Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung V
E-5105/2006
gyk/swn/pei
{T 0/2}
Urteil vom 4. September 2007
Mitwirkung: Richter Kurt Gysi (Vorsitz), Robert Galliker, Richterin Marianne Teuscher
Gerichtsschreiber Nicholas Swain
A._______, geboren _______, Algerien,
wohnhaft _______
vertreten durch _______
Beschwerdeführer
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Verfügung vom 2. November 2006 i.S. Vollzug der Wegweisung (Wiedererwägung) N_______
Sachverhalt:
A. Das vom Beschwerdeführer am 21. November 2002 eingereichte Asylgesuch wurde vom damals zuständigen Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) mit Verfügung vom 30. Dezember 2004 abgewiesen und die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug angeordnet.
B. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde vom 28. Januar 2005 wurde von der ARK mit Urteil vom 24. März 2006 vollumfänglich abgewiesen.
C. Am 25. Mai 2006 begab sich der Beschwerdeführer ins Empfangszentrum Kreuzlingen mit der Absicht ein neues Asylgesuch zu stellen. Zudem ersuchte er mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 23./24. Mai 2006 um Gewährung des Asyls, eventualiter der vorläufigen Aufnahme.
D. In der Folge nahm die ARK das Begehren des Beschwerdeführers als gegen das Beschwerdeurteil vom 24. März 2006 gerichtetes Revisionsgesuch entgegen und trat auf dieses mit Urteil vom 17. August 2006 wegen Nichtbezahlens des einverlangten Kostenvorschusses nicht ein. Gleichzeitig überwies sie die Sache an das BFM zur Prüfung unter wiedererwägungsrechtlichen Gesichtspunkten hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten gesundheitlichen Probleme.
E. Mit Verfügung vom 2. November 2006 wies das BFM das Wiedererwägungsgesuch ab und erklärte seine Verfügung vom 30. Dezember 2004 für rechtskräftig und vollstreckbar. Zur Begründung stellte die Vorinstanz im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe sich kurze Zeit nach Ergehen des Beschwerdeurteils der ARK in psychiatrische Behandlung begeben. Es komme häufig vor, dass Asylsuchende nach längerem Aufenthalt in der Schweiz Mühe bekundeten, die Wegweisung in den Heimatstaat zu akzeptieren. Aus dem ärztlichen Bericht vom 8. August 2006 ergebe sich, dass eine leichte Besserung des Zustandes des Beschwerdeführers eingetreten sei und es spreche nichts gegen eine Behandlung im Herkunftsstaat, sofern eine solche dort möglich sei. Zudem könnten im Hinblick auf die Rückschaffung geeignete Massnahmen ergriffen werden. Somit würden keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle des Vollzugs der Wegweisung bestehen.
F. Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 28. November 2006 - vorab per Telefax - ersuchte der Beschwerdeführer um wiedererwägungsweise Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Gewährung des Asyls, eventualiter der vorläufigen Aufnahme wegen Unzulässigkeit und Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte er die Aussetzung des Wegweisungsvollzugs sowie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1

G. Mit Zwischenverfügung vom 1. Dezember 2006 hiess der damals zuständige Instruktionsrichter das Gesuch um Aussetzung des Vollzugs der Wegweisung gut und stellte fest, dass über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Endentscheid befunden werde. Ferner verzichtete er auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.
H. Mit Telefax-Eingabe seines Rechtsvertreters vom 19. April 2007 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er vom 28. bis 30. November 2007 (recte: 2006) notfallmässig stationär in der Psychiatrischen Klinik _______ habe behandelt werden müssen und ersuchte um beschleunigte Behandlung seiner Beschwerde, da er sehr unter der Ungewissheit leide.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31







1.2 Das Bundesverwaltungsgericht übernimmt ferner am 1. Januar 2007 die Beurteilung der vormals bei der Schweizerischen Asylrekurskommission (ARK) hängigen Rechtsmittel. Das neue Verfahrensrecht ist anwendbar (vgl. Art. 53 Abs. 2

1.3 Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1

1.4 Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einem vereinfachten Verfahren entschieden. Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um eine solche, weshalb auf einen Schriftenwechsel verzichtet werden kann und der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111 Abs. 1


2. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht; der Beschwerdeführer ist legitimiert (Art. 6



3. Ein Anspruch auf Wiedererwägung besteht namentlich dann, wenn sich der rechtserhebliche Sachverhalt seit dem ursprünglichen Entscheid beziehungsweise seit dem Urteil der mit Beschwerde angerufenen Rechtsmittelinstanz (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 1995 Nr. 21 E.. 1c S. 204) in wesentlicher Weise verändert hat und mithin die ursprüngliche fehlerfreie Verfügung an nachträglich eingetretene Veränderungen der Sachlage anzupassen ist (vgl. EMARK 2003 Nr. 7 E. 1 S. 42 f.). Ferner können auch Revisionsgründe im Sinne von Art. 66 Abs. 2

4. Vorab ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren festzustellen, dass auf das gestellte Rechtsbegehren, es sei die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festzustellen und ihm Asyl zu gewähren, nicht eingetreten werden kann, da es im Wiedererwägungsverfahren vor dem BFM einzig um den Aspekt des Vollzuges der Wegweisung wegen gesundheitlicher Verschlechterung gegangen ist. Der Streitgegenstand kann demzufolge im Beschwerdeverfahren dann nicht auf die Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung von Asyl ausgedehnt werden.
5. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar, so regelt das BFM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2

Der Vollzug ist nicht möglich, wenn der Ausländer weder in den Herkunfts- oder in den Heimatstaat noch in einen Drittstaat verbracht werden kann. Er ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise des Ausländers in seinen Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen. Der Vollzug kann insbesondere nicht zumutbar sein, wenn er für den Ausländer eine konkrete Gefährdung darstellt (Art. 14a Abs. 2



Niemand darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem sein Leib, sein Leben oder seine Freiheit aus einem Grund nach Art. 3 Abs. 1


Gemäss Art. 25 Abs. 3


6.
6.1 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann grundsätzlich auch eine drohende erhebliche gesundheitliche Gefährdung eine Rückführung in den Heimatstaat als mit Art. 3


6.2 Gemäss Art. 14a Abs. 4

6.3 Aus dem vom Beschwerdeführer eingereichten Arztzeugnis vom 8. August 2006 ergibt sich, dass er unter einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion leidet. Er wird ambulant, im Abstand von zweieinhalb bis drei Wochen, psychotherapeutisch betreut. Es sei ein schwankendes psychopathologisches Zustandsbild beobachtet worden. Im Verlaufe der Behandlung hätten sich die Symptome des Beschwerdeführers leicht reduziert und sein Zustand habe sich auf niedrigem Niveau stabilisiert. Gegen eine Behandlung im Heimatstaat spreche nichts, sofern die Behandlungsmöglichkeiten dort gegeben seien. Aus diesen Ausführungen kann der Schluss gezogen werde, dass die Erkrankung des Beschwerdeführers nicht besonders gravierend ist und er keiner besonders intensiven oder aussergewöhnlichen Behandlung bedarf. Eine andere Einschätzung vermögen weder das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten der _______ vom 23. November 2006, in welchem diese zum Schluss gelangt, dass er Symptome einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung zeige, noch der Umstand, dass er nach eigenen Aussagen im November 2006 stationär behandelt werden musste, zu rechtfertigen. Dem genannten Gutachten lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass das diagnostizierte Trauma eine intensivere Behandlung erfordert oder zu einer erheblichen Gefährdung im Falle der Rückkehr in den Heimatstaat führen würde. Zudem dauerte die stationäre Behandlung in der Psychiatrischen Klinik _______ nach Angaben des Beschwerdeführers nur wenige Tage, woraus zu schliessen ist, dass es sich um eine akute Krise nicht aber um eine dauernde erhebliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes handelte. Nach Erkenntnissen des Gerichts bestehen in Algerien und namentlich auch in der Provinz Tizi Ouzou, aus welcher der Beschwerdeführer stammt, medizinische Einrichtungen, welche eine psychiatrische Behandlung anbieten. So verfügt beispielsweise das "Centre Hospitalo-Universitaire Tizi-Ouzou" über eine psychiatrische Abteilung. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch diese Institutionen eine adäquate Behandlung der vorgebrachten gesundheitlichen Beschwerden des Beschwerdeführers gewährleistet werden kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand eines im Vergleich zur Schweiz schlechteren medizinischen Standards im Heimatland nach ständiger und nach wie vor geltender Praxis per se kein Vollzugshindernis darstellt (vgl. EMARK 2003 Nr. 24 E. 5b S. 157 f., 2004 Nrn. 6 und 7).
6.4 Zusammenfassend ergibt sich aus dem Gesagten, dass die geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers offensichtlich kein derartiges Ausmass erreicht hat, dass diese einem Wegweisungsvollzug entgegenstehen würde. Bei dieser Sachlage und in Würdigung der gesamten Umstände und Vorbringen des Beschwerdeführers sind die Voraussetzungen für die wiedererwägungsweise Gewährung der vorläufigen Aufnahme nicht erfüllt.
7. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106

8. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1






(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 65 Abs. 1

3. Die Verfahrenskosten, bestimmt auf Fr. 1'200.--, werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist mittels beiliegendem Einzahlungsschein innert 30 Tagen zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
4. Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (eingeschrieben; Beilage: Einzahlungsschein )
- die Vorinstanz, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Akten (Ref.-Nr. N_______)
- Y._______
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Kurt Gysi Nicholas Swain
Versand am: