S. 4 / Nr. 2 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 71 III 4

2. Entscheid vom 16. Januar 1945 i.S. Niendorf.


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Regeste:
Zwangsvollstreckung unter Ehegatten, Art. 173 Abs. 1 ZGB.
Der Ehemann kann auch nach Einleitung des Scheidungsprozesses nicht auf
Sicherstellung des Frauengutes betrieben werden.
Exécution forcée entre époux art. 173 al. 1 CC.
Même après l'ouverture de;'action en divorce, la femme ne peut recourir à
l'exécution forcée pour se faire garantir la restitution de ses apports.
Procedimento esecutivo fra coniugi, art. 173 cp. 1 CC.
Anche pendente l'azione di divorzio, la moglie non può escutere il marito al
fine di ottenere una garanzia per i propri apporti.

Frau Niendorf betrieb ihren Ehemann, der gegen sie einen Scheidungsprozess
führt, auf Sicherheitsleistung für eingebrachtes Frauengut. Die kantonale
Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde, mit welcher der Ehemann unter Berufung
auf das Verbot der Zwangsvollstreckung unter Ehegatten die Aufhebung dieser
Betreibung verlangte, abgewiesen. Das Bundesgericht schützt sie aus folgenden
Erwägungen:
Nach Art. 173 Abs. 1 ZGB ist während der Ehe die Zwangsvollstreckung unter den
Ehegatten bezüglich ihrer Ansprüche nur in den vom Gesetz bezeichneten Fällen
zulässig. Das Gesetz enthält nun keine Bestimmung, die der Ehefrau erlaubte,
ihren Anspruch auf Sicherstellung des Frauengutes (Art. 205 Abs. 2 ZGB) auf
dem Wege der Betreibung auf Sicherheitsleistung durchzusetzen, und es kann
nicht angenommen werden, dass das Fehlen einer solchen Vorschrift auf einem
blossen Versehen beruhe, das der Richter in Anwendung von Art. 1 ZGB
berichtigen könnte; denn das Gesetz lässt die Ehefrau, der die verlangte
Sicherstellung nicht freiwillig geleistet wird, nicht schutzlos, sondern
schützt sie durch die Möglichkeit, in diesem Falle die gerichtliche
Gütertrennung zu verlangen und zu deren Durchführung den Ehemann
gegebenenfalls auf Auszahlung des Frauengutes zu betreiben (Art. 183 Ziff. 2
und Art. 176 Abs. 1 ZGB; vgl. BGE 40 III 9). Die von Frau Niendorf angehobene
Betreibung ist daher unzulässig. Der Umstand, dass die Eheleute Niendorf

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in Scheidung stehen, vermag hieran entgegen der Auffassung der Vorinstanz
nichts zu ändern. Mit der Erwägung, es sei verfehlt, « wenige Wochen vor der ­
ohnehin einer güterrechtlichen Auseinandersetzung rufenden ­ Scheidung den
Umweg über Art. 183 Ziff. 2 ZGB zu wählen », lässt sich die Zulassung der
Sicherstellungsbetreibung während des Scheidungsprozesses abgesehen davon,
dass die Ehe grundsätzlich auch während eines solchen Prozesses alle ihre
Wirkungen entfaltet, schon deswegen nicht begründen, weil vor der Rechtskraft
des Scheidungsurteils zum mindesten für die Betreibungsbehörden nicht
feststellbar ist, ob es wirklich zur Scheidung komme, und weil im übrigen das
Gütertrennungsverfahren gemäss Art. 183 Ziff. 2 ZGB im Rahmen des
Scheidungsprozesses keine erheblichen Weiterungen fordert.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 III 4
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 16. Januar 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 III 4
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Zwangsvollstreckung unter Ehegatten, Art. 173 Abs. 1 ZGB.Der Ehemann kann auch nach Einleitung des...


Gesetzesregister
ZGB: 1  173  176  183  205
BGE Register
40-III-7 • 71-III-4
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ehegatte • zwangsvollstreckung • weiler • ehe • eingebrachtes gut • sicherstellung • begründung des entscheids • bundesgericht • schuldbetreibungs- und konkursrecht • scheidungsurteil • vorinstanz • betreibung auf sicherheitsleistung • minderheit