Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6F 1/2022

Urteil vom 3. Februar 2022

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Muschietti,
Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Lustenberger.

Verfahrensbeteiligte
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen,
Gesuchstellerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Daniel Kaiser,
Gesuchsgegner,

Anklagekammer des Kantons St. Gallen,
Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.

Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 16. Dezember 2021 (6B 1496/2020).

Erwägungen:

1.
Im bundesgerichtlichen Verfahren 6B 1496/2020 setzte sich der Beschuldigte A.________ gegen eine ihn betreffende Einstellungsverfügung zur Wehr. Seine Beschwerde wurde vom Bundesgericht mit Urteil vom 16. Dezember 2021 insoweit gutgeheissen, als die Vorinstanz (zu Unrecht) die Zulässigkeit einer Weiterleitung dieser Verfügung an das Strassenverkehrsamt des Kantons St. Gallen für zulässig erachtet hatte. In diesem Punkt wurde der angefochtene Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

2.
Mit Revisionsgesuch vom 5. Januar 2022 wendet sich die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen an das Bundesgericht. Sie beantragt, die teilweise Gutheissung der Beschwerde und damit die Rückweisung an die Vorinstanz sowie die damit einhergehende Verpflichtung des Kantons St. Gallen, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen, seien aufzuheben.

3.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. d
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
BGG, wonach die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden kann, wenn es in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Sie macht geltend, bei seiner Feststellung, wonach es an einer gesetzlichen Grundlage für die Benachrichtigung des Strassenverkehrsamtes fehle, beziehe sich das Bundesgericht auf das Urteil 6B 942/2016 vom 7. September 2017. Dabei übersehe es, dass sich die Rechtsgrundlage seit Erlass dieses Entscheids geändert habe. Mit Nachtrag vom 6. Februar 2018 sei nämlich Art. 8 Abs. 4der Strafprozessverordnung des Kantons St. Gallen vom 23. November 2010 (StPV/SG; sGS 962.11) eingefügt worden. Die Bestimmung werde seit 30. Januar 2018 angewendet.

4.
Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 61 Rechtskraft - Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft.
BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, soweit einer der in den Art. 121 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe gegeben ist. Die Revision eröffnet der Gesuchstellerin indes nicht die Möglichkeit, die Rechtslage erneut zu diskutieren und eine Wiedererwägung des bundesgerichtlichen Urteils zu verlangen, das sie für unrichtig hält (Urteil 6F 15/2021 vom 30. August 2021 E. 2 mit Hinweis). Mit anderen Worten kann die rechtliche Würdigung im Revisionsverfahren nicht nochmals überprüft werden (Urteil 6F 24/2020 vom 12. Oktober 2020 E. 5.3).

5.
Entgegen der Auffassung der Gesuchstellerin hat das Bundesgericht die fragliche Bestimmung von Art. 8 Abs. 4 StPV nicht übersehen, sondern in seine Erwägungen einbezogen und deren Eignung als hinreichende Grundlage für die fragliche Datenweitergabe - wenn auch implizit - verneint (E. 4.2 und 4.4.2 des angefochtenen Urteils). Darüber hinaus stellt die von der Gesuchstellerin geltend gemachte Änderung der Rechtslage keine erhebliche Tatsache i.S.v. Art. 121 lit. d
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
BGG dar. Das Revisionsgesuch zielt vielmehr auf eine rechtliche Überprüfung des angeblich fehlerhaften Urteils ab, die im Revisionsverfahren nicht möglich ist. Der angerufene Revisionsgrund ist somit nicht gegeben. Anderweitige Revisionsgründe nach Art. 121 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 121 Verletzung von Verfahrensvorschriften - Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann verlangt werden, wenn:
a  die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind;
b  das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass das Gesetz es erlaubt, anderes zugesprochen hat, als sie selbst verlangt hat, oder weniger als die Gegenpartei anerkannt hat;
c  einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind;
d  das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.
. BGG macht die Gesuchstellerin nicht geltend.

6.
Mangels Vorliegen eines Revisionsgrunds wird auf das Revisionsgesuch nicht eingetreten. Ungeachtet des Verfahrensausgangs werden keine Kosten erhoben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2022

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6F_1/2022
Date : 03. Februar 2022
Published : 16. Februar 2022
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 16. Dezember 2021 (6B_1496/2020)


Legislation register
BGG: 61  66  121
Weitere Urteile ab 2000
6B_1496/2020 • 6B_942/2016 • 6F_1/2022 • 6F_15/2021 • 6F_24/2020
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
federal court • chamber of accusation • ground of appeal • lower instance • decision • partial acceptance • lawfulness • st. gallen • defect of form • material defect • lausanne • accused • adult • participant of a proceeding • day • lawyer