht, einen Sachverhalt festzustellen, welcher mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als erstellt gelten kann (SVR 2010 UV Nr. 28 S. 113, 8C 475/2009 E. 5.3; Urteil 8C 784/2008 vom 11. September 2009 E. 5.3, nicht publ. in: BGE 135 V 412). Dass die Beweiswürdigung der Vorinstanz kurz ausgefallen ist, ist nicht in Abrede zu stellen. Aber der Beschwerde gelingt es ihrerseits nicht, konkret aufzuzeigen, inwiefern das MEDAS-Gutachten vom 1. Juni 2010 den auf S. 7 der Beschwerde aufgezählten Beweiswertanforderungen nicht genügen sollte. Demgegenüber lässt eine aufmerksame Lektüre der Expertise vom 1. Juni 2010 beispielsweise erkennen, dass die Beschwerdeführerin "während der über 70-minütigen Anamneseerhebung bei einer Untersuchungs- und Besprechungszeit von insgesamt 2
Std. 25 Min. (...) ohne sicht- oder hörbare Schmerzäusserung auf dem Stuhl (sitzt), lediglich beim Aufstehen zeigen sich mimisch Schmerzen mit leichtem Abstützen auf dem Tisch" (S. 15). Wird berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin nach der gesamten medizinisch-psychiatrischen Aktenlage offensichtlich nicht an einer schweren Gesundheitsbeeinträchtigung leidet, ist ein solcher objektiver Befund für die Einschätzung des Schweregrades einer Schmerzproblematik und ihrer Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit durchaus von mitentscheidender Bedeutung. Die Rüge, "aus völlig unerfindlichen Gründen (sei) der rheumatologische Fachbereich nicht in die Begutachtung miteinbezogen worden", ist nicht stichhaltig, da im Rahmen der Begutachtung unter Berücksichtigung auch der aktuellen rheumatologischen Unterlagen (namentlich der Berichte des Dr. med. T.________, Rheumatologie FMH), der für eine rheumatologische Beurteilung wesentliche Status erhoben wurde und für die Expertise (nebst einem Facharzt für Allgemeine Medizin FMH, für Neurologie und für Psychiatrie und Psychotherapie FMH) Dr. med. A.________, Innere Medizin/Rheumatologie FMH, zertifizierter medizinischer Gutachter SIM, verantwortlich zeichnete. Das Abklingen des Fibromyalgiesyndroms
hat die Vorinstanz festgestellt, was weder offensichtlich unrichtig noch unhaltbar, geschweige denn willkürlich ist. Die Beschwerde verkennt den fluktuierenden Charakter des Beweisgegenstandes, indem Störungen der hier umstrittenen Art ineinander übergehen und sich nicht streng klassifikatorisch abgrenzen lassen. Die Berufung auf die Morbiditätskriterien gemäss der Rechtsprechung (BGE 130 V 352) dringt schon deswegen nicht durch, weil von einem sozialen Rückzug keine Rede sein kann und auch nicht mehr eine mittelschwere rezidivierende Depression vorliegt, sondern bloss noch eine atypische depressive Störung, in leichtgradiger Ausprägung chronifiziert (MEDAS-Gutachten S. 22). Leichtgradige depressive Störungen sind in der Bevölkerung ubiquitär verbreitet und begründen keine Invalidität.

3.2 Der im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeit erhobene Vorwurf, die Vorinstanz habe Recht verletzt, wenn sie von einer bloss rheumatologischen (durch das Thoracic-outlet-Syndrom bedingten) Einschränkung der Arbeitsunfähigkeit um 20 % ausgegangen sei, ist unbehelflich. Denn abgesehen davon, dass psychische Beeinträchtigungen der hier vorliegenden Art und Schwere die Arbeitsfähigkeit tatsächlich nicht dauernd und wesentlich zu beeinträchtigen vermögen (vgl. zuletzt Urteil 9C 798/2011 vom 15. Mai 2012 mit Hinweisen), hat die MEDAS darauf verwiesen, dass für eine vonseiten des Bewegungsapparates her gesehen adaptiertere Tätigkeit (als jene einer Kassiererin) ohne Belastungen des Schultergürtels, der Arme oder ausgeprägt der Lendenwirbelsäule lediglich eine psychiatrisch bedingte Arbeitsunfähigkeit von 20 bis 30 % bestehe. Zur Annahme einer solchen die Restarbeitsfähigkeit optimal ausnützenden Erwerbsgelegenheit ist die Beschwerdeführerin invalidenversicherungsrechtlich gehalten (BGE 113 V 22 E. 4a S. 28; vgl. auch BGE 134 V 9 E. 7.3.1 S. 12; 129 V 460 E. 4.2 S. 463; 123 V 230 E. 3c S. 233).

3.3 Die Beschwerde bestreitet eine revisionsrechtlich erhebliche Tatsachenänderung nach Art. 17
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG. Entgegen sämtlichen darauf bezogenen Vorbringen hat das kantonale Gericht indessen nach dem Gesagten den Eintritt eines verbesserten Gesundheitszustandes seit 2007 nicht offensichtlich unrichtig (unhaltbar, willkürlich) festgestellt. Dass seitens der behandelnden Arztpersonen eine wesentliche Verbesserung in Abrede gestellt wird, genügt nicht, weil es rechtsprechungsgemäss in umstrittenen Fällen mit Blick auf die Verschiedenheit von Behandlungs- und Begutachtungsauftrag nicht Sache der therapierenden Ärzte und Spitäler sein kann, sich verbindlich über den Verlauf der Arbeitsunfähigkeit auszusprechen (vgl. BGE 124 I 170 E. 4 S. 175).

3.4 Die restlichen Rügen bezüglich des Vergleichszeitraums, des Leidensabzuges und des Valideneinkommens sind zu wenig substanziiert, als dass sie den vorinstanzlichen Entscheid - zumindest im Ergebnis - in Frage stellen könnten: Die Mitteilung vom 30. April 2009, welche das erste im Dezember 2008 eingeleitete Rentenrevisionsverfahren abschloss, beruht nicht auf einer medizinisch-psychiatrischen Administrativbegutachtung, so dass der erwähnte Verwaltungsakt revisionsrechtlich unerheblich ist (BGE 133 V 108) und infolgedessen aus dem mitgeteilten Fehlen einer Änderung nichts abgeleitet werden kann. Die geringfügigen Differenzen in der Festlegung des Valideneinkommens (Beschwerde, S. 40) sind in Anbetracht der in der Verfügung vom 22. November 2010 verwendeten Berechnungsgrundlagen nicht ergebnisrelevant. Die dortige Anerkennung einer 30%igen Einschränkung für die bisherige und jede andere angepasste Tätigkeit schliesst nach dem in E. 3.2 hievor Gesagten einen Abzug vom Invalideneinkommen aus.

4.
Die Beschwerde ist unbegründet. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Juli 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Scartazzini
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_461/2011
Date : 06. Juli 2012
Published : 24. Juli 2012
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


Legislation register
ATSG: 17  43
BGG: 42  66  68  95  97  105  106
EMRK: 6
BGE-register
113-V-22 • 123-V-230 • 124-I-170 • 124-V-180 • 126-I-97 • 129-V-460 • 130-V-352 • 133-V-108 • 134-V-9 • 135-V-412
Weitere Urteile ab 2000
8C_475/2009 • 8C_784/2008 • 9C_461/2011 • 9C_480/2011 • 9C_798/2011 • I_582/99
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