Urteilskopf

91 IV 91

27. Urteil des Kassationshofes vom 28. Mai 1965 i.S. Ramspeck gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 92

BGE 91 IV 91 S. 92

A.- Ramspeck fuhr am 26. Juli 1963, um 22.15 Uhr, am Steuer seines "Maserati"-Sportwagens auf der steilen Klosbachstrasse in Zürich aufwärts gegen deren Kreuzung mit der Carmenstrasse. Er hielt eine Geschwindigkeit von 40 km/Std. inne. Beide Strassen sind beidseitig mit Fussgängersteigen versehen und weisen eine Fahrbahnbreite von etwa 6 m auf; die Klosbachstrasse wird aber mehr befahren als die Carmenstrasse. Die Sicht gegen rechts war für Ramspeck durch ein Haus und - unmittelbar vor der Einmündung - durch eine etwa 1 m hohe Mauer behindert. Ramspeck hatte die Mitte der Kreuzung bereits erreicht, als sein Fahrzeug von einem Lieferwagen, der mit etwa 35 km/Std. von rechts her kam und von Bisang gesteuert war, auf der Höhe des rechten Hinterrades gerammt wurde. Der Sportwagen wurde dadurch abgedreht und prallte gegen eine Gartenmauer; er wurde schwer beschädigt.
B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich büsste am 19. November 1964 Ramspeck wegen Übertretung von Art. 32 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
und 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG sowie Art. 4 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 4 Angemessene Geschwindigkeit - (Art. 32 Abs. 1 SVG)
1    Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke halten kann; wo das Kreuzen schwierig ist, muss er auf halbe Sichtweite halten können.
2    und 3 ...44
4    ...45
5    Der Fahrzeugführer darf ohne zwingende Gründe nicht so langsam fahren, dass er einen gleichmässigen Verkehrsfluss hindert.
VRV mit Fr. 50.-.
C.- Ramspeck führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt, es aufzuheben und die Sache zu seiner
BGE 91 IV 91 S. 93

Freisprechung, eventuell zur neuen Beurteilung oder zur Herabsetzung der Busse an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen

Der Kassationshof zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
Satz 1 SVG hat auf Strassenverzweigungen das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. In Art. 14 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 14 Ausübung des Vortritts - (Art. 36 Abs. 2-4 SVG)
1    Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern. Er hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten.
2    Der Vortrittsberechtigte hat auf Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, welche die Strassenverzweigungen erreichten, bevor sie ihn erblicken konnten.
3    Dem vortrittsberechtigten Verkehr in parallelen Kolonnen ist der Vortritt auch zu lassen, wenn die nähere Kolonne stillsteht.
4    Reiter sowie Führer von Pferden und anderen grösseren Tieren sind den Fahrzeugführern beim Vortritt gleichgestellt.85
5    In nicht geregelten Fällen, zum Beispiel wenn auf einer Verzweigung zugleich aus allen Richtungen Fahrzeuge eintreffen, haben die Führer besonders vorsichtig zu fahren und sich über den Vortritt zu verständigen.
VRV wird dazu ergänzend bestimmt, dass der Fahrer, der zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern darf; er hat seine Geschwindigkeit vielmehr frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten. Diese Vorschriften hat der Beschwerdeführer offensichtlich verletzt. Nach dem angefochtenen Urteil handelt es sich bei der fraglichen Kreuzung um eine gefährliche Verzweigung. Die schlechten Sichtverhältnisse zwängen die Fahrer, von allen Seiten langsam in die Kreuzung einzufahren. Auch für den Beschwerdeführer sei die Sicht schlecht gewesen. Das Polizeirichteramt gehe zwar davon aus, dass er etwa 20 m vor der Kreuzungsmitte die Querstrasse nach rechts ebenso weit habe überblicken können. In Wirklichkeit dürfte seine Sicht aber wegen der 1 m hohen Mauer bei der Einmündung und wegen des Umstandes, dass er in einem niedrigen Sportwagen auf einer steilen Strasse aufwärts fuhr, erheblich geringer gewesen sein; jedenfalls hätte er selbst dann, wenn die Annahme des Polizeirichteramtes zutreffen sollte, erst in der linken Fahrbahn der Carmenstrasse anhalten können und auch dies nur unter der Voraussetzung, dass er innert 0,6 sec die Bremse betätigte. Unter diesen Umständen war es pflichtwidrig unvorsichtig, mit mindestens 40 km/Std. auf die Kreuzung zuzufahren und sie mit unverminderter Geschwindigkeit überqueren zu wollen. Wie der Beschwerdeführer bei seiner Fahrweise und den schlechten Sichtverhältnissen einem gleichzeitig von rechts kommenden Fahrer den Vortritt hätte einräumen können, ist nicht zu ersehen. Das Vortrittsrecht steht dem Berechtigten nicht bloss an einer bestimmten Stelle der Verzweigung zu, sondern auf der ganzen Fläche, auf der sich die zusammentreffenden Strassen überschneiden (BGE 80 IV 199, BGE 85 IV 87), und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob der Vortrittsberechtigte pflichtgemäss rechts oder in der Strassenmitte fährt (BGE 80 IV 200

BGE 91 IV 91 S. 94

E. 2, BGE 84 IV 114 E. 3). Das neue Recht hat daran nichts geändert, verlangt es doch vom wartepflichtigen Fahrer, vor Beginn der Verzweigung zu halten. Mit Recht, denn dieser kann nicht zum vorneherein wissen, ob ein Vortrittsberechtigter gezwungen sei, gegen die Strassenmitte zu halten, und ob er auf der Verzweigung geradeaus weiterfahren oder abbiegen wolle. Der Umstand, dass Bisang sich wegen der besondern Art der Kreuzung an die Strassenmitte hielt, hob sein Vortrittsrecht nicht auf. Daran änderte auch seine übersetzte Geschwindigkeit nichts (BGE 77 IV 220,BGE 79 II 214, BGE 82 II 538). Dass das neue Recht in der Vortrittsregel das Erfordernis der Gleichzeitigkeit nicht mehr ausdrücklich erwähnt, hilft dem Beschwerdeführer nicht. Der Sinn der Regel ist deshalb kein anderer als nach dem alten Recht. Das Vortrittsrecht setzt notwendigerweise voraus, dass zwei Fahrzeuge gleichzeitig auf der Verzweigung eintreffen. Das Erfordernis der Gleichzeitigkeit ist im neuen Recht denn auch nur deshalb gestrichen worden, weil man eine Erwähnung nicht mehr für nötig hielt (StenBull StR 1958 S. 106). Ebensowenig hilft dem Beschwerdeführer die Berufung auf Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
SVG. Diese allgemeinste Regel des SVG liegt ihrem Sinne nach zwar auch jeder Einzelregel zugrunde; für sich allein ist sie jedoch nur dann anwendbar, wenn das Verhalten eines Verkehrsbenützers von keiner andern Regel erfasst wird. Das trifft hier nicht zu. Ein Verkehrsvorgang, wie er hier zur Beurteilung steht, ist durch die Vorschriften der Art. 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG und 14 Abs. 1 VRV geregelt. Der Beschwerdeführer verkennt zudem, dass Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
SVG nur zugunsten des ordnungsgemässen Strassenbenützers aufgestellt ist. Wer sich, wie Ramspeck, selber pflichtwidrig verhält, kann sich zum vorneherein nicht auf diese Bestimmung berufen. Aus dem gleichen Grunde kann der Beschwerdeführer auch aus dem Vertrauensgrundsatz nichts zu seinen Gunsten ableiten. Unerheblich ist auch, dass Fahrer in der Fahrrichtung des Bisang vor der Kreuzung einen Sicherheitshalt einzuschalten pflegen. Wie ein Fahrer sich zu verhalten hat, entscheidet sich nicht nach den Gepflogenheiten Dritter, sondern nach dem Gesetz, das im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer gebot, dem von rechts Kommenden den Vortritt zu lassen. Dass die Klosbachstrasse mehr befahren wird als die Carmenstrasse, ändert nichts. Sache der Behörde ist es, den Rechtsvortritt aus der Carmenstrasse durch entsprechende Massnahmen aufzuheben,
BGE 91 IV 91 S. 95

wenn er sich nach der unterschiedlichen Verkehrsbedeutung der beiden Strassen als zu gefährlich erweist.
2. Die Vorinstanz hat statt Art. 14 Abs. 1 VRV Art. 32 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
SVG und die dazugehörige Ausführungsvorschrift angewendet. Nach dem alten Recht schloss Art. 27 Abs. 1 als Sondernorm die Anwendung der allgemeinen Bestimmung des Art. 25 Abs. 1 MFG auf ein und denselben Sachverhalt aus (BGE 73 IV 196,BGE 76 IV 259). Ob es sich zwischen Art. 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG und Art. 14 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 14 Ausübung des Vortritts - (Art. 36 Abs. 2-4 SVG)
1    Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern. Er hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten.
2    Der Vortrittsberechtigte hat auf Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, welche die Strassenverzweigungen erreichten, bevor sie ihn erblicken konnten.
3    Dem vortrittsberechtigten Verkehr in parallelen Kolonnen ist der Vortritt auch zu lassen, wenn die nähere Kolonne stillsteht.
4    Reiter sowie Führer von Pferden und anderen grösseren Tieren sind den Fahrzeugführern beim Vortritt gleichgestellt.85
5    In nicht geregelten Fällen, zum Beispiel wenn auf einer Verzweigung zugleich aus allen Richtungen Fahrzeuge eintreffen, haben die Führer besonders vorsichtig zu fahren und sich über den Vortritt zu verständigen.
VRV einerseits und Art. 32 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
SVG andererseits ebenso verhält, kann dahingestellt bleiben. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer sei zu schnell auf die Kreuzung zugefahren, sodass er selbst einem ordnungsgemäss von rechts kommenden Fahrzeug den Vortritt nicht mehr hätte einräumen können, bleibt so oder anders aufrecht. Auch hat der Beschwerdeführer mindestens zwei verschiedene Verkehrsregeln verletzt. Das genügt zur Annahme von Idealkonkurrenz. Solche ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht nur im Verhältnis von Art. 90
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
zu den übrigen Strafbestimmungen des SVG möglich, sondern auch innerhalb des Art. 90 Ziff. 1, da diese Bestimmung eine Vielzahl von Tatbeständen mit Strafe bedroht. Im übrigen könnte der Kassationshof auf Nichtigkeitsbeschwerde hin in die Strafzumessung nur eingreifen, wenn die Busse aus dem gesetzlichen Rahmen fiele oder vom kantonalen Richter in Überschreitung des ihm zustehenden Ermessens verhängt worden wäre (BGE 68 IV 21,BGE 78 IV 72). Davon kann hier angesichts des Verschuldens des Beschwerdeführers und seiner Vorstrafen, welche der Einzelrichter mit Recht mitberücksichtigt hat, keine Rede sein.
Dispositiv

Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 91 IV 91
Datum : 28. Mai 1965
Publiziert : 31. Dezember 1965
Quelle : Bundesgericht
Status : 91 IV 91
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 36 Abs. 2 Satz 1 SVG, Art. 14 Abs. 1 VRV. 1. Vorsichtspflicht des vortrittsbelasteten Führers vor einer unübersichtlichen


Gesetzesregister
SVG: 26 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
32 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 32 - 1 Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
1    Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung, sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Wo das Fahrzeug den Verkehr stören könnte, ist langsam zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, namentlich vor unübersichtlichen Stellen, vor nicht frei überblickbaren Strassenverzweigungen sowie vor Bahnübergängen.
2    Der Bundesrat beschränkt die Geschwindigkeit der Motorfahrzeuge auf allen Strassen.108
3    Die vom Bundesrat festgesetzte Höchstgeschwindigkeit kann für bestimmte Strassenstrecken von der zuständigen Behörde nur auf Grund eines Gutachtens herab- oder heraufgesetzt werden. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen.109
4    ...110
5    ...111
36 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
90
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
VRV: 4 
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 4 Angemessene Geschwindigkeit - (Art. 32 Abs. 1 SVG)
1    Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke halten kann; wo das Kreuzen schwierig ist, muss er auf halbe Sichtweite halten können.
2    und 3 ...44
4    ...45
5    Der Fahrzeugführer darf ohne zwingende Gründe nicht so langsam fahren, dass er einen gleichmässigen Verkehrsfluss hindert.
14
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 14 Ausübung des Vortritts - (Art. 36 Abs. 2-4 SVG)
1    Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern. Er hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten.
2    Der Vortrittsberechtigte hat auf Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, welche die Strassenverzweigungen erreichten, bevor sie ihn erblicken konnten.
3    Dem vortrittsberechtigten Verkehr in parallelen Kolonnen ist der Vortritt auch zu lassen, wenn die nähere Kolonne stillsteht.
4    Reiter sowie Führer von Pferden und anderen grösseren Tieren sind den Fahrzeugführern beim Vortritt gleichgestellt.85
5    In nicht geregelten Fällen, zum Beispiel wenn auf einer Verzweigung zugleich aus allen Richtungen Fahrzeuge eintreffen, haben die Führer besonders vorsichtig zu fahren und sich über den Vortritt zu verständigen.
BGE Register
68-IV-21 • 73-IV-194 • 76-IV-259 • 77-IV-217 • 78-IV-67 • 79-II-212 • 80-IV-196 • 82-II-536 • 84-IV-111 • 85-IV-84 • 91-IV-91
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vortritt • kassationshof • verhalten • beginn • busse • sachverhalt • einzelrichter • vorinstanz • innerhalb • strafzumessung • sorgfalt • strassenkreuzung • voraussetzung • strasse • wissen • strafsache • strafbestimmungen des svg • abbiegen • sondernorm • bremse
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