Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2005.35

Entscheid vom 6. Februar 2006 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Tito Ponti , Gerichtsschreiberin Petra Williner

Parteien

Kanton Basel-Landschaft, Bezirksstatthalter-amt Arlesheim,

Gesuchsteller

gegen

Kanton Aargau, Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,

Gesuchsgegner

Gegenstand

Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 279 Abs. 1 BStP)

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass

- das Bezirksstatthalteramt Arlesheim am 27. Dezember 2005 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gelangt und verlangt, es seien die Behörden des Kantons Aargau zur gesamthaften Verfolgung und Beurteilung der Delikte von A. für berechtigt und verpflichtet zu erklären (act. 1);

- die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau mit Gesuchsantwort vom 4. Januar 2006 auf Abweisung des Gesuchs schliesst (act. 3);

- das Bezirksstatthalteramt Arlesheim mit spontaner Eingabe vom 11. Januar 2006 eine weitere Stellungnahme zu den Akten gab (act. 4);

- die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau am 31. Januar 2006 hierzu Stellung nahm (act. 7)

- diese Eingabe dem Bezirksstatthalteramt Arlesheim am 1. Februar 2006 zur Kenntnis gebracht wurde (act. 8);

- sich die Zuständigkeit der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid in Verfahren betreffend Gerichtsstandsstreitigkeiten aus Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB i.V.m. Art. 279 Abs. 1 BStP und Art. 28 Abs. 1 lit. g
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
SGG ergibt;

- Voraussetzung für die Anrufung der Beschwerdekammer ist, dass ein Streit über den interkantonalen Gerichtsstand vorliegt und dass die Kantone über diesen Streit einen Meinungsaustausch durchgeführt haben (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 599);

- die Beschwerdekammer vor Abschluss des Meinungsaustausches zwischen sämtlichen, ernstlich in Frage kommenden Kantonen auf ein Gesuch um Bestimmung des Gerichtsstands nicht eintritt (Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2005.31 vom 9. Januar 2006 und BG.2006.1 vom 13. Januar 2006; Guidon/Bänziger, Alter Wein in neuen Schläuchen? – Die Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts zum interkantonalen Gerichtsstand in Strafsachen, in: Jusletter 19. September 2005, N. 5);

- der Kanton Basel-Landschaft darlegt, A. sei nicht nur daselbst, sondern auch in den Kantonen Aargau, Luzern, Bern, Jura und Genf straffällig geworden (act. 1);

- der Kanton Aargau in seiner Stellungnahme vom 31. Januar 2006 erklärt, die polizeilichen Recherchen nach Strafanzeigen, für welche A. und Co. in Frage kommen könnten, seien derzeit noch nicht in sämtlichen Kantonen abgeschlossen, was die Gerichtsstandsbestimmung im jetzigen Zeitpunkt unmöglich mache (act. 7);

- den Akten zwar zu entnehmen ist, dass der ebenfalls involvierte Kanton Genf am 15. Dezember 2005 eine Gerichtsstandsanfrage betreffend A. an verschiedene Kantone sowie die Schweizerische Bundesanwaltschaft richtete, wobei die allfälligen diesbezüglichen Antworten mehrheitlich nicht aktenkundig sind, weshalb davon auszugehen ist, dass diese noch ausstehen (Akten Basel-Landschaft Haftsache A., DO_Nr. SAR 010 05 3589 ff., Ordner 1, Faszikel 5, Reg. Nebenakten, Schreiben des Generalprokurators des Kantons Genf vom 15. Dezember 2005);

- folglich zumindest mit einem Teil der ernstlich in Frage kommenden Kantonen der Meinungsaustausch betreffend A. nicht vollständig durchgeführt wurde;

- somit auf das Gesuch mangels vollständig durchgeführten Meinungsaustausches nicht eingetreten wird;

- ein künftiger Gesuchsteller bei einer allfälligen, neuerlichen Anrufung der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in derselben Angelegenheit in seinem Gesuch von sich aus sämtliche Parteien und alle für die Bestimmung des Gerichtsstandes wesentlichen Fakten zu eruieren und übersichtlich zusammenzutragen hat, andernfalls auf das Gesuch nicht eingetreten wird;

- in Abweichung von Art. 156 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
OG gemäss Praxis einem Kanton die Kosten überbunden werden können, wenn er es pflichtwidrig unterlassen hat, die für die verlangte Gerichtsstandsentscheidung erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen (vgl. Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2005.31 vom 9. Januar 2006 und BG.2006.1 vom 13. Januar 2006; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 649 f.);

- es dem Kanton Basel-Landschaft als verfahrensabtretenden Kanton obgelegen hätte, mit sämtlichen ernstlich in Frage kommenden Kantonen einen vollständigen Meinungsaustausch durchzuführen (vgl. Entscheide des Bundesstrafgerichts BG.2005.31 vom 9. Januar 2006 und BG.2006.1 vom 13. Januar 2006; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 562);

- er dieser Pflicht nicht nachgekommen ist und es damit unterlassen hat, die für die Beschwerdekammer notwendigen Entscheidgrundlagen zu schaffen, weshalb ihm die Gerichtsgebühr in der Höhe von Fr. 300.-- aufzuerlegen ist (Art. 3 des Reglements vom 11. Februar 2004 über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht; SR 173.711.32).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 300.-- wird dem Kanton Basel-Landschaft auferlegt.

Bellinzona, 7. Februar 2006

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Bezirksstatthalteramt Arlesheim

- Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BG.2005.35
Datum : 06. Februar 2006
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 279 Abs. 1 BStP)


Gesetzesregister
BStP: 279
OG: 156
SGG: 28
StGB: 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
Stichwortregister
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