Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C 171/2022

Urteil vom 1. Februar 2023

III. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Nünlist.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Beschwerdeführer,

gegen

1. CSS Kranken-Versicherung AG, Recht &
Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern,
2. Aquilana Versicherungen,
Bruggerstrasse 46, 5400 Baden,
3. PROVITA Gesundheitsversicherung AG,
c/o SWICA Krankenversicherung AG,
Römerstrasse 38, 8400 Winterthur,
4. CONCORDIA Versicherungen AG,
Bundesplatz 15, 6002 Luzern,
5. Atupri Gesundheitsversicherung,
Zieglerstrasse 29, 3000 Bern,
6. Avenir Assurance Maladie SA,
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
7. KPT Krankenkasse AG, Wankdorfallee 3, 3014 Bern,
8. Vivao Sympany AG, Rechtsdienst,
Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel,
9. Kolping Krankenkasse AG, c/o Sympany
Services AG, Peter Merian-Weg 4, 4052 Basel,
10. Easy Sana Assurance Maladie SA,
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
11. EGK Grundversicherungen AG,
Birspark 1, 4242 Laufen,
12. Krankenkasse Birchmeier,
Hauptstrasse 22, 5444 Künten,
13. Galenos AG, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern,
14. Sanitas Grundversicherungen AG, Rechtsdienst,
Jägergasse 3, 8004 Zürich,
15. Philos Assurance Maladie SA,
Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny,
16. Assura-Basis SA,
Avenue Charles-Ferdinand-Ramuz 70, 1009 Pully,
17. Visana Versicherungen AG,
Weltpoststrasse 19, 3015 Bern,
18. Agrisano Krankenkasse AG,
Laurstrasse 10, 5200 Brugg,
19. Helsana Versicherungen AG,
Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf,
20. sana24 AG, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern,
21. SWICA Gesundheitsorganisation, Rechtsdienst,
Römerstrasse 38, 8400 Winterthur,
alle handelnd durch santésuisse,
Römerstrasse 20, 4500 Solothurn,
und diese vertreten durch Rechtsanwalt Felix Weber,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Krankenversicherung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau, Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen, vom 11. März 2022 (VSG.2017.5).

Sachverhalt:

A.

A.a. Mit Urteil 9C 28/2017 vom 15. Mai 2017 wies das Bundesgericht das Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen, zu weiteren Abklärungen hinsichtlich der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Praxistätigkeit von Dr. med. A.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin speziell Kardiologie, im Abrechnungsjahr 2012 an. Es erwog, dass nicht auszuräumende Zweifel an der Zuverlässigkeit des dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegenden Durchschnittskostenvergleichs bestünden. Unter den gegebenen Umständen erscheine es angezeigt, die statistische Methode mit der analytischen Methode zu kombinieren. Nach entsprechenden Abklärungen werde das Schiedsgericht über die streitige Rückerstattungspflicht wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung neu zu entscheiden haben (E. 4.4 S. 10 f. des Urteils).

A.b. Das kantonale Schiedsgericht beauftragte daraufhin Prof. em. Dr. med. B.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin speziell Kardiologie, mit einer Expertise. Dabei wies das Gericht darauf hin, dass der Experte den Fragenkatalog anhand einer repräsentativen Fallauswahl zu beantworten habe. Die Auswahl und Anzahl der von ihm zu überprüfenden Fälle stehe in seinem freien Ermessen. Er habe die Ermessensausübung zu begründen (Verfügung vom 10. Juni 2020, S. 6). Die Expertise wurde im Oktober 2020 erstattet.
Am 22. Juli 2021 ersuchte das Gericht den Sachverständigen um Ergänzung seines Gutachtens, wozu sich dieser bereit erklärte. Das Schiedsgericht forderte daraufhin von A.________ eine Liste der Namen der 309 Erkrankten gemäss der Rechnungssteller-Statistik für das Jahr 2012 ein. Dieser liess dem Gericht am 7. Oktober 2021 eine Liste mit Patientennummern zukommen, woraus das Gericht in der Folge 30 Patientendossiers einverlangte. Am 9. Dezember 2021 bat A.________ um Akteneinsicht.

B.
Am 22. Dezember 2021 stellte A.________ ein Ausstandsbegehren gegen Prof. em. Dr. med. B.________. Das kantonale Schiedsgericht beurteilte das Gesuch mit Verfügung vom 11. März 2022 abschlägig.

C.
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er beantragt, es sei Ziffer 1 der Verfügung vom 11. März 2022 aufzuheben und es sei der Ausstand des Gutachters Prof. em. Dr. med. B.________ festzulegen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese in ordnungsgemässer Zusammensetzung das Ausstandsbegehren beurteile.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundesrecht (einschliesslich der verfassungsmässigen Rechte) gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG).
Die Verletzung von kantonalrechtlichen Bestimmungen stellt demgegenüber - vorbehältlich kantonaler verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG) oder politische Rechte umschreibender Normen (Art. 95 lit. d
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG) - keinen eigenständigen Beschwerdegrund dar. Sie kann nur insoweit angerufen werden, als damit zugleich Bundesrecht oder Völkerrecht verletzt wird. Im Vordergrund steht diesfalls die Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere des Willkürverbots (Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen dieses Verbot, wenn er im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, weil er zum Beispiel eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar erscheint, genügt nicht.
Für die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG). Das Bundesgericht untersucht nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale Entscheid die Grundrechte oder kantonales Recht verletzt, sondern prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht es nicht ein (Art. 42 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1bis    Wurde in einer Zivilsache das Verfahren vor der Vorinstanz in englischer Sprache geführt, so können Rechtsschriften in dieser Sprache abgefasst werden.14
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 15 16
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201617 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1bis    Wurde in einer Zivilsache das Verfahren vor der Vorinstanz in englischer Sprache geführt, so können Rechtsschriften in dieser Sprache abgefasst werden.14
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 15 16
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201617 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG; zum Ganzen: Urteil 8C 165/2022 vom 23. Mai 2022 E. 2 mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer rügt betreffend die angefochtene Verfügung vom 11. März 2022 eine Verletzung von Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
(Abs. 1) BV. Er bringt vor, dass einzelrichterlich entschieden worden sei, obwohl dies gemäss kantonalem Verfahrensrecht (Einführungsgesetz zur Schweizerischen Zivilprozessordnung des Kantons Aargau vom 23. März 2010, EG ZPO/AG; SAR 221.200) nicht vorgesehen sei.

2.1. Nachdem die Verletzung von Bundes (-verfassungs-) recht gerügt wird, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (E. 1 hiervor) und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 113 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist.
. BGG) damit obsolet.

2.2. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von § 15 EG ZPO/ AG geltend, wonach ein hauptamtliches Mitglied des Versicherungsgerichts als Einzelrichterin oder Einzelrichter über die im summarischen Verfahren zu entscheidenden Angelegenheiten und Streitigkeiten befindet. Er bringt vor, über die Frage des Ausstands sei nicht im summarischen Verfahren zu urteilen. Damit könne darüber nicht einzelrichterlich entschieden werden. Der Beschwerdeführer begründet seine Ansicht nicht. Seine Rüge genügt daher im Lichte von Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG nicht (E. 1 hiervor).

3.

3.1. Die Vorinstanz hat über den Ausstand von Prof. em. Dr. med. B.________ in Anwendung von § 16 Abs. 1 VRPG/AG entschieden.
Rechtsprechungsgemäss ergeben sich die formellen Ablehnungsgründe eines Sachverständigen aus den allgemeinen Verfahrensgarantien gemäss Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
BV, die in dieser Hinsicht einen gleichwertigen Schutz wie Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
BV gewährleisten (vgl. Urteil 8C 592/2021 vom 4. Mai 2022 E. 6.1.1 mit Hinweisen). Ob die darin enthaltene Minimalgarantie eines unabhängig und unparteiisch erstellten Gutachtens ohne Einwirken sachfremder Umstände gewährleistet ist, ist vom Bundesgericht frei zu überprüfen (vgl. Urteil 9C 535/2021 vom 13. Mai 2022 E. 2.1 f. mit Hinweisen, insbesondere auf BGE 129 V 335 E. 1.3.2).

3.2. Indem Prof. em. Dr. med. B.________ seine erste Einschätzung vom Oktober 2020 aufgrund der bereits vorliegenden Akten - ohne die vom Schiedsgericht aufgetragene Einholung einer repräsentativen Fallauswahl (Verfügung vom 10. Juni 2020) - vorgenommen hat, ist er seinem Auftrag nicht genügend nachgekommen, was die Beweiskraft seines Gutachtens beschlägt. Dies hat das Gericht erkannt und daher am 22. Juli 2021 um eine Ergänzung der Expertise gebeten. Inwiefern der Sachverständige befangen sein soll, erhellt indessen nicht. So ist er in seiner ersten Expertise unbestritten sowohl zu Schlüssen gelangt, die für den Beschwerdeführer sprechen, als auch zu solchen, die gegen ihn sprechen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb er dies nicht auch im Rahmen der Berücksichtigung weiterer Patientendossiers so handhaben wird. Weder der Umstand, dass er bereits einmal ein "vollständiges und abgeschlossenes Gutachten vorgelegt" hat, noch, dass er sich (lediglich) zu einer "Ergänzung" bereit erklärt hat, lassen auf eine verfestigte Meinungsbildung und damit eine Voreingenommenheit schliessen. So war es die Pflicht des Experten, eine vollständige, abgeschlossene Expertise vorzulegen und sich gestützt auf die erhobenen Grundlagen eine
endgültige Meinung zu bilden. Dies schliesst nicht aus, dass zusätzliche Erkenntnisse im Rahmen der Würdigung weiterer Daten seine Meinungsbildung beeinflussen können.
Dass die Vorinstanz die Fälle schliesslich selbst vom Beschwerdeführer einverlangt hat, entspricht dem Wunsch des Sachverständigen (vgl. Stellungnahme vom 26. Juli 2021) und hat nichts mit der Einschätzung der Befangenheit des Experten durch das Gericht zu tun. Die Beschwerde ist unbegründet.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Schiedsgericht in Sozialversicherungssachen, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Februar 2023

Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Parrino

Die Gerichtsschreiberin: Nünlist
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 9C_171/2022
Datum : 01. Februar 2023
Publiziert : 19. Februar 2023
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Krankenversicherung
Gegenstand : Krankenversicherung


Gesetzesregister
BGG: 42 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1bis    Wurde in einer Zivilsache das Verfahren vor der Vorinstanz in englischer Sprache geführt, so können Rechtsschriften in dieser Sprache abgefasst werden.14
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 15 16
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201617 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
95 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
106 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
113
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 113 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist.
BV: 9 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
29 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
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