Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C 473/2009

Urteil vom 2. Februar 2010
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Müller, Präsident,
Bundesrichter Merkli,
nebenamtlicher Bundesrichter Camenzind,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Balmer-Etienne AG,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung.

Gegenstand
Mehrwertsteuer (1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2004, Steuerpflicht),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 22. Juni 2009.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG mit Sitz in R.________ bezweckt gemäss Handelsregisterauszug die Forschung und Entwicklung in verschiedenen Bereichen der Technik und Physik (Luftfahrt-, Computer-, Automatisierungs-, Medizinaltechnik usw.). Sie war vom 1. Januar 1997 bis 30. Juni 2005 als Mehrwertsteuerpflichtige bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung registriert.

Aufgrund einer Kontrolle bei der Steuerpflichtigen, umfassend die Abrechnungsperioden 1. Quartal 2000 bis 4. Quartal 2004, stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung fest, dass die Unternehmung in den Jahren 2001 bis 2004 keine oder nur unbedeutende Umsätze erzielt hatte. In den Jahren bis 2000 wurde die für die obligatorische Steuerpflicht massgebende Mindestumsatzgrenze noch erreicht. Mit Schreiben vom 13. Mai 2005 teilte sie der Steuerpflichtigen daher mit:

"(...) Sie haben im Jahre 2000 die Voraussetzungen für die obligatorische Steuerpflicht letztmals erfüllt. Im Folgejahr konnten sie weder die Voraussetzungen für die obligatorische Steuerpflicht noch für die freiwillige Steuerpflicht erfüllen. Aus diesem Grund endet die Steuerpflicht per 31.12.2001 definitiv. Wir löschen Sie per 31.03.2005 mit Wirkung ab 31.12.2001 aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen und bitten Sie, die gleichzeitig abgegebene 'Erklärung zur Löschung im Register der Steuerpflichtigen' rechtsverbindlich unterzeichnet an uns zu retournieren."

Nachdem die Steuerpflichtige darauf nicht reagiert hatte, wurde sie durch die Eidgenössische Steuerverwaltung am 8. Juni 2005 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen gelöscht. Mit Ergänzungsabrechnung Nr. 114'761 vom 13. Mai 2005 für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 forderte die Eidgenössische Steuerverwaltung von der Steuerpflichtigen die Eigenverbrauchssteuer auf den per 31. Dezember 2001 vorhandenen Anlagegütern (Wegfall der subjektiven Steuerpflicht) und belastete ihr überdies die in den Jahren 2002 bis 2004 vorgenommenen Vorsteuerabzüge.
Mit Schreiben vom 25. Juli 2005 machte die X.________ AG geltend, mit dem Verzicht auf Abmeldung habe sie per 1. Januar 2002 für die freiwillige Mehrwertsteuerpflicht optiert (Art. 27 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 [aMWSTG; AS 2000 1300]); sie verlange einen einsprachefähigen Entscheid.
Mit Entscheid vom 18. Januar 2006 bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung die Ergänzungsabrechnung. Die hiergegen erhobene Einsprache hiess sie in einem Teilbetrag gut und bestätigte im Übrigen ihren Entscheid. Sie führte aus, eine stillschweigende Option nach Art. 27 Abs. 1 aMWSTG sei mangels des erforderlichen Mindestumsatzes von Fr. 40'000.-- ausgeschlossen. Die Option nach Art. 27 Abs. 2 aMWSTG stehe nur Unternehmen offen, die ihre Tätigkeit neu aufnehmen würden, nicht aber bestehenden Unternehmen.

B.
Eine Beschwerde der X.________ AG gegen den Einspracheentscheid wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Juni 2009 ab, soweit es darauf eintrat.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die X.________ AG, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2009 sowie der Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 28. August 2006 seien aufzuheben. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin in den Abrechnungsperioden 1. Quartal 2002 bis 4. Quartal 2004 mehrwertsteuerpflichtig gewesen sei und im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen daher zu Unrecht gelöscht worden sei.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Stellungnahme zur Beschwerde.
Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2010 trat das neue Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) in Kraft. Der angefochtene Entscheid betrifft die Steuerpflicht der Jahre 2002-2004. Anwendbar sind somit in materieller Hinsicht noch das Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (aMWSTG) und die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen (Art. 112 Abs. 1
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 112 Anwendung bisherigen Rechts - 1 Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
1    Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
2    Für Leistungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sowie für Einfuhren von Gegenständen, bei denen die Einfuhrsteuerschuld vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist, gilt das bisherige Recht.
3    Leistungen, die teilweise vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sind für diesen Teil nach bisherigem Recht zu versteuern. Leistungen, die teilweise ab Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht werden, sind für diesen Teil nach neuem Recht zu versteuern.
und 2
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 112 Anwendung bisherigen Rechts - 1 Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
1    Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben, unter Vorbehalt von Artikel 113, weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar. Die Verjährung richtet sich weiterhin nach den Artikeln 49 und 50 des bisherigen Rechts.
2    Für Leistungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sowie für Einfuhren von Gegenständen, bei denen die Einfuhrsteuerschuld vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden ist, gilt das bisherige Recht.
3    Leistungen, die teilweise vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht worden sind, sind für diesen Teil nach bisherigem Recht zu versteuern. Leistungen, die teilweise ab Inkrafttreten dieses Gesetzes erbracht werden, sind für diesen Teil nach neuem Recht zu versteuern.
MWSTG). Das neue Verfahrensrecht ist auf alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens hängigen Verfahren anwendbar (Art. 113 Abs. 3
SR 641.20 Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG) - Mehrwertsteuergesetz
MWSTG Art. 113 Anwendung des neuen Rechts - 1 Für die Feststellung, ob die Befreiung von der Steuerpflicht nach Artikel 10 Absatz 2 mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes besteht, ist das neue Recht auf die in den vorangegangenen zwölf Monaten vor dem Inkrafttreten erzielten, nach diesem Gesetz steuerbaren Leistungen anzuwenden.
1    Für die Feststellung, ob die Befreiung von der Steuerpflicht nach Artikel 10 Absatz 2 mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes besteht, ist das neue Recht auf die in den vorangegangenen zwölf Monaten vor dem Inkrafttreten erzielten, nach diesem Gesetz steuerbaren Leistungen anzuwenden.
2    Die Bestimmungen über die Einlageentsteuerung nach Artikel 32 gelten auch für Leistungen, für die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts kein Anspruch auf Vorsteuerabzug gegeben war.
3    Unter Vorbehalt von Artikel 91 ist das neue Verfahrensrecht auf sämtliche im Zeitpunkt des Inkrafttretens hängigen Verfahren anwendbar.
MWSTG).

1.2 Der angefochtene Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts stützt sich auf öffentliches Recht und unterliegt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
BGG). Das Eintreten auf die vorliegende Beschwerde wirft keine besonderen Fragen auf. Die Beschwerdeführerin besitzt insbesondere das erforderliche aktuelle schutzwürdige Interesse an der Feststellung, dass sie in den fraglichen Abrechnungsperioden mehrwertsteuerpflichtig war (Art. 89 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 89 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde sind ferner berechtigt:
a  die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann;
b  das zuständige Organ der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals;
c  Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt;
d  Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
3    In Stimmrechtssachen (Art. 82 Bst. c) steht das Beschwerderecht ausserdem jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist.
BGG). Unzulässig ist indes der Antrag, auch der Einspracheentscheid sei aufzuheben. Dieser wurde durch das angefochtene Urteil ersetzt (Devolutiveffekt) und gilt nur inhaltlich als mitangefochten (vgl. BGE 134 II 142 E. 1.4 S. 144).

2.
2.1 Steuerpflichtig ist, wer eine mit der Erzielung von Einnahmen verbundene gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, auch wenn die Gewinnabsicht fehlt, sofern seine Lieferungen, Dienstleistungen und sein Eigenverbrauch im Inland jährlich gesamthaft Fr. 75'000.-- übersteigen (Art. 21 Abs. 1 erster Satz aMWSTG). Wird eine Person steuerpflichtig, so hat sie sich unaufgefordert innert 30 Tagen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung anzumelden. Diese registriert sie unter einer nicht übertragbaren Nummer (Art. 56 Abs. 1 aMWSTG). Die Steuerpflicht endet am Ende des Kalenderjahres, in welchem die für die subjektive Steuerpflicht massgebenden Beträge nicht mehr überschritten werden, und zu erwarten ist, dass diese Beträge auch im nachfolgenden Kalenderjahr nicht mehr überschritten werden (Art. 29 lit. b aMWSTG). In diesem Fall ist die Eidgenössische Steuerverwaltung unverzüglich von der Beendigung der Steuerpflicht zu benachrichtigen (Art. 56 Abs. 2 aMWSTG). Vorbehalten bleibt die Möglichkeit, sich nach Art. 27 aMWSTG der Steuerpflicht freiwillig zu unterstellen. Unterlässt es die Person, welche die für die Steuerpflicht massgebliche Umsatzgrenze nicht mehr erreicht (Art. 29 lit. b aMWSTG), sich abzumelden, so wird
angenommen, sie wolle weiterhin freiwillig steuerpflichtig bleiben (Art. 56 Abs. 3 aMWSTG).

2.2 Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin bis Ende des Kalenderjahres 2000 den für die subjektive Steuerpflicht erforderlichen Jahresumsatz jeweils erreichte. Im Schreiben vom 23. Dezember 1998 bezifferte sie den Umsatz 1996/97 aus Dienstleistungsexport auf Fr. 265'000 und für 1998 schätzte sie den Umsatz aus vorwiegend im Inland erbrachten Dienstleistungen auf Fr. 450'000.--. In den folgenden Jahren 2001 bis 2004 wurden die für die subjektive Steuerpflicht massgeblichen Jahresumsätze gemäss Art. 21 Abs. 1 aMWSTG indessen nicht mehr erreicht. Die Beschwerdeführerin erzielte keine oder nur noch unbedeutende Umsätze. Sie war daher ab Ende des Kalenderjahres, in welchem die massgebliche Umsatzgrenze nicht mehr erreicht wurde (2001), nicht mehr steuerpflichtig (Art. 29 lit. b aMWSTG). Die Beschwerdeführerin hat es unterlassen, sich bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung abzumelden (Art. 56 Abs. 3 aMWSTG), so dass die gesetzliche Vermutung gilt, sie habe für die freiwillige Unterstellung optiert (Art. 56 Abs. 3 aMWSTG). Das heisst, es ist so zu halten, wie wenn die Beschwerdeführerin ein Gesuch um freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht gestellt hätte.

Darauf beruft sich auch die Beschwerdeführerin. Wie es sich damit verhält, ist im Folgenden zu prüfen.

3.
Mit dem Randtitel "Optionen für die Steuerpflicht" bestimmt Art. 27 Abs. 1 und 2 aMWSTG:

1 Zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität oder zur Vereinfachung der Steuererhebung können sich Unternehmen, welche die Voraussetzungen der Steuerpflicht nach Artikel 21 Absatz 1 nicht erfüllen oder nach Art. 25 Abs. 1 von der Steuerpflicht ausgenommen sind, unter den von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festzusetzenden Bedingungen der Steuerpflicht freiwillig unterstellen.

2 Einen Rechtsanspruch auf freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht haben insbesondere jene Unternehmen, die eine Tätigkeit aufgenommen haben, welche darauf gerichtet ist, spätestens innert fünf Jahren im Inland regelmässig steuerbare Jahresumsätze von mehr als 250'000 Franken zu erzielen. Die Steuerpflicht beginnt mit der Aufnahme der Tätigkeit.

3.1 Art. 27 Abs. 1 aMWSTG betrifft zum einen den Fall, wo das Unternehmen die Mindestumsatzgrenze von Fr. 75'000.-- pro Jahr nicht übertrifft und daher nicht nach Art. 21 Abs. 1 aMWSTG obligatorisch steuerpflichtig ist. Der zweite in dieser Vorschrift geregelte Fall (Unternehmen, die gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a-d aMWSTG von der subjektiven Steuerpflicht ausgenommen sind) fällt hier nicht in Betracht. Ausserdem müssen für die Unterstellung als freiwilliger Steuerpflichtiger nach Art. 27 Abs. 1 aMWSTG die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgesetzten Bedingungen eingehalten werden. Die Verwaltungspraxis verlangt u.a., dass aus steuerbaren Lieferungen und Dienstleistungen pro Jahr ein Umsatz von mehr als Fr. 40'000.-- erzielt wird (Wegleitung 2001 Rz. 688; s. auch Camenzind/Honauer/Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz , 2. Aufl. 2003, N. 1115 ff.; Dieter Metzger, Kurzkommentar zum Mehrwertsteuergesetz, 2000, Art. 27 N. 1).
Im vorliegenden Falle ist unbestritten und ergibt sich auch aus den Akten, dass im zu beurteilenden Zeitraum (2001 bis 2004) keine oder nur unbedeutende Umsätze erzielt wurden und die fragliche Umsatzlimite von CHF 40'000.-- keinesfalls erreicht wurde. Die Beschwerdeführerin erfüllte daher die Voraussetzungen für die freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht nicht mehr. Der von der Eidgenössischen Steuerverwaltung geforderte Mindestumsatz von Fr. 40'000.-- ist keine "steuerliche Schikane", wie die Beschwerdeführerin rügt. Die in der Wegleitung für Mehrwertsteuerpflichtige aufgestellten Bedingungen und namentlich die Umsatzlimite von CHF 40'000.-- sind so ausgestaltet, dass sie im Interesse der Erhebungswirtschaftlichkeit und Rechtssicherheit sinnvoll sind. Mit der Anerkennung der Mindestumsatzgrenze kann zudem dokumentiert werden, dass ein Interesse an der freiwilligen Steuerpflicht besteht. Inwiefern die Beschwerdeführerin rechtsungleich behandelt werden soll, indem auf sie die Kriterien der Verwaltungspraxis Anwendung finden, ist daher nicht zu sehen. Es geht bei der Mehrwertsteuer, welche die Beschwerdeführerin nicht als Vorsteuer zurückverlangen kann, entgegen ihrer Ansicht auch nicht um eine Taxe occulte, sondern um
die Steuer, welche - systemrichtig - den Endverbrauch belastet. Vorsteuern können nur von Steuerpflichtigen geltend gemacht werden. Nichtsteuerpflichtige können auch auf Investitionsgütern keine Vorsteuern geltend machen, weil sie in diesem Sinne als Endverbraucher gelten.
Demzufolge wurde die Möglichkeit einer freiwilligen Option im Sinne von Art. 27 Abs. 1 aMWSTG zu Recht verneint.

3.2 Ebenso steht hier auch die Option nach Art. 27 Abs. 2 aMWSTG nicht offen. Dieser Rechtsanspruch besteht nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur für Unternehmen, "die eine Tätigkeit aufgenommen haben". Gemeint sind Unternehmen, die neu gegründet werden und die in der Aufbauhase entsprechende Investitionen benötigen (sog. "Start-Up Unternehmen"). Sie können sich schon während der Gründungs- und Investitionsphase freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellen. Damit wird solchen Unternehmen in der Gründungsphase ermöglicht, die auf den Investitionen lastenden Vorsteuern, die im Zusammenhang mit künftigen Umsätzen stehen, geltend zu machen, wie sich aus den Materialien klar ergibt (vgl. Bericht WAK zur Parlamentarischen Initiative Dettling, zu Art. 25 Abs. 2 E-aMWSTG, S. 51).
Gedacht hat der Gesetzgeber somit an Neugründungen und nicht an Unternehmen, die sich schon einige Zeit am Markt betätigen. In der Situation eines Start-Up Unternehmens befindet sich die Beschwerdeführerin indessen nicht, nachdem sie in den Jahren 1997 bis 2000 die für die obligatorische Steuerpflicht erforderliche Umsatzgrenze erreichte. Ihre heutige Beteuerung, sie stehe kurz vor der Markteinführung des Projekts "________", führt zu keinem anderen Schluss. Es verletzt demnach Bundesrecht nicht, wenn der Beschwerdeführerin die Möglichkeit der freiwilligen Option auch nach Art. 27 Abs. 2 aMWSTG verweigert wurde.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
1    Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen.
2    Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien.
3    Sie beträgt in der Regel:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken.
4    Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten:
a  über Sozialversicherungsleistungen;
b  über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts;
c  aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken;
d  nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200223.
5    Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4.
und 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Februar 2010
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Müller Wyssmann
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2C_473/2009
Date : 02. Februar 2010
Published : 20. Februar 2010
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Öffentliche Finanzen und Abgaberecht
Subject : Mehrwertsteuer (Ende der Steuerpflicht / 1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2004)


Legislation register
BGG: 65  66  82  89
MWSTG: 112  113
BGE-register
134-II-142
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AS
AS 2000/1300