Tribunal federal
{T 0/2}
2A.346/2006 /vje
Urteil vom 4. Juli 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Parteien
X.________, z.Zt. Bezirksgefängnis Einsiedeln, 8840 Einsiedeln,
Beschwerdeführer, vertreten durch Caritas Schweiz, Claudia Dhali-Scheitlin, Abteilung Anwaltschaft, Löwenstrasse 3, 6002 Luzern,
gegen
Fremdenpolizei des Kantons Schwyz, Asylwesen, Postfach 454, 6431 Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz,
ANAG-Einzelrichter, Postfach 2266, 6431 Schwyz.
Gegenstand
Ausschaffungshaft (Art. 13b
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Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, ANAG- Einzelrichter, vom 23. Mai 2006.
Sachverhalt:
A.
X.________ (geb. 1987) stammt nach eigenen Angaben aus Zimbabwe. Er durchlief in der Schweiz erfolglos ein Asylverfahren; dabei ergab sich, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach aus Nigeria stammen dürfte. Die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz nahm ihn am 22. Mai 2006 in Ausschaffungshaft, welche der ANAG-Richter am Verwaltungsgericht tags darauf prüfte und bis zum 5. September 2006 bestätigte.
B.
B.a Am 30. Mai 2006 wandte sich X.________ mit einer Beschwerde ("appeal") an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, welches diese zuständigkeitshalber an das Bundesgericht weiterleitete. X.________ beantragt darin sinngemäss, er sei aus der Haft zu entlassen.
B.b Am 12. Juni 2006 ersuchte der ANAG-Richter darum, die Beschwerde abzuweisen; zuvor sei jedoch der Vertreterin von X.________ Gelegenheit zu geben, die Eingabe ihres Klienten zu ergänzen; er sei als Haftrichter nicht darüber informiert gewesen, dass die Caritas Schweiz am 16. März 2006 mit der Wahrnehmung der Interessen von X.________ betraut worden sei, weshalb die Haftverhandlung ohne dessen Vertreterin stattgefunden habe. Die Fremdenpolizei des Kantons Schwyz nahm am 13. Juni 2006 ohne ausdrücklichen Antrag zur Sache Stellung. Das Bundesamt für Migration verzichtete am 19. Juni 2006 auf eine Vernehmlassung.
B.c Die Vertreterin von X.________ beantragte am 20. Juni 2006, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und ihren Klienten sofort aus der Haft zu entlassen, da sie zu Unrecht und in Verletzung von dessen Anspruch auf rechtliches Gehör am Verfahren nicht beteiligt gewesen sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Nach Art. 13b Abs. 1 lit. d
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1.2 Auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers ist am 28. Februar (Verfügung des Bundesamts für Migration) und 9. März (Entscheid der Schweizerischen Asylrekurskommission) bzw. 10. Mai 2006 (Negativer Wiedererwägungsentscheid des Bundesamts für Migration) in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 lit. a
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1.3 Beim Beschwerdeführer bestand im Übrigen - wie der Haftrichter zu Recht angenommen hat - auch Untertauchensgefahr im Sinne von Art. 13b Abs. 1 lit. c
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in Luzern in der Drogenszene mit einem grösseren Geldbetrag (Fr. 190.-- in 20er- und 10er-Noten) angehalten, ohne dass er die Herkunft dieser Mittel plausibel zu erklären vermochte. Gestützt auf sein Verhalten bietet er unter diesen Umständen keine Gewähr dafür, dass er sich den Behörden freiwillig für den zwangsweisen Vollzug seiner Wegweisung zur Verfügung halten und bei der Ermittlung seiner Herkunft und der Papierbeschaffung mitwirken wird (vgl. BGE 130 II 377 E. 3.3.3 S. 386 ff.). Hieran ändert nichts, dass er sich bis zu seiner Inhaftierung mehr oder weniger regelmässig in der ihm zugewiesenen Unterkunft aufgehalten hat: Aufgrund seines unkooperativen Verhaltens musste er vorerst nicht ernsthaft mit einer Ausschaffung rechnen. Es bestand für ihn deshalb keine Veranlassung, sich den Behörden nicht auf Zusehen hin zur Verfügung zu halten und nicht von den mit seinem Aufenthalt verbundenen staatlichen Leistungen zu profitieren (BGE 130 II 377 E. 3.3.3.2 S. 387, 488 E. 3.4 S. 491 f.).
2.
2.1 Dass die Ausreise des Beschwerdeführers gegen seinen Willen nur schwer organisiert werden kann, lässt seine Ausschaffung nicht als undurchführbar (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a
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2.2 Der Beschwerdeführer ist am 28. Juni 2006 einer nigerianischen Expertenbehörde vorgeführt worden; die entsprechenden Resultate stehen zurzeit noch aus; die Anerkennungsquote bei den vom Bundesamt für Migration vorgeführten mutmasslichen nigerianischen Staatsangehörigen ist jedoch hoch. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass die Ausschaffung des Beschwerdeführers in seine Heimat zurzeit rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist (Art. 13c Abs. 5 lit. a
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3.
3.1 Der Haftrichter hat die Ausschaffungshaft nicht nur für drei Monate bis zum 21. August 2006 genehmigt, sondern darüber hinaus bis zum 5. September 2006. Dies ist nicht unproblematisch: Nach Art. 13b Abs. 2
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Satz ANAG nach drei Monaten Haft ein Haftentlassungsgesuch stellen, womit die übliche Zeitabfolge richterlicher Haftprüfungen (vgl. BGE 121 II 110 E. 1c S. 112 f.) erhalten bleibt (Urteile 2A.571/1997 vom 6. Januar 1998, E. 3a, 2A.99/1997 vom 26. März 1997, E. 2d) und dem Betroffenen kein verfahrensrechtlicher Nachteil erwächst (vgl. Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel/Genf/München 2002, Rz. 7.29). Das Gleiche kann analog gelten, wenn - wie hier - die erstmalige Haftgenehmigung ausnahmsweise um wenige Tage über die drei Monate hinaus erfolgt und insofern die Haftprüfung - der Sache nach - mit einer kurzen Haftverlängerung im Sinne von Art. 13b Abs. 2
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3.2 Der Haftrichter hat das besondere Hindernis, welches eine Haftgenehmigung für einige Tage über die drei Monate hinaus rechtfertigte (Art. 13b Abs. 2
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ein Haftentlassungsgesuch stellen, sollte er die Haftvoraussetzungen nicht mehr als gegeben erachten. Gestützt auf diese Begründung ist die bewilligte Haftdauer weder unverhältnismässig noch anderweitig bundesrechtswidrig.
4.
Was der Beschwerdeführer bzw. seine Vertreterin gegen die Rechtmässigkeit der Haft weiter einwenden, überzeugt nicht:
4.1 Zwar hat der Beschwerdeführer die Caritas mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt und hätte diese über die Haft und die Haftverhandlung somit informiert werden müssen, doch führt die entsprechende Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zur Haftentlassung (zu den Rechtsfolgen bei Verletzung von Verfahrensgarantien: Hugi Yar, a.a.O., Rz. 7.33 ff.): Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hatte im vorliegenden Verfahren Gelegenheit, umfassend Stellung zu nehmen. Die verschiedenen Rechtsprobleme wurden mit der gleichen Kognition geprüft, wie sie der Vorinstanz zukam, wobei sich keine Fragen bezüglich des Sachverhalts stellten (vgl. Art. 105 Abs. 2
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andererseits zukommt (vgl. BGE 121 II 105 E. 2c S. 109). Das haftrichterliche Versehen wog vorliegend nicht sehr schwer, da das mündliche Haftprüfungsverfahren tatsächlich durchgeführt wurde (vgl. BGE 121 II 105 ff. bzw. 110 ff.), der Beschwerdeführer es an der Verhandlung selber unterliess, darauf hinzuweisen, dass er die Caritas mandatiert hatte, und der Fall gestützt auf die publizierte Rechtsprechung schliesslich als relativ klar gelten musste. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers weist in ihren Ausführungen denn auch nur darauf hin, sie hätte bei der Haftprüfung anwesend sein müssen, legt aber nicht dar, inwiefern die Haftgenehmigung als solche bundesrechtswidrig sein könnte. Im Hinblick auf das unkooperative Verhalten des Beschwerdeführers überwiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse daran, den Vollzug seiner Ausweisung sicherstellen zu können; es rechtfertigt sich deshalb nicht, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und eine neue haftrichterliche Prüfung anzuordnen (so das Urteil 2A.234/1996 vom 23. Mai 1996, E. 3b, wo es aber um eine Haftverlängerung ging) oder den Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen.
4.2 Soweit dieser erklärt, bei einer Haftentlassung in ein anderes Land reisen zu wollen, ist nicht ersichtlich, wie er dies ohne gültige Reisepapiere rechtmässig tun könnte; im Übrigen hätte er nach dem asylrechtlichen Nichteintretensentscheid hierzu Gelegenheit gehabt. Wenn er geltend macht, nicht in seine Heimat bzw. nach Afrika zurückkehren zu können, da er dort verfolgt werde, verkennt er, dass die Asyl- und Wegweisungsfrage nicht Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens bildet; hierüber wurde im Asylverfahren abschliessend entschieden. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Wegweisung offensichtlich unzulässig wäre und deshalb nicht mit einer Ausschaffungshaft sichergestellt werden könnte; nur in diesem Fall wäre die Haftgenehmigung aber allenfalls zu verweigern gewesen (vgl. BGE 130 II 56 E. 2; 128 II 193 E. 2; 125 II 217 E. 2 S. 220). Soweit der Beschwerdeführer einwendet, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, übersieht er, dass die Ausschaffungshaft keine Strafe, sondern eine Administrativmassnahme zur Sicherung des Vollzugs seiner Wegweisung bildet, die wegen seines bisherigen Verhaltens und der Weigerung, sich Papiere zu beschaffen (vgl. Art. 13f
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Beeinträchtigung (Hepatitis B) kann im Rahmen des Haftvollzugs Rechnung getragen werden; gemäss dem ärztlichen Befund sind diesbezüglich zurzeit keine Therapiemassnahmen erforderlich; die entsprechenden Probleme sind deshalb nicht geeignet, die Haft als unverhältnismässig erscheinen zu lassen oder die Hafterstehungsfähigkeit des Beschwerdeführers in Frage zu stellen. Für eine minimale medizinische Betreuung ist gesorgt; es steht dem Beschwerdeführer frei, über die Vollzugsbehörden - an die er sich auch zu wenden hat, soweit er das Essen beanstandet (vgl. Hugi Yar, a.a.O., Rz. 103) - einen Arzt zu konsultieren.
5.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Entschädigung zugesprochen.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Fremdenpolizei und dem Verwaltungsgericht, ANAG-Einzelrichter, des Kantons Schwyz sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Juli 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: