Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2C 513/2011
Urteil vom 2. November 2011
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Zünd, Präsident,
Bundesrichter Karlen,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Küng.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Maître Skander Agrebi,
gegen
Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Recht, Bändliweg 21, Postfach, 8090 Zürich,
Service des contributions du canton de Neuchâtel, rue du Docteur-Coullery 5, 2300 La Chaux-de-Fonds.
Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern 2008; Wiederherstellung der Einsprachefrist,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer, vom 20. April 2011.
Sachverhalt:
A.
X.________ war nach seinen Angaben bis Mai 2009 in Zürich wohnhaft. Mit Verfügung vom 20. November 2008 legte das Steueramt des Kantons Neuenburg seinen steuerrechtlichen Wohnsitz mit Wirkung ab 1. Januar 2008 in A.________/NE fest. Am 26. Januar 2009 wurde die Einsprache des Steuerpflichtigen gegen diesen Entscheid abgewiesen. Der Einspracheentscheid ist unangefochten geblieben und in Rechtskraft erwachsen. Mit Verfügungen vom 17. September 2009 veranlagte ihn die Neuenburger Steuerbehörde für die direkte Bundessteuer 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 45'200.-- sowie für die Kantons- und Gemeindesteuern 2008 mit einem solchen von Fr. 44'300.-- und einem Vermögen von Fr. 9'000.--. Die Veranlagungen sind rechtskräftig.
Am 14./22. Mai 2009 reichte X.________ im Kanton Zürich die Steuererklärung für die Steuerperiode 2008 ein. Am 5. März 2010 veranlagte das Kantonale Steueramt Zürich X.________ für die Staats- und Gemeindesteuern mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 43'000.-- und einem Vermögen von Fr. 9'000.--. Auf die vom Steuerpflichtigen dagegen gerichtete Einsprache vom 16./20. April 2010 wurde am 8. Juli 2010 wegen Verspätung nicht eingetreten. Die von ihm in der Folge ergriffenen kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 20. April 2011 aufzuheben und die Veranlagung für nichtig zu erklären.
Das Verwaltungsgericht und das Steueramt des Kantons Zürich stellen den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
C.
Mit Verfügung vom 9. August 2011 hat der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz kann mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden: |
|
a | gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts; |
b | gegen kantonale Erlasse; |
c | betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen. |
2.
2.1 Die gesetzlichen Fristen können nicht erstreckt werden; die Verordnung regelt, inwieweit eine abgelaufene Frist wiederhergestellt werden kann (§ 129 des Zürcher Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG/ZH]). Gemäss § 15 Abs. 1 der Zürcher Verordnung vom 1. April 1998 zum Steuergesetz (VO StG/ZH) ist die Fristwiederherstellung zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er oder sein Vertreter ohne Verschulden durch schwerwiegende Gründe an der Einhaltung der Frist gehindert worden ist; als schwerwiegende Gründe gelten z.B. Krankheit, Todesfall in der Familie, Landesabwesenheit oder Militärdienst. Diese Regelung ist, wie die vergleichbare Norm von Art. 24
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 24 - 1 Ist der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese wieder hergestellt, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt; vorbehalten bleibt Artikel 32 Absatz 2.63 |
|
1 | Ist der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden, binnen Frist zu handeln, so wird diese wieder hergestellt, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt; vorbehalten bleibt Artikel 32 Absatz 2.63 |
2 | Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Fristen, die in Patentsachen gegenüber dem Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum zu wahren sind.64 |
2.2 Der Beschwerdeführer hat in seiner Einsprache erklärt, die Verspätung sei "auf die verspätete Zustellung seitens des Services des Contributions von Neuenburg für die Bescheinigung der Besteuerung 2008 zurückzuführen". Die Vorinstanz durfte dies ohne Willkür als ungenügenden Hinderungsgrund für das Fristversäumnis bezeichnen, denn dieser Umstand stand einer Fristwahrung nicht entgegen; die in Frage stehende Bescheinigung hätte ohne weiteres als Beweismittel nachgereicht werden können, sofern dies überhaupt erforderlich gewesen wäre. Denn der Beschwerdeführer war bei Kenntnisnahme der Zürcher Einschätzung längst im Besitz des Einspracheentscheides der Neuenburger Steuerbehörden vom 26. Januar 2009 betreffend den Steuerwohnsitz; trotzdem reichte er - im Wissen um seine nunmehrige Steuerpflicht im Kanton Neuenburg - für die Steuerperiode 2008 im Mai 2009 im Kanton Zürich wiederum eine Steuererklärung ein. Schliesslich war ihm die Einschätzung für die Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Neuenburg im September 2009 zugestellt worden, die er jedoch nicht angefochten hat, obwohl er offensichtlich weiterhin die Besteuerung im Kanton Zürich anstrebte. Die vom Beschwerdeführer angeführten Kontakte mit den Amtsstellen der beiden
Kantone sind jedenfalls angesichts dieses widersprüchlichen eigenen Verhaltens nicht geeignet, darzutun, dass dadurch eine Vertrauensgrundlage geschaffen worden wäre, die ihn von der Fristwahrung abgehalten hätte. Für ein Zuwarten mit der Einsprache bestand angesichts der beim Beschwerdeführer vorhandenen Dokumente (Rechtskräftiger Einspracheentscheid betreffend Steuerwohnsitz und rechtskräftige definitive Veranlagung) kein Anlass.
2.3 Dass das Fristversäumnis eine tatsächliche Doppelbesteuerung (vgl. Art. 127 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 127 Grundsätze der Besteuerung - 1 Die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung, ist in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln. |
|
1 | Die Ausgestaltung der Steuern, namentlich der Kreis der Steuerpflichtigen, der Gegenstand der Steuer und deren Bemessung, ist in den Grundzügen im Gesetz selbst zu regeln. |
2 | Soweit es die Art der Steuer zulässt, sind dabei insbesondere die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beachten. |
3 | Die interkantonale Doppelbesteuerung ist untersagt. Der Bund trifft die erforderlichen Massnahmen. |
2.4 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es auch nicht willkürlich, das von ihm erwähnte E-Mail vom 17. März 2010 mit Blick auf das von § 140 StG/ZH vorgeschriebene Erfordernis der Schriftlichkeit der Einsprache nicht als solche entgegenzunehmen; offenbar war auch der Beschwerdeführer nicht der Auffassung, dass das E-Mail als Einsprache gelten sollte, andernfalls er nicht später noch eine schriftliche Einsprache eingereicht hätte. Jedenfalls nennt der Beschwerdeführer keine Argumente, wonach die Zürcher Steuerbehörde das E-Mail - das im Übrigen vom Beschwerdeführer nicht eingereicht worden ist und auch nicht in den Akten liegt - als Einsprache hätte verstehen müssen und somit gehalten gewesen wäre, den Beschwerdeführer noch innert der Einsprachefrist auf den Mangel hinzuweisen (vgl. Urteil 1P.254/2005 vom 30. August 2005 E. 2). Es kommt hinzu, dass das Kantonale Steueramt Zürich (Rekursantwort vom 2. September 2010) erklärt hat, die beiden Verfügungen des Neuenburger Steueramtes vom 20. November 2008 und 26. Januar 2009 seien ihm erst mit E-Mail vom 11. August 2010 zugestellt worden.
2.5 Der Vorinstanz kann unter Berücksichtigung der erwähnten Umstände auch kein übertriebener Formalismus (Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
|
1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
2.6 Inwieweit die Eingabe des Beschwerdeführers als Revisionsgesuch hätte entgegengenommen werden müssen, war nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens.
2.7 Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
|
1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 86 Vorinstanzen im Allgemeinen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
|
1 | Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
a | des Bundesverwaltungsgerichts; |
b | des Bundesstrafgerichts; |
c | der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen; |
d | letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. |
2 | Die Kantone setzen als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderen Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen. |
3 | Für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter können die Kantone anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen. |
2.8 Die Vorinstanz durfte aus den dargelegten Gründen ohne Willkür und ohne Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben zum Schluss gelangen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der Einsprachefrist nicht erfüllt sind.
3.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Entsprechend diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
|
1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. November 2011
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Zünd
Der Gerichtsschreiber: Küng