82 I 188
28. Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Juni 1956 i.S. Wwe Keller gegen Schreiber und Regierungsrat des Kantons Thurgau.
Regeste (de):
- Erbbescheinigung als Ausweis für die Eintragung des erbrechtlichen Übergangs von Grundstücken (Art. 18
SR 211.432.1 Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV)
GBV Art. 18 Bezeichnung der Grundstücke - 1 Jedes in das Grundbuch aufgenommene Grundstück wird so bezeichnet, dass es landesweit eindeutig identifizierbar ist.
1 Jedes in das Grundbuch aufgenommene Grundstück wird so bezeichnet, dass es landesweit eindeutig identifizierbar ist. 2 Die Bezeichnung beinhaltet: a die Gemeinde und eine Grundstücksnummer; ist die Gemeinde grundbuchmässig in mehrere Einheiten aufgeteilt, so werden auch diese angegeben; b für den Datenaustausch zwischen Informatiksystemen eine eidgenössische Grundstücksidentifikation (E-GRID). 3 Die Bezeichnung des Grundstücks im Plan für das Grundbuch stimmt mit derjenigen im Hauptbuch überein. 4 Wird ein Hauptbuchblatt geschlossen, so wird die Bezeichnung nicht für ein anderes Grundstück verwendet. - 1. Die von der zuständigen Behörde des letzten Wohnsitzes des Erblassers ausgestellte Erbbescheinigung ist auch vom Grundbuchamt eines andern Kantons anzuerkennen.
- 2. Es genügt, dass diese Bescheinigung den oder die einzigen Erben dem Sinne nach eindeutig bezeichnet.
- 3. Der Vorerbe kann sich als Eigentümer eintragen lassen, auch ohne zugleich die Nacherbschaft vormerken zu lassen. Ist die Vormerkungspflicht streitig, so kann sich der Nacherbe durch vorläufige Massnahmen schützen.
Regeste (fr):
- Production d'un certificat d'héritier à titre de justification pour l'inscription d'un transfert d'immeubles par voie de succession (art.18 ORF).
- 1. Le certificat d'héritier établi par l'autorité compétente du dernier domicile du défunt doit être reconnu même par l'Office du registre foncier d'un autre canton.
- 2. Il suffit que ce certificat d'héritier désigne clairement par son sens le ou les seuls héritiers.
- 3. L'héritier institué peut se faire inscrire comme propriétaire sans faire annoter en même temps la substitution. Si l'obligation d'annoter est litigieuse, le tiers appelé peut se protéger en requérant des mesures provisionnelles.
Regesto (it):
- Produzione d'un certificato d'eredità quale titolo giustificativo per l'iscrizione d'un trapasso di immobili in caso di eredità (art.18RRF).
- 1. Il certificato d'eredità rilasciato dall'autorità competente dell'ultimo domicilio del defunto dev'essere riconosciuto anche dall'Ufficio del registro fondiario di un altro Cantone.
- 2. Basta che dal senso del certificato d'eredità risulti chiaramente chi sia il solo erede o chi siano i soli eredi.
- 3. L'erede istituito può farsi iscrivere quale proprietario senza far annotare nel contempo la sostituzione. Se l'obbligo d'annotazione è litigioso, l'erede sostituito può tutelare i suoi diritti chiedendo misure provvisionali.
Sachverhalt ab Seite 188
BGE 82 I 188 S. 188
A.- Der am 14. Mai 1955 verstorbene Josef Keller-Mühlebach mit Wohnsitz in Luzern hatte eine Tochter aus erster Ehe, Frau Frieda Schreiber-Keller in Diessenhofen.
BGE 82 I 188 S. 189
In zweiter Ehe war er mit Frau Marie Keller-Mühlebach verheiratet. Diese zweite Ehe blieb kinderlos.
B.- Am 23. März 1946 hatte der Erblasser mit der zweiten Ehefrau und der Tochter aus erster Ehe einen Auskaufs- und Erbvertrag abgeschlossen. Danach erhielt die Tochter zwei Liegenschaften in Diessenhofen und durch Schulderlass einen Betrag von Fr. 4000.--. Infolge dieser Leistungen verzichtete sie für den Fall, dass die zweite Ehefrau den Vater überlebe, zu deren Gunsten auf alle weitern Ansprüche am Nachlass. In diesem (wirklich eingetretenen) Falle geht der ganze Nachlass des Ehemannes laut dem Vertrag in das Eigentum der Witwe über und soll dereinst nach ihrem Tode auf die Tochter aus erster Ehe oder deren Nachkommen als Nacherben übergehen, soweit er dann noch vorhanden sein wird.
C.- Nach dem Tode des Erblassers stellte das Teilungsamt der Stadt Luzern folgende Bescheinigung aus: "Das Teilungsamt der Stadt Luzern bescheinigt hiemit, dass der am 14. Mai 1955 verstorbene Herr Josef Keller, Kaufmann, von Basadingen, Kanton Thurgau, wohnhaft gewesen in Luzern, Landschaustrasse 27, als gesetzliche Erben hinterlässt: a) seine Witwe (II. Ehe), Frau MARIA Agatha KELLER-Mühlebach, geb. 1892, Landschaustrasse 27, Luzern; b) seine Tochter (aus I. Ehe), Frau FRIEDA SCHREIBER-KELLER, geb. 1909, Ehefrau des Herrn Jakob Schreiber, Kaufmann, Steinerstrasse 5, Diessenhofen, Kanton Thurgau. Die Eheleute Keller-Mühlebach haben am 23. März 1946 mit Frau Frieda Schreiber-Keller einen Auskaufs- und Erbvertrag abgeschlossen nach dessen Wortlaut der gesamte Nachlass des Herrn Keller-Mühlebach bei seinem Vorabsterben ins Eigentum seiner Ehefrau übergeht. An diesem Nachlass - soweit er beim Tode von Frau Maria A. Keller-Mühlebach noch vorhanden ist - wurden Frau Frieda Schreiber-Keller oder deren Nachkommen als Nacherben eingesetzt. Die Erbschaft ist angetreten worden.
Luzern-Stadt,
Ausgefertigt zuhanden des Grundbuchamtes Diessenhofen,
Luzern, den 26. Oktober 1955.
TEILUNGSAMT DER STADT LUZERN
Der Chef:
gez.: Dr. Streich."
D.- Auf Grund dieser Bescheinigung verlangte die Witwe bei den Grundbuchämtern Luzern und Diessenhofen
BGE 82 I 188 S. 190
die Übertragung der im Eigentum des Erblassers verbliebenen Liegenschaften. Der Grundbuchverwalter von Luzern nahm die Eintragung vor. Er verband damit anscheinend die Vormerkung einer Auslieferungspflicht zu Gunsten der Nacherbin Frau Frieda Schreiber-Keller. Dagegen weigerte sich das Grundbuchamt Diessenhofen, das dort gelegene Grundstück "zur Zinne" als Alleineigentum der Witwe einzutragen, und der Regierungsrat des Kantons Thurgau wies eine gegen diese Ablehnung eingereichte Beschwerde der Witwe am 14. Februar 1956 "im Sinne der Erwägungen" ab. Diese Entscheidung wird damit begründet, dass die vom Teilungsamt der Stadt Luzern ausgestellte Urkunde keine Erbenbescheinigung im Sinne von Art. 559
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
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1 | Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
2 | Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
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1 | Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
2 | Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern. |
E.- Gegen den regierungsrätlichen Entscheid hat die Witwe des Erblassers die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, das Grundbuchamt sei (direkt oder durch den Regierungsrat des Kantons Thurgau) zur Vornahme der nachgesuchten Eintragung anzuweisen. In der Beschwerde wird ausgeführt, die vom Teilungsamt
BGE 82 I 188 S. 191
der Stadt Luzern ausgestellte Bescheinigung enthalte alles, was nötig sei. Auf einem unerklärlichen Irrtum müsse die Behauptung des Regierungsrates beruhen, das Teilungsamt betrachte jenes Aktenstück selber nicht als Erbenbescheinigung im Sinne von Art. 559
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
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1 | Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
2 | Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 557 - 1 Die Verfügung des Erblassers muss binnen Monatsfrist nach der Einlieferung von der zuständigen Behörde eröffnet werden. |
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1 | Die Verfügung des Erblassers muss binnen Monatsfrist nach der Einlieferung von der zuständigen Behörde eröffnet werden. |
2 | Zu der Eröffnung werden die Erben, soweit sie den Behörden bekannt sind, vorgeladen. |
3 | Hinterlässt der Erblasser mehr als eine Verfügung, so sind sie alle der Behörde einzuliefern und von ihr zu eröffnen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 490 - 1 In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
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1 | In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
2 | Die Auslieferung der Erbschaft an den Vorerben erfolgt, sofern ihn der Erblasser nicht ausdrücklich von dieser Pflicht befreit hat, nur gegen Sicherstellung, die bei Grundstücken durch Vormerkung der Auslieferungspflicht im Grundbuch geleistet werden kann. |
3 | Vermag der Vorerbe diese Sicherstellung nicht zu leisten, oder gefährdet er die Anwartschaft des Nacherben, so ist die Erbschaftsverwaltung anzuordnen. |
F.- In seiner Stellungnahme zur Beschwerde hält der Regierungsrat daran fest, dass die vom Teilungsamt der Stadt Luzern ausgefertigte Urkunde nicht als Erbenbescheinigung gelten könne und deshalb für die Eintragung der Liegenschaft nicht genüge. Die Beschwerdeführerin solle zur Geltendmachung ihres Rechtes den Richter anrufen.
G.- Frau Frieda Schreiber-Keller beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. Sie lässt nicht gelten, dass die Vorerbin von der Pflicht zur Sicherstellung entbunden worden sei. Ziffer 4 des Vertrages gebe der Beschwerdeführerin nur das Recht, Kapitalanbrüche vorzunehmen.
BGE 82 I 188 S. 192
Der Erblasser habe gewünscht, dass sein Nachlassvermögen seiner Tochter erhalten bleibe. Deren Anspruch auf Auslieferung müsse sichergestellt werden. Ohne Vormerkung könnte die Beschwerdeführerin frei über die Liegenschaft verfügen.
H.- Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich am 14. Mai 1956 zur Beschwerde vernehmen lassen. Es hält diese für unbegründet, weil die Erbenbescheinigung nicht dahin laute, die Beschwerdeführerin sei als einzige Erbin des Erblassers anerkannt. Diese Angabe dürfe das Grundbuchamt verlangen. Dagegen hätten die kantonalen Behörden ihre Abweisung nicht mit der Nichteröffnung des Erbvertrages begründen dürfen. Die Grundbuchbehörde habe zu prüfen, ob die Bescheinigung von einer dazu kompetenten Behörde ausgestellt sei. Um das Verfahren, das der Ausstellung der Bescheinigung vorausgehe, habe sie sich dagegen nicht zu kümmern.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Um sich als Alleineigentümerin einer zum Nachlass des Josef Keller-Mühlebach gehörenden Liegenschaft eintragen zu lassen, hatte sich die Beschwerdeführerin darüber auszuweisen, dass sie als einzige Erbin des Erblassers anerkannt sei. Dies ergibt sich aus Art. 18 der Grundbuchverordnung, der einen solchen Ausweis "im Falle von Erbgang" sowohl bei gesetzlichen wie bei eingesetzten Erben verlangt. Die erwähnte Vorschrift lehnt sich, was Testamentserben betrifft, an Art. 559
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 559 - 1 Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
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1 | Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. |
2 | Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern. |
BGE 82 I 188 S. 193
Entgegen der Ansicht des Regierungsrates ist die Bescheinigung des Teilungsamtes der Stadt Luzern als gültiger Ausweis anzuerkennen. Dass das Teilungsamt selbst der von ihm ausgestellten Urkunde diese Bedeutung beimisst und der angefochtene Entscheid sich hierüber geirrt hat, ergibt sich aus einem Schreiben des Teilungsamtes an den Luzerner Vertreter der Beschwerdeführerin. Darin wird ausgeführt, die Bescheinigung enthalte die Angaben, die der Grundbuchverwalter brauche, denn es gehe daraus hervor, wer als Erbe in Betracht komme. Deshalb sei das Amt auch nicht in der Lage, eine andere Bescheinigung auszustellen. Im interkantonalen Verkehr richte sich die Art der Bescheinigung nach dem Recht desjenigen Kantons, in dem der Erbgang abgewickelt werden müsse. In der Tat ist die vorliegende Bescheinigung von der zuständigen Behörde des letzten Wohnsitzes des Erblassers ausgestellt und beurrkundet die Tatsache des Erbfalles, der Erbenqualität, des Erbvertrages und des ihm entsprechenden Überganges des Alleineigentums am Nachlass auf die Beschwerdeführerin. Damit ist diese im Sinne von Art. 18 der Grundbuchverordnung als erbrechtliche Alleinerwerberin ausgewiesen. Angesichts des eindeutig dahingehenden Sinnes der Bescheinigung wäre es sinnloser Formalismus, sie deswegen zu bemängeln, weil sie nicht dem Wortlaut der Verordnungsvorschrift folgend die Beschwerdeführerin als "einzige" oder "alleinige" Erbin bezeichnet. Die Bescheinigung erscheint um so mehr als einwandfrei, wenn man den ihr zugrunde liegenden Erbvertrag mitberücksichtigt und bedenkt, dass die beiden Beteiligten sich ebenfalls als die einzigen gesetzlichen Erben betrachten und den Erbvertrag als gültig anerkennen. Bei dieser Sachlage ist auch nicht einzusehen, weshalb dieser ihnen wohlbekannte Vertrag, der ausser dem Erblasser nur sie betrifft, noch hätte - ihnen - amtlich eröffnet werden sollen. Übrigens bemerkt das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit Recht,
BGE 82 I 188 S. 194
das Grundbuchamt habe nicht danach zu fragen, in welchem Verfahren die Erbenbescheinigung zustande gekommen sei. Und da das Bundesrecht eine Eröffnung von Erbverträgen gar nicht verlangt, hatte die am Orte des Erbganges von der zuständigen Behörde ausgestellte und den bundesrechtlichen Vorschriften genügende Erbenbescheinigung auch in jedem andern Kanton als tauglicher Ausweis zu gelten.
2. Das Grundbuchamt hat die von der Beschwerdeführerin verlangte Eintragung nicht nur deshalb verweigert, weil es den vorgelegten Ausweis (wie dargetan, zu Unrecht) als "nicht dem Inhalt einer Erbenbescheinigung entsprechend" betrachtete, sondern ausserdem, weil nicht angegeben war, "ob im Sinne von Art. 490 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches eine Vormerkung der Auslieferung des Erbschaftsgrundstückes an den Nacherben einzutragen ist". Indessen gehörte eine solche Angabe nicht in die Erbenbescheinigung. Vielmehr bildet die Vormerkung des Nacherbenrechtes den Gegenstand einer besondern Grundbuchanmeldung neben derjenigen des Eigentumserwerbes des Vorerben. Allerdings wird in der Literatur angenommen, diese Anmeldung habe vom Vorerben auszugehen, und es findet sich auch die Ansicht vertreten, das Nacherbenrecht lasse sich hinsichtlich Liegenschaften überhaupt nur auf solche Weise sicherstellen; der Grundbuchführer dürfe die Erbliegenschaft erst dann auf den Vorerben überschreiben, wenn (mangels anderer Abrede der Beteiligten) gleichzeitig auch die das Nacherbenrecht sicherstellende Vormerkung erfolgen könne (vgl. OSTERTAG, N. 36/37 und HOMBERGER, N. 44/45 zu Art. 960
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 960 - 1 Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
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1 | Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
1 | auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche; |
2 | auf Grund einer Pfändung; |
3 | auf Grund eines Rechtsgeschäftes, für das diese Vormerkung im Gesetz vorgesehen ist, wie für die Anwartschaft des Nacherben. |
2 | Die Verfügungsbeschränkungen erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 490 - 1 In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
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1 | In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
2 | Die Auslieferung der Erbschaft an den Vorerben erfolgt, sofern ihn der Erblasser nicht ausdrücklich von dieser Pflicht befreit hat, nur gegen Sicherstellung, die bei Grundstücken durch Vormerkung der Auslieferungspflicht im Grundbuch geleistet werden kann. |
3 | Vermag der Vorerbe diese Sicherstellung nicht zu leisten, oder gefährdet er die Anwartschaft des Nacherben, so ist die Erbschaftsverwaltung anzuordnen. |
BGE 82 I 188 S. 195
der Vorerbin zu folgern sei (was die Beschwerdeführerin mit Hinweis auf ESCHER, N. 5 zu Art. 490
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 490 - 1 In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
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1 | In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnahme eines Inventars anzuordnen. |
2 | Die Auslieferung der Erbschaft an den Vorerben erfolgt, sofern ihn der Erblasser nicht ausdrücklich von dieser Pflicht befreit hat, nur gegen Sicherstellung, die bei Grundstücken durch Vormerkung der Auslieferungspflicht im Grundbuch geleistet werden kann. |
3 | Vermag der Vorerbe diese Sicherstellung nicht zu leisten, oder gefährdet er die Anwartschaft des Nacherben, so ist die Erbschaftsverwaltung anzuordnen. |
BGE 82 I 188 S. 196
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Grundbuchamt Diessenhofen angewiesen, den Übergang des Eigentums an der Liegenschaft "zur Zinne" in Diessenhofen auf die Beschwerdeführerin als Alleineigentümerin einzutragen.