Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
C 56/05
Urteil vom 6. Juli 2005
III. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin Kopp Käch
Parteien
Staatssekretariat für Wirtschaft, Direktion Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung, Effingerstrasse 31, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
gegen
H.________, 1982, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Dr. Peter Treyer, Rathausgasse 9, 5000 Aarau,
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
(Entscheid vom 21. Dezember 2004)
Sachverhalt:
A.
Der 1982 geborene H.________ absolvierte vom 1. Oktober 1999 bis 9. August 2002 die Lehre als Schreiner. Anschliessend war er als (teilweise temporärer) Mitarbeiter ab 26. August bis 20. September 2002 als Schreiner bei der Firma N.________ ab 7. Oktober 2002 bis 31. Mai 2003 als Schreiner/Hilfsschlosser bei der Firma S.________ und ab 17. Juni bis 12. Dezember 2003 als Mitarbeiter in der Verlade-Abteilung bei der Firma U.________ tätig. H.________ meldete sich am 16. Dezember 2003 zur Arbeitsvermittlung an und stellte am 18. Dezember 2003 den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab 15. Dezember 2003. Gleichzeitig gab er bekannt, dass er am 15. März 2004 in die Rekrutenschule einrücken müsse. Ab 19. Januar 2004 arbeitete H.________ zunächst als temporärer Mitarbeiter, ab 1. bis 29. Februar 2004 und nach der Rekrutenschule wieder als Festangestellter bei der Schreinerei I.________.
Mit Verfügung vom 21. Januar 2004 verneinte die Aargauische Arbeitslosenkasse die Anspruchsberechtigung ab 16. Dezember 2003 mangels anrechenbaren Arbeitsausfalls. Die dagegen erhobene Einsprache hiess die Arbeitslosenkasse nach Erhalt der Kündigungsbestätigung per 12. Dezember 2003 mit Entscheid vom 9. Februar 2004 gut. Gleichentags erliess sie eine weitere Verfügung und lehnte die Anspruchsberechtigung ab 16. Dezember 2003 wegen fehlender Vermittlungsfähigkeit ab. An ihrem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 9. Februar (recte: 4. März) 2004 fest.
B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher H.________ die Bejahung der Vermittlungsfähigkeit und die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung für die Zeit vom 16. Dezember 2003 bis 17. Januar 2004 beantragen liess, hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 21. Dezember 2004 in dem Sinne gut, als es die Vermittlungsfähigkeit für den Zeitraum vom 16. Dezember 2003 bis und mit 16. Januar 2004 bejahte und die Sache zur Prüfung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen an die Arbeitslosenkasse zurückwies.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) die Aufhebung des Rückweisungsentscheids vom 21. Dezember 2004 und die Bestätigung der Verfügung vom 9. Februar 2004 (recte: des Einspracheentscheids vom 4. März 2004).
H.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Die Arbeitslosenkasse verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über die Vermittlungsfähigkeit als eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 lit. f
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz AVIG Art. 8 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34 |
|
1 | Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34 |
a | ganz oder teilweise arbeitslos ist (Art. 10); |
b | einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (Art. 11); |
c | in der Schweiz wohnt (Art. 12); |
d | die obligatorische Schulzeit zurückgelegt und das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG36 noch nicht erreicht hat; |
e | die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 13 und 14); |
f | vermittlungsfähig ist (Art. 15) und |
g | die Kontrollvorschriften erfüllt (Art. 17). |
2 | Der Bundesrat regelt die Anspruchsvoraussetzungen für Personen, die vor der Arbeitslosigkeit als Heimarbeitnehmer tätig waren. Er darf dabei von der allgemeinen Regelung in diesem Kapitel nur soweit abweichen, als die Besonderheiten der Heimarbeit dies gebieten. |
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz AVIG Art. 15 Vermittlungsfähigkeit - 1 Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66 |
|
1 | Der Arbeitslose ist vermittlungsfähig, wenn er bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen.66 |
2 | Der körperlich oder geistig Behinderte gilt als vermittlungsfähig, wenn ihm bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage, unter Berücksichtigung seiner Behinderung, auf dem Arbeitsmarkt eine zumutbare Arbeit vermittelt werden könnte. Der Bundesrat regelt die Koordination mit der Invalidenversicherung. |
3 | Bestehen erhebliche Zweifel an der Arbeitsfähigkeit eines Arbeitslosen, so kann die kantonale Amtsstelle eine vertrauensärztliche Untersuchung auf Kosten der Versicherung anordnen. |
4 | Der Versicherte, der mit der Bewilligung der kantonalen Amtsstelle eine freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten für Arbeitslose ausübt, gilt als vermittlungsfähig.67 |
Erw. 2b, 1990 Nr. 14 S. 84 Erw. 2a; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 86 Rz 216).
1.2 Wie das kantonale Gericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, ist die Frage der Vermittlungsfähigkeit prospektiv (BGE 120 V 387 Erw. 2 mit Hinweisen) und aufgrund einer gesamthaften Würdigung der für die Anstellungschancen im Einzelfall wesentlichen, objektiven und subjektiven Faktoren zu beurteilen. Ausser dem Umfang des für die versicherte Person in Betracht fallenden Arbeitsmarktes ist auch die Art der gesuchten zumutbaren Arbeit von Bedeutung (ARV 1992 Nr. 2 S. 74 f. Erw. 1b und 3, 1991 Nr. 3 S. 24 Erw. 3a).
2.
2.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die Vermittlungsfähigkeit könne im vorliegenden Fall nicht deswegen verneint werden, weil der Versicherte dem Arbeitsmarkt wegen des bevorstehenden Einrückens in die Rekrutenschule nur für knapp drei Monate zur Verfügung gestanden sei. Wohl seien die Chancen, eine Anstellung, besonders eine Festanstellung, zu erhalten, unter diesen Umständen zu einem gewissen Grad eingeschränkt gewesen, doch habe der Beschwerdegegner durchaus Chancen auf eine Anstellung gehabt, zumal er - wie er nach Abschluss der Schreinerlehre gezeigt habe - bereit und in der Lage gewesen sei, auch Tätigkeiten ausserhalb seines erlernten Berufs und Temporärstellen anzunehmen. Mit der tatsächlichen Realisation einer Anstellung per 19. Januar 2004 habe er denn auch den Beweis erbracht, dass seine Chancen, für den fraglichen Zeitraum von einem Arbeitgeber angestellt zu werden, zumindest intakt gewesen seien und nicht als gering bezeichnet werden könnten.
2.2 Dieser Auffassung ist im Ergebnis beizupflichten. Dem Staatssekretariat für Wirtschaft ist insoweit zuzustimmen, als nicht aus dem Umstand, dass der Versicherte effektiv eine Stelle gefunden hat, auf intakte Anstellungschancen geschlossen werden kann. Vielmehr hat diese Beurteilung - wie in Erw. 1.2 dargelegt - prospektiv zu erfolgen. Auch unter diesem Blickwinkel war jedoch beim Beschwerdegegner als gelerntem Schreiner, der seit Abschluss seiner Lehre in verschiedenen, meist temporären Arbeitsverhältnissen tätig war, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass er von einem Arbeitgeber für die konkret zur Verfügung stehende Zeit noch eingestellt würde. Dabei fällt einerseits ins Gewicht, dass der Versicherte für eine neue Beschäftigung immerhin während drei Monaten zur Verfügung stand, wohingegen diese Zeitspanne bei den meisten Fällen, welche der in Erw. 1.1 zitierten Rechtsprechung zu Grunde lagen, ein bis zwei Monate betrug. Andrerseits zeichnete sich der Beschwerdegegner - was die Vorinstanz mitberücksichtigte - durch eine grosse Flexibilität sowohl bezüglich Tätigkeiten auch ausserhalb des gelernten Berufs wie auch bezüglich Temporärstellen aus und vergrösserte dadurch seine Chancen erheblich. Zu Recht hat
demzufolge das kantonale Gericht die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdegegners bejaht und die Sache an die Arbeitslosenkasse zurückgewiesen, damit sie die übrigen Voraussetzungen gemäss Art. 8 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz AVIG Art. 8 Anspruchsvoraussetzungen - 1 Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34 |
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1 | Die versicherte Person hat Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:34 |
a | ganz oder teilweise arbeitslos ist (Art. 10); |
b | einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (Art. 11); |
c | in der Schweiz wohnt (Art. 12); |
d | die obligatorische Schulzeit zurückgelegt und das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG36 noch nicht erreicht hat; |
e | die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist (Art. 13 und 14); |
f | vermittlungsfähig ist (Art. 15) und |
g | die Kontrollvorschriften erfüllt (Art. 17). |
2 | Der Bundesrat regelt die Anspruchsvoraussetzungen für Personen, die vor der Arbeitslosigkeit als Heimarbeitnehmer tätig waren. Er darf dabei von der allgemeinen Regelung in diesem Kapitel nur soweit abweichen, als die Besonderheiten der Heimarbeit dies gebieten. |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das seco hat dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 750.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Aargauischen Arbeitslosenkasse Industrie, Handel, Gewerbe, Aarau, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau zugestellt.
Luzern, 6. Juli 2005
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: