Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

9C 689/2015

Urteil vom 3. Dezember 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Beratungsstelle für Ausländer,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Pensionskasse der PAX, Aeschenplatz 13, 4052 Basel.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 12. August 2015.

Sachverhalt:

A.
A.________ meldete sich im März 2012 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Unter anderem in Berücksichtigung des Gutachtens des Instituts B.________ vom 14. Juli 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 19. Dezember 2014 einen Rentenanspruch.

B.
Die Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau nach Beiladung der Pensionskasse der PAX zum Verfahren mit Entscheid vom 12. August 2015 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 12. August 2015 sei aufzuheben und ihm eine ganze IV-Rente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache an die IV-Stelle zwecks weiterer Abklärungen zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer hat einen nach Erlass des angefochtenen Entscheids erstellten ärztlichen Bericht vom 31. August 2015 ins Recht gelegt. Dieses Dokument hat aufgrund des Verbots, im Beschwerdeverfahren echte Noven beizubringen, sowie aufgrund der Bindung des Bundesgerichts an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG) mit Beschränkung der Prüfung in tatsächlicher Hinsicht auf die in Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
und Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG festgelegten Beschwerdegründe grundsätzlich unbeachtet zu bleiben. Die ebenfalls eingereichten ärztliche Berichte vom 29. Januar, 28. März und 9. April 2015, alle nach Erlass der Verfügung vom 19. Dezember 2014 datierend, sind unzulässige (unechte) Noven (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG), da sie ohne weiteres bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten aufgelegt werden können (Urteil 9C 366/2015 vom 22. September 2015 E. 1.2).

2.
Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Versicherungsgericht habe die vorhandenen medizinischen Berichte nicht in die Beweiswürdigung miteinbezogen und nicht überzeugend begründet, weshalb es trotz der aktuelleren Berichte einzig auf das Gutachten des Instituts B.________ vom 14. Juli 2014 abgestellt habe.

2.1. Mit Bezug auf die nach der Expertise erstellten Berichte von pract. med. C.________ vom 8. September 2014 und Dr. med. D.________ vom 16. September 2014 hat die Vorinstanz dargelegt, weshalb sie deren Beweiswert nicht zu mindern vermöchten. Der Beschwerdeführer äussert sich nicht dazu, womit er seiner Begründungspflicht nicht genügt (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; Urteil 2C 413/2014 vom 11. Mai 2014 E. 2.1).

2.2. Weiter lassen sich dem Bericht des Dr. med. E.________ vom 14. Januar 2013 keine schweren neurologischen Defizite entnehmen. Vielmehr verweist der Facharzt im Wesentlichen auf den Bericht des Spitals F.________ über die interdisziplinäre Schmerzsprechstunde vom 7. Dezember 2012, welcher die Komplexität des ganzen Störungsbildes dokumentiere, woraus zur Zeit de facto eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % resultiere. Im Übrigen hat die Vorinstanz dargelegt, weshalb auf diese Einschätzung nicht abgestellt werden kann, wozu der Beschwerdeführer nichts sagt.

2.3. Schliesslich hat die Vorinstanz dargelegt, weshalb auf die Beurteilung des Psychiaters des Instituts B.________ abgestellt werden kann. Der Beschwerdeführer bestreitet die betreffenden Erwägungen nicht. Danach waren - im Gegensatz zum erwähnten Bericht des Spitals F.________, in welchem die Diagnose "Angst und depressive Störung, gemischt (ICD-10 F41.2) " gestellt worden war - insbesondere beim Beschwerdeführer weder Hinweise für eine eigentliche depressive Störung noch eine Angststörung festzustellen. Der Umstand allein, dass in einem anderen Streitfall ein kantonales Versicherungsgericht die Beurteilung des selben psychiatrischen Experten nicht als beweiskräftig erachtet hatte, genügt nicht, um das Abstellen auf dessen Beurteilung im vorliegenden Fall als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.

Die Rüge, die Vorinstanz habe die medizinischen Akten willkürlich gewürdigt (Urteil 9C 156/2015 vom 1. Juli 2015 E. 1.2), ist unbegründet.

3.
Wie der Beschwerdeführer richtig vorbringt, hat die Vorinstanz die mit Urteil 9C 492/2014 vom 3. Juni 2015 (BGE 141 V 281) geänderte und präzisierte Rechtsprechung zum invalidisierenden Charakter pathogenetisch-ätiologisch unklarer syndromaler Beschwerdebilder ohne organisch nachweisbare Grundlage (BGE 130 V 352 und seitherige Urteile) nicht berücksichtigt bzw. nicht angewendet. Die im Gutachten des Instituts B.________ vom 14. Juli 2014 unter den Diagnosen (ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit) aufgeführte Somatisierungsstörung (ICD-10 F45.0) gehört zu den mit einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) vergleichbaren psychosomatischen Leiden (Urteil 8C 696/2008 vom 3. Juni 2009 E. 8.2.2). Darauf war somit bei Erlass des angefochtenen Entscheids vom 12. August 2015 grundsätzlich die neue Rechtsprechung anwendbar (BGE 132 V 368 E. 2.1 S. 369). Indessen ergibt sich auch im Lichte von BGE 141 V 281 nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers:

Vorab macht er - zu Recht - nicht geltend und legt auch nicht dar, inwiefern dem Gutachten des Instituts B.________ vom 14. Juli 2014 nunmehr kein Beweiswert mehr zukommen soll (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309). Gemäss der Expertise konnte der Psychiater der Medizinischen Abklärungsstelle keine eigentlichen psychopathologischen Symptome feststellen. Der Blutspiegel des verordneten Antidepressivums sodann lag weit unter dem therapeutischen Bereich, was darauf hindeutete, dass der Explorand entgegen seinen Angaben das Medikament kaum einnahm, er sich somit nicht besonders depressiv fühlte. Zudem gab er an, eine gute Beziehung mit seiner Ehefrau und den (fünf erwachsenen) Kindern zu haben, was für das Vorhandensein von das Leistungsvermögen begünstigenden Ressourcen spricht (BGE 141 V 281 E. 3.4.2.1 und E. 4.3.3 S. 292 ff.).

Entscheidend ist jedoch, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der verschiedenen spezialärztlichen Untersuchungen Verhaltensweisen zeigte, die nicht mehr als blosse (unbewusste) Tendenz zur Schmerzausweitung und -verdeutlichung, sondern als anspruchsausschliessende Aggravation zu betrachten sind (vgl. Urteil 9C 899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4). Der Orthopäde des Instituts B.________ erwähnte, es sei im Rahmen der problemlos durchgeführten Untersuchung immer wieder zu erheblichem Schmerzgebaren, Gegenspannung sowie bei Palpation der Wirbelsäule zur erheblichen Schmerzäusserung selbst bei geringem Druck gekommen; vier von fünf Waddell-Zeichen seien positiv. Die vom Exploranden angegebenen Beschwerden seien völlig diffus und würden grösste Teile des Bewegungsapparates umfassen. Der neurologische Gutachter hielt fest, es habe sich beim Stand und Gang eine deutliche Unsicherheit gezeigt. Beim Blindgang sei es zu mehreren Beinahestürzen gekommen, welche der Explorand (jedoch) ausgezeichnet aufgefangen habe. Die geklagte Sensibilitätsstörung im Bereich des linken Beines sei völlig diffus. Eine demonstrative Komponente sei offensichtlich.
Unter diesen Umständen kann der Somatisierungsstörung kein invalidisierender Charakter zugesprochen werden, der zu einer rechtlich relevanten zusätzlichen Einschränkung der von den Gutachtern mit 85 % bezifferten Arbeitsfähigkeit in angepassten Tätigkeiten führen und zu diesbezüglichen Abklärungen Anlass geben könnte. Die Bemessung des Invaliditätsgrades (von 34 %) blieb schon vor Vorinstanz unangefochten.

4.
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse der PAX, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. Dezember 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_689/2015
Date : 03. Dezember 2015
Published : 21. Dezember 2015
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung (Invalidenrente)


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BGG: 42  66  97  99  105
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