Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung VI

F-3494/2017

Urteil vom 2. Mai 2018

Richter Philippe Weissenberger (Vorsitz),

Besetzung Richter Martin Kayser, Richterin Jenny de Coulon Scuntaro,

Gerichtsschreiberin Jacqueline Moore.

A._______,

Parteien vertreten durch B._______,

Beschwerdeführerin,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.
Am 27. Januar 2013 reiste A._______ (geb. 1987; nachfolgend: Beschwerdeführerin), philippinische Staatsangehörige, erstmals mit einem 90-tägigen Schengen-Visum in die Schweiz ein, um ihre Tante, C._______ und ihren Onkel, B._______, zu besuchen. Am 26. April 2013 reiste sie fristgerecht wieder aus. Daraufhin reiste sie am 18. November 2013 erneut - wiederum mit einem für 90 Tage gültigen Visum - in die Schweiz ein.

B.
Bei der Ausreise am 5. April 2017 zurück in ihre Heimat wurde bei der Kontrolle der Reisedokumente durch die Flughafenpolizei Genf festgestellt, dass sich die Beschwerdeführerin seit mehr als drei Jahren ohne Bewilligung und ohne gültige Reisepapiere in der Schweiz aufgehalten hat.

C.
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs am selben Tag bezüglich einer allfälligen Fernhaltemassnahme reiste die Beschwerdeführerin zurück auf die Philippinen.

D.
Gestützt auf diesen Sachverhalt verfügte das SEM am 9. Mai 2017 - eröffnet am 6. Juni 2017 durch die Schweizerische Botschaft in Manila - ein dreijähriges Einreiseverbot gegenüber der Beschwerdeführerin und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Zur Begründung führte die Vorinstanz aus, die Beschwerdeführerin habe sich mehrere Monate über den bewilligten Aufenthalt hinaus und ohne gültige Reisedokumente in der Schweiz aufgehalten. Gemäss ständiger Praxis und Rechtsprechung liege damit ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG (SR 142.20) vor. Die im Rahmen des rechtlichen Gehörs gemachten Ausführungen vermöchten keinen anderen Entscheid zu rechtfertigen. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass das Einreiseverbot zu einer Ausschreibung im Schengener-Informationssystem (SIS II) führt und damit ein Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum bewirkt.

E.
Mit Beschwerde vom 16. Juni 2017 beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Einreiseverbots. Darin bestätigte sie, dass sie länger als erlaubt in der Schweiz geblieben sei. Dies sei jedoch aus "menschlichen Gründen" erfolgt, da ihre Anwesenheit von ihrer inzwischen verstorbenen Tante erwünscht gewesen sei. Ihre Tante sei an Krebs erkrankt und sie hätten seit jeher ein intensives Verhältnis im Sinne einer "Mutter-Tochter-Beziehung" gepflegt, weshalb sie weiterhin in der Schweiz habe bleiben wollen um ihrer Tante beistehen zu können.

F.
Mit Vernehmlassung vom 8. September 2017 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde. Sie stellte erneut fest, dass die Beschwerdeführerin im konkreten Fall einen erheblichen Zeitraum über die Dauer des Visums hinaus illegal in der Schweiz verblieben sei. Der Sachverhalt sei klar erstellt und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Die Rückfallgefahr sei jedoch als hoch einzustufen, da sie trotz eines negativen Entscheids um Verlängerung des Visums durch die zuständige kantonale Migrationsbehörde in der Schweiz verblieben sei. Das SEM verstehe, dass die schwere Krankheit der Tante und in der Folge deren Hinscheiden für die Beschwerdeführerin nicht einfach gewesen sei; trotzdem bestünden betreffend die Beschwerdeführerin keine humanitären Gründe, die eine Überschreitung der Visumsdauer gerechtfertigt hätten.

G.
Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin am 15. Oktober 2017 zusammen mit ihrer Replik eine eidesstattliche Erklärung (datiert vom 18. August 2017) ein. Damit sei belegt, dass die Beschwerdeführerin die leibliche Tochter der verstorbenen Tante gewesen sei und diese Tatsache ein neuer Grund für die Aufhebung des dreijährigen Einreiseverbots darstelle.

H.
Am 17. November 2017 äusserte sich die Vorinstanz dahingehend, dass die neu geltend gemachten Gründe bezüglich des Kindsverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin und der verstorbenen C._______ den Entscheid - sowie den Antrag auf Abweisung der Beschwerde - nicht zu beeinflussen vermöchten.

Die Beschwerdeführerin liess sich daraufhin nicht mehr vernehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Vom SEM erlassene Einreiseverbote sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 31 ff . VGG i.V.m. Art. 5 VwVG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.2 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die first- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

1.3 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt des Entscheids (vgl. BVGE 2014/2 E. 2 m.H.).

3.

3.1 Gestützt auf Art. 67 AuG kann das SEM gegenüber weggewiesenen ausländischen Personen ein Einreiseverbot verfügen, wenn die Wegweisung nach Art. 64d Abs. 2 Bst. a -c AuG sofort vollstreckt wird oder die betroffene Person der Ausreiseverpflichtung nicht innert Frist nachgekommen ist (Art. 67 Abs. 1 Bst. a und b AuG). Sodann kann es nach Art. 67 Abs. 2 Bst. a -c AuG Einreiseverbote gegen ausländische Personen erlassen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden (Bst. a), Sozialhilfekosten verursacht haben (Bst. b) oder in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft genommen worden sind (Bst. c). Das Einreiseverbot wird grundsätzlich für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verhängt. Es kann für eine längere Dauer verhängt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (Art. 67 Abs. 3 AuG). Schliesslich kann die verfügende Behörde aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen ausnahmsweise von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot endgültig oder vorübergehend aufheben (Art. 67 Abs. 5 AuG).

3.2 Das in Art. 67 AuG geregelte Einreiseverbot stellt keine Sanktion für vergangenes Fehlverhalten dar, sondern ist eine Massnahme zur Abwendung einer künftigen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002 [nachfolgend: Botschaft], BBl 2002 3709, S. 3813). Die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG bildet den Oberbegriff für die Gesamtheit der polizeilichen Schutzgüter; sie umfasst unter anderem die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung und die der Rechtsgüter Einzelner (vgl. Botschaft a.a.O., S. 3809). In diesem Sinne liegt nach Art. 80 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unter anderem dann vor, wenn gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen missachtet werden. Widerhandlungen gegen Normen des Ausländerrechts fallen ohne Weiteres unter diese Begriffsbestimmung und können ein Einreiseverbot nach sich ziehen (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 3813). Die Verhängung eines Einreiseverbots knüpft an das Bestehen eines Risikos einer künftigen Gefährdung an. Gestützt auf sämtliche Umstände des Einzelfalles ist eine Prognose zu stellen. Dabei ist naturgemäss in erster Linie das vergangene Verhalten der betroffenen Person zu berücksichtigen (vgl. Urteil des BVGer F-8376/2015 vom 19. Dezember 2016 E. 3.2 m.H.).

3.3 Einen Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG begeht demnach auch, wer Normen des Ausländerrechts zuwiderhandelt. Dabei genügt es, wenn der ausländischen Person eine Sorgfaltspflichtverletzung zugerechnet werden kann. Unkenntnis oder Fehlinterpretation der Einreise- und Aufenthaltsvorschriften stellen in der Regel keinen hinreichenden Grund für ein Absehen von einer Fernhaltemassnahme dar. Es obliegt jeder Ausländerin und jedem Ausländer, sich über die hiesigen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit ausländerrechtlichen Vorschriften ins Bild zu setzen und sich im Falle von Unklarheiten bei der zuständigen Behörde zu informieren (vgl. statt vieler Urteil des BVGer F-5736/2015 vom 6. Januar 2017 E. 5.3 m.H.). In casu hat sich die Beschwerdeführerin gar bewusst über die ausländerrechtlichen Normen hinweggesetzt (vgl. BVGer act. 1).

4.
Wird gegen eine Person, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU besitzt (Drittstaatsangehörige), ein Einreiseverbot verhängt, so wird sie nach Massgabe der Bedeutung des Falles im SIS II zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben (vgl. Art. 21 und 24 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation [SIS-II-VO], Abl. L 381/4 vom 28. Dezember 2006). Die Ausschreibung bewirkt grundsätzlich, dass der Person die Einreise in das Hoheitsgebiet aller Schengen-Mitgliedstaaten verboten ist (vgl. Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 14 Abs. 1 der Verordnung [EU] Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 [kodifizierter Text] über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen [Schengener Grenzkodex, SGK], Abl. L 77/1 vom 23. März 2016, S.1-52). Die Mitgliedstaaten können der Betroffenen aus wichtigen Gründen oder aufgrund internationaler Verpflichtungen die Einreise gestatten bzw. ihr ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit ausstellen (vgl. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft [Visakodex], Abl. L 243/1 vom 15. September 2009 i.V.m. Art. 5 Abs. 6 SGK; Art. 25 Abs. 1 Bst. a Ziff. ii Visakodex). Es bleibt der Beschwerdeführerin unbenommen, gegebenenfalls ein solches zu beantragen.

5.

5.1 Die Vorinstanz wirft der Beschwerdeführerin vor, sich mehrere Monate über den bewilligten Aufenthalt hinaus und ohne gültige Reisepapiere in der Schweiz aufgehalten zu haben. Damit liege gemäss ständiger Praxis und Rechtsprechung ein ernstzunehmender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 AuG vor.

5.2 Gemäss Art. 6 Abs. 1 Bst. a und b SGK müssen Drittstaatsangehörige über ein für den Grenzübertritt anerkanntes Ausweispapier und über ein Visum verfügen, sofern dies erforderlich ist. Von der Visumspflicht befreit sind Personen, die Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines Schengen-Staates sind oder die über ein Visum zum längerfristigen Aufenthalt verfügen. Diese Dokumente müssen bei Kontrollen vorgewiesen werden können (vgl. Art. 8 SGK). Wird bei einer Kontrolle festgestellt, dass ein Drittstaatsangehöriger die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr erfüllt, wird sein Aufenthalt als illegal angesehen (vgl. Art. 3 Ziff. 2 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008, Abl. L 348/98 vom 24. Dezember 2008).

5.3 Anlässlich der Kontrolle der Reisedokumente der Beschwerdeführerin am 5. April 2017 am Flughafen Genf wurde durch die dortige Flughafenpolizei festgestellt, dass die Beschwerdeführerin am 18. November 2013 mit einem bis am 17. Februar 2014 für die Schweiz gültigen Visum eingereist war, um ihre Tante und deren Schweizer Ehemann zu besuchen. Dieses Besuchervisum wurde der Beschwerdeführerin bereits zum zweiten Mal ausgestellt, nachdem sie ihre Verwandten bereits vom 27. Januar 2013 bis am 26. April 2013 besucht gehabt hatte und fristgerecht wieder ausgereist war. Während der polizeilichen Einvernahme gab sie zu Protokoll, dass sie in der Schweiz bei ihrer kranken "grand-mère" geblieben sei. In ihrer Beschwerde ergänzte sie, es sei richtig, dass sie länger als erlaubt in der Schweiz geblieben sei. Sie habe versucht, das Visum zu verlängern, das Gesuch sei jedoch von der Behörde in X._______ abgewiesen worden. Vor ihrer Abreise habe sie zudem bemerkt, dass sie ihren Reisepass verloren habe, weshalb sie sich kurzfristig ein von der Philippinischen Botschaft in Bern ausgestelltes Reisedokument ("Travel Document") für die Heimreise besorgt habe.

5.4 Die Beschwerdeführerin benötigt als philippinische Staatsangehörige zur Einreise in die Schweiz ein Visum sowie ein gültiges Reisedokument (vgl. dazu www.sem.admin.ch > Einreise und Aufenthalt > kurzfristiger Aufenthalt > Drittstaatsangehörige > Anhang 1, Liste 1: Ausweis- und Visumsvorschriften nach Staatsangehörigkeit > Philippinen). Da sie zum Zeitpunkt der Kontrolle weder über ein von der Schweiz anerkanntes Reisedokument noch ein zur Einreise in die Schweiz berechtigendes Visum verfügte, ist ihr Aufenthalt als rechtswidrig zu bezeichnen. Die Beschwerdeführerin hat durch ihren mehr als drei Jahre andauernden illegalen Aufenthalt in der Schweiz einen hinreichenden Grund für die Verhängung einer Fernhaltemassnahme gesetzt.

6.

6.1 Den Entscheid darüber, ob ein Einreiseverbot anzuordnen und wie es zeitlich auszugestalten ist, legt Art. 67 Abs. 2
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
AuG in das pflichtgemässe Ermessen der Behörde. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu, der eine wertende Abwägung zwischen den berührten privaten und öffentlichen Interessen verlangt. Ausgangspunkt der Überlegungen bilden die Stellung der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse der betroffenen ausländischen Person (Art. 96
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
AuG; ferner statt vieler: Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 555 ff.).

6.2 Die Beschwerdeführerin hielt sich - wie oben ausgeführt - während mehr als drei Jahren rechtswidrig in der Schweiz auf. Eigenen Angaben zufolge hatte sie die Schweiz seit ihrer bewilligten Einreise am 18. November 2013 nicht mehr verlassen, obwohl ihr Visum nur bis zum 17. Februar 2014 gültig gewesen war. Anstatt fristgerecht auszureisen hat sich die Beschwerdeführerin bewusst über die Rechtsordnung hinweggesetzt und es vorgezogen, bei ihrer kranken Angehörigen in der Schweiz zu bleiben, dies trotz negativen Entscheids in Bezug auf eine Visumsverlängerung durch die kantonale Migrationsbehörde. Somit kann objektiv gesehen nicht von einem leichten Fehlverhalten ausgegangen werden, besteht doch an der Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsvorschriften ein gewichtiges öffentliches Interesse. Dabei liegt insbesondere ein generalpräventiv motiviertes Interesse an der Fernhaltung der Beschwerdeführerin vor, dies auch im Sinne einer kontinuierlichen Praxis. Zudem ist eine spezialpräventive Zielsetzung der Massnahme darin zu sehen, dass sie die Betroffene ermahnt, bei einer allfälligen Wiedereinreise in die Schweiz nach Ablauf der Dauer des Einreiseverbots, die für sie geltenden Regeln einzuhalten (vgl. Urteil des BVGer F-8376/2015 E. 6.2). Es besteht somit ein gewichtiges öffentliches Interesse an einer Fernhaltung der Beschwerdeführerin.

6.3 Auch subjektiv gesehen ist das Verhalten der Beschwerdeführerin nicht zu bagatellisieren, hat sich doch durch ihren jahrelangen illegalen Aufenthalt arg gegen die ausländerrechtlichen Bestimmungen verstossen. Die Beschwerdeführerin bestreitet zudem nicht, sich rechtswidrig in der Schweiz aufgehalten zu haben. Als Beweggrund für das längere Verbleiben in der Schweiz gibt sie an, dass sie seit jeher ein sehr intensives Verhältnis zu ihrer schwer kranken Angehörigen gepflegt habe und sie ihr habe beistehen wollen. Die Heilung der Krankheit habe sich immer wieder verzögert, so dass die Beschwerdeführerin aus "menschlichen Gründen" bei ihr geblieben sei. So sei auch tagsüber jemand bei der kranken Person gewesen und diese habe nicht alleine sein müssen. Nach dem Tod von C._______ am 3. März 2017 habe sie die Regelung der persönlichen Sachen der Verstorbenen für die Familie in Manila in Angriff genommen, weshalb sie erst am 5. April 2017 aus der Schweiz ausgereist sei. Als persönliche Interessen macht sie geltend, dass sie gerne wieder in die Schweiz kommen würde und da sie selber noch immer keine Familie habe, würde sie gerne nach Möglichkeit in der Schweiz mit einem Studium beginnen und bei ihrem Stiefvater - mit welchem sie seit dem Tod ihrer Mutter ein "recht gutes Familien-Verhältnis" pflege - leben.

6.4 Das öffentliche Interesse an der befristeten Fernhaltung der Beschwerdeführerin lässt sich mit den von ihr geltend gemachten persönlichen und beruflichen Interessen nicht ernsthaft in Frage stellen. Zum einen ist die Fernhaltemassnahme nicht als absolutes Einreiseverbot ausgestaltet. Sie stellt vielmehr ein Einreiseverbot mit Bewilligungsvorbehalt dar. Der Beschwerdeführerin bleibt es freigestellt, aus wichtigen Gründen mittels Gesuch die zeitweilige Suspension der angeordneten Fernhaltemassnahme zu beantragen (Art. 67 Abs. 5 AuG), wobei diese aber praxisgemäss nur für eine kurze und klar begrenzte Zeit gewährt wird (vgl. BVGE 2013/4 E. 7.4.3 m.H.).

Wie die Vorinstanz zudem zu Recht festgestellt hat, bestehen betreffend die Beschwerdeführerin keine humanitären Gründe, welche die Überschreitung der Visumsdauer gerechtfertigt hätten. Sie hat sich den ausländerrechtlichen Bestimmungen bewusst widersetzt und bestreitet dies auch nicht, woraus sich eine hohe Rückfallgefahr ableiten lässt.

6.5 Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf das in der Replik neu geltend gemachte, jedoch auch durch die eidesstattliche Erklärung nicht rechtsgenüglich bewiesene Kindsverhältnis zwischen ihr und der verstorbenen C._______ nichts zu ihren Gunsten ableiten kann. Auch wenn es verständlich ist, dass die schwere Krankheit und in der Folge das Hinscheiden der Angehörigen für die Beschwerdeführerin nicht einfach gewesen war, lässt sich ein mehr als drei Jahre andauernder illegaler Aufenthalt in der Schweiz damit nicht rechtfertigen.

6.6 Eine wertende Gewichtung der sich entgegenstehenden Interessen führt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass das auf drei Jahre befristete Einreiseverbot auch im gegenwärtigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung der gängigen Praxis eine verhältnismässige und angemessene Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt.

7.
Aus den Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung im Lichte von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

8.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1
SR 142.201 Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE)
VZAE Art. 80
VwVG i.V.m. Art. 1 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesveraltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie sind durch den am 28. Juli 2017 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

3.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [...] zurück)

- das Migrationsamt des Kantons Solothurn

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Philippe Weissenberger Jacqueline Moore

Versand:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : F-3494/2017
Date : 02. Mai 2018
Published : 16. Mai 2018
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Subject : Einreiseverbot


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AuG: 64d  67  96
BGG: 83
VGG: 31  37
VGKE: 1
VZAE: 80
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